VwGH 95/08/0128

VwGH95/08/012824.6.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Novak, Dr. Sulyok und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der A in U, vertreten durch Dr. D, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 17. Jänner 1995, Zl. VII/1-F-29.585/21-94, betreffend Kostenbeitrag gemäß §§ 15 und 42 des NÖ Sozialhilfegesetzes, zu Recht erkannt:

Normen

BehindertenG Wr Höhe von Kostenbeiträgen 1995 §2 Abs2;
SHG NÖ 1974 §15 Abs4;
SHG NÖ 1974 §15 Abs5;
BehindertenG Wr Höhe von Kostenbeiträgen 1995 §2 Abs2;
SHG NÖ 1974 §15 Abs4;
SHG NÖ 1974 §15 Abs5;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die verwitwete Beschwerdeführerin ist Mutter einer 1969 geborenen behinderten Tochter, der mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 25. Juli 1994 Hilfe zur beruflichen Eingliederung gemäß § 19 Niederösterreichisches Sozialhilfegesetz (NÖ SHG) durch Bewilligung des Aufenthaltes in einem Caritasheim gewährt wurde.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf vom 11. November 1994 wurde die Beschwerdeführerin "aufgrund" ihrer "gesetzlichen Unterhaltspflicht" verpflichtet, zu den Kosten der mit "interne Unterbringung im Caritasheim ..."

umschriebenen Sozialhilfe für ihre Tochter ab 8. August 1994 einen Kostenersatz von S 120,-- je Anwesenheitstag zu leisten. Als Rechtsgrundlage hiefür wurde § 42 NÖ SHG angeführt. Begründend wurde u.a. darauf hingewiesen, die Höhe des Kostenbeitrages entspreche der Höhe der Familienbeihilfe von S 3.600,--, welche die Beschwerdeführerin für die untergebrachte Tochter beziehe.

In ihrer Berufung gegen diesen Bescheid machte die (in U wohnhafte) Beschwerdeführerin geltend, sie besuche ihre Tochter regelmäßig in dem (in L gelegenen) Heim und nehme sie jede zweite Woche Freitag bis Sonntag nach Hause, damit ihre Tochter nicht so sehr an der Trennung leide. Weiters tätige sie Einkäufe für ihre Tochter und erfülle ihr "sonstige Wünsche", was mit einer finanziellen Belastung verbunden sei und die Beschwerdeführerin sich von ihrer Witwenpension von S 7.000,-- nicht mehr leisten könnte. Sie habe außerdem noch Schulden zu bezahlen, die ihr nach dem plötzlichen Tod ihres Ehegatten 1986 geblieben seien, und sei daher nicht in der Lage, den Kostenersatz zu zahlen, ohne noch mehr in finanzielle Not zu kommen.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid. Begründend führte die belangte Behörde - nach einer Darstellung des Verfahrensganges und einer Wiedergabe des Inhalts der §§ 42 Abs. 1 und 15 Abs. 5 NÖ SHG - im wesentlichen aus, die Tochter der Beschwerdeführerin sei volljährig und seit 8. August 1994 in der Einrichtung der Caritas "intern untergebracht". Gemäß § 140 ABGB sei die Beschwerdeführerin ihrer Tochter gegenüber gesetzlich verpflichtet, "einen Unterhalt zu bezahlen". § 15 Abs. 5 NÖ SHG beschränke den Kostenersatz auf die Höhe der Familienbeihilfe samt Erhöhungsbetrag. Die Beschwerdeführerin beziehe die Familienbeihilfe und den Erhöhungsbetrag in der Höhe von insgesamt S 3.600,-- monatlich, weshalb ihr ein Kostenbeitrag von S 120,-- je Anwesenheitstag vorzuschreiben gewesen sei.

