VwGH 95/16/0306

VwGH95/16/030629.1.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde des HS in W, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien vom 1. Juni 1995, Zl. Jv 50284-33a/95, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Normen

GEG §9 Abs2;
VwRallg;
GEG §9 Abs2;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und der mit ihr vorgelegten Kopie des angefochtenen Bescheides ergibt sich nachstehender Sachverhalt:

Dem Beschwerdeführer wurden mit 3 Zahlungsaufträgen Gerichtsgebühren und Kosten im Betrage von S 125.055,-- zur Zahlung vorgeschrieben. Mit Schreiben vom 12. April 1994 beantragte er den Nachlaß dieser Gebühren und begründete sein Ansuchen dahingehend, daß von seinem Wohnsitzfinanzamt in den Grundbüchern seiner Liegenschaften ein Zwangspfandrecht in Höhe von S 3,789.000,-- als vorläufige Sicherstellung einverleibt worden sei. Die Einverleibung sei bei 4 Liegenschaften erfolgt, wobei jede Liegenschaft in einem anderen Gerichtsbezirk liege. Anstelle nur ein Simultanpfandrecht anzumerken, seien seitens des Finanzamtes irrtümlich kostenintensive Einzeleinverleibungen durchgeführt worden, wodurch anstelle einer einmaligen Gebühr von S 41.685,-- ein Gesamtbetrag von S 166.740,-- entstanden sei. Er ersuchte, von der Einhebung des Differenzmehrbetrages abzusehen und die Einzeleinverleibungen rückwirkend wie eine Simultaneintragung zu bewerten.

Diesem Antrag gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid nicht statt. Sie verwies auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach eine die Behörde zum Nachlaß berechtigende "besondere Härte" nicht allein aus Umständen abgeleitet werden könne, die die Entstehung der Gebührenpflicht möglicherweise als unbillig erscheinen ließen. Das Vorbringen rechtfertige keinen Nachlaß i. S.d. § 9 Abs. 2 GEG; weitere Härtegründe seien nicht vorgebracht worden.

Auch den Beschwerdeausführungen ist nicht zu entnehmen, daß der Beschwerdeführer im Administrativverfahren ein Vorbringen zu seinen persönlichen Verhältnissen erstattet hätte. Der Beschwerdeführer, der sich in seinem Recht "auf sachgerechte Entscheidung" verletzt erachtet, verweist auf seinen der Beschwerde vorausgegangenen Verfahrenhilfeantrag an den Verwaltungsgerichtshof; aus dem Vermögensverzeichnis gehe hervor, daß der Beschwerdeführer überschuldet sei und kein Einkommen beziehe. Deshalb stelle die Vorschreibung einer Pfandrechtseinverleibungsgebühr von S 125.055,-- eine unnötige Härte dar. Weiters wird behauptet, daß die Vorschreibung der Pfandrechtseintragungsgebühr aufgrund des von der belangten Behörde festzustellenden Verschuldens der fahrlässig handelnden Beamten des Finanzamtes ebenfalls rechtswidrig war.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 2 Z. 1 lit. e GGG wird der Anspruch des Bundes hinsichtlich der Pauschalgebühr für das Exekutionsverfahren u. a. mit der Überreichung des Exekutionsantrages begründet. Gemäß § 7 Abs. 1 Z. 1 GGG ist bei Exektionsverfahren der betreibende Gläubiger zahlungspflichtig. Von der Zahlung der Gerichtsgebühren ist aber gemäß § 10 Z. 1 GGG u.a. der Bund befreit. Gemäß § 21 Abs. 1 GGG ist im Exekutionsverfahren der Verpflichtete zur Zahlung der Gerichtsgebühren, die die gebührenbefreite Partei zu entrichten gehabt hätte, auf jeden Fall verpflichtet, soweit nicht der Antrag des betreibenden Gläubigers abgewiesen wird oder soweit nicht nach § 75 EO die Gebühren dem Gläubiger zur Last fallen.

