Normen
RelUnterrichtsG §5 Abs1;
StbG 1985 §10 Abs3;
RelUnterrichtsG §5 Abs1;
StbG 1985 §10 Abs3;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Wiener Landesregierung vom 17. November 1994 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 6. Juli 1992 auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft "gemäß § 10 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985", BGBl. Nr. 311 (StbG), abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Unbestritten ist, daß der (im Jahre 1961 geborene) Beschwerdeführer die Verleihungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG nicht erfüllt, weil er - ausgehend von der von der belangten Behörde getroffenen, vom Beschwerdeführer nicht bekämpften Feststellung, daß er "seit August 1988 in Österreich lebt" - noch nicht seit mindestens zehn Jahren ununterbrochen einen ordentlichen Wohnsitz im Gebiet der Republik hat. Von dieser Voraussetzung kann aber gemäß § 10 Abs. 3 StbG abgesehen werden, wenn es sich um einen Minderjährigen handelt oder wenn der Fremde seit mindestens vier Jahren ununterbrochen seinen ordentlichen Wohnsitz im Gebiet der Republik hat und ein besonders berücksichtigungswürdiger Grund für die Verleihung der Staatsbürgerschaft vorliegt, wobei bemerkt wird, daß der Verfassungsgerichtshof dem auch in der gegenständlichen Beschwerdesache gestellten Antrag auf Aufhebung der zuletzt genannten Bestimmung als verfassungswidrig mit Erkenntnis vom 4. Dezember 1995, G 68/95 u.a., nicht Folge gegeben hat. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. das Erkenntnis vom 22. Juni 1994, Zl. 93/01/1255, mit weiteren Judikaturhinweisen) handelt es sich bei der Beurteilung der Frage, ob ein "besonders berücksichtigungswürdiger Grund" im Sinne des § 10 Abs. 3 StbG vorliegt, um eine zwingende Verleihungsvoraussetzung.
Der Beschwerdeführer, der als islamischer Religionslehrer an öffentlichen Schulen im Stadtschulbereich von Wien beschäftigt ist, vertritt - wie bereits im Verwaltungsverfahren - die Auffassung, daß er einen Mangelberuf ausübe und dieser Umstand zufolge der "in der Regierungsvorlage zum StbG demonstrativ vom Gesetzgeber" erfolgten Aufzählung derartiger Gründe als besonders berücksichtigungswürdiger Grund im Sinne des § 10 Abs. 3 StbG anzusehen sei. Damit ist der Beschwerdeführer insofern im Recht, als die in den Gesetzesmaterialien (AB 875 BlgNR 10. GP, S. 4) enthaltene Aufzählung bei Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffes des "besonders berücksichtigungswürdigen Grundes" von Bedeutung sein kann (vgl. auch dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes zur Zl. 93/01/1255) und darin u.a. ein "Mangelberuf" genannt ist. Die Frage, ob generell bzw. unter welchen Umständen bei einer Beschäftigung in einem Mangelberuf die Annahme, es liege ein solcher besonders berücksichtigungswürdiger Grund vor, gerechtfertigt ist, braucht aber im vorliegenden Beschwerdefall nicht beantwortet werden, weil die belangte Behörde im Ergebnis zu Recht das Vorliegen eines Mangelberufes, in dem der Beschwerdeführer tätig sei, verneint hat. Dies hat sie lediglich damit begründet, daß der Stadtschulrat für Wien als Dienstgeber des Beschwerdeführers jedenfalls dessen Tätigkeit als Religionslehrer nicht als Mangelberuf bestätigen konnte. Sie räumt in der Gegenschrift, in Erwiderung auf die diesbezüglich vom Beschwerdeführer geltend gemachte Aktenwidrigkeit, ein, daß nicht der Stadtschulrat für Wien, sondern vielmehr, wie vom Beschwerdeführer behauptet, die islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich der Dienstgeber des Beschwerdeführers sei, woraus aber für den Standpunkt des Beschwerdeführers abschließend nichts zu gewinnen ist.
