VwGH 96/10/0016

VwGH96/10/00166.5.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fichtner, über die Beschwerde der Stadt Bludenz, vertreten durch den Bürgermeister Dr. O, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 27. Juli 1995, Zl. IVe-223/304-95, betreffend Zurückweisung einer Berufung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
AVG §63 Abs1;
AVG §8;
LSchG Vlbg 1982 §1 Abs1;
LSchG Vlbg 1982 §10 Abs1;
LSchG Vlbg 1982 §10 Abs2;
LSchG Vlbg 1982 §12 Abs2;
LSchG Vlbg 1982 §27 Abs1;
LSchG Vlbg 1982 §3 Abs1;
LSchG Vlbg 1982 §9 Abs1;
LSchG Vlbg 1982 §9 Abs2;
VwRallg;
AVG §37;
AVG §63 Abs1;
AVG §8;
LSchG Vlbg 1982 §1 Abs1;
LSchG Vlbg 1982 §10 Abs1;
LSchG Vlbg 1982 §10 Abs2;
LSchG Vlbg 1982 §12 Abs2;
LSchG Vlbg 1982 §27 Abs1;
LSchG Vlbg 1982 §3 Abs1;
LSchG Vlbg 1982 §9 Abs1;
LSchG Vlbg 1982 §9 Abs2;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Am 15. September 1994 beantragte die Vorarlberger Kraftwerke AG (VKW) die Erteilung einer landschaftsschutzbehördlichen Bewilligung für die Asphaltierung von Zufahrtswegen zu Anlagen des Kraftwerkes Klösterle. Die Antragstellerin legte unter anderem dar, die Wege würden durch die Befahrung im Zuge von Bauarbeiten stark beansprucht werden. Die Bezirkshauptmannschaft (BH) führte ein Ermittlungsverfahren durch. Der Sachverständige für Landschaftsschutz vertrat unter anderem die Auffassung, nach Beendigung der Bauarbeiten sollten die Asphaltdecke des Güterweges "Schneggenwald" entfernt und die Wege als Forstwege wiederhergestellt werden.

Die BH forderte u.a. die beschwerdeführende Stadtgemeinde zu einer Stellungnahme zum Vorhaben der VKW auf. Die Stadtgemeinde erklärte (unter dem Betreff "Kraftwerk Klösterle, Stellungnahme zur Asphaltierung der Zufahrtsstraßen"), die Asphaltierung werde "begrüßt". Sie bedürfe keiner landschaftsschutzrechtlichen Bewilligung, weil es sich bei einer Asphaltierung nicht um eine "wesentliche Änderung" einer Straße im Sinne des Gesetzes handle. Im übrigen werde "beantragt, um die Straßenerhaltungskosten in Zukunft möglichst gering zu halten, die Asphaltschicht nach Abschluß der Bauarbeiten keinesfalls abzutragen".

Mit Bescheid vom 3. April 1995 erteilte die BH der VKW gemäß den §§ 3 Abs. 1 lit. c, 9 und 10 des Landschaftsschutzgesetzes, LGBl. Nr. 1/1982, die Bewilligung für die Asphaltierung näher bezeichneter Teile der Güterwege "Anger" und "Schneggenwald". Sie fügte der Bewilligung die Nebenbestimmung bei, wonach "die Asphaltdecke auf der Fahrbahn des Schneggenwaldweges nach der Beendigung der Bauarbeiten im Bereich des Speichers Burtscha unverzüglich abzutragen und ein Schotterbelag herzustellen" sei.

Die beschwerdeführende Stadtgemeinde erhob Berufung, in der sie "die ersatzlose Behebung des angefochtenen Bescheides in bezug auf die Landschaftsschutzbewilligung wegen Unzuständigkeit der erstinstanzlichen Behörde, die über ein Vorhaben entschieden hat, welches nicht bewilligungspflichtig war, in eventu die Streichung der gesetzwidrigen Auflage" beantragte. Sie legte u.a. dar, da sie Eigentümerin der betreffenden Weganlage sei und ihr die Erhaltung nach Abschluß der Bauarbeiten obliege, sei ein rechtliches Interesse gegeben und die Parteistellung einzuräumen. Sie wiederholte ihre Auffassung, daß die Asphaltierung der Fahrbahn einer Forststraße keine wesentliche Änderung derselben darstelle und daher keiner landschaftsschutzrechtlichen Bewilligung bedürfe. Sie sei zum Ortsaugenschein nicht geladen und von dessen Ergebnis nicht in Kenntnis gesetzt worden. Die "Auflage", nach Beendigung der Bauarbeiten die Asphaltdecke wieder zu entfernen, widerspreche dem Gesetz, denn "sie hebt die gleichzeitig bewilligte Asphaltierung auf".

