VwGH 94/12/0080

VwGH94/12/008019.3.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Novak, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde des NN in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 14. Februar "1993" (richtig: 1994), Zl. 104.416/01-Pr.A2/94, betreffend Verwendungszulage nach dem § 30a Abs. 1 Z. 3 des Gehaltsgesetzes 1956, zu Recht erkannt:

Normen

GehG 1956 §30a Abs1 Z3;
GehG 1956 §30a Abs1 Z3;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.740,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein rechtskundiger Beamter im Sinne des § 24 Abs. 2 VwGG, steht als Ministerialrat in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle ist das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, dessen Abteilung XY er leitet. Für diese Tätigkeit wurde dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom 20. August 1985 eine Verwendungszulage gemäß § 30a Abs. 1 Z. 3 GG 1956 (Leiterzulage) im Ausmaß von zweieinhalb Vorrückungsbeträgen der Dienstklasse VIII bemessen.

Mit der bei der belangten Behörde am 30. März 1988 eingelangten Eingabe vom 28. März 1988 beantragte der Beschwerdeführer, diese Leiterzulage mit drei Vorückungsbeträgen neu festzusetzen, weil seit der Festsetzung mit dem Bescheid vom 20. August 1985 Bedeutung und Umfang des Aufgabenbereiches seiner Abteilung weiter zugenommen hätten; insbesondere was Fragen des Gewässerschutzes (Abwasserentsorgung, Mülldeponien, Altlastensanierung) anlange. Signifikant dafür sei der Umstand, daß die Zahl der anfallenden Berufungen im Jahr 1987 um 26,7 % gestiegen sei. Dazu komme, daß seine Abteilung im beträchtlichen Ausmaß an der Novellierung des Wasserrechtsgesetzes mitzuwirken habe, weil die Verschärfung der Reinhaltebestimmungen ein Kernstück der geplanten Novellierung darstelle. Die Abteilung sei mit sechs Akademikern und zwei Bediensteten der Verwendungsgruppe B "wohl die größte Rechtsabteilung des Hauses" und damit eine Abteilung von besonderer Größe im Sinne der einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Seit der neuen Geschäftseinteilung vom August 1987 habe die Abteilung zusätzlich folgende Agenden übernommen: Rechtsangelegenheiten des internationalen Gewässerschutzes, Rechtsangelegenheiten der Hydrographie sowie Angelegenheiten der österreichisch-deutschen Gewässerkommission. Daraus ergebe sich, daß es sich bei dieser Abteilung um eine von besonderer Bedeutung und besonderer Größe handle, welche vom Abteilungsleiter ein besonderes Maß an Verantwortung für die Führung der Geschäfte der Allgemeinen Verwaltung erfordere. Er leiste 44 Überstunden monatlich.

Für den Fall der Nichtgenehmigung des Antrages ersuche er um bescheidmäßigen Abspruch.

Mit Erledigung vom 9. August 1988 kam die belangte Behörde beim Bundeskanzler um Zustimmung zu einer entsprechenden Neubemessung dieser Zulage ein. Mit Erledigung vom 17. August 1988 erwiderte der Bundesminister für Gesundheit und öffentlicher Dienst, dem Antrag werde nicht zugestimmt. Auf das Ergebnis der Gespräche über die Verwendungszulagen der leitenden Beamten der Zentralstelle des Bundesministeriums für Land- und Fostwirtschaft werde verwiesen. Eine Erhöhung der dem Beschwerdeführer bemessenen Verwendungszulage sei "in keiner Phase der Verhandlungen vom do. Bundesministerium in Aussicht genommen worden bzw. zur Debatte gestanden".

Den Verwaltungsakten ist zu entnehmen, daß die Sache sodann von der belangten Behörde nicht weiter verfolgt und nach Information des Beschwerdeführers (im Jahr 1992) von der nichterteilten Zustimmung die Akten (sichtlich unter der Annahme, das Begehren sei gegenstandslos geworden) abgelegt wurden.

Mangels Entscheidung durch die belangte Behörde erhob der Beschwerdeführer die zur Zl. 93/12/0274 protokollierte Säumnisbeschwerde (das Verfahren wurde mit dem hg. Beschluß vom 18. März 1994 im Hinblick auf die Nachholung des nun angefochtenen Bescheides eingestellt).

