VwGH 95/07/0030

VwGH95/07/003029.6.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde 1. (zu Zl. 95/07/0030) des J P in B und 2. (zu Zl. 95/07/0031) der W P in B, beide vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 20. Dezember 1994, Zl. 512.720/15-I 5/94, betreffend Überlassung von Teilen einer Abwasserbeseitigungsanlage (mitbeteiligte Partei: Wassergenossenschaft K, vertreten durch den Obmann R.K., dieser vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in W),

Normen

ABGB §294;
WRG 1959 §22 Abs1;
WRG 1959 §27 Abs1 lita;
WRG 1959 §29 Abs1;
WRG 1959 §29 Abs3;
ABGB §294;
WRG 1959 §22 Abs1;
WRG 1959 §27 Abs1 lita;
WRG 1959 §29 Abs1;
WRG 1959 §29 Abs3;

 

Spruch:

1. den Beschluß gefaßt:

Die Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin wird zurückgewiesen.

Die Zweitbeschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.740,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen;

2. zu Recht erkannt:

Spruchabschnitt I des angefochtenen Bescheides wird auf Grund der Beschwerde des Erstbeschwerdeführers wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat dem Erstbeschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 13.040,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich (LH) vom 30. April 1981 wurde G. und R.K. die wasserrechtliche Bewilligung zur Errichtung und zum Betrieb einer Abwasserbeseitigungsanlage für das Erholungszentrum K. in V. erteilt. Das Wasserbenutzungsrecht wurde gemäß § 22 Abs. 1 des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959) mit der Anlage verbunden. Die Kläranlage wurde auf Parzelle 313, EZ. 378 der KG V. errichtet.

Mit Bescheid des LH vom 10. Dezember 1987 wurde gegenüber der Konkursmasse K. gemäß § 121 WRG 1959 festgestellt, daß die mit Bescheid des LH vom 30. April 1981 wasserrechtlich bewilligte Abwasserbeseitigungsanlage im wesentlichen bewilligungsgemäß ausgeführt wurde und es wurde die Durchführung bestimmter Maßnahmen angeordnet.

Gegen diesen Bescheid wurden Berufungen erhoben.

Während des Berufungsverfahrens kam es zur Versteigerung der Liegenschaften von G. und R.K., wobei der Erstbeschwerdeführer u.a. das Eigentum an der EZ. 378 erwarb.

Auf Grund dieser neuen Situation änderte die belangte Behörde den wasserrechtlichen Überprüfungsbescheid des LH mit Bescheid vom 23. Februar 1989 dahingehend ab, daß die aufgetragenen Maßnahmen nicht mehr von der Konkursmasse K., sondern vom Erstbeschwerdeführer als neuem Eigentümer der Anlage und damit neuem Wasserberechtigten durchzuführen seien.

Am 12. April 1994 erklärte der Erstbeschwerdeführer, auf Teile seines Wasserbenutzungsrechtes zu verzichten.

Mit Bescheid des LH vom 10. Juni 1994 wurde gemäß den §§ 27 Abs. 1 lit. a und Abs. 6 sowie 29 Abs. 1 und 5 WRG 1959 festgestellt, daß das mit Bescheid des LH vom 30. April 1981 erteilte Wasserbenutzungsrecht, soweit es sich auf den Kanalstrang am Ost- und Nordufer des K.-Sees II auf den Grundstücken Nr. 363/4 und 362/8, KG V., von Teilfläche 68 bis inkl. Teilfläche 37, den Kanalstrang am Südufer des K.-Sees II auf Grundstück Nr. 362/14, KG V., von Teilfläche 64 bis inkl. Teilfläche 77 und das Pumpwerk auf Grundstück Nr. 362/14, KG V., sowie den Kanalstrang vom Pumpenschacht bis zur verlängerten gemeinsamen Grenze der Teilflächen 23 und 24 des Grundstückes Nr. 362/12, KG V., bezieht, erloschen ist.

Dem Erstbeschwerdeführer als bisherigen Wasserberechtigten wurde aus Anlaß des Teilerlöschens des Wasserbenutzungsrechtes folgende letztmalige Vorkehrung aufgetragen:

"Verhinderung des Eindringens von Schmutzwasser in jene Teile der Kanalisation, hinsichtlich derer auf das Wasserbenutzungsrecht verzichtet wurde, durch schmutzwasserdichtes Verschließen der Schmutzwasser-Hausanschlußleitungen im Bereich jener Kanalstränge, für die auf das Wasserbenutzungsrecht verzichtet wurde, und zwar von der Einmündung in den Straßenkanal, oder vollständiges Verfüllen des Kanales mit Beton in den Bereichen, für die auf das Wasserbenutzungsrecht verzichtet wurde, wobei sicherzustellen ist, daß die Hausanschlußleitungen nicht gleichzeitig über den unmittelbaren Einmündungsbereich von Hausanschluß und Straßenkanal hinaus verfüllt werden."

