Normen
AVG §8;
AWG 1990 §29 Abs2;
AWG 1990 §29 Abs5 Z4;
AWG 1990 §29 Abs5;
AWG 1990 §29 Abs8;
GewO 1994 §78 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
AVG §8;
AWG 1990 §29 Abs2;
AWG 1990 §29 Abs5 Z4;
AWG 1990 §29 Abs5;
AWG 1990 §29 Abs8;
GewO 1994 §78 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.740,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Eingabe vom 16. Oktober 1991 beantragte die mitbeteiligte Partei (MP) die Genehmigung zur Errichtung einer Recyclinganlage für verunreinigte Bauschutt- und Gewerbeabfälle auf dem Grundstück Nr. 1077, KG R., Marktgemeinde A. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich (LH) vom 10. September 1992 wurde der MP in Spruchpunkt I.A.) die abfallwirtschaftsrechtliche Genehmigung zur Errichtung einer Recyclinganlage für verunreinigte Bauschutt- und Gewerbeabfälle auf dem Grundstück Nr. 1077, KG R., Marktgemeinde A, nach Maßgabe der vorgelegten, mit Genehmigungsvermerk versehenen und einen wesentlichen Bestandteil dieses Bescheides bildenden Projektsunterlagen unter Vorschreibung zahlreicher Bedingungen, Befristungen und Auflagen erteilt.
Nach Spruchpunkt I.B.) darf der Betrieb der Anlage erst nach Erteilung einer Betriebsbewilligung erfolgen. Vom Zeitpunkt der Fertigstellung bis zum 31. Oktober 1993 wurde der Probebetrieb angeordnet.
In der dagegen erhobenen Berufung führte die Beschwerdeführerin aus, daß die gegenständliche Recyclinganlage der MP nicht der Widmung Grünland mit Sondernutzung, Müllbeseitigungsanlage entspräche. Weiters gefährde die geplante Recyclinganlage die Gesundheit und das Leben der Anrainer sowie der Gemeindebevölkerung. Die gefährlichen Abfälle seien im Projekt der MP weder inhaltich noch mengenmäßig beschrieben. Das gegenständliche Projekt sehe auch ein Zwischenlager für gefährliche Abfälle vor, das in den bei der Verhandlung vorliegenden Unterlagen nicht enthalten gewesen sei.
Mit Bescheid vom 15. Februar 1993 wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin mit der Begründung zurück, daß die Erhebung eines Rechtsmittels durch eine juristische Person die Beschlußfassung des nach dem Gesetz oder der Satzung der juristischen Person zu derartigen Rechtshandlungen berufenen Organes voraussetze, wobei der entsprechende Beschluß innerhalb der Rechtsmittelfrist gefaßt werden müsse. Vorliegendenfalls sei nun vom hiefür zuständigen Gemeindevorstand kein entsprechender Beschluß innerhalb der zur Erhebung der Berufung offenstehenden Frist gefaßt worden.
Mit hg. Erkenntnis vom 31. Jänner 1995, 93/05/0082-7, wurde der Bescheid der belangten Behörde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 17. Juli 1995 gab die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge.
Hinsichtlich der von der Beschwerdeführerin gerügten mangelhaften Flächenwidmung wies die belangte Behörde in ihrer Begründung darauf hin, daß seit Inkrafttreten der Gewerbeordnungsnovelle 1992 die Flächenwidmung aufgrund der Änderung des § 77 Abs. 1 zweiter Satz Gewerbeordnung auch im Verfahren gemäß § 29 AWG nicht mehr zu berücksichtigen sei. Zu der von der Beschwerdeführerin behaupteten Gefährdung der Gesundheit und des Lebens der Anrainer sei festzuhalten, daß einer juristischen Person nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine Nachbarstellung wegen Gefährdung oder Belästigung zukomme. Hinsichtlich der von der Beschwerdeführerin gerügten fehlenden Angaben betreffend gefährliche Abfälle sei auf das vorgelegte Abfallwirtschaftskonzept zu verweisen, wonach grundsätzlich nicht gefährliche Abfälle (Papier, Holz, Glas, Metalle, Kunststoffe) übernommen werden und gefährliche Abfälle im angelieferten Material gar nicht enthalten sein sollten, jedoch in der Praxis mit derartigen Abfällen zu rechnen sei. Eine inhaltliche Beschreibung der gefährlichen Abfälle sei daher nicht möglich. Die Mengenangaben hinsichtlich gefährlicher Abfälle fänden sich im vorliegenden Abfallwirtschaftskonzept. Wie dem Gutachten des abfalltechnischen Amtssachverständen zu entnehmen sei, sei - entgegen den Berufungsausführungen - das Zwischenlager in den bei der Verhandlung vorgelegenen Unterlagen enthalten gewesen (Beschreibung auf Seite 7 des Abfallwirtschaftskonzeptes).
