Normen
B-VG Art83 Abs2;
B-VG Art94;
JN §1;
EMRK Art6 Abs1;
MRKZP 01te Art1;
ROG NÖ 1976 §24;
StGG Art5;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
B-VG Art83 Abs2;
B-VG Art94;
JN §1;
EMRK Art6 Abs1;
MRKZP 01te Art1;
ROG NÖ 1976 §24;
StGG Art5;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
Spruch:
Der Wiedereinsetzungantrag und die Beschwerde werden zurückgewiesen.
Begründung
Mit Schreiben vom 25. September 1993 haben die Beschwerdeführer den Ersatz von Aufwendungen gemäß § 24 des Niederösterreichischen Raumordnungsgesetzes beantragt. Geltend gemacht wurde, daß die Miteigentümer durch die Umwidmung ihrer Parzelle von Bauland in Grünland praktisch um ihr Erbe gebracht worden seien, weil der Bemessung des Erbanteiles dieses Grundstück als Bauland zugrundegelegt worden und daher wesentlich höher bewertet worden sei, als dies im Falle eines Grünlandgebietes der Fall gewesen wäre. Es wurde ein Ersatz in der Höhe von S 1.500,-- pro Quadratmeter beantragt, ebenso wie die Differenz der Grundsteuer für Grünland und Bauland in der Höhe von S 47.449,60.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Purkersdorf vom 28. Juni 1995 wurde das Ansuchen abgewiesen, weil die geltend gemachten "Aufwendungen nicht solche im Sinne des § 24 Abs. 1 des Niederösterreichischen Raumordnungsgesetzes seien". Weder der Grunderwerb selbst (durch Erbschaft) noch die durch den Grundbesitz entstandenen Steuern und Abgaben seien als Aufwendungen im Sinne des § 24 des Niederösterreichischen Raumordnungsgesetzes anzusehen.
Der Bescheid erhielt die Rechtsmittelbelehrung:
"Gegen diesen Bescheid ist eine Berufung nicht zulässig. Der Grundeigentümer kann binnen drei Monaten nach Zustellung des Bescheides beim örtlichen Bezirksgericht die neue Festsetzung der Entschädigung begehren. Mit dem Einlangen eines solchen Antrages tritt der Bescheid des Bürgermeisters außer Kraft."
Dieser Bescheid ist den Beschwerdeführern laut Beschwerdevorbringen nicht vor dem 28. Juni 1995 zugestellt worden, sie haben daraufhin mit Schriftsatz vom 25. September 1995, beim Bezirksgericht Purkersdorf eingelangt am 27. September 1995, den Antrag gestellt, eine Entschädigung gemäß § 24 NÖ ROG festzusetzen. Das Verfahren ist beim Bezirksgericht Purkersdorf zur Geschäftszahl 2 Nc 3/96y anhängig.
Laut Beschwerdevorbringen habe der Rechtsvertreter der belangten Behörde anläßlich einer am 23. Jänner 1996 durchgeführten Verhandlung vor dem Bezirksgericht unter anderem die Unzulässigkeit des Rechtsweges eingewandt und dabei auf eine bislang unveröffentlichte Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 27. Jänner 1995, Zl. 1 Ob 502/95, verwiesen. In dieser Entscheidung werde zu einem Verfahren nach den §§ 19 Abs. 1 und 13 Abs. 4 der NÖ BauO ausgeführt, daß die Festsetzung einer Entschädigung überhaupt nur in jenen Fällen in Betracht komme, in welchen die Gemeinde zur Einlösung von Grundflächen verhalten werde; in solchen Fällen könne der Grundeigentümer das Gericht zwecks Neufestsetzung der Entschädigung anrufen, wenn er nicht mit dem von der Verwaltungsbehörde festgesetzten Betrag einverstanden sei. Würden jedoch die gesetzlichen Voraussetzungen für die Grundeinlösung überhaupt verneint, könne mangels eines Ausspruches der Behörde über die Entschädigung für die - nicht vorgenommene - Grundeinlösung die sukzessive Zuständigkeit des Bezirksgerichtes nicht gegeben sein.
Aus anwaltlicher Vorsicht müsse daher der Rechtsvertreter der Beschwerdeführer angesichts der Konfrontation mit der bislang unveröffentlichten Entscheidung 1 Ob 502/95 am 23. Jänner 1996 davon ausgehen, daß die Rechtsmittelbelehrung im angefochtenen Bescheid falsch gewesen sei. Der Rechtsvertreter habe vor Einbringung der Klage unter anderem das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes zur Zl. 91/06/0170 vom 23. Oktober 1991 ausgehoben, aus welchem hervorgehe, daß die vom Obersten Gerichtshof vertretene Rechtsansicht vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilt werde. Es handle sich daher sowohl für den Beschwerdeführer selbst als auch für den Rechtsvertreter um ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis, welches die Beschwerdeführer bzw. den Rechtsvertreter daran gehindert hätten, fristgerecht beim Verwaltungsgerichtshof Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid einzubringen. Angesichts der bislang eindeutigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes treffe den Rechtsvertreter der Beschwerdeführer und die Beschwerdeführer selbst, wenn überhaupt, so nur ein minderer Grad des Versehens. Es werde daher der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt; gleichzeitig wurde die Beschwerde gegen den bekämpften Bescheid eingebracht und ausgeführt, weshalb die von den Beschwerdeführern erlittenen Vermögenseinbußen und Auslagen als Aufwendungen im Sinne des § 24 Abs. 1 des NÖ ROG zu beurteilen seien.