Weiters wurde ausgesprochen, daß die durch das Teilerlöschen des Wasserbenutzungsrechtes entbehrlich gewordenen, nicht im Grundbuch eingetragenen Dienstbarkeiten erloschen sind.

Gegen diesen Bescheid erhob u.a. die mitbeteiligte Partei (mP) Berufung und begehrte die Aufhebung der Vorschreibung der letztmaligen Vorkehrungen und die Erledigung ihres Antrages auf Überlassung der durch das Teilerlöschen des Wasserbenutzungsrechtes entbehrlich gewordenen Teile der Abwasserbeseitigungsanlage.

Mit Bescheid vom 20. Dezember 1994 änderte die belangte Behörde den Bescheid des LH vom 10. Juni 1994 dahingehend ab, daß er nunmehr wie folgt lautet (Spruchabschnitt I des angefochtenen Bescheides):

"1. Gemäß §§ 27 Abs. 1 lit. a sowie 29 Abs. 1 WRG wird festgestellt, daß das mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 20. April 1981, Zl. III/1-16.238/12-81, erteilte Wasserbenutzungsrecht, soweit es sich auf

In der Begründung heißt es, der Erstbeschwerdeführer habe auf das Wasserbenutzungsrecht hinsichtlich der im angefochtenen Bescheid umschriebenen Kanalstränge samt Pumpwerk verzichtet. Bei der auf Grund dieses Verzichts durchgeführten mündlichen Verhandlung habe die mP erklärt, die aufgelassenen Anlageteile für ihr eigenes Abwasserprojekt zu benötigen. Selbst wenn in dieser Stellungnahme nicht ausdrücklich auf § 29 Abs. 3 WRG 1959 Bezug genommen worden sei, sei doch aus dem Gesamtzusammenhang und dem Zweck der Äußerung ein Antrag auf Überlassung der Anlagen gemäß § 29 Abs. 3 WRG 1959 zu erblicken. Dies gehe auch aus dem - ergänzend eingebrachten - Schreiben vom 1. Juli 1994 hervor, in dem die mP ausdrücklich auf § 29 Abs. 3 WRG 1959 Bezug nehme und die baldige Erledigung der Angelegenheit urgiere.

Daß die weitere Erhaltung der Anlage nach Erlöschen des Wasserbenutzungsrechtes im Interesse von Beteiligten wünschenswert erscheine, liege angesichts der Sachlage sowie des paralell laufenden Projekts einer eigenen Abwasserbeseitigungsanlage (der mP) auf der Hand. Zu den Beteiligten zählten sowohl die mP als auch die - einen Teil der mP bildenden - Eigentümer des Grundstückes Nr. 362/8, EZ 323. Diese Personen hätten bis zum Zeitpunkt des Verzichts durch den Erstbeschwerdeführer die Abwasserbeseitigungsanlage zur Entsorgung ihrer Badehäuser benützt. Grundlage für diese Benützung sei für einen Großteil der Eigentümer der Badeparzellen ein mit dem Voreigentümer abgeschlossener Vertrag, wonach dieser die notwendigen Aufschlußarbeiten gegen entsprechendes Entgelt vornehmen sollte. Die Aufschlußarbeiten seien einerseits die Errichtung der Kanalanlage, andererseits die Klärung der Abwässer durch den Bau einer entsprechend dimensionierten Kläranlage gewesen. Dies habe schließlich zur Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung für G.K. für eine Abwasserbeseitigungsanlage geführt. Erst ab dem Eigentumsübergang der Anlage an den Erstbeschwerdeführer habe es - privatrechtlich - Probleme zwischen dem neuen Eigentümer der Anlage und den angeschlossenen Parzellen und Eigentümern gegeben. § 29 Abs. 3 WRG 1959 eröffne im Interesse von Beteiligten ein Eintrittsrecht in die Position des Voreigentümers. Um überhaupt Eigentumsrechte übertragen zu können, müsse der Erstbeschwerdeführer Eigentümer der Kanalrohre samt Pumpwerk sein, auf deren Wasserrecht er verzichtet habe. Aus der Erschließungsvereinbarung mit dem Voreigentümer könne nicht der Schluß gezogen werden, die einzelnen Grundstückseigentümer hätten die jeweils auf ihrem Grundstück liegenden Rohrteile dadurch erworben. Die Zahlung des vereinbarten Betrages habe vielmehr die Gegenleistung für die Aufschließung an sich dargestellt; Eigentümer der Kläranlage samt den Rohrleitungen und dem Pumpwerk sei damals G.K. gewesen. Das Bauwerk sei überwiegend auf fremdem Grund errichtet worden. Die Abwasserreinigungsanlage sei offenbar als Zubehör zur Liegenschaft EZ. 378 verstanden und vom Erstbeschwerdeführer mit der Liegenschaft ersteigert worden. Gegenteiliges gehe aus den Aktenunterlagen nicht hervor. Dadurch sei der Erstbeschwerdeführer in die Position des neuen Wasserberechtigten gelangt, da das Wasserrecht mit der Anlage selbst verbunden gewesen sei. Zur Abwasserbeseitigungsanlage gehörten jedoch auch die Kanalrohre, die überwiegend auf fremdem Grund errichtet worden seien, aber eine untrennbare Einheit mit der Kläranlage bildeten. Durch die Ersteigerung der Abwasserreinigungsanlage habe der Erstbeschwerdeführer auch das Eigentum an den insoweit sonderrechtsfähigen, in fremdem Grund verlegten Kanalrohren erworben. Von der Sonderrechtsfähigkeit der Kanalrohre sei auch der OGH in seinem Urteil vom 30. Mai 1994, 1 Ob 13/94 (betreffend den daneben liegenden, ebenfalls vom Erstbeschwerdeführer entsorgten Sch.-See) ausgegangen.