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht, entgegen den gesetzlichen Vorschriften nicht von der Wahrnehmung von Parteienrechten ausgeschlossen zu werden, und auf Versagung abfallrechtlicher Genehmigungen nach dem AWG (insbesonders § 29 AWG) als verletzt.
Der angefochtene Bescheid der belangten Behörde erweise sich aus folgenden Gründen als inhaltlich rechtswidrig:
Gemäß § 29 Abs. 5 Z. 3 (richtig wohl: Z. 4) AWG habe die Gemeinde des Standortes der Abfallbehandlungsanlage Parteistellung im abfallrechtlichen Genehmigungsverfahren. Der rechtswirksame Flächenwidmungsplan weise das Grundstück Nr. 1077, auf dem die Recyclinganlage errichtet werden solle, als Grünland mit Sondernutzung, Müllbeseitigungsanlage aus. Das gegenständliche Projekt einer Recyclinganlage gehe über diese Grünlandnutzung hinaus. Eine Recyclinganlage diene nicht nur der Müllbeseitigung, sondern auch der Gewinnung neuer Stoffe aus dem Müll. Bei diesem Vorgang handle es sich um industrielle Verfahren, deren Anlage wegen ihrer besonderen Gefährlichkeit für Anrainer und Gemeindebevölkerung nur auf der Widmung Bauland/Industriegebiet errichtet werden dürfe. Die Abweisung der diesbezüglichen Einwendung der Beschwerdeführerin bestehe daher nicht zu Recht, zumal die Standortgemeinde den Widerspruch zwischen dem geplanten Projekt und der geltenden Flächenwidmung vorbringen könne. Die Parteistellung der Gemeinde im Verfahren nach dem AWG umfasse auch dieses Recht.
Die geplante Recyclinganlage gefährde weiters die Gesundheit und das Leben der Anrainer sowie der Gemeindebevölkerung. Im abfallwirtschaftsrechtlichen Verfahren habe die Gemeinde von Gesetzes wegen Parteistellung über die sonstigen Materiengesetze hinaus und könne daher auch mögliche Beeinträchtigungen subjektiver Rechte von Gemeindebürgern geltend machen. Die diesbezüglichen Bedenken der Beschwerdeführerin seien durch die im Verfahren vom Sachverständigen geäußerten Meinungen nicht ausgeräumt worden.
Die MP wolle in der Recyclinganlage auch verunreinigten Bauschutt und Gewerbemüll behandeln. Verunreinigter Bauschutt und teilweise auch Gewerbemüll seien jedenfalls gefährliche Abfälle. Diese gefährlichen Abfälle seien in dem zur Genehmigung vorgelegten Projekt weder inhaltlich noch mengenmäßig ausreichend beschrieben. Mangels einer solchen Beschreibung sei die Beurteilung der Gefährdung gar nicht möglich und das Projekt somit nicht genehmigungsfähig. Die diesbezügliche Einwendung der Beschwerdeführerin sei daher zu Unrecht abgewiesen worden.
Das der Genehmigung zugrundeliegende Projekt sehe auch ein Zwischenlager für gefährliche Abfälle vor. Dieses Lager sei in den bei der Verhandlung vorgelegenen Unterlagen nicht enthalten gewesen. Das der Genehmigung zugrundeliegende Projekt sei deshalb nicht vollständig auf seine Gefährdung überprüft worden und somit auch nicht genehmigungsfähig. Auch die diesbezügliche Einwendung der Beschwerdeführerin sei in gesetzwidriger Weise abgewiesen worden.
Im Zusammenhang mit der geltend gemachten Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bringt die Beschwerdeführerin vor, daß die belangte Behörde ihre Entscheidung lediglich aufgrund von Auskünften einer Abteilung des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung und den schriftlichen Unterlagen getroffen habe. In Wahrung des Parteiengehöres hätte die belangte Behörde allerdings das Ergebnis ihrer Ermittlungen der Beschwerdeführerin zur Kenntnis bringen müssen. Außerdem wäre der Beschwerdeführerin die Möglichkeit zur Stellungnahme und Klärung des Sachverhaltes in angemessener Frist zu geben gewesen. Dies insbesondere im Hinblick auf die notwendige Beiziehung von Sachverständigen. Hätte die Beschwerdeführerin Gelegenheit zur Stellungnahme und Wahrung ihres Rechtes auf Parteiengehör in angemessener Frist erhalten, so hätte sie nachweisen können, daß die bisherigen Beweisergebnisse unrichtig und unvollständig seien. Aus denselben Gründen hätte die belangte Behörde die von der Beschwerdeführerin beantragten zusätzlichen Beweisaufnahmen durchführen müssen. Bei Einhaltung dieser Verwaltungsverfahrensvorschriften durch die belangte Behörde wäre diese zu einem anderen Bescheid gelangt.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie - ebenso wie die MP - die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 29 Abs. 5 Z. 4 des Abfallwirtschaftsgesetzes, BGBl. Nr. 325/1990 i.d.F. BGBl. Nr. 155/1994 (AWG) haben Parteistellung in einem Verfahren nach § 29 Abs. 1 AWG die Gemeinde des Standortes und die unmittelbar angrenzenden Gemeinden der Behandlungsanlage.