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der beschwerdeführenden Stadtgemeinde zurück und sprach aus, daß diese nicht Partei sei. Begründend wurde nach Darlegung des Verfahrensganges und Hinweisen auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Auffassung vertreten, das Eigentum am Grundstück, das von einem bewilligungspflichtigen Vorhaben erfaßt sei, begründe nicht die Parteistellung des Grundeigentümers im landschaftsschutzbehördlichen Bewilligungsverfahren. Die Landschaftsschutzbehörde habe ausschließlich auf die öffentlichen Interessen des Landschaftsschutzes Bedacht zu nehmen; private Interessen Dritter blieben außer Betracht.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Stadtgemeinde zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte die Behandlung der Beschwerde mit Beschluß vom 13. Dezember 1995, B 2697/95, ab und trat sie zur Entscheidung dem Verwaltungsgerichtshof ab. Vor dem Verwaltungsgerichtshof macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin vertritt die Auffassung, sie sei durch ihre Erklärung (im Rahmen der oben auszugsweise wiedergegebenen Stellungnahme) dem Antrag der VKW "als Partei beigetreten" und habe deren Antrag (auf allenfalls nur befristete Genehmigung der Asphaltierung) durch einen "selbständigen Zusatzantrag", nämlich auf Bewilligung der Belassung der Asphaltschicht auf Dauer, ergänzt. Die Anträge der VKW und der Stadtgemeinde wiesen in diesem Punkt eine zulässige und miteinander zu vereinbarende Diskrepanz auf. Der erstinstanzliche Bewilligungsbescheid werde gegenüber der Stadtgemeinde als Grundeigentümerin gemäß § 12 Abs. 2 NSchG dinglich wirksam. Dieser Rechtswirkung, "nämlich der Durchsetzbarkeit eines Bescheides gegenüber einer Nichtpartei, steht aber im Gegenstandsfall die Antragstellung und die daraus abzuleitende Parteistellung der Stadt entgegen".

Gegenstand des vorliegenden Bewilligungsverfahrens war der Antrag der VKW. Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in seiner Rechtsprechung zum Vorarlberger Landschaftsschutzgesetz, LGBl. Nr. 1/1982 (LSchG) - entsprechend seiner Rechtsprechung zu vergleichbaren naturschutzrechtlichen Regelungen (vgl. zusammenfassend z.B. das Erkenntnis vom 21. November 1994, Zl. 94/10/0112) - die Auffassung, daß weder das Eigentum noch sonst ein dingliches Recht an den vom Projekt erfaßten Grundflächen die Parteistellung im Bewilligungsverfahren vermitteln (vgl. die Erkenntnisse vom 22. Dezember 1986, Zl. 86/10/0121, und vom 24. Oktober 1988, Slg. 12800 A). Anderes ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt, daß dem Grundeigentümer infolge der Ausführung von naturschutzbehördlich bewilligten Maßnahmen Verpflichtungen entstehen könnten (vgl. z.B. die Erkenntnisse vom 9. Februar 1989; Zlen. 89/10/0026, 0027, und vom 21. November 1994, Zl. 94/10/0112); der Hinweis der Beschwerde auf § 12 Abs. 2 LSchG, wonach subsidiär dem Grundeigentümer die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes mit Bescheid aufzutragen ist, ist im vorliegenden Zusammenhang somit ebenfalls nicht zielführend.

