VwGH 96/05/0119

VwGH96/05/011921.5.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über den Wiederaufnahmeantrag und den Wiedereinsetzungsantrag 1. des G und weiterer 8 Beschwerdeführer, alle in W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, betreffend das mit hg. Beschluß vom 27. Februar 1996, Zl. 95/05/0230, abgeschlossene Verfahren, den Beschluß gefaßt:

Normen

VwGG §28 Abs1 Z7;
VwGG §34 Abs2;
VwGG §45 Abs1 Z2;
VwGG §28 Abs1 Z7;
VwGG §34 Abs2;
VwGG §45 Abs1 Z2;

 

Spruch:

1. Dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend die Beschwerde gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 20. Juni 1995, Zl. MD-VfR - B XIX-54-56 und 58-60/94, wird Folge gegeben.

2. Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird nicht stattgegeben.

Begründung

Mit hg. Beschluß vom 22. September 1995 wurde den Antragstellern als zu hg. Zl. 95/05/0230 einschreitenden Beschwerdeführern gemäß § 34 Abs. 2 VwGG u.a. der Auftrag erteilt, den Tag anzugeben, an dem der angefochtene Bescheid zugestellt wurde (§ 28 Abs. 1 Z. 7 VwGG). Zur Behebung der Mängel wurde eine Frist von zwei Wochen bestimmt und darauf hingewiesen, daß die Versäumung der Frist als Zurückziehung der Beschwerde gilt.

Die mit 23. November 1995 datierte, am 13. Dezember 1995 dem Beschwerdeführervertreter zugestellte Ausfertigung dieses Mängelbehebungsauftrages enthielt jedoch nicht den obzitierten Auftrag gemäß § 28 Abs. 1 Z. 7 VwGG, sondern den Auftrag, den angefochtenen Bescheid nach Datum und Geschäftszahl zu bezeichnen (§ 28 Abs. 1 Z. 1 VwGG).

Mit ihrem fristgerecht eingebrachten Schriftsatz vom 21. Dezember 1995 erfüllten die Beschwerdeführer die in der ihnen zugestellten Ausfertigung des Mängelbehebungsauftrages enthaltenen Aufträge; den Tag, an dem ihnen der angefochtene Bescheid zugestellt worden ist (Mangel der Beschwerde nach § 28 Abs. 1 Z. 7 VwGG), gaben sie jedoch nicht an.

Mit hg. Beschluß vom 27. Februar 1996 wurde daraufhin das zu hg. Zl. 95/05/0230 anhängige Beschwerdeverfahren gemäß §§ 34 Abs. 2 und 33 Abs. 1 VwGG eingestellt, weil der Verbesserungsauftrag nur mangelhaft erfüllt worden und dies der Unterlassung der Behebung von Mängeln gleichzusetzen sei. Dieser Beschluß wurde dem Beschwerdeführervertreter am 18. April 1996 zugestellt.

Mit dem zu hg. Zl. 96/05/0119 WA protokollierten Schriftsatz beantragen nunmehr die zu hg. Zl. 95/05/0230 beschwerdeführenden Parteien die Wiederaufnahme dieses Beschwerdeverfahrens unter Hinweis auf den vorstehend geschilderten Sachverhalt. Erst mit Zustellung des Einstellungsbeschlusses hätten sie vom Inhalt des Mängelbehebungsauftrages des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. September 1995 Kenntnis erhalten. Gleichzeitig gaben sie an, daß dem Erstantragsteller der Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 20. Juni 1995, Zl. MD-VfR - B XIX-54-56 und 58-60/94, am 30. Juni 1995, den übrigen Antragstellern hingegen am 4. Juli 1995 zugestellt wurde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 lit. d bzw. e VwGG gebildeten Senat entschieden:

Gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VwGG ist die Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis oder Beschluß abgeschlossenen Verfahrens auf Antrag einer Partei zu bewilligen, wenn das Erkenntnis oder der Beschluß auf einer nicht von der Partei verschuldeten irrigen Annahme der Versäumung einer in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Frist beruht. Der Antrag ist gemäß Abs. 2 dieser Gesetzesstelle beim Verwaltungsgerichtshof binnen zwei Wochen von dem Tag, an dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, jedoch spätestens binnen drei Jahren nach der Zustellung des Erkenntnisses oder des Beschlusses zu stellen.

Bei der im § 45 Abs. 1 Z. 2 VwGG genannten Frist handelt es sich insbesondere auch um die im § 34 Abs. 2 leg. cit. angeführte. Eine nicht von der Partei verschuldete irrige Annahme der Versäumung einer Frist im Sinne des § 45 Abs. 1 Z. 2 VwGG liegt somit auch dann vor, wenn der Verwaltungsgerichtshof in einem Einstellungsbeschluß irrtümlich angenommen hat, daß einem gemäß § 34 Abs. 2 VwGG erteilten Auftrag zur Mängelbehebung nicht voll entsprochen worden sei (vgl. hiezu die hg. Beschlüsse vom 2. März 1964, Slg. Nr. 6259/A, und vom 18. Dezember 1985, Zl. 85/01/0330). Die Sachverhaltsermittlungen haben ergeben, daß den Beschwerdeführern tatsächlich ein Auftrag nach § 28 Abs. 1 Z. 7 VwGG nicht zugekommen ist, weshalb der hg. Beschluß vom 27. Februar 1996, Zl. 95/05/0230-6, mit welchem das Beschwerdeverfahren eingestellt worden ist, auf der irrigen Annahme der Versäumung der zur Beschwerdeergänzung gesetzten Frist beruht hat. Aus diesem Grund war die beantragte Wiederaufnahme zu bewilligen.

Mit der bewilligten Wiederaufnahme des zu

hg. Zl. 95/05/0230 protokollierten verwaltungsgerichtlichen

Verfahrens ist der hg. Einstellungsbeschluß vom 27. Februar 1996 beseitigt und wird über die Beschwerde der Antragsteller gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 20. Juni 1995 neu zu entscheiden sein. Da auf Grund des Vorhergesagten der festgestellte Sachverhalt als Wiederaufnahmegrund im Sinne des § 45 Abs. 1 Z. 2 VwGG zu qualifizieren war, liegen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 46 Abs. 1 VwGG nicht vor. Dem eventualiter gestellten Wiedereinsetzungsantrag war daher nicht stattzugeben.

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