Mit Erledigung vom 20. Dezember 1993 teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer zur Wahrung des Parteiengehörs ihre (nunmehrige) Beurteilung mit: Nach Darlegung der Verfahrenslage und der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Leiterzulage führte die belangte Behörde zusammengefaßt aus, daß seit der letzten Bemessung der Leiterzulage wohl eine Erweiterung des Aufgabenbereiches der Abteilung des Beschwerdeführers erfolgt sei, dennoch handle es sich weiterhin um eine Abteilung üblichen Ausmaßes und üblicher Bedeutung, weshalb die Voraussetzungen für die angestrebte höhere Bemessung dieser Leiterzulage nicht vorlägen. Dies ergebe sich auch aus einem Vergleich mit anderen Abteilungen der selben Sektion (wurde näher ausgeführt). Der Beschwerdeführer erhalte die Möglichkeit, sich hiezu bis zum 14. Jänner 1994 zu äußern. Von dieser Möglichkeit machte er keinen Gebrauch.

Hierauf hat die belangte Behörde mit dem nun angefochtenen Bescheid (der wohl versehentlich mit "1993" statt mit "1994" datiert ist) den Antrag des Beschwerdeführers vom "18."

(richtig: 28.) März 1988 abgewiesen. Nach Darstellung der Verfahrenslage und nach Hinweis darauf, daß bei der Bemessung der Leiterzulage des Beschwerdeführers mit 1985 davon ausgegangen worden sei, daß es sich bei der von ihm geleiteten Abteilung um eine Ministerialabteilung durchschnittlicher Größe und Bedeutung handle, sowie nach Darstellung der Rechtslage sowie nach Hinweis auf hiezu ergangene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes führte die belangte Behörde aus, daß seit der letzten Bemessung der Zulage eine gewisse Erweiterung des Aufgabenbereiches der Abteilung des Beschwerdeführers eingetreten sei. Im Hinblick auf die Bestimmung des § 30a Abs. 2 GG 1956, die eine Abstufung der Leiterzulage mit Vorrückungsbeträgen oder halben Vorrückungsbeträgen vorsehe, sowie unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folge daraus aber nicht, daß schon damit die Voraussetzungen für die angestrebte höhere Bemessung der Leiterzulage erfüllt seien. Eine Bemessung der Leiterzulage in der Höhe von drei Vorrückungsbeträgen wäre im Rahmen des durch die gesetzlichen Bestimmungen und die Judikatur vorgezeichneten groben Rahmens vielmehr nur dann gerechtfertigt, wenn der Beschwerdeführer als selbständiger Leiter einer Abteilung besonderer Bedeutung oder besonderer Größe - das in zeitlicher Hinsicht erforderliche Höchstausmaß an Mehrleistungen vorausgesetzt - eingesetzt wäre. Ohne die Wichtigkeit der Tätigkeit des Beschwerdeführers in irgendeiner Weise schmälern zu wollen, sei dies aber vorliegendenfalls nicht erkennbar, auch nicht im Vergleich zu anderen Abteilungen derselben Sektion (wurde näher ausgeführt).

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 30a Abs. 1 Z. 3 des Gehaltsgesetzes 1956, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 214/1972, gebührt dem Beamten eine ruhgenußfähige Verwendungszulage, wenn er dauernd ein besonderes Maß an Verantwortung für die Führung der Geschäfte der Allgemeinen Verwaltung zu tragen hat und diese Verantwortung über dem Ausmaß an Verantwortung liegt, das Beamte in gleicher dienst- und besoldungsrechtlicher Stellung tragen.

