Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Vorarlberg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 31. Juli 1995 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 5 Abs. 1 und 2 des Vorarlberger Tierschutzgesetzes, LGBl. Nr. 31/1982, (im folgenden kurz: TG) die Bewilligung zur Haltung von drei Straußen auf einer näher umschriebenen Liegenschaft versagt (Spruchpunkt I). Gleichzeitig wurde dem Beschwerdeführer unter Berufung auf § 5 Abs. 2 iVm § 3 Abs. 3 TG aufgetragen, diese drei Strauße bis längstens einen Monat ab Rechtskraft dieses Bescheides entweder einer Institution, welche ein öffentliches Interesse an der Haltung von Straußen nachweisen könne (z.B. Wildpark, Zoo), bzw. einer Person, welche eine Bewilligung nach dem TG zur Haltung von Straußen besitze, zu übergeben oder für die schmerzlose Tötung der Strauße zu sorgen (Spruchpunkt II).
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:
Der mit "Haltung von Wildtieren" überschriebene § 5 TG lautet:
"(1) Die Haltung von Wildtieren, die ihrer Art nach ein großes Bewegungsbedürfnis haben, ist verboten, sofern diese Haltung nicht im Interesse des Lebens oder der Gesundheit des Tieres notwendig ist. Die Landesregierung kann durch Verordnung die Haltung anderer Wildtiere verbieten, wenn diese besondere Ansprüche an Haltung und Pflege stellen.
(2) Die Behörde kann auf Antrag Ausnahmen vom Verbot des Abs. 1 bewilligen, wenn sichergestellt ist, daß den besonderen Bedürfnissen des Tieres Rechnung getragen wird oder die Tierhaltung im öffentlichen Interesse liegt. Bedarf die Haltung von Wildtieren noch der Bewilligung nach anderen landesrechtlichen Vorschriften, so darf die Bewilligung nach diesem Gesetz erst nach Eintritt der Rechtskraft der anderen Bewilligung erteilt werden. Die Behörde kann die Bewilligung befristen sowie durch Auflagen oder Bedingungen sicherstellen, daß den Erfordernissen des Tierschutzes Rechnung getragen wird."
Die Ausnahmebewilligung nach § 5 Abs. 2 TG setzt damit voraus, daß es sich um die Haltung von "Wildtieren" handelt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 9. September 1993, Zl. 92/01/0996, zu diesem Begriff nach § 5 TG die Rechtsansicht vertreten, die diesbezügliche Absicht des Gesetzgebers komme darin eindeutig zum Ausdruck, daß in den Gesetzesmaterialien einerseits zwischen den "Haustierrassen", die durch entsprechende Zuchtwahl an das Leben unter Obhut des Menschen weitgehend angepaßt seien, und andererseits den Wildtieren unterschieden werde, für die die Gefangenschaft immer einen Ausnahmezustand darstelle, weshalb es notwendig erscheine, besondere Maßnahmen zu ergreifen, um Wildtieren in Gefangenschaft eine artgerechte Haltungsweise zu gewährleisten.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides finden sich insoweit die Ausführungen, das veterinärmedizinische Gutachten vom 19. (richtig: 29.) Dezember 1994 habe eindeutig festgestellt, daß es sich bei den gegenständlichen Tieren um Wildtiere handle. Daran ändere auch die Tatsache nichts, daß die Tiere vor der Einfuhr nach Österreich bereits "seit einigen Generationen" in Deutschland gelebt hätten.
Es ist zwar richtig, daß sich in dem erwähnten veterinärmedizinischen Gutachten vom 29. Dezember 1994 die Aussage findet, "der Strauß ist ein Wildtier, das in Afrika, in Halbwüsten, Steppen und Savannen südlich der Sahara lebt". Die weitere Ausführung in der Begründung des angefochtenen Bescheides, daß daran auch die Tatsache nichts ändere, daß die Tiere vor der Einfuhr nach Österreich bereits "seit einigen Generationen" in Deutschland gelebt hätten, findet sich jedoch in diesem Gutachten nicht. Vielmehr handelt es sich offenbar um die Antwort der belangten Behörde auf ein diesbezügliches Vorbringen des Beschwerdeführers in der Berufung, wo dieser unter anderem vorgebracht hatte, daß "diese Strauße schon einige Generationen in Deutschland leben und gezüchtet wurden". Gerade dieser Einwand des Beschwerdeführers hätte die belangte Behörde allerdings bewegen müssen, eine Ergänzung des veterinärmedizinischen Gutachtens in Hinsicht auf die Frage einzuholen, ob es sich bei den in Rede stehenden Tieren um "Wildtiere" handelt oder nicht, weil letzteres zu verneinen wäre, wenn sie "durch entsprechende Zuchtwahl an das Leben unter Obhut des Menschen weitgehend angepaßt" wären (vgl. das oben zitierte hg. Erkenntnis vom 9. September 1993), zumal die gegenteilige Annahme keineswegs auf der Hand liegt. Vielmehr erscheint es dem Gerichtshof nicht von vornherein ausgeschlossen, daß ein und dieselbe TierART im Sinne der oben dargestellten Definition sowohl als "Wildtier" als auch als "Haustier" eingeordnet werden kann.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben, ohne daß in das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.
Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung war gemäß § 39 Abs. 2 Z. 3 VwGG abzusehen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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