Es liege keine verfassungswidrige entschädigungslose Enteignung aus privaten Interessen vor.

Sowohl die Verfüllung mit Beton als auch das Abmauern der Rohre, die von der Wasserrechtsbehörde erster Instanz dem Erstbeschwerdeführer als alternative letztmalige Vorkehrungen aufgetragen worden seien, würden größere Aufwendungen finanzieller Art darstellen. Würden die Anlagen nicht an die mP übertragen, müßte der Erstbeschwerdeführer diese Arbeiten durchführen; die nicht benutzbaren Anlagenteile hätten so gut wie keinen finanziellen Wert. Durch die Eigentumsübertragung an die mP fielen sämtliche Erhaltungsarbeiten an den Anlagen in den Aufgabenbereich der mP. Weiters dürfe nicht vergessen werden, daß der Erstbeschwerdeführer entweder gar nicht oder nur teilweise Eigentümer jener Grundstücke sei, auf denen die Anlagenteile, auf die er verzichtet habe, liegen. Der im Erlöschensbescheid sonst gleichzeitig auszusprechen gewesene Wegfall der dieser Anlage zugrunde liegenden Dienstbarkeit hätte in letzter Konsequenz dazu führen müssen, daß die Anlage nach Durchsetzung entsprechender zivilrechtlicher Schritte zumindest im Bereich der Grundstücke Nr. 362/8 und 362/6 entfernt hätte werden müssen.

Die mP benötige die Kanalstränge als Bestandteile eines den Großteil des Nord-, Ost- und Südufers des Sees umfassenden Abwasserbeseitigungsprojektes, in das auch die Eigentümer des Grundstückes Nr. 362/8 einbezogen seien. Das im Sinne des § 29 Abs. 3 WRG 1959 gegebene Interesse der mP an der Beseitigung der Abwässer aus dem gesamten nunmehr "unentsorgten" Bereich liege auf der Hand. Die Anlage sei daher gemäß § 29 Abs. 3 WRG 1959 unentgeltlich der mP zu überlassen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richten sich die vorliegenden Beschwerden, in denen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in Gegenschriften die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden beantragt.

Die mP hat ebenfalls Gegenschriften erstattet und beantragt, den Beschwerden keine Folge zu geben.

Der Erstbeschwerdeführer hat eine Replik erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, die Beschwerden wegen ihres sachlichen Zusammenhanges zu gemeinsamer Beratung und Beschlußfassung zu verbinden und hat über sie erwogen:

I.

Zur Zurückweisung der Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin:

Die Zweitbeschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht verletzt, daß die in ihrem Eigentum stehenden Teile der Wasserbenutzungsanlage (Rohrleitungen und Pumpenschacht) nur bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen unentgeltlich an Dritte überlassen werden dürfen. Sie vertritt die Auffassung, der angefochtene Bescheid gehe zu Unrecht davon aus, der Erstbeschwerdeführer sei Eigentümer der auf fremdem Grund gelegenen Teile der Abwasserbeseitigungsanlage. Es sei davon auszugehen, daß die Zweitbeschwerdeführerin Eigentümerin der Abwasserleitungen und des Pumpenschachtes sei. Dies ergebe sich auch aus der Entscheidung des OGH vom 30. Mai 1994, 1 Ob 13/94.

Die Entscheidung des OGH vom 30. Mai 1994, 1 Ob 13/94, auf die sich sowohl die belangte Behörde als auch die Zweitbeschwerdeführerin zur Stützung ihrer konträren Auffassungen berufen, enthält zur Frage des Eigentums an den Kanalsträngen und dem Pumpwerk keine Aussage.