Gemäß § 9 Abs. 2 GEG können Gebühren und Kosten auf Antrag nachgelassen werden, wenn die Einbringung mit besonderer Härte für den Zahlungspflichtigen verbunden wäre oder wenn der Nachlaß im öffentlichen Interesse gelegen ist. Bei dieser Bestimmung handelt es sich um eine Ermessensvorschrift, jedoch ist das Recht der Behörde, von diesem Ermessen Gebrauch zu machen, vom Vorliegen der beiden im Gesetz enthaltenen Alternativvoraussetzungen ("besondere Härte" oder "im öffentlichen Interesse") abhängig (hg. Erkenntnis vom 31. Oktober 1991, Zl. 90/16/0227).

Abgesehen davon, daß im vorliegenden Fall eine fehlerhafte Gebührenbemessung offenkundig nicht vorlag, bedeutet nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes selbst die Einbringung einer Gebühr, die, wenngleich rechtskräftig, so doch - materiell betrachtet - zu Unrecht vorgeschrieben wurde, schon deshalb keine "besondere Härte" für den Gebührenschuldner, weil ansonsten das Prinzip der Rechtskraft durch die Anwendung des § 9 Abs. 2 GEG eine generelle Durchbrechung erfahren würde, was keinesfalls i.S. dieser Gesetzesstelle gelegen sein kann (hg. Erkenntnis vom 9. September 1993, Zl. 92/16/0067). Im Gebührenbemessungsverfahren kann nicht geprüft werden, ob der betreibende Gläubiger die für den Verpflichteten kostenmäßig günstigsten Exekutionsmittel gewählt hat; auch im Nachsichtverfahren besteht kein Raum dafür, die Behauptung des Beschwerdeführers, seine Gebührenpflicht wäre durch das Verschulden bestimmter anderer Personen herbeigeführt worden, zu überprüfen (siehe das schon genannte hg. Erkenntnis vom 31. Oktober 1991).

Die Nachsicht von Gebühren nach § 9 Abs. 2 GEG stellt vielmehr den typischen Fall einer auf die Verhältnisse des Einzelfalles zugeschnittenen Entscheidung dar. Hierbei kommt es, wie aus dem Gesetzestext mit eindeutiger Klarheit hervorgeht, nur darauf an, ob die Einbringung mit besonderer Härte für den Zahlungspflichtigen verbunden wäre. Die besondere Härte, die eine Nachsicht begründet, muß somit in der Einbringung des Gebührenbetrages bei dem Zahlungspflichtigen, also in dessen persönlichen Verhältnissen begründet sein (hg. Erkenntnis vom 25. September 1991, Zl. 91/16/0018, m.w.N.). Der Beschwerdeführer hat es unterlassen, im Verwaltungsverfahren Tatsachenbehauptungen aufzustellen, wonach die Einbringung der Gebühr nach seinen persönlichen Verhältnissen mit einer besonderen Härte verbunden wäre. Sein Versuch, dies unter Hinweis auf das dem Verfahrenshilfeantrag angeschlossene Vermögensbekenntnis nachzuholen, scheitert an der Bestimmung des § 41 Abs. 1 VwGG. Danach prüft der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid, wenn er nicht eine Verletzung von Verfahrensvorschriften gegeben findet, aufgrund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhalts im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte. Das Verfahren bei der Behörde blieb im vorliegenden Fall aber mängelfrei: Die Behörde war keineswegs gehalten, amtswegig die Vermögensverhältnisse des Nachsichtwerbers zu erforschen, wenn er in seinem Antrag nicht den geringsten Hinweis dafür liefert, daß seine persönlichen Verhältnisse die Gebührenvorschreibung als unbillig erscheinen ließen.

Somit ließ schon der Inhalt der Beschwerde erkennen, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, sodaß die Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegrünet abzuweisen war (§ 35 Abs. 1 VwGG). Aufgrund der durch die zitierten Entscheidungen klargelegten Rechtslage konnte das Erkenntnis von einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.

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