Dagegen wendet sich die vorliegende Beschwerde im wesentlichen mit dem Argument, die Beschwerdeführerin habe auch nach der Unterbringung ihrer Tochter für diese eine Reihe von Leistungen erbracht, wozu die Beschwerdeführerin aber nur aufgrund der Familienbeihilfe samt Erhöhungsbetrag in der Lage gewesen sei. Für die Fahrten zur Abholung der Tochter und zurück müsse die Beschwerdeführerin "einen PKW aufnehmen", was monatlich einen Aufwand von ca. S 2.000,-- bedeute. Darüber hinaus entstünden der Beschwerdeführerin, abgesehen von der Verköstigung der Tochter über das Wochenende, noch viele weitere Auslagen, nämlich für die Anschaffung von Spezialbrillen, wofür sie S 4.800,-- habe auslegen müssen, für Kleidung und Schuhe, z.B. Wanderschuhe, Anschaffung einer langen warmen Hose, Nachthemden, Pyjamas u.dgl., wofür die Beschwerdeführerin monatlich ein weit höheren Betrag als S 3.600,-- für ihre Tochter ausgebe. Gemäß § 15 Abs. 6 NÖ SHG sei von der Verpflichtung zum Kostenbeitrag insoweit abzusehen, als durch den Kostenbeitrag die Inanspruchnahme der Hilfe aus sozialen Gründen erschwert oder der Erfolg der Hilfe gefährdet würde. Ohne die Familienbeihilfe samt Erhöhungsbetrag könne die Beschwerdeführerin ihre Tochter nicht mehr besuchen oder mit nach Hause nehmen bzw. ihr durch Anschaffung von Brillen, Kleidung u.dgl. helfen, sodaß der Erfolg der Hilfe gefährdet würde, weil die Tochter der Beschwerdeführerin im Heim vereinsamen würde, wenn sie keinen Kontakt mehr mit der Mutter und den übrigen Familienmitgliedern habe und ihr auch keine zusätzlichen Wünsche wie für Kleidung, Kosmetika u.dgl. mehr erfüllt werden könnten. Mit ihrer geringen Pension von S 7.000,-- könne die Beschwerdeführerin knappest selbst ihren Lebensunterhalt bestreiten, weshalb sie aufgrund der angefochtenen Entscheidung nicht mehr in der Lage wäre, Leistungen für ihre Tochter zu erbringen.

Die belangte Behörde legte die Akten vor und hielt den Beschwerdeargumenten in der Gegenschrift entgegen, durch die Beschränkung des Kostenbeitrages auf die Tage der Anwesenheit der Tochter der Beschwerdeführerin im Heim entfalle der Kostenbeitrag ohnehin an den Tagen, an denen die Beschwerdeführerin ihre Tochter zu sich nach Hause nehme, und die Tochter der Beschwerdeführerin habe gemäß § 24 NÖ SHG auch Anspruch auf Fahrtkosten. Durch die Unterbringung ihrer Tochter sei die Beschwerdeführerin selbst "von ihrer gesetzlichen Verpflichtung, für den Unterhalt ihrer Tochter zu sorgen, in gewisser Weise "befreit", da sämtliche Kosten mit der damit gewährten Hilfe vom Land Niederösterreich getragen werden". Es bleibe der Beschwerdeführerin "unbenommen", darüber hinaus für ihre Tochter Aufwendungen zu machen. Die Kosten dafür könnten aber nur berücksichtigt werden, "wenn dafür außerordentliche Gründe geltend gemacht werden können, warum diese Aufwendungen den Kostenersatzpflichtigen entstehen". Solche Gründe habe die Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren nicht vorgebracht. Den Behauptungen der Beschwerdeführerin sei aber auch entgegenzuhalten, daß sie ihre Tochter 1994 nur an neun von 138 Kalendertagen und 1995 nur an vier von 86 Kalendertagen zu sich genommen habe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Aus den vorgelegten Akten geht nicht hervor, unter Annahme welcher der Voraussetzungen des § 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG) die Beschwerdeführerin für ihre im Zeitpunkt der Bescheiderlassung noch nicht 27-jährige Tochter die Familienbeihilfe und den Erhöhungsbetrag bezog. Die Tatsache des Bezuges ist nicht strittig.

Nach § 15 Abs. 5 NÖ SHG sind "bei internen

Unterbringungen ... jedenfalls Kostenbeiträge in der Höhe der

Familienbeihilfe und des Erhöhungsbetrages ... zu leisten. Bei

internen Unterbringungen volljähriger behinderter Menschen sind darüber hinaus keine Kostenbeiträge zu erbringen". Nach § 15 Abs. 6 NÖ SHG ist von der Verpflichtung zum Kostenbeitrag "ganz oder zum Teil abzusehen, wenn durch den Kostenbeitrag die Inanspruchnahme der Hilfe aus sozialen Gründen erschwert oder der Erfolg der Hilfe gefährdet würde".