Die Parteistellung der Beschwerdeführerin konnte im vorliegenden Fall auch nicht aus der Vorschrift über die Beteiligung der Gemeinde am landschaftsschutzbehördlichen Verfahren (§ 27 Abs. 1 LSchG) abgeleitet werden. Zur zitierten Vorschrift hat der Verwaltungsgerichtshof schon mehrfach ausgesprochen, daß diese der Gemeinde kein subjektives Recht auf eine Entscheidung bestimmten Inhaltes, sondern nur das Recht auf Anhörung sowie Abgabe einer Stellungnahme vom Standpunkt der Wahrung von Interessen des Landschaftsschutzes und - davon abgeleitet - auf Erhebung einer Berufung einräumt (vgl. z.B. die Erkenntnisse vom 8. Februar 1988, Slg. 12621 A, und vom 29. Mai 1995, Zl. 95/10/0071). Das Gesetz normiert die Wahrung von Interessen des Landschaftsschutzes als Zulässigkeitsvoraussetzung der Berufung. Die beschwerdeführende Gemeinde hat sich im Verwaltungsverfahren nicht auf Gesichtspunkte des Landschaftsschutzes, sondern auf solche der Wegerhaltung berufen; ihre Berufung war somit auch unter dem Gesichtspunkt des § 27 Abs. 1 LSchG nicht zulässig.

Ebensowenig könnte es der Beschwerde zum Erfolg verhelfen, wenn ihr Standpunkt zuträfe, die Beschwerdeführerin habe durch ihre im Rahmen der Stellungnahme zum Antrag der VKW abgegebenen Erklärungen einen "selbständigen Zusatzantrag" gestellt. Der bekämpfte Bescheid der BH erging nicht über einen Antrag der Beschwerdeführerin, sondern ausschließlich über den Antrag der VKW. Er erledigte einen Antrag der VKW und nicht einen - deren Auffassung zufolge in ihrer Stellungnahme enthaltenen - Antrag der Beschwerdeführerin. Der Bescheid war nicht an die Beschwerdeführerin gerichtet und erlegte ihr keine Verpflichtungen auf. Die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den erstinstanzlichen Bescheid wäre somit nur dann zulässig gewesen, wenn sie in dem über Antrag der VKW eingeleiteten Bewilligungsverfahren Parteistellung erlangt hätte. Oben wurde bereits dargelegt, daß das Berufungsrecht der Beschwerdeführerin im vorliegenden Fall weder aus deren Grundeigentum, noch aus ihrem Recht auf Beteiligung am landschaftsschutzbehördlichen Verfahren abgeleitet werden kann. Ebensowenig könnte das Berufungsrecht der Beschwerdeführerin gegen den über den Antrag der VKW erlassenen Bescheid selbst auf der Grundlage ihrer Auffassung bejaht werden, daß sie einen dem Antrag der VKW konkurrierenden - wenngleich in Ansehung der Belassung der Maßnahme über diesen hinausgehenden - Antrag gestellt hätte (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 9. Juli 1992, Zl. 92/10/0040). Es war daher nicht rechtswidrig, daß die belangte Behörde die Parteistellung und das Berufungsrecht der Beschwerdeführerin verneinte.

Im übrigen kann auch die Auffassung der Beschwerdeführerin, ihre im Rahmen ihrer Stellungnahme abgegebene Erklärung, es werde beantragt, die Asphaltschicht nach Abschluß der Bauarbeiten keinesfalls abzutragen, sei als selbständig zu behandelnder Antrag auf Erteilung einer landschaftsschutzbehördlichen Bewilligung zu werten, nicht geteilt werden. Die Erklärungen von Verfahrensbeteiligten sind ausschließlich nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen; es kommt darauf an, wie die Erklärung unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung, des Verfahrenszweckes und der der Behörde vorliegenden Aktenlage objektiv verstanden werden muß (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 24. Jänner 1994, Zl. 93/10/0192). Angesichts der konkreten Verfahrenskonstellation und des Inhaltes der Erklärung konnte die Behörde die Erklärung der beschwerdeführenden Stadtgemeinde nur als Äußerung auffassen, die die Gemeinde im Rahmen ihrer Beteiligung an dem über Antrag der VKW eingeleiteten Bewilligungsverfahren abgab. Aus ihrer ablehnenden Stellungnahme zu der ihr bekanntgegebenen Absicht der Behörde, die Bewilligung nur befristet zu erteilen, kann ein objektiver Erklärungswert in der Richtung, daß die beschwerdeführende Stadtgemeinde eine behördliche Entscheidung über ein konkretes Vorhaben im Sinne der §§ 3 und 9 LSchG anstrebe, nicht entnommen werden.

Es läßt somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen, daß die behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorliegt.

Die Beschwerde war gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

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