VwGH 95/12/0271

VwGH95/12/027112.12.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Germ und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. König, über den Antrag des Dr. G in W, auf Wiederaufnahme der Verfahren zu hg. Zlen. 92/12/0282, 93/12/0017, sowie 93/12/0169 und schließlich 95/12/0087, 0164 und 0165, den Beschluß gefaßt:

Normen

VwGG §45 Abs1;
VwGG §45 Abs1;

 

Spruch:

Dem Antrag wird nicht stattgegeben.

Begründung

Der 1955 geborene Antragsteller, ein rechtskundiger Beamter im Sinne des § 24 Abs. 2 VwGG, steht seit 1. Jänner 1993 als Legationsrat i.R. in einem öffentlich-rechtlichen Pensionsverhältnis zum Bund. Seine letzte Dienststelle war das Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten. Er hat seit 1992 mehr als 100 Säumnis- und Bescheidbeschwerden sowie Anträge beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluß vom 29. April 1993, Zlen. 92/12/0282, 93/12/0017, 1. dem Antrag des damaligen Beschwerdeführers und nunmehrigen Antragstellers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist nicht stattgegeben und 2. die Beschwerde zurückgewiesen.

Mit weiterem Beschluß vom 30. Juni 1993, Zl. 93/12/0169, hat der Verwaltungsgerichtshof einem Wiederaufnahmsantrag des Antragstellers nicht stattgegeben.

Mit weiterem Beschluß vom 30. Juni 1995,

Zlen. 95/12/0087, 95/12/0164, 0165, hat der Verwaltungsgerichtshof einem weiteren Wiederaufnahmsantrag gegen die vorgenannten Entscheidungen nicht stattgegeben.

Der nähere Sachverhalt ist diesen Entscheidungen zu entnehmen.

Mit dem vorliegenden, am 24. Oktober 1995 eingebrachten Schriftsatz begehrt der Antragsteller die Wiederaufnahme all dieser Verfahren und bringt vor, am 16. Oktober 1995 sei ihm infolge eines Telefonates mit der Europäischen Menschenrechtskommission Folgendes zur Kenntnis gelangt: In dem in der Staatsdruckerei vergriffenen Bundesgesetzblatt Nr. 210/1958, das die authentischen Texte der MRK enthalte, sei Art. 10 Abs. 2 MRK sowie Art. 1 des ersten Zusatzprotokolles zur MRK falsch übersetzt. Um dies feststellen zu können, bedürfe es des vergriffenen Stückes des Bundesgesetzblattes sowie der Dienstprüfung für den Höheren Auswärtigen Dienst, für den das Fach Völkerrecht in einer Fremdsprache geprüft werde. "Die Erschleichung der angefochtenen Entscheidung des VwGH liegt nun daran, daß der Gesetzgeber eine unrichtige deutsche Übersetzung verwendet, wohl wissend, daß nur die

ca. 350 Beamten des HAB (= Höherer auswärtiger Dienst), wissen, daß dieser Text sinnverkürzend ist. Der VwGH wurde daher seitens des Gesetzgebers getäuscht, der Beweis der Unrichtigkeit einer Übersetzung in einem völkerrechtlichen Vertrag ist im Art. 33 der Wiener Vertragsrechtskonvention geregelt. Weiters verletzt der Anwaltszwang flagrant" den Art. 10 Abs. 2 MRK sowie den Art. 1 MRK (nach dem Zusammenhang wohl gemeint: den Art. 1 des ersten Zusatzprotokolles zur MRK) (wird näher ausgeführt). Der Fristenlauf bei Anwendung des § 10 Abs. 3 RAO sei gesetzlich nirgends geregelt, sodaß "die Bedingungen des Rechtsgüterentzuges im nationalen Gesetz in Verletzung des Art. 18 B-VG nicht eindeutig geregelt sind. Auch beruht das Erkenntnis bzw. der Beschluß nicht auf einer von der Partei verschuldeten irrigen Annahme einer Fristversäumnis, und es wurde den gesetzlichen Bestimmungen über das Parteiengehör nicht entsprochen, sodaß bei deren Beachtung der Beschluß anders gelautet hätte. Aus der mangelnden Eindeutigkeit der gesetzlichen Bestimmungen betr. Fristenlauf und der unklaren Rechtsmittelbelehrung im angefochtenen Bescheid ergibt sich der Entzug von Rechtsgütern ohne inhaltlich bestimmte nationale Rechtslage und überdies in Verletzung des Gleichheitssatzes des Art. 14 MRK, weil der Eintritt der Rechtsfolge vom Zufall oder manipulativen Umständen abhängt, nämlich daß ein Anwalt innerhalb der Beschwerdefrist gefunden werden kann, der eine Causa vertritt, womit gleichzeitig das Grundrecht nach Art. 13 MRK verletzt wird. Bei Kenntnis der korrekten Übersetzungen der MRK hätte der VwGH anders entschieden und die Täuschung ist, die MRK ist notgedrungen eine Regierungsvorlage, dem Bund als Rechtsträger der belangten Behörde vor 37 Jahren zuzurechnen, sodaß ich den Antrag stelle, den Bund zum Ersatz des Schriftsatzaufwandes sowie der Barauslagen, insbesondere Bundesstempelmarken nach dem GebG zu verpflichten".

Gemäß § 45 Abs. 1 VwGG ist die Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis oder Beschluß abgeschlossenen Verfahrens auf Antrag einer Partei zu bewilligen, wenn

  1. 1. das Erkenntnis oder der Beschluß durch eine gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder
  2. 2. das Erkenntnis oder der Beschluß auf einer nicht von der Partei verschuldeten irrigen Annahme der Versäumnis einer in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Frist beruht oder
  3. 3. nachträglich eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung bekannt wird, die in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte oder
  4. 4. im Verfahren vor dem Gerichtshof den Vorschriften über das Parteiengehör nicht entsprochen wurde und anzunehmen ist, daß sonst das Erkenntnis oder der Beschluß anders gelautet hätte oder
  5. 5. das Verfahren vor dem Gerichtshof wegen Klagslosstellung oder wegen einer durch Klagslosstellung veranlaßten Zurückziehung der Beschwerde eingestellt, die behördliche Maßnahme, die die Klaglosstellung bewirkt hatte, jedoch nachträglich behoben wurde.

Entgegen der Beurteilung des Antragstellers ist das - behauptete - Verhalten der Bundesregierung bzw. des Gesetzgebers dem Wiederaufnahmsgrund des § 45 Abs. 1 Z. 1 VwGG nicht subsumierbar. Ebensowenig vermag er mit seinem Vorbringen das Vorliegen des Wiederaufnahmsgrundes der Z. 4 leg. cit. aufzuzeigen (siehe dazu im übrigen die diesbezüglichen Ausführungen im ebenfalls verfahrensgegenständlichen Beschluß vom 30. Juni 1993, Zl. 93/12/0169). In Wahrheit trachtet er danach, die Wiederaufnahme wegen behaupteter unrichtiger Anwendung von Rechtsvorschriften durch den Verwaltungsgerichtshof zu erwirken, was aber im Gesetz ebenfalls nicht vorgesehen ist. Im übrigen ist der Antragsteller auch hier abermals daran zu erinnern, daß die Prüfung der Frage, ob er durch angefochtene Bescheide allenfalls in verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde, nicht in die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes fällt.

Dem Antrag war daher nicht stattzugeben.

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