Nach § 42 Abs. 1 NÖ SHG haben Personen, die gesetzlich oder vertraglich zum Unterhalt des Hilfeempfängers verpflichtet sind, "im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht Kostenersatz zu leisten".

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis vom 30. September 1994, Zl. 93/08/0276, mit dieser Rechtslage, im besonderen unter dem Gesichtspunkt des Funktionswandels des § 15 NÖ SHG gegenüber seiner Fassung vor der 5. Novelle, LGBl. für Niederösterreich Nr. 9200-5, ausführlich auseinandergesetzt und den Standpunkt vertreten, das Wort "jedenfalls" in § 15 Abs. 5 NÖ SHG setze voraus, daß die Familienbeihilfe und der Erhöhungsbeitrag tatsächlich bezogen werden oder zumindest bezogen werden könnten. Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall erfüllt.

In seinem Erkenntnis vom 23. September 1996, B 3419/95, hat sich aber auch der Verfassungsgerichtshof mit § 15 Abs. 5 NÖ SHG befaßt. Er ist dabei - in Weiterführung seiner Rechtsprechung zu § 43 Abs. 3 in Verbindung mit § 11 Abs. 3 Wiener Behindertengesetz - zum Ergebnis gelangt, § 15 Abs. 5 NÖ SHG könne "dahin verstanden werden, daß unter "interner Unterbringung" nur jene zu verstehen ist, die alle Lebenshaltungskosten deckt", und ein solches Verständnis sei - in dem vom Verfassungsgerichtshof beurteilten Fall - auch verfassungsrechtlich geboten, damit entsprechend dem "Berücksichtigungsgebot" im Verhältnis zwischen Landes- und Bundesgesetzgeber die von letzterem mit § 12a FLAG, wonach die Familienbeihilfe nicht als eigenes Einkommen des Kindes gilt und dessen Unterhaltsanspruch nicht mindert, verfolgte Intention nicht unterlaufen werde.

In seinen Erkenntnissen zu diesem Thema - die stets Fälle betrafen, in denen der Untergebrachte selbst zum Kostenbeitrag herangezogen wurde - führte der Verfassungsgerichtshof jeweils aus, er hege keine Bedenken gegen die "Heranziehung der Familienbeihilfe für Sozialhilfemaßnahmen, durch die der Lebensunterhalt (einschließlich Unterbringung und Verpflegung) vollends gesichert ist", und durch eine solche Regelung werde der der Familienbeihilfe vom Bundesgesetzgeber zugedachte Zweck "jedenfalls" nicht unterlaufen. Aus den Erkenntnissen geht aber auch hervor, daß es nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes tatsächlich eine Unterlaufung dieses Zwecks bedeuten würde, wenn die Familienbeihilfe herangezogen würde, ohne daß der Lebensunterhalt, der über Unterkunft und Verpflegung hinaus "auch andere Bedürfnisse, etwa Kleidung und weitere Anliegen umfassen kann", durch die gewährte Hilfe "vollends gesichert" wäre (vgl. dazu die zum Wiener Behindertengesetz ergangenen Erkenntnisse vom 9. Juni 1992, B 1129/91 = Slg. 13052/1992, vom 28. November 1994, B 205/94 = Slg. 13933/1994, und vom 26. Februar 1996, B 1867/94). In der Auffassung, die Sicherstellung "voller Unterbringung und Verpflegung" reiche aus, um eine Einrechnung der Familienbeihilfe in das der Ersatzpflicht zugrunde zu legende Einkommen des Hilfeempfängers zu rechtfertigen, sah der Verfassungsgerichtshof (im letzten der zitierten Erkenntnisse) einen Verstoß gegen seine Rechtsansicht.

