Normen
AufG 1992 §5 Abs1;
FrG 1993 §10 Abs1 Z4;
AufG 1992 §5 Abs1;
FrG 1993 §10 Abs1 Z4;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 3. Mai 1995 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 5 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz - AufG iVm § 10 Abs. 1 Z. 4 Fremdengesetz - FrG abgewiesen.
Die belangte Behörde nahm als erwiesen an, daß der Beschwerdeführer mit Urteil des Bezirksgerichtes St. Pölten vom 2. Dezember 1992 wegen § 83 Abs. 1 StGB rechtskräftig verurteilt sowie von der Bundespolizeidirektion Wr. Neustadt wegen Übertretung nach § 5 Abs. 1 StVO 1960 (im Jahr 1993) und der Bundespolizeidirektion St. Pölten wegen Übertretungen nach § 4 Abs. 1 lit. a, § 4 Abs. 1 lit. c, § 4 Abs. 5, § 20 Abs. 1 StVO 1960 (im Jahr 1994) rechtskräftig bestraft worden sei. Aufgrund der Häufigkeit und Schwere der "Übertretungen der Rechtsordnung" stehe fest, daß der Beschwerdeführer nicht gewillt sei, sich den in Österreich geltenden Vorschriften anzupassen, weshalb sein weiterer Aufenthalt eine Gefährdung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit darstelle. Damit liege ein zwingender Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 Z. 4 FrG) vor; dem Beschwerdeführer könne daher keine Aufenthaltsbewilligung erteilt werden. "Die öffentlichen Interessen überwiegen daher Ihre privaten Interessen".
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und "Mangelhaftigkeit des Verfahrens" kostenpflichtig aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 5 Abs. 1 AufG darf Fremden eine Bewilligung nicht erteilt werden, wenn (u.a.) ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt.
Zufolge des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG ist die Erteilung eines Sichtvermerkes zu versagen, wenn der Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde.
2. Mit der belangten Behörde und entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht - das dort für wesentlich erachtete Argument, es sei vorliegend weder der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 noch jener des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG verwirklicht, geht fehl, weil es im Beschwerdefall nicht um die Überprüfung der Rechtmäßigkeit eines Aufenthaltsverbotes geht - ist der Gerichtshof der Auffassung, daß das der gerichtlichen Verurteilung und den verwaltungsbehördlichen Bestrafungen zugrunde liegende Fehlverhalten des Beschwerdeführers in seiner Gesamtheit (insbesondere aufgrund der von alkoholisierten Kraftfahrzeuglenkern ausgehenden großen Gefahr für die Allgemeinheit) - auch wenn hinsichtlich der einzelnen Gesetzesverstöße an sich gebotene konkrete Sachverhaltsfeststellungen fehlen - die Annahme rechtfertigt, sein Aufenthalt gefährde die öffentliche Ordnung und Sicherheit i. S. des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG.
3. Ungeachtet dessen ist der Beschwerde Erfolg beschieden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Behörde bei Anwendung des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG auf die privaten und familiären Interessen des Fremden Bedacht zu nehmen, und zwar in der Weise, daß sie zu prüfen hat, ob ein Aufenthalt des Fremden im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit derart gefährden würde, daß die im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten öffentlichen Interessen einen Eingriff in sein Privat- und Familienleben rechtfertigen (siehe etwa das Erkenntnis vom 9. November 1995, Zl. 95/18/0826, mwN). Dieser Verpflichtung ist die belangte Behörde im vorliegenden Fall nicht nachgekommen. Obwohl ihr nach Ausweis der Akten (vgl. den Antrag vom 9. Februar 1994, Äußerung des Beschwerdeführers vom 27. Juli 1994, Berufung vom 20. September 1994) die nunmehr auch in der Beschwerde geltend gemachten familiären Verhältnisse des Beschwerdeführers - Zusammenleben mit seiner Gattin und den beiden mj. Kindern in einem gemeinsamen Haushalt in Österreich "bereits seit mehreren Jahren" - bekannt waren, ist sie auf diese im bekämpften Bescheid nicht eingegangen und hat sich mit dem (in keiner Weise nachvollziehbaren) Hinweis: "Die öffentlichen Interessen überwiegen daher Ihre privaten Interessen." begnügt. Sie hat damit in Wahrheit keine Interessenabwägung vorgenommen (vgl. dazu nochmals das hg. Erkenntnis Zl. 95/18/0826).
4. Nach dem Gesagten war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens beruht darauf, daß zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung an Stempelgebühren lediglich S 270,-- (zwei Beschwerdeausfertigungen S 240,--, eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides S 30,--) zu entrichten waren.
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