VwGH 96/21/0322

VwGH96/21/03222.10.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde des H in E, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 20. März 1996, Zl. St 458/95, betreffend Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z2;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §20 Abs1;
EMRK Art8 Abs2;
StVO 1960 §5 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z2;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §20 Abs1;
EMRK Art8 Abs2;
StVO 1960 §5 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) wurde gegen den Beschwerdeführer, einen jugoslawischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 2 sowie den §§ 19, 20 und 21 FrG ein Aufenthaltsverbot in der Dauer von fünf Jahren erlassen. In der Begründung ging die belangte Behörde davon aus, daß sich der Beschwerdeführer seit 1990 im Bundesgebiet aufhalte und zwar sei ihm erstmals am 8. August 1990 ein Sichtvermerk erteilt worden und zuletzt eine Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz bis 5. Jänner 1996. Der Beschwerdeführer gehe im Bundesgebiet einer Erwerbstätigkeit nach. Er sei verheiratet und für vier Kinder sorgepflichtig. Die Kinder und die Ehegattin des Beschwerdeführers hielten sich jedoch in Jugoslawien auf.

Im Verwaltungsstrafregister der Bezirkshauptmannschaft Eferding schienen folgende rechtskräftige Vormerkungen betreffend den Beschwerdeführer auf:

Anläßlich der Einvernahme des Beschwerdeführers am 17. Oktober 1994 sei ihm im Hinblick auf die Verwaltungsvorstrafen und den Führerscheinentzug mitgeteilt worden, daß ihm ausnahmsweise eine Aufenthaltsbewilligung für ein halbes Jahr erteilt werde.

Der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG sei erfüllt, weil Verwaltungsübertretungen nach § 5 StVO und § 64 KFG zu den schwerwiegendsten Verwaltungsübertretungen zählten.

Da der Beschwerdeführer im Bundesgebiet einer Erwerbstätigkeit nachgehe, werde durch die Erlassung des Aufenthaltsverbotes in sein Privatleben eingegriffen. Angesichts der von alkoholisierten Kraftfahrzeuglenkern ausgehenden großen Gefahr für die Allgemeinheit und des Umstandes, daß das Lenken eines Kraftfahrzeuges ohne Lenkerberechtigung zu den gröbsten Verstößen gegen das Kraftfahrgesetz zähle, sowie des hohen Stellenwertes, welcher der Einhaltung der österreichischen Rechtsordnung für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung überhaupt zukomme, sei nicht nur die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt, sondern das Aufenthaltsverbot auch im Lichte des § 19 FrG dringend geboten. Die ständigen Bestrafungen hätten nicht ausgereicht, um den Beschwerdeführer von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abzuhalten. Selbst die Ermahnung anläßlich der Einvernahme am 17. Oktober 1994 hätte den Beschwerdeführer nicht davon abhalten können, neuerlich straffällig zu werden.

Aufgrund der Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers sei ihm ein gewisses Maß an Integration zuzubilligen, nicht jedoch in sozialer Hinsicht, wie seine strafbaren Handlungen deutlich zeigten. Auch sei die Dauer des Aufenthaltes im Bundesgebiet zu kurz, um eine vollständige Integration bewirken zu können. Die von alkoholisierten Kraftfahrzeuglenkern ausgehende Gefahr lasse die öffentlichen Interessen an der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes unverhältnismäßig schwerer wiegen als die negativen Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers. Dies umso mehr, als auch ein Führerscheinentzug nicht ausgereicht habe, um ihn von der Begehung einer weiteren Übertretung nach § 5 StVO abzuhalten. Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes sei daher auch im Grunde des § 20 Abs. 1 FrG zulässig. Die Tatsache, daß der Beschwerdeführer für seine Gattin und vier Kinder sorgepflichtig sei, könne daran nichts ändern, zumal er dieser Sorgepflicht auch außerhalb Österreichs nachkommen könne.