Die Verwendungszulage ist nach Abs. 2 leg. cit. mit Vorrückungsbeträgen oder halben Vorrückungsbeträgen der Dienstklasse und Verwendungsgruppe zu bemessen, der der Beamte angehört. Sie darf im Falle des Abs. 1 Z. 3 vier Vorrückungsbeträge nicht übersteigen und kann auch in Hundertsätzen der Gehaltsstufe 2 der Dienstklasse V bemessen werden, wenn dies im Hinblick auf den Grad der höheren Verantwortung erforderlich ist. In diesem Fall darf sie 50 v.H. dieses Gehaltes nicht übersteigen. Innerhalb dieser Grenzen ist die Verwendungszulage nach dem Grad der höheren Verantwortung und unter entsprechender Bedachtnahme auf die vom Beamten in zeitlicher oder mengenmäßiger Hinsicht zu erbringenden Mehrleistungen zu bemessen. Die Bemessung bedarf der Zustimmung des Bundeskanzlers und des Bundesministers für Finanzen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung erkannt hat (siehe beispielsweise auch das vom Beschwerdeführer bezogene hg. Erkenntnis vom 6. September 1988, Zl. 87/12/0163, unter Hinweis auf Vorjudikatur), gebührt Beamten der Verwendungsgruppe A in der Dienstklasse VIII in den zentralen Verwaltungsdienststellen des Bundes (diese Voraussetzungen liegen im Beschwerdefall vor) als Gruppenleiter eine Verwendungszulage nach § 30a Abs. 1 Z. 3 und Abs. 2 GG 1956 von vier bzw. dreieinhalb Vorrückungsbeträgen, als selbständige Leiter von Abteilungen besonderer Bedeutung oder besonderer Größe, die das Höchstausmaß mengenmäßiger Mehrleistungen erbringen, eine solche Verwendungszulage von drei Vorrückungsbeträgen. Den Leitern von Abteilungen üblichen Ausmaßes und üblicher Bedeutung, die das Höchstmaß quantitativer Mehrleistungen erbringen, gebührt eine solche Zulage im Ausmaß von nur zweieinhalb Vorrückungsbeträgen. Die Voraussetzung, daß die Belastung eines Leiters einer Ministerialabteilung üblichen Ausmaßes und üblicher Bedeutung in zeitlicher Hinsicht das Höchstausmaß erreicht, wird erfüllt, wenn die zeitliche Mehrleistung im Monat über einer mit 35 Überstunden anzunehmenden Untergrenze liegt.

Im vorliegenden Beschwerdefall ist die besondere Leitungsfunktion des Beschwerdeführers und damit der Grund des Anspruches auf diese Leiterzulage (zu Recht) unstrittig; vielmehr geht es "nur" um die Frage, ob der Beschwerdeführer eine Abteilung besonderer Größe oder besonderer Bedeutung leitet, weil auch seine Belastung in zeitlicher Hinsicht mit 44 Überstunden monatlich von keiner Seite in Zweifel gezogen wurde.

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat, ist der Wesenskern des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses darin gelegen, daß Personen in einem Dienstverhältnis in Bindung an das Gesetz tätig werden und bezugsrechtliche Ansprüche nur nach besoldungsrechtlichen Vorschriften (Gesetze bzw. Verordnungen) geltend gemacht werden können. Bei einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis handelt es sich nicht um das Rechtsverhältnis zwischen zwei Vertragspartnern; die aus einem solchen Dienstverhältnis abgeleiteten Rechte und Pflichten sind im Gegensatz zu privatrechtlichen Dienstverhältnissen - sofern nicht Gestaltungsrechte gesetzlich ausdrücklich eingeräumt sind - weder vom Dienstgeber noch vom Dienstnehmer gestaltbar, sondern haben sich aus dem Gesetz zu ergeben. Maßgeblich für einen Anspruch ist daher nur, ob die im Gesetz enthaltenen Tatbestandserfordernisse erfüllt sind (siehe dazu beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 1. Februar 1995, Zl. 93/12/0075, unter Hinweis auf Vorjudikatur).

Vor diesem Hintergrund läßt die in der Sachverhaltsdarstellung wiedergegebene ablehnende Äußerung vom 17. August 1988 des Bundesministers für Gesundheit und öffentlicher Dienst einen rechtlich tragfähigen Bezug zur Sache vermissen, weil nicht erkennbar ist, inwiefern das im Beschwerdefall maßgebliche Vorliegen der Voraussetzungen für die angestrebte höhere Bemessung der Leiterzulage rechtens Gegenstand von "Verhandlungen" sein könnte. Vor diesem Hintergrund bedarf es auch keiner Auseinandersetzung mit der (von der belangten Behörde in der Gegenschrift bestrittenen) Mutmaßung des Beschwerdeführers, derartige Verwendungszulagen für leitende Beamten würden auf die einzelnen Ressorts "nach einer Art Kontingentierungssystem aufgeteilt".