§ 24 des NÖ ROG 1976, LGBl. 8000-0 in der Fassung der Novelle LGBl. 8000-4, lautet wie folgt:
"§ 24
Ersatz von Aufwendungen
(1) Wenn die Gemeinde die Bebaubarkeit einer Grundfläche, die im örtlichen Raumordnungsprogramm als Bauland gewidmet ist und auch nicht von einem Bauverbot betroffen ist, durch Änderung der Widmungs- und Nutzungsart ausschließt oder erheblich verringert, ist sie verpflichtet, dem Grundeigentümer jene Aufwendungen zu ersetzen, die er im Hinblick auf die bisherige Widmungs- oder Nutzungsart tatsächlich getätigt hat.
(2) Der Ersatz der Aufwendungen ist vom Grundeigentümer bei der Gemeinde zu beantragen. Kommt eine gütliche Einigung innerhalb von sechs Monaten nicht zustande, hat der Bürgermeister, in Städten mit eigenem Statut der Magistrat mit Bescheid über die Höhe des Ersatzes zu entscheiden. Gegen diesen Bescheid ist keine Berufung zulässig.
(3) Der Grundeigentümer kann binnen 3 Monaten nach der Zustellung des Bescheides beim örtlich zuständigen Bezirksgericht die Neufestsetzung der Entschädigung begehren. Mit dem Einlangen eines solchen Antrages bei Gericht tritt die Festsetzung der Höhe der Entschädigung durch den Bürgermeister außer Kraft. Für das gerichtliche Verfahren sind die Bestimmungen des Eisenbahnenteignungsgesetzes 1954 sinngemäß anzuwenden. Der Antrag auf gerichtliche Festsetzung der Höhe einer Entschädigung kann ohne Zustimmung der Gemeinde nicht zurückgenommen werden. Wenn der Antrag zurückgenommen wird, gilt der im Bescheid des Bürgermeisters bzw. des Magistrates bestimmte Entschädigungsbetrag als vereinbart. Wenn die Behörde dem Grundeigentümer die begehrte Entschädigung mit der Begründung versagt hat, das Grundstück sei von einem Bauverbot betroffen, dann ist über diese Frage ein Gutachten eines Ingenieurkonsulenten für Raumordnung einzuholen."
Zur vergleichbaren Regelung des § 20 des Salzburger Raumordnungsgesetzes 1977 hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluß vom 23. Oktober 1991, Zl. 91/06/0170, unter Darlegung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes ausgesprochen, daß in Fragen der Bemessung der Entschädigung gemäß § 20 Abs. 4 ROG 1977 der Rechtsschutz den ordentlichen Gerichten übertragen sei und die Anrufung des ordentlichen Gerichtes gegen die Entscheidung der Verwaltungsbehörde im Rahmen der sogenannten sukzessiven Kompetenz unabhängig davon zulässig sei, ob über eine Entscheidung dem Grunde nach (im Sinne von abweislich) oder der Höhe nach (also zumindest einen Teil des Anspruches zuerkennend) abgesprochen wurde. Nur die Beurteilung des Vorliegens der im § 20 Abs. 1 Einleitungssatz ROG 1977 normierten Voraussetzungen des Entschädigungsfalles (nämlich, ob eine die künftige Bebauung hindernde Umwidmung vorliegt) falle in die Kompetenz der Verwaltungsbehörde. Diese Frage sei aber im damaligen Beschwerdefall nicht strittig gewesen. Der Verfassungsgerichtshof hat mit seinen Beschlüssen vom 1. Dezember 1994, B 478/92, und vom 12. Dezember 1994, B 886/93, ausgesprochen, daß die durch § 20 Abs. 4 des Salzburger Raumordnungsgesetzes 1977 begründete Zuständigkeit des Gerichtes eine umfassende sei, sie bestehe nicht allein dann, wenn die Verwaltungsbehörde eine - dem Grund nach gebührende - Entschädigung in bestimmter Höhe zuerkannt habe, sondern auch dann, wenn sie das Bestehen eines Entschädigungsanspruches dem Grunde nach verneint, den Entschädigungsantrag demnach abgewiesen habe. Eine derartige umfassende Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte erachtete der Verfassungsgerichtshof in den genannten Beschlüssen auch als dem Art. 6 Abs. 1 EMRK entsprechend.
Ausgehend von der in seinem Beschluß vom 23. Oktober 1991 dargelegten Rechtsansicht und im Lichte der genannten Beschlüsse des Verfassungsgerichtshofes vom 1. und vom 12. Dezember 1994 ist der Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung über die Frage, ob die von den Beschwerdeführern geltend gemachten Vermögenseinbußen und Auslagen Aufwendungen im Sinne des § 24 NÖ ROG sind, nicht zuständig. Daß eine Umwidmung vorgenommen wurde, die die künftige Bebauung hindert, ist auch im vorliegenden Beschwerdefall nicht strittig. Es waren daher sowohl der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als auch die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen.
Bemerkt wird noch, daß es in dem vom Beschwerdeführer herangezogenen Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 27. Jänner 1995, Zl. 10b 502/95, um die Einlösung von Grundflächen (§ 19 Abs. 1 ROG) ging, einen Entschädigungsanspruch gemäß § 24 Abs. 1 ROG hat der Oberste Gerichtshof zuletzt in seiner Entscheidung Zl. 60b 538/94 (ÖJZ 1994, 693) sehr wohl materiell behandelt.
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