VwGH 96/19/0446

VwGH96/19/044619.12.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde des V in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 3. Oktober 1995, Zl. 303.431/2-III/11/95, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
AVG §45 Abs3;
VwRallg;
ZustG §17;
AVG §37;
AVG §45 Abs3;
VwRallg;
ZustG §17;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 3. Oktober 1995 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid vom 5. Juli 1995, Zl. MA 62-9/1041208/4, gemäß § 66 Abs. 4 AVG als verspätet zurückgewiesen. Die belangte Behörde führte begründend aus, daß die Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides rechtswirksam am 11. Juli 1995 erfolgt, jedoch die Berufung erst am 8. August 1995, und daher verspätet eingebracht worden sei.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welche dieser unter Ablehnung ihrer Behandlung antragsgemäß mit Beschluß vom 13. Dezember 1995, B 3575/95-3, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

Über die im Sinne des § 28 Abs. 1 VwGG ergänzte Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wurde, hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer tritt der Annahme der belangten Behörde, daß die Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides durch Hinterlegung rechtswirksam gewesen sei, insofern entgegen, als er behauptet, sich zur Zeit der Hinterlegung am 11. Juli 1995 nicht an der Abgabestelle L-Gasse 43/2, sondern bei einem Bekannten in V aufgehalten zu haben und erst am 24. Juli 1995 an die Abgabestelle zurückgekehrt zu sein.

Der Beschwerdeführer rügt in der Beschwerde zutreffend, daß die belangte Behörde es unterlassen habe zu ermitteln, ob die Zustellung tatsächlich durch Hinterlegung bewirkt wurde oder ob etwa der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte. Die belangte Behörde hätte vor Annahme der Verspätung der Berufung den Sachverhalt der Partei zur Kenntnis zu bringen gehabt ansonsten sie das Risiko einer Bescheidaufhebung wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften zu tragen hat (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 26. März 1996, Zl. 95/19/0984). Der vom Beschwerdeführer geltend gemachte Verfahrensmangel kann im vorliegenden Fall auch wesentlich sein, da bei Zutreffen der Angabe in der Beschwerde die Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides gemäß § 17 Abs. 3 Zustellgesetz rechtswirksam erst am 25. Juli 1995 erfolgt und somit die am 8. August 1995 eingebrachte Berufung nicht als verspätet zurückzuweisen gewesen wäre.

Da dem Akteninhalt ein entsprechender Vorhalt der Verspätung durch die belangte Behörde nicht zu entnehmen ist, ist die Rüge des Beschwerdeführers, daß ihm diesbezüglich kein Parteiengehör eingeräumt worden sei, berechtigt, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf

die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

Bei diesem Ergebnis erübrigt sich auch ein gesonderter Abspruch des Berichters über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

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