Der Beschwerdeführer bemängelt, die belangte Behörde habe nicht einmal den Versuch unternommen, den Widerspruch zwischen ihrem Zustimmungsantrag (vom 9. August 1988) an den Bundeskanzler und ihrer nunmehrigen Auffassung, daß es der von ihm geleiteten Abteilung an der von der Judikatur geforderten Besonderheit fehle, aufzuklären oder gar zu begründen.

Dem ist zu entgegnen, daß diese behauptete Unterlassung keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zu begründen vermag: zwar deutet der Umstand, daß die belangte Behörde mit jener Erledigung vom 9. August 1988 danach trachtete, die Zustimmung des Bundeskanzlers zwecks Neubemessung der Leiterzulage zu erwirken, darauf hin, daß sie das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen als gegeben annahm (wobei dies - lediglich - mit einer Erweiterung des Aufgabenbereiches der Abteilung und ansonsten, nämlich hinsichtlich der rechtlichen Erwägungen, mit einem bloßen Hinweis auf "die gesetzlichen Bestimmungen" begründet wurde), das bedeutet aber nicht, daß die im angefochtenen Bescheid vertretene abweichende Auffassung schon deshalb (zwingend) unrichtig sein müßte, zumal die belangte Behörde auch im angefochtenen Bescheid von einer Erweiterung des Aufgabenbereiches dieser Abteilung ausgeht.

Unstrittig ist, daß diese Abteilung aus zwei Referaten besteht. Die personelle Ausstattung dieser Abteilung wurde von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid nicht festgestellt was möglicherweise deshalb unterblieb, weil sie diesen Umstand als unstrittig ansah, was aber nicht der Fall ist:

Der Beschwerdeführer hatte in seinem Antrag vom 28. März 1988 vorgebracht, seine Abteilung sei "mit sechs Akademikern und zwei Bediensteten der Verwendungsgruppe B wohl die größte Rechtsabteilung des Hauses". In seiner Säumnisbeschwerde erstattete er hiezu kein Vorbringen; in der vorliegenden Beschwerde brachte er vor, seine Abteilung sei derzeit mit acht Planstellen der Verwendungsgruppe A (eine zur Zeit nicht besetzt), zwei Planstellen der Verwendungsgruppe B und einer Planstelle der Verwendungsgruppe C ausgestattet. Sie bleibe daher auch die größte Rechtsabteilung des Ressorts.

Dem gegenüber brachte die belangte Behörde in der Gegenschrift vor, dieser Abteilung seien drei Beamte der Verwendungsgruppe A, zwei Bedienstete der Entlohnungsgruppe a, ein Beamter der Verwendungsgruppe B und ein Bediensteter der Entlohnungsgruppe c zugeteilt, wobei die Zahl der einem Abteilungsleiter unterstellten Bediensteten für sich allein nicht ausschlaggebend sei, weil die Anzahl "allein noch nicht die Leitungsfunktion zu einer überdurchschnittlich großen" mache.

Daraus folgt, daß die Zahl der Bediensteten, die dieser Abteilung zugewiesen sind oder auch waren (im langen beschwerdegegenständlichen Zeitraum könnten sich auch Änderungen ergeben haben), nicht feststeht.

Da aber diese Zahl sowohl für die Beurteilung der "besonderen Größe" als auch der "besonderen Bedeutung" dieser Abteilung von Relevanz ist (vgl. beispielsweise die hg. Erkenntnisse vom 15. April 1985, SlgNr. 11.739/A, oder auch vom 20. Mai 1992, Zl. 90/12/0204, bzw. Zl. 90/12/0256), ist mangels entsprechender Feststellungen eine abschließende Beurteilung der Sache durch den Verwaltungsgerichtshof noch nicht möglich.

Da somit jedenfalls der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt einer Ergänzung bedarf, war der angefochtene Bescheid (schon deshalb) gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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