VwGH 93/05/0082

VwGH93/05/008231.1.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde der Marktgemeinde Asten, vertreten durch den Bürgermeister, dieser vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie vom 15. Februar 1993, Zl. 08 3546/55-IV/4/92-Gl, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einem Genehmigungsverfahren gemäß AWG (mitbeteiligte Partei: A-GmbH, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in L), zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §1017;
AVG §10 Abs1;
AVG §63 Abs1;
GdO OÖ 1979 §56 Abs2 Z6;
GdO OÖ 1979 §58 Abs1;
ABGB §1017;
AVG §10 Abs1;
AVG §63 Abs1;
GdO OÖ 1979 §56 Abs2 Z6;
GdO OÖ 1979 §58 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Mitbeteiligten wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 10. September 1992 die abfallrechtliche Genehmigung zur Errichtung einer Recyclinganlage für verunreinigten Bauschutt und Gewerbeabfälle auf dem Grundstück Nr. 1077, KG R, unter Vorschreibung zahlreicher Bedingungen, Befristungen und Auflagen erteilt. Die dagegen von der Beschwerdeführerin erhobene Berufung wurde im wesentlichen mit der Begründung zurückgewiesen, daß gemäß § 56 Abs. 2 Z. 6 Oö Gemeindeordnung 1979 dem Gemeindevorstand die Einbringung von Rechtsmitteln gegen verwaltungsbehördliche Entscheidungen, ausgenommen Beschwerden an den Verfassungsgerichtshof und den Verwaltungsgerichtshof, obliege. Der Nachweis eines die Rechtsmittelerhebung rechtfertigenden Willensbildungsaktes könne nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur innerhalb des Zeitraums der offenstehenden Rechtsmittelfrist erfolgen. Eine Anfrage bei der Landesregierung, Abteilung Gemeinden und Sparkassen, habe ergeben, daß Unterlagen über einen Beschluß des Gemeindevorstandes über die Erhebung der Berufung nicht vorhanden seien. Eine vor Bescheiderlassung erfolgte Beschlußfassung genüge diesem Erfordernis nicht. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setze die Erhebung eines Rechtsmittels die Beschlußfassung des nach dem Gesetz oder der Satzung der Person zu derartigen Rechtshandlungen berufenen Organes voraus, wobei der entsprechende Beschluß innerhalb der Rechtsmittelfrist gefaßt werden müsse (es wird auf das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 1968, Zl. 1252/66-5) verwiesen. Da im vorliegenden Fall kein entsprechender Beschluß des zuständigen Gemeindevorstandes vorläge, sei die Berufung als unzulässig zurückzuweisen.

In der dagegen erhobenen Beschwerde der Marktgemeinde Asten wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem einfachgesetzlich gewährleisteten Recht, entgegen gesetzlichen Vorschriften nicht von der Wahrnehmung von Parteienrechten ausgeschlossen zu werden, verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Gemäß § 58 Abs. 1 Oö Gemeindeordnung 1979, LGBl. Nr. 119/1979 in der für den vorliegenden Fall maßgeblichen Stammfassung vertritt der Bürgermeister die Gemeinde nach außen. Gemäß § 56 Abs. 2 Z. 6 Oö Gemeindeordnung in der Stammfassung ist für die Einbringung von Rechtsmitteln gegen verwaltungsbehördliche Entscheidungen, ausgenommen Beschwerden an den Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshof, der Gemeindevorstand zuständig. Während der Verwaltungsgerichtshof in seiner früheren Rechtsprechung (vgl. die im hg. Erkenntnis des verstärkten Senates vom 29. Mai 1980, Slg. Nr. 10147/A, zitierte Judikatur) im Zusammenhang mit der Beschwerdeerhebung durch juristische Personen des öffentlichen Rechtes ausgesprochen hat, daß nicht nur die Erteilung der Vollmacht durch das nach außen vertretungsbefugte Organ, sondern auch die auf die Beschwerdeerhebung gerichtete Willensbildung des zuständigen Organes dem Verwaltungsgerichtshof nachgewiesen werden müsse, hat er in dem zitierten Beschluß eines verstärkten Senates diese Rechtsansicht nicht mehr aufrechterhalten, sondern vielmehr die Auffassung vertreten, daß ordnungsgemäß kundgemachte Organisationsnormen für juristische Personen auch des öffentlichen Rechtes nach außen Handlungsbeschränkungen der zur Vertretung berufenen Organe vorsehen können; sprechen die Normen jedoch von einer Vertretung nach außen schlechthin, so kann nicht auf anderweitige, bloß die Willensbildung im Innenverhältnis behandelnde Normen zurückgegriffen werden. Auf die ausführlichen Entscheidungsgründe des zitierten

hg. Erkenntnisses wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen.

Nach dem zitierten § 58 Abs. 1 Oö Gemeindeordnung 1979 ist der Bürgermeister der Gemeinde ohne jede Einschränkung zur Vertretung der Gemeinde nach außen berufen. Es kommt daher nach der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht darauf an, ob die sonstigen, bloß die Willensbildung im Innenverhältnis behandelnden Normen ebenfalls eingehalten wurden (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 11. Juni 1981, Slg. Nr. 10479/A). Daraus ergibt sich aber, daß der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie zu Unrecht die Berufung der Beschwerdeführerin mangels Vorliegens eines entsprechenden Beschlusses des Gemeindevorstandes zurückgewiesen hat. Sofern die Mitbeteiligte unter Verweis auf Judikatur und Lehre zu § 1017 ABGB die Auffassung vertritt, daß für den Vertretenen trotz rechtswirksamer Vertretungsmacht im Außenverhältnis dann keine Bindung entstehe, wenn der Vertreter die internen Beschränkungen nicht einhält und dies dem Dritten bekannt war oder offenbar auffallen mußte, muß ihr im Sinne der zitierten hg. Judikatur entgegengehalten werden, daß nach der ausdrücklichen Vertretungsregelung in der Gemeindeordnung die Vertretungsbefugnis des Bürgermeisters nach außen eine unbeschränkte ist und das Gesetz eine Einschränkung der Vertretungsmacht nach außen etwa in der Richtung, daß Vertretungshandlungen des Bürgermeisters ohne einen Beschluß des im Innenverhältnis zur Geschäftsführung zuständigen Organes keine Wirksamkeit entfalten würden, nicht vorsieht.

Der angefochtene Bescheid stellt sich somit als inhaltlich rechtswidrig dar und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.

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