VwGH 96/18/0120

VwGH96/18/012030.4.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte

Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rigler und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Rutter, über die Beschwerde der S in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 31. Jänner 1996, Zl. SD 130/96, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §20 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §20 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 31. Jänner 1996 wurde gegen die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige von Somalia, gemäß § 18 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 7 Fremdengesetz - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.

Die Beschwerdeführerin sei am 4. Jänner 1996 ohne gültiges Reisedokument in das Bundesgebiet eingereist und habe am 8. Jänner 1996 einen Asylantrag gestellt, der abgewiesen worden sei. Am 9. Jänner 1996 sei die Beschwerdeführerin wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes festgenommen worden. Anläßlich ihrer Einvernahme habe sie am 16. Jänner 1996 vor der Erstbehörde angegeben, lediglich über S 400,-- zu verfügen. Die Erstbehörde sei daher zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, daß die Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 Z. 7 FrG vorlägen. In der Berufung werde diesbezüglich nichts vorgebracht. Demnach sei die Beschwerdeführerin ihrer Verpflichtung, von sich aus (initiativ) darzulegen, daß sie über die für ihren Unterhalt notwendigen Mittel verfüge, nicht nachgekommen. Ihre Mittellosigkeit sowie ihr unrechtmäßiger Aufenthalt im Bundesgebiet beeinträchtigten die öffentliche Ordnung in hohem Maß, sodaß auch die im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme gerechtfertigt sei.

Aufgrund des kurzen und zudem illegalen Aufenthaltes der Beschwerdeführerin und im Hinblick auf das Fehlen familiärer Bindungen könne von einem mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen relevanten Eingriff in ihr Privat- und Familienleben keine Rede sein. Es sei daher weder zu überprüfen, ob die gegen die Beschwerdeführerin gesetzte Maßnahme zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele dringend geboten sei, noch eine Interessenabwägung gemäß § 20 Abs. 1 FrG vorzunehmen.

Den in der Berufung zum Ausdruck gebrachten Befürchtungen für das Leben der Beschwerdeführerin im Fall der Rückkehr in ihr Heimatland mangle im gegebenen Zusammenhang die rechtliche Relevanz. Denn entgegen der offenbaren Meinung der Beschwerdeführerin werde mit dem Aufenthaltsverbot nicht auch eine Abschiebung des Fremden (in ein bestimmtes Land) angeordnet, vielmehr ausschließlich das Verbot, sich weiter in Österreich aufzuhalten, ausgesprochen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes bzw. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Die Beschwerde wirft der belangten Behörde eine Verletzung des Grundsatzes der Erforschung der materiellen Wahrheit vor. Hätte sie die Beschwerdeführerin einvernommen, so wäre hervorgekommen, daß die Beschwerdeführerin in der Zwischenzeit Kontakt zu ihrer Tante aufgenommen habe und diese sich bereit erklärt habe, für den notwendigen Unterhalt der Beschwerdeführerin aufzukommen und ihr eine Wohnmöglichkeit zu verschaffen.

1.2. Dieses Vorbringen ist nicht zielführend. Die belangte Behörde vertrat - der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgend - die Auffassung, daß es dem Fremden obliege, von sich aus (initiativ) den Nachweis für den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt zu erbringen (vgl. etwa aus jüngster Zeit die Erkenntnisse vom 11. Jänner 1996, Zl. 94/18/0720, und vom 18. Jänner 1996, Zl. 94/18/0083). Diesen Nachweis zu erbringen, ist der Beschwerdeführerin - unter Zugrundelegung ihrer unbestritten gebliebenen Angabe vor der Erstbehörde, über S 400,-- zu verfügen, und ihres (in der Beschwerde wörtlich wiedergegebenen) Berufungsvorbringens - nicht gelungen. Angesichts dessen, daß die Beschwerdeführerin der belangten Behörde gegenüber durchaus die Möglichkeit hatte, Einschlägiges vorzubringen, war diese nicht gehalten, ihrerseits an die Beschwerdeführerin heranzutreten, um sie zu einem allfälligen diesbezüglichen Vorbringen zu veranlassen. Der Beschwerdehinweis, die Tante der Beschwerdeführerin habe sich bereit erklärt, für deren Unterhalt aufzukommen - die entsprechende "Verpflichtungserklärung" stammt im übrigen erst vom 12. März 1996 - erweist sich damit als im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung (vgl. § 41 Abs. 1 VwGG).

2. Kam die belangte Behörde somit in einem einwandfreien Verfahren zu dem Ergebnis, es sei der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 7 FrG verwirklicht, so stößt auch ihre Ansicht, die Mittellosigkeit der Beschwerdeführerin rechtfertige die im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme, auf keine Bedenken (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis Zl. 94/18/0083); dies umso weniger, als sich die Beschwerdeführerin - folgt man der unwidersprochenen Feststellung im angefochtenen Bescheid, daß sie ohne Reisedokument eingereist sei - unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.

3. Gegen die Zulässigkeit des Aufenthaltsverbotes aus dem Blickwinkel des § 19 und des § 20 Abs. 1 FrG bringt die Beschwerde nichts Stichhaltiges vor. Der Gerichtshof pflichtet der diesbezüglichen Auffassung der belangten Behörde aus den im bekämpften Bescheid angeführten Gründen bei. Der Einwand der Beschwerdeführerin, im Rahmen der Abwägung nach § 20 Abs. 1 FrG hätte auch auf ihr Berufungsvorbringen, sie hätte im Fall einer Abschiebung nach Somalia mit dem Tod zu rechnen, Bedacht genommen werden müssen, läßt - wie von der belangten Behörde zu Recht festgehalten - außer acht, daß im Aufenthaltsverbots-Bescheid nicht darüber abzusprechen ist (und in bezug auf die Beschwerdeführerin auch nicht ausgesprochen wurde), wohin der Fremde ausreisen oder daß er allenfalls abgeschoben werde; eine Einbeziehung der Behauptung der Beschwerdeführerin, in Somalia mit dem Tod bedroht zu sein, in die Interessenabwägung gemäß § 20 Abs. 1 FrG kommt somit nicht in Betracht (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 23. November 1995, Zl. 95/18/1173).

4. Da nach dem Gesagten die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt - was bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt -, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

5. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

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