VwGH 95/21/0631

VwGH95/21/063119.6.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde des D, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg vom 15. März 1995, Zl. Fr-5497/95, betreffend Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z6;
FrG 1993 §18 Abs2;
FrG 1993 §18;
FrG 1993 §36;
VwGG §42 Abs2 Z1;
FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z6;
FrG 1993 §18 Abs2;
FrG 1993 §18;
FrG 1993 §36;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg (der belangten Behörde) wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 18 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 6 und 7 i.V.m. §§ 19 und 20 FrG ein bis zum 10. Februar 2000 befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei nach seinen eigenen Angaben erstmals im Oktober 1992 nach Österreich gekommen und habe aufgrund von Verpflichtungserklärungen befristete Sichtvermerke bis 11. November 1993 erhalten. Es sei ihm nicht gelungen, während dieses Aufenthaltes eine Beschäftigungsbewilligung zu erhalten, weshalb er nach Serbien zurückgekehrt sei. Über eine Agentur habe er nach Bezahlung eines Bargeldbetrages drei "Schweizer Registrierungsstampiglien", welche in seinen Reisepaß eingetragen worden seien, erhalten. Am 9. Jänner 1995 sei er über Ungarn in das Bundesgebiet eingereist. Er habe sich mit seinem Reisepaß ausgewiesen. Die Einreise sei aufgrund der falschen Schweizer Stampiglien ermöglicht worden. Seither habe sich der Beschwerdeführer in Salzburg sowie in Wien bei seiner Schwester aufgehalten.

Dieses Verhalten erfülle den Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 6 FrG.

Der Beschwerdeführer habe anläßlich seiner Anhaltung einen Bargeldbetrag von S 3.680,-- bei sich gehabt. Weitere Barmittel habe er nicht zur Verfügung. Die vom Beschwerdeführer in der Berufung aufgestellte Behauptung, österreichische Staatsbürger wären zur Abgabe entsprechender Verpflichtungserklärungen für einen Zeitraum von sechs Monaten bereit, sei nicht als Nachweis, daß der Beschwerdeführer die Mittel zu seinem Unterhalt tatsächlich besitze, anzusehen. Es sei auch der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 7 FrG verwirklicht.

Der derzeitige Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet sei nicht rechtmäßig. Er habe sich die Einreise in das Bundesgebiet erschlichen. Von einer Integration des Beschwerdeführers in Österreich könne nicht gesprochen werden. Der Umstand, daß eine Schwester des Beschwerdeführers in Wien lebe, spreche nicht für ihn, weil er mit dieser nicht im gemeinsamen Haushalt lebe. Der Beschwerdeführer sei zwar einmal legal im Bundesgebiet aufhältig gewesen, doch könne von einem relevanten Eingriff in das Privat- oder Familienleben im Sinne des § 19 FrG keine Rede sein. Es sei somit auch keine Interessenabwägung gemäß § 20 Abs. 1 FrG vorzunehmen. Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes sei zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung, insbesondere eines geordneten Fremdenwesens, dringend geboten. Durch die illegale Einreise und den unrechtmäßigen Aufenthalt habe der Beschwerdeführer bewußt gegen die österreichischen Rechtsvorschriften verstoßen. Um dem Beschwerdeführer die Verwerflichkeit seines rechtswidrigen Verhaltens vor Augen zu führen, aber auch wegen der Gefahr, daß er dem österreichischen Staat aufgrund seiner Mittellosigkeit zur Last fallen würde, sei das Aufenthaltsverbot auf die Dauer von fünf Jahren zu befristen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde mit dem Begehren, ihn aus diesen Gründen kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 18 Abs. 1 FrG ist gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot zu erlassen, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, daß sein Aufenthalt (Z. 1) die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder (Z. 2) anderen im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

Nach § 18 Abs. 2 FrG hat als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder (Z. 6) gegenüber einer österreichischen Behörde oder ihren Organen unrichtige Angaben über seine Person, seine persönlichen Verhältnisse, den Zweck oder die beabsichtigte Dauer seines Aufenthaltes gemacht hat, um sich die Einreise oder die Aufenthaltsberechtigung gemäß § 15 Abs. 1 und 3 zu verschaffen; wenn ein Fremder (Z. 7) den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag, es sei denn, er wäre rechtmäßig zur Arbeitsaufnahme eingereist und sei innerhalb des letzten Jahres im Inland mehr als sechs Monate einer erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen.

Der Beschwerdeführer meint, die Verwendung eines verfälschten Reisepasses begründe nicht den Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 6, es seien keine Feststellungen getroffen worden, die eine Anwendung dieser Bestimmung zuließen.

Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer auf die Feststellungen (in Seite 4) des angefochtenen Bescheides zu verweisen, wonach eine Agentur gegen Bezahlung drei Schweizer Registrierungsstampiglien in seinem Reisepaß eingetragen habe. Aufgrund dieser falschen Eintragungen sei ihm die Einreise nach Österreich erlaubt worden. Bei dem von der belangten Behörde angenommenen und in der Beschwerde nicht bestrittenen Sachverhalt, der gemäß § 41 Abs. 1 VwGG der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung zugrundezulegen ist, ist der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 6 FrG als verwirklicht anzusehen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 17. November 1994, Zl. 93/18/0581, mit weiterem Nachweis.