Der vorliegende Fall betrifft, anders als die vom Verfassungsgerichtshof entschiedenen, keinen Hilfeempfänger, der die Familienbeihilfe selbst bezieht. Wird die Familienbeihilfe von einem Angehörigen des untergebrachten Behinderten für diesen bezogen, so bestimmt § 2 Abs. 2 der zu den §§ 11 und 43 Wiener Behindertengesetz erlassenen Verordnung, LGBl. für Wien Nr. 11/1995 (inhaltsgleich mit § 2 Abs. 3 der vorangegangenen Verordnung LGBl. für Wien Nr. 15/1975), daß sich der Kostenbeitrag dieses Angehörigen um den vollen Betrag der Familienbeihilfe erhöht und "jedenfalls die auf den Behinderten entfallende Familienbeihilfe als Kostenbeitrag vorzuschreiben" ist, auch wenn wegen des geringen Einkommens des Angehörigen eine Beitragspflicht nicht gegeben wäre. Dieser Regelung zum Wiener Behindertengesetz, mit der sich der Verfassungsgerichtshof - soweit ersichtlich - noch nicht zu befassen hatte, entspricht § 15 Abs. 5 Satz 1 NÖ SHG, wenn dort vorgesehen ist, bei internen Unterbringungen seien "jedenfalls Kostenbeiträge in der Höhe der Familienbeihilfe und des Erhöhungsbetrages ... zu leisten". Der darauf folgende zweite Satz der Bestimmung, wonach bei internen Unterbringungen volljähriger behinderter Menschen "darüber hinaus keine Kostenbeiträge zu erbringen" sind, läßt erkennen, daß es sich (wie bei § 2 Abs. 2 der erwähnten Verordnung zum Wiener Behindertengesetz) um eine Regelung handelt, die sich NUR auf Kostenbeiträge unterhaltspflichtiger Angehöriger und nicht auch auf solche des Hilfeempfängers selbst bezieht. Andernfalls käme die Heranziehung der Beschwerdeführerin schon deshalb nicht in Betracht, weil ihre Tochter im Wege der Legalzession von 80 % ihrer Pension bereits einen Kostenbeitrag leistet, der die Höhe der Familienbeihilfe und des Erhöhungsbetrages übersteigt. Schon die volle Inanspruchnahme dieser Legalzession stünde im Widerspruch zu § 15 Abs. 5 NÖSHG, was nicht der Zweck dieser Bestimmung sein kann. Ihr Regelungsgegenstand ist vielmehr das Ausmaß, in dem die in § 15 Abs. 4 NÖSHG u.a. erwähnten unterhaltspflichtigen Angehörigen im Falle der in § 15 Abs. 5 NÖSHG erwähnten Unterbringungen mit Kostenbeiträgen zu belasten sind. Aus Bescheidbegründung und Gegenschrift in dem vom Verfassungsgerichtshof entschiedenen Fall (im Erkenntnis insoweit nicht wiedergegeben) scheint auch deutlich hervorzugehen, daß der betraglich nicht mit der Höhe der Familienbeihilfe und des Erhöhungsbetrages übereinstimmende Kostenbeitrag des Behinderten entgegen der Vermutung des Verfassungsgerichtshofes ("offenbar") nicht auf § 15 Abs. 5 NÖSHG gestützt worden war. Die Deutung, die der Verfassungsgerichtshof dieser Vorschrift im Zusammenhang mit der Bestimmung des "Einkommens" des Behinderten selbst gegeben hat, geht insoweit ins Leere.