Gemäß § 29 Abs. 8 AWG kann für Anlagen gemäß Abs. 1 Z. 1 bis 3 im Genehmigungsbescheid angeordnet werden, daß die Behandlungsanlage erst aufgrund einer Betriebsbewilligung in Betrieb genommen werden darf. Bei Vorschreibung einer Betriebsbewilligung ist ein befristeter Probebetrieb anzuordnen. Für die Festlegung und Durchführung des Probebetriebes gilt § 78 Abs. 2 GewO 1973 i.d.F.
BGBl. Nr. 399/1988. Die Befristung des Probebetriebes kann zweimal für jeweils ein Jahr verlängert werden. In diesem Verfahren haben die in Abs. 5 Genannten Parteistellung. Die Durchführung eines Versuchsbetriebes ist unter den Voraussetzungen des § 354 GewO 1973 in der jeweils geltenden Fassung zulässig.
Der gegenständlichen Beschwerde liegt ein Verfahren nach § 29 Abs. 8 AWG (Erlassung einer Betriebsbewilligung samt Probebetrieb) zugrunde.
Der Gesetzgeber sieht das Verfahren zur Erlassung einer Betriebsbewilligung (samt Probebetrieb) als eigenes Verfahren an, wäre doch sonst die für die Festlegung und Durchführung eines Probebetriebes getroffene Anordnung, daß dabei die in Abs. 5 genannten Parteistellung haben, überflüssig (vgl. den hg. Beschluß vom 20. Juli 1995, 95/07/0090). Die Parteistellung der Standortgemeinde in einem Verfahren nach § 29 Abs. 8 AWG unterscheidet sich jedoch nicht von der der Standortgemeinde in einem Verfahren nach § 29 Abs. 1 AWG eingeräumten Parteistellung.
Für letzteres Verfahren hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluß vom 28. Februar 1996, 95/07/0098, ausgesprochen, daß es einer Partei, welche ihre Parteistellung ohne bezug auf die in § 29 Abs. 2 AWG aufgezählten Rechtsvorschriften auf § 29 Abs. 5 Z. 4 AWG stützt, an der Berechtigung zur Erhebung der auf Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG gegründeten Beschwerde - vom Fall der Wahrung der prozessualen Befugnisse abgesehen - mangelt. Auch im vorliegenden Verfahren stützt sich die Beschwerdeführerin - wie schon in dem zum hg. Beschluß vom 28. Februar 1996, 95/07/0098, führenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren - ausschließlich auf § 29 Abs. 5 Z. 4 AWG. Ihr Beschwerdevorbringen im Zusammenhang mit der von ihr vermuteten inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides erweist sich daher aus eben jenen Gründen als unzulässig, die im oben angeführten hg. Beschluß - auf den gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird - dargestellt sind.
Die Beschwerdeführerin macht jedoch in ihrer Beschwerde auch geltend, daß sie von der belangten Behörde an der Wahrung ihrer durch die Parteistellung im Sinne des § 29 Abs. 5 Z. 4 AWG gewährten prozessualen Befugnisse gehindert worden wäre.
Insoweit ist die Beschwerde zulässig. Dieses Vorbringen erweist sich jedoch aus nachstehenden Erwägungen als unbegründet.
Wie sich aus der Aktenlage ergibt, wurde die gutachterliche Stellungnahme des abfalltechnischen Amtssachverständigen der belangten Behörde vom 5. Mai 1995 der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 16. Mai 1995 zum Parteiengehör übermittelt. In letzterem Schreiben wurde die Beschwerdeführerin aufgefordert, zu diesem Gutachten binnen drei Wochen Stellung zu nehmen. Die Beschwerdeführerin hat mit Schreiben vom 13. Juni 1995 um Verlängerung der Stellungnahmefrist bis 30. Juni 1995 und mit Schreiben vom 30. Juni 1995 um Verlängerung der Stellungnahmefrist bis 14. Juli 1995 ersucht. Bis zu diesem Termin langte jedoch bei der belangten Behörde keine Stellungnahme der Beschwerdeführerin ein. Die Beschwerdeführerin nahm erst mit Schreiben vom 18. Juli 1995 - bei der belangten Behörde am 21. Juli 1995 eingelangt - zum Gutachten des abfalltechnischen Amtssachverständigen vom 5. Mai 1995 Stellung. Der angefochtene Bescheid wurde jedoch der Beschwerdeführerin schon am 19. Juli 1995 zugestellt. Der Beschwerdeführerin wurde sohin ausreichend Zeit gegeben, zum Verfahrensergebnis Stellung zu nehmen. Von diesem Recht hat die Beschwerdeführerin fristgerecht nicht Gebrauch gemacht.
Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war. Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
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