Der Beschwerdeführer macht geltend, daß er aufgrund dieses Verhaltens wegen des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden gemäß § 223 Abs. 2 StGB verurteilt worden sei. Es könne daher das Verhalten nicht dem Tatbestand der Z. 6 unterstellt werden, sondern lediglich der Z. 1, welche allerdings aufgrund des Ausmaßes der verhängten Strafe nicht als verwirklicht anzusehen sei.

Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer auf die gegenteilige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - siehe das Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 95/21/0595, auf welches gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird - hinzuweisen.

Da der von der belangten Behörde dem Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 7 FrG subsumierte maßgebliche Sachverhalt in der Beschwerde unbestritten blieb, bestehen auch gegen diese rechtliche Beurteilung keine Bedenken.

§ 18 Abs. 2 enthält eine demonstrative Aufzählung jener Tatsachen, die eine Gefährdung der im Abs. 1 genannten Interessen indizieren. Es ist daher - wie die Beschwerde richtig erkennt - bei Vorliegen eines der in § 18 Abs. 2 FrG aufgezählten Tatbestände eine Beurteilung dahingehend vorzunehmen, ob dieser Tatbestand in concreto die umschriebene Annahme rechtfertigt (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 1995, Zl. 95/21/0007, m.w.N.). Um die in § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Prognose treffen zu können, ist das Gesamtverhalten des Fremden zu berücksichtigen. Es begegnet daher keinen rechtlichen Bedenken, wenn die belangte Behörde nicht nur das den Tatbeständen des § 18 Abs. 2 Z. 6 und 7 zugrundeliegende verpönte Verhalten sondern auch den rechtswidrigen Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet hiebei berücksichtigte. Die Auffassung der belangten Behörde, daß aufgrund dieser Umstände der (weitere) Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung, näherhin das Interesse an einem geordneten Fremdenwesen, gefährdet, ist sohin nicht rechtswidrig.

Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, die belangte Behörde hätte mit der Erlassung eines Ausweisungsbescheides vorgehen können, ist ihm zu erwidern, daß die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen gemäß § 18 Abs. 1 FrG zwingend vorgeschrieben ist (arg.: "... ist ein Aufenthaltsverbot zu erlassen, ..."), sodaß für die belangte Behörde kein Raum für Überlegungen in der vom Beschwerdeführer gewünschten Richtung bestand (vgl. dazu aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa das Erkenntnis vom 23. Juni 1994, Zl. 94/18/0304).

Soweit der Beschwerdeführer meint, der Erlassung des Aufenthaltsverbotes hätte es nicht mehr bedurft, weil er bereits abgeschoben worden sei, ist er darauf hinzuweisen, daß ein Aufenthaltsverbot nicht nur die Verpflichtung zur Ausreise, sondern auch das Verbot, sich während der darin festgesetzten Gültigkeitsdauer im Bundesgebiet aufzuhalten, beinhaltet.

Die Annahme des Nichtvorliegens eines im Sinne des § 19 FrG relevanten Eingriffes in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers wird von diesem nicht in Zweifel gezogen und begegnet auch seitens des Verwaltungsgerichtshofes keinen Bedenken. Von daher gesehen war nach der hg. Rechtsprechung (vgl. etwa das Erkenntnis vom 8. September 1994, Zl. 94/18/0363, m.w.N.) weder zu prüfen, ob das Aufenthaltsverbot im Grunde dieser Bestimmung dringend geboten ist, noch eine Interessenabwägung gemäß § 20 Abs. 1 FrG vorzunehmen.

Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes hatte die belangte Behörde gemäß § 21 Abs. 2 FrG auf die für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen.

Soweit der Beschwerdeführer die mit 10. Februar 2000 (sohin ca. fünf Jahren) befristete Dauer des Aufenthaltsverbotes bekämpft und dazu die Meinung vertritt, daß die belangte Behörde, hätte sie darauf Bedacht genommen, daß der Beschwerdeführer erstmals das Übel der Schubhaft am eigenen Leib und an eigener Seele verspürt habe, gegen ihn auch eine gerichtliche Strafe verhängt worden sei und er freiwillig bereit gewesen sei, sich aus Österreich abschieben zu lassen und auch tatsächlich abgeschoben worden sei, zur Ansicht hätte gelangen müssen, daß diese Umstände die Verhängung eines derart langen Aufenthaltsverbotes nicht rechtfertigen können, ist er auf die einschlägige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen. Danach ist - unter Bedachtnahme auf § 21 Abs. 1 FrG - ein Aufenthaltsverbot für jenen Zeitraum, nach dessen Ablauf vorhersehbarerweise der Grund für seine Verhängung weggefallen sein wird, und auf unbestimmte Zeit (unbefristet) zu erlassen, wenn ein Wegfall des Grundes für seine Verhängung nicht vorhergesehen werden kann (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 17. November 1994, Zl. 93/18/0581). Wenn sich die belangte Behörde im Beschwerdefall nicht imstande sah, den Wegfall des für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Grundes - nämlich der durch das Fehlverhalten des Beschwerdeführers hervorgerufenen nachhaltigen Gefährdung der öffentlichen Ordnung (konkret: eines geordneten Fremdenwesens), vor Verstreichen von fünf Jahren anzunehmen, so kann dies nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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