Die vom Verfassungsgerichtshof - unter der Annahme, dieser Absatz der Bestimmung regle auch die Kostenbeitragspflicht des Untergebrachten - zu § 15 Abs. 5 NÖ SHG geäußerte Rechtsansicht ist jedoch von Bedeutung, wenn man davon ausgeht, die vom Verfassungsgerichtshof angenommenen Gründe, weshalb eine Heranziehung der Familienbeihilfe als "Einkommen" des Behinderten nur verfassungskonform sei, wenn die Maßnahme den Lebensunterhalt "vollends sichert", müßten auch einer Abschöpfung der Familienbeihilfe beim unterhaltspflichtigen Angehörigen entgegenstehen. Nach Meinung des Verwaltungsgerichtshofes ist dies trotz des Umstandes, daß die Familienbeihilfe im zuletzt genannten Fall nicht dem Wortlaut des § 12a FLAG zuwider zum "Einkommen des Kindes" gerechnet wird, tatsächlich der Fall. Geht man - mit dem Verfassungsgerichtshof - von der Zweckbindung der Familienbeihilfe aus (vgl. dazu etwa auch OGH 6. Dezember 1994, JBl. 1995, 372, mwN), so kann es unter dem Gesichtspunkt des verfassungsrechtlichen Gebotes der "Berücksichtigung" der Intentionen des Bundesgesetzgebers nämlich keinen Unterschied machen, ob die Familienbeihilfe (ohne die vom Verfassungsgerichtshof als erforderlich erachtete Rechtfertigung durch die Sicherung des vollen Lebensunterhaltes) als Berechnungsgrundlage für einen Kostenbeitrag des Behinderten selbst herangezogen oder beim Unterhaltspflichtigen abgeschöpft wird, womit sie zur Befriedigung der durch die gewährte Maßnahme nicht gedeckten Bedürfnisse des Behinderten ebenfalls nicht mehr zur Verfügung steht. Unter der Voraussetzung der zweckentsprechenden Verwendung der Familienbeihilfe durch den Unterhaltspflichtigen kann ihre Abschöpfung bei letzterem für den Behinderten sogar den schwereren Eingriff bedeuten, wenn er selbst über kein Einkommen verfügt und ihm im Falle der Wertung einer von ihm selbst bezogenen Familienbeihilfe als "Einkommen" ein Freibetrag davon verbleiben müßte.

In bezug auf § 15 Abs. 5 Satz 1 NÖ SHG führt dies zu der vom Verfassungsgerichtshof schon vorweggenommenen Auslegung, unter einer "internen Unterbringung" im Sinne dieser Bestimmung sei nur eine solche zu verstehen, die den Lebensunterhalt "vollends sichert". Das Beschwerdevorbringen, die Beschwerdeführerin habe u.a. Aufwendungen für die Bekleidung ihrer Tochter zu tragen, berührt damit einen wesentlichen Punkt, zu dem die belangte Behörde - wie die Wiener Landesregierung in den vom Verfassungsgerichtshof mit den Erkenntnissen vom 9. Juni 1992, B 1129/91, und vom 28. November 1994, B 205/94, entschiedenen Fällen - nach dem Akteninhalt keine Ermittlungen gepflogen und in ihrer Entscheidung jedenfalls keine Feststellungen getroffen hat. Der Sachverhalt bedarf damit in einem wesentlichen Punkt der Ergänzung, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben war.

Stellt sich im fortgesetzten Verfahren heraus, daß der Lebensunterhalt der Tochter der Beschwerdeführerin durch die gewährte Hilfe im Sinne des Verfassungsgerichtshofes "vollends gesichert" war, so ist der (verfassungskonform interpretierte) Tatbestand des § 15 Abs. 5 NÖ SHG erfüllt. In diesem Fall wird sich die belangte Behörde aufgrund der schon in der Berufung erhobenen Behauptungen der Beschwerdeführerin - allenfalls unter Veranlassung geeigneter Erhebungen - noch mit der Frage auseinanderzusetzen haben, ob durch die (dann: nachträgliche) Einhebung des (vollen) Kostenbeitrages im Sinne des § 15 Abs. 6 NÖ SHG die Inanspruchnahme der Hilfe aus sozialen Gründen erschwert oder der Erfolg der Hilfe gefährdet würde.

Sind die vom Verfassungsgerichtshof interpretativ ermittelten, besonderen Voraussetzungen nicht erfüllt, so kann die Familienbeihilfe nicht herangezogen werden. Die belangte Behörde wird dann zu beurteilen haben, ob die wirtschaftlichen Verhältnisse der Beschwerdeführerin - ohne Berücksichtigung der zweckgebundenen Familienbeihilfe - die Annahme einer (über die zweckentsprechende Verwendung der Familienbeihilfe hinausgehenden) Unterhaltspflicht der Beschwerdeführerin in der Form einer Pflicht zur finanziellen Unterstützung ihrer Tochter erlauben. Nur in dem Umfang, in dem dies zu bejahen wäre, und (fallbezogen) im Rahmen des § 66 Abs. 4 AVG, könnte auch die Pflicht zur Leistung eines Kostenbeitrages bestehen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte