VwGH 96/14/0029

VwGH96/14/002922.5.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Graf und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Traudtner, in der Beschwerdesache 1) der HNP-AG in L und

2) der NH-GmbH in W, beide vertreten durch Dr. Z, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 13. Dezember 1995, Zl 331/1-5/Se-1993, betreffend Nachforderung von Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für den Prüfungszeitraum vom 1. Jänner 1988 bis 31. Dezember 1991, den Beschluß gefaßt:

Normen

VwGG §34 Abs1;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

1) Die Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin wird zurückgewiesen.

2) Die Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin wird zurückgewiesen.

3) Der Antrag der Zweitbeschwerdeführerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgewiesen.

Begründung

Am 7. Februar 1996 langte beim Verwaltungsgerichtshof eine Beschwerde der HNP AG in L (als Rechtsnachfolgerin der HW GmbH) ein, in welcher ein nach Datum und Geschäftszahl näher bezeichneter Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich angefochten wurde. Als Bescheidadressat dieses Bescheides scheint die NH GmbH (als Rechtsnachfolgerin der HW GmbH), somit eine sowohl nach dem Firmenwortlaut als auch nach der Gesellschaftsform verschiedene (juristische) Person auf. Mit Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Februar 1996, 96/14/0029-2, forderte der Gerichtshof die Beschwerdeführerin unter Hinweis auf diesen Umstand auf, innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung der Verfügung die Beschwerdeberechtigung der Beschwerdeführerin darzutun.

Innerhalb dieser Frist langte beim Gerichtshof ua ein Schriftsatz ein, in welchem als beschwerdeführende Partei die NH GmbH in Wien als Rechtsnachfolgerin der HW GmbH aufscheint und die Bezeichnung der beschwerdeführenden Partei von HNP AG auf NH GmbH "richtiggestellt" wurde. Die ursprüngliche Fehlbezeichnung erkläre sich damit, daß die HW GmbH mittels verschmelzender Umwandlung im Jahre 1991 in die S & Co GmbH eingebracht worden sei. Ursprünglich seien beide Gesellschaften 100 %ige Töchter der HNP AG gewesen. Unmittelbar vor der verschmelzenden Umwandlung habe die bisherige Alleingesellschafterin HNP AG ihren Geschäftsanteil an der HW GmbH als Sacheinlage in die S & Co GmbH eingebracht. In der Folge sei (ebenfalls im Jahr 1991) die S & Co GmbH in HW GmbH und diese in weiterer Folge (im Jahr 1992) in NH GmbH umbenannt worden. Auf Grund dieser "komplizierten Kompetenz- und Zuordnungssituation" sei in der Beschwerde irrtümlich die HNP AG als Beschwerdeführerin angeführt worden. Die Fehlbezeichnung sei daher richtigzustellen gewesen. Zur "Klarstellung" wurde angemerkt, daß die Lohn- und Gehaltsverrechnung der HW GmbH bzw NH GmbH bei der Muttergesellschaft, der HNP AG in L vorgenommen worden sei und werde, und insoweit die Lohnsteuerprüfung des Finanzamtes auch in L vorgenommen worden sei.

Gleichzeitig wurde von der NH GmbH als Rechtsnachfolgerin der HW GmbH ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt und die "gegenständliche Beschwerde unter Richtigstellung der Bezeichnung der beschwerdeführenden Gesellschaft neu eingebracht". Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurde damit begründet, daß der einschreitende Rechtsanwalt von seinem Ansprechpartner und Vertreter "der beschwerdeführenden Gesellschaft" Mag. W dahin informiert worden sei, daß Rechtsnachfolgerin der HW GmbH die HNP AG sei. Dieser Irrtum des Vertreters sei daraus resultiert, daß im konkreten Fall die überaus schwierige gesellschaftsrechtliche Situation nicht innerhalb der Beschwerdefrist hinreichend hätte geklärt werden können und daher trotz umfassender und vollständiger Information eine unrichtige Bezeichnung der beschwerdeführenden Gesellschaft dem einschreitenden Rechtsvertreter mitgeteilt worden sei.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes seien auch psychologische Vorgänge wie das "sich irren" als "Ereignis im Sinne des § 46 Abs 1 VwGG" zu werten. Dieses Ereignis, nämlich der Irrtum des Vertreters der beschwerdeführenden Gesellschaft, sei für den einschreitenden Rechtsvertreter insofern unvorhergesehen und unabwendbar gewesen, als die gesellschaftsrechtliche Situation der Rechtsnachfolge auf Grund der dargestellten Entwicklungen innerhalb der Beschwerdefrist nicht hätte nachvollzogen werden können und sohin von den Angaben des Vertreters der beschwerdeführenden Partei auszugehen gewesen sei. Durch diese besondere Konstellation sei daher davon auszugehen gewesen, daß die beschwerdeführende Partei bzw ihren Rechtsvertreter kein Verschulden an dem unterlaufenen Irrtum treffe, allenfalls lediglich ein minderer Grad des Verschuldens vorliege.