Die Dauer des von der Erstbehörde verhängten Aufenthaltsverbotes entspreche der Tilgungsfrist der rechtskräftigen Bestrafungen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die der Sache nach Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet. Von der Erstattung einer Gegenschrift wurde abgesehen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht die von der belangten Behörde festgestellten rechtskräftigen Bestrafungen des Beschwerdeführers und bringt gegen die - zutreffende - Annahme, daß damit der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG erfüllt sei, nichts vor.

Der Beschwerdeführer meint, die belangte Behörde hätte den Zeitpunkt der Verwaltungsdelikte feststellen müssen, weil sich daraus sehr wohl eine Zeitspanne des Wohlverhaltens ableiten ließe. Die angeführten Delikte hätten sich alle in den Jahren 1991 bis 1995 ereignet und das letzte, zweite Delikt nach § 5 Abs. 1 StVO im Februar 1995. Es habe sich daher bis zum Zeitpunkt der Erlassung des Aufenthaltsverbotes seitens der Bezirkshauptmannschaft Eferding am 11. Dezember 1995 ein Zeitraum absoluten Wohlverhaltens herausgebildet. Er habe durch die vollzogenen Geldstrafen bereits gebüßt und sei sein Sinneswandel zu einem rechtskonformen Verhalten offenkundig.

Mit diesem Vorbringen kann der Beschwerdeführer keine dem angefochtenen Bescheid anhaftende Rechtswidrigkeit aufzeigen. Voraussetzung für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes ist nach § 18 Abs. 1 FrG die auf bestimmte Tatsachen gegründete Prognose, daß der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit oder die im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten öffentlichen Interessen erheblich gefährdet. § 18 Abs. 1 FrG ordnet sohin an, daß bei Vorliegen eines der im Abs. 2 leg. cit. aufgezählten Tatbestände eine Beurteilung dahingehend vorzunehmen ist, ob dieser Tatbestand in concreto die umschriebene Annahme rechtfertigt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 1995, Zl. 95/21/0007). Um die umschriebene Prognose treffen zu können, ist das Gesamtverhalten des Beschwerdeführers zu berücksichtigen. Es kommt daher nicht nur seinem Fehlverhalten entscheidene Bedeutung zu, sondern auch der Dauer seines Wohlverhaltens seit der Verwirklichung eines der Tatbestände des § 18 Abs. 2 FrG. Je länger die Verwirklichung von Tatbeständen des § 18 Abs. 2 FrG zurückliegt, desto größeres Gewicht kommt dem Wohlverhalten des Beschwerdeführers seit diesem Zeitpunkt zu. Der vom Beschwerdeführer im vorliegenden Fall erwähnte Zeitraum von Februar 1995 bis Dezember 1995 ist aber derart kurz, daß Rückschlüsse auf ein künftiges Wohlverhalten keinesfalls zu ziehen sind. Auch der Umstand, daß die verhängten Geldstrafen bezahlt worden seien, läßt keinen Schluß auf ein künftiges rechtskonformes Verhalten des Beschwerdeführers zu. Die belangte Behörde hat zutreffend darauf hingewiesen, daß wiederholte Bestrafungen, der Entzug des Führerscheines sowie eine ausdrückliche Ermahnung den Beschwerdeführer nicht davon abgehalten haben, sich neuerlich einer schwerwiegenden Verwaltungsübertretung schuldig zu machen. Aufgrund dieser Tatsachen ist mit Rücksicht auf die besonderen, von alkoholisierten Kraftfahrzeuglenkern ausgehenden Gefahren für die Allgemeinheit die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt. Im Hinblick auf diese großen Gefahren für die öffentliche Sicherheit ist die Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Sinne des § 19 FrG zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele dringend geboten.

Der Beschwerdeführer macht geltend, daß ihm am 17. März 1995 eine Aufenthaltsbewilligung bis 1. Jänner 1996 trotz Vorliegen der ihm nunmehr angelasteten Delikte erteilt worden sei. Damit habe die Behörde zu erkennen gegeben, daß keine Versagungsgründe vorlägen. Da sich am Sachverhalt nichts geändert habe, "würde eine nunmehr abweichende Interpretation die Überholung einer res judicata" betreffen.

Auch dieses Vorbringen vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. Der Beschwerdeführer übersieht, daß der belangten Behörde laut Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten im Zeitpunkt der Erteilung der Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz am 17. März 1995 die letzte Bestrafung vom 14. Februar 1995 wegen der Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 1 StVO nicht bekannt war. Von einem identen Sachverhalt kann daher keine Rede sein. Weiters ist der Beschwerdeführer darauf hinzuweisen, daß er anläßlich der Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz im Oktober 1994 darauf aufmerksam gemacht wurde, daß aufgrund der bis zum damaligen Zeitpunkt bekannten Verwaltungsstrafen ihm die Bewilligung nur ausnahmsweise erteilt werde. Damit hat die Behörde erster Instanz klar zum Ausdruck gebracht, daß im Falle eines weiteren gravierenden Fehlverhaltens des Beschwerdeführers eine weitere Bewilligung nicht erteilt werden kann. Aus dem Umstand, daß die Bestrafung vom 14. Februar 1995 von der Bezirkshauptmannschaft Eferding stammt und diese Behörde auch im Verfahren nach dem Aufenthaltsgesetz einschritt, ist für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen. Entscheidend ist, ob in dem entsprechenden Verfahren, nämlich dem Verfahren nach dem Aufenthaltsgesetz, die Bestrafung bekannt war (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 1994, Zl. 93/18/0418).

Der Beschwerdeführer hält die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen ihn aufgrund seiner "fünfjährigen Integration" als verfehlt. Er habe als alleiniger Familienerhalter seine Frau und vier Kinder zu ernähren. Lediglich durch seine Arbeit in Österreich könne er diesen Verpflichtungen nachkommen.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die von der belangten Behörde vorgenommene Interessenabwägung gemäß § 20 Abs. 1 FrG und deren Ergebnis als rechtswidrig darzutun. Die belangte Behörde hat alle, auch die in der Beschwerde hervorgehobenen, für den weiteren Verbleib des Beschwerdeführers im Bundesgebiet sprechenden Umstände berücksichtigt. Sie ist zutreffend davon ausgegangen, daß die aufgrund des fünfjährigen Aufenthaltes und der Berufstätigkeit des Beschwerdeführers abzuleitende Integration im Hinblick auf die zahlreichen schwerwiegenden Straftaten des Beschwerdeführers keineswegs ein derartiges Ausmaß erreicht hat, daß sie eine Erlassung des Aufenthaltsverbotes unzulässig erscheinen ließe. Die belangte Behörde hat zutreffend darauf hingewiesen, daß der Beschwerdeführer seiner Unterhaltspflicht auch von einem anderen Land aus nachkommen kann. Von welchem Land aus der Beschwerdeführer das zu bewerkstelligen gedenkt, hat die belangte Behörde zu Recht nicht ausgesprochen, weil mit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht ausgesprochen wird, in welches Land der Beschwerdeführer ausreisen muß oder allenfalls abgeschoben wird.

Schließlich vermag auch die Rüge des Beschwerdeführers, es sei in keiner Weise dargetan und einsichtig, weshalb das Aufenthaltsverbot in der Dauer von fünf Jahren verhängt worden sei, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen. Die Beschwerde tut nicht dar, welche Umstände die belangte Behörde hätten veranlassen müssen, zu dem Ergebnis zu gelangen, es sei vorhersehbarerweise mit einem Wegfall der für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Gründe vor dem Verstreichen der festgesetzten Dauer von fünf Jahren zu rechnen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 22. November 1995, Zl. 95/21/0040).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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