Abgesehen davon, daß die betreffende (allerdings in den vorgelegten Verwaltungsakten nicht erliegende) schriftliche Äußerung des Stadtschulrates für Wien, auch ohne dessen Dienstgebereigenschaft, als taugliches Beweismittel im Sinne des § 46 AVG in Betracht kam, ergibt sich - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - aus den "durch die islamische Glaubensgemeinschaft vorgelegten Urkunden und Belegen", auf die er sich zu seinen Gunsten beruft, keineswegs, daß der Beschwerdeführer als Religionslehrer in einem Mangelberuf wirkt. Im Schreiben des Vorsitzenden des Obersten Rates und Präsidenten der islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich vom 3. Juli 1992 heißt es in diesem Zusammenhang nur, daß diese Glaubensgemeinschaft gezwungen sei, 90 % ihres Bedarfes durch die ausländischen Lehrkräfte zu decken, da es nicht genügend qualifizierte Lehrkräfte mit der österreichischen Staatsbürgerschaft für die Erfüllung dieser Aufgabe gebe. Auch das im Namen des Genannten verfaßte Schreiben vom 29. Juni 1993 weist bloß darauf hin, daß die islamische Glaubensgemeinschaft eine große Anzahl ausländischer Lehrer, welche in den öffentlichen Schulen den Religionsunterricht erteile, beschäftige, diese Glaubensgemeinschaft veranlaßt sei, jedes Jahr gemäß § 5 des Religionsunterrichtsgesetzes die Nachsicht "für die Einbringung der österreichischen Staatsbürgerschaft" an das Bundesministerium für Unterricht und Kunst zu stellen, und sie sich freue, wenn einige dieser Lehrer sich bereit erklären, sich um die österreichische Staatsbürgerschaft zu bewerben, damit mit diesen Personen auch ständig gerechnet werden könne. Das Vorliegen eines Mangelberufes wurde damit nicht dargetan, kann doch von einem solchen nur dann die Rede sein, wenn - entsprechend den Ausführungen der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift - "ein krasses Mißverhältnis zwischen den offenen Stellen und den zur Verfügung stehenden geeigneten Anwärtern gegeben wäre". Der Umstand, daß die Tätigkeit eines islamischen Religionslehrers in Österreich hauptsächlich von Fremden verrichtet wird und es hiefür der - demnach ohnehin regelmäßig gewährten - Erteilung einer Nachsicht vom Erfordernis der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 5 Abs. 1 Religionsunterrichtsgesetz, BGBl. Nr. 190/1949 i.d.g.F., bedarf, macht diesen Beruf noch nicht zu einem Mangelberuf. Wenn der Beschwerdeführer rügt, die belangte Behörde habe "in diesem Zusammenhang offenbar nicht berücksichtigt", daß durch ihn "auch zahlreiche Referate im Bundesgebiet abgehalten wurden und somit auch meine wissenschaftliche Tätigkeit unterstrichen wurde", so ist er darauf hinzuweisen, daß auch dieser zusätzliche, im übrigen nicht näher konkretisierte Sachverhalt - sofern dieses Vorbringen nicht überhaupt gegen das Neuerungsverbot gemäß § 41 Abs. 1 VwGG verstößt - an der rechtlichen Beurteilung nichts zu ändern vermöchte.
Die Behauptung des Beschwerdeführers, nach den betreffenden Gesetzesmaterialien sei als besonders berücksichtigungswürdiger Grund für die Verleihung der Staatsbürgerschaft des weiteren "eine vierjährige durchgehende Beschäftigung beim gleichen Dienstgeber mit entsprechendem Dienstzeugnis" zu werten, trifft nicht zu. Das bedeutet zwar nicht, daß darin nicht aufgezählte, andere Gründe nicht als besonders berücksichtigungswürdig im Sinne des § 10 Abs. 3 StbG angesehen werden könnten. Der vom Beschwerdeführer vorgebrachte, durch die von ihm vorgelegten Urkunden bestätigte Umstand, daß er "seit 4 Jahren ständig beim selben Dienstgeber beschäftigt" sei und seinen Beruf "zur vollsten Zufriedenheit versehe", stellt aber für sich allein keinen solchen berücksichtigungswürdigen Grund dar, sondern könnte erst dann von Gewicht sein, wenn in Verbindung mit anderen maßgeblichen Umständen eine weitgehende Integration des Beschwerdeführers in Österreich angenommen werden könnte. Dafür, daß dies bereits in einem Maße der Fall sei, daß bei ihm von dem grundsätzlichen Einbürgerungserfordernis des ununterbrochenen mindestens zehnjährigen Wohnsitzes in Österreich gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG abgesehen werden könnte (siehe auch dazu die vorhin zitierten Gesetzesmaterialien), besteht nach der Aktenlage kein Anhaltspunkt. Daraus, daß die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid diesbezüglich allenfalls "der bisherigen Praxis und den bisherigen Gepflogenheiten kraß widerspricht", kann der Beschwerdeführer nicht eine vom Verwaltungsgerichtshof wahrzunehmende Verletzung eigener subjektiver Rechte ableiten.
Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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