Durch die Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Februar 1996, 96/14/0029-2, sei der Rechtsvertreter der beschwerdeführenden Partei auf die fehlerhafte Bezeichnung der beschwerdeführenden Gesellschaft aufmerksam geworden, weshalb die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand innerhalb offener Frist beantragt werde.

Vorweg ist darauf hinzuweisen, daß nach dem Inhalt der erwähnten Schriftsätze nicht zweifelhaft ist, daß es sich bei der Erstbeschwerdeführerin (HNP AG) und Zweitbeschwerdeführerin (NH GmbH) um zwei verschiedene (juristische) Personen handelt.

1) Zurückweisung der Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin:

Die Erstbeschwerdeführerin kann durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten schon deshalb nicht verletzt sein, weil der Bescheid nicht an sie, sondern an die Zweitbeschwerdeführerin gerichtet ist. Durch den mit "Richtigstellung" überschriebenen Schriftsatz der Zweitbeschwerdeführerin wird im übrigen bestätigt, daß sich durch den angefochtenen Bescheid nicht die Erst-, sondern die Zweitbeschwerdeführerin in ihren Rechten verletzt erachtet. Für den durch diesen Schriftsatz angestrebten Wechsel in der Person der Beschwerdeführerin besteht aber keine Rechtsgrundlage (vgl den hg Beschluß vom 22. Oktober 1990, 90/15/0075).

Die Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin war daher mangels Beschwerdeberechtigung gemäß § 34 Abs 1 VwGG zurückzuweisen.

2) Zurückweisung der Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin:

Der angefochtene Bescheid wurde der Zweitbeschwerdeführerin am 27. Dezember 1995 zugestellt. Damit erweist sich aber die erstmals am 5. April 1996 zur Post gegebene und mit diesem Tag datierte Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin als verspätet.

Die Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin war daher gemäß § 34 Abs 1 VwGG als verspätet zurückzuweisen.

3) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand:

Als Wiedereinsetzungsgrund stützt sich die Antragstellerin im wesentlichen auf einen Irrtum ihres Vertreters Mag. W, welcher insofern unterlaufen wäre, als der mit der Beschwerdeerhebung beauftragte Rechtsvertreter unrichtigerweise dahin informiert worden wäre, daß Rechtsnachfolgerin der HW GmbH die HNP AG sei. Die Antragstellerin meint, daß dieser Irrtum wegen der "überaus schwierigen gesellschaftsrechtlichen Situation" nicht vorwerfbar sei bzw. einen minderen Grad des Verschuldens darstelle.

Dieser Ansicht kann der Verwaltungsgerichtshof nicht folgen: Im Hinblick darauf, daß als Bescheidadressat die NH GmbH als Rechtsnachfolgerin der HW GmbH genannt ist, konnte es keinem Zweifel unterliegen, welche juristische Person von dem Bescheid betroffen ist. Dem Antragsvorbringen ist nicht zu entnehmen, daß nach Bescheiderlassung gesellschaftsrechtliche Änderungen eingetreten wären, die erst hätten geklärt werden müssen. Den in den Jahren 1991 und 1992, somit mehrere Jahre vor der Bescheidzustellung Ende 1995 erfolgten gesellschaftsrechtlichen Änderungen kommt für die Beschwerdeberechtigung der Zweitbeschwerdeführerin keine Bedeutung zu.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war daher abzuweisen.

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