Unbestritten ist, daß der Erstbeschwerdeführer Eigentümer des Grundstückes Nr. 313/2, EZ. 378, KG V. und der darauf errichteten Kläranlage ist.

Wie der OGH in seiner Entscheidung SZ 56/58 ausgesprochen hat, teilen sogenannte Zubehöranlagen wie Anlagen zur Zu- und Ableitung des Wassers das rechtliche Schicksal der eigentlichen Wasserbenutzungsanlage. Nichts anderes aber kann für Abwasserbeseitigungsanlagen gelten. Dies bedeutet, daß Kanalstränge, Pumpwerke etc. das rechtliche Schicksal des Hauptbauwerkes teilen. Hauptbauwerk und damit eigentliche Abwasserbeseitigungsanlage ist im Beschwerdefall die Kläranlage. Sie befindet sich im Eigentum des Erstbeschwerdeführers; daraus folgt, daß die in Rede stehenden Kanalstränge und das Pumpwerk nicht deswegen, weil sie teilweise auf Grundstücken der zweitbeschwerdeführenden Partei angebracht sind, Eigentum der zweitbeschwerdeführenden Partei sind, sondern im Eigentum des Erstbeschwerdeführers stehen.

Der angefochtene Bescheid konnte daher die Zweitbeschwerdeführerin nicht in dem von ihr geltend gemachten Recht verletzen.

Im übrigen ist die Frage des Eigentums an den Kanalsträngen und am Pumpwerk für die Beschwerdelegitimation der zweitbeschwerdeführenden Partei nicht entscheidend. Selbst wenn sie Eigentümerin der in Rede stehenden Anlageteile wäre, könnte sie in dem von ihr geltend gemachten Recht durch den angefochtenen Bescheid nicht verletzt sein.

Der angefochtene Bescheid verfügt unter Spruchabschnitt I Z. 4 die Überlassung von Anlagenteilen an die mP. Dieser Spruchteil enthält somit zum einen eine Berechtigung der mP, zum anderen eine Verpflichtung des Eigentümers der zu überlassenden Anlageteile. Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides geht eindeutig hervor, daß sich diese Verpflichtung gegen den Erstbeschwerdeführer als von der belangten Behörde angenommenen Eigentümer richtet. An die zweitbeschwerdeführende Partei richtet sich diese Verpflichtung nicht. Sie ist nicht Adressat dieser Verpflichtung. Wäre sie tatsächlich Eigentümerin der Kanalstränge und der Pumpstation, so wäre der Bescheid in diesem Teil ins Leere gegangen und nicht vollstreckbar, da er einen Titel nur gegenüber dem Erstbeschwerdeführer schafft.

Da der angefochtene Bescheid die Zweitbeschwerdeführerin in dem von ihr geltend gemachten Recht nicht verletzen konnte, war ihre Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens der mP betrifft zu viel verrechnete Stempelmarken.

II.

Zur Beschwerde des Erstbeschwerdeführers:

Ist die weitere Erhaltung einer Anlage nach Erlöschen des Wasserbenutzungsrechtes im öffentlichen Interesse, insbesondere zum Schutze, zur Abwehr oder zur Pflege der Gewässer erforderlich, so können nach § 29 Abs. 3 WRG 1959 die öffentlichen Körperschaften (Bund, Land, Bezirk, Gemeinde), wenn dagegen die Erhaltung nur im Interesse von Beteiligten wünschenswert erscheint, diese Beteiligten von dem bisher Berechtigten die Überlassung der vorhandenen Wasserbauten, soweit dies notwendig ist, ohne Entgelt verlangen. Dabei hat jene Körperschaft den Vorzug, die mit den bisher Wasserberechtigten einen Vertrag, betreffend die Übernahme dieser Anlagen, abgeschlossen hat. Die weitere Erhaltung und die Leistung der erst künftig fällig werdenen Entschädigungen für etwa aufrecht bleibende Zwangsrechte (§ 70 Abs. 1) obliegt denjenigen, denen die Anlage überlassen wurde.

Zu dieser Bestimmung hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 6. Oktober 1972, Slg. N.F. 8292/A, ausgesprochen, daß eine verfassungskonforme Auslegung des § 29 Abs. 3 WRG 1959 nur unter der Voraussetzung möglich ist, daß es sich bei der bescheidmäßig angeordneten Überlassung einer Anlage an "Beteiligte" in Wahrheit um keinen Vermögensentzug handelt und daher keine Enteignung vorliegt. Dieser Fall ist dann gegeben, wenn nach dem jeweils vorliegenden Sachverhalt die zu einer Anlage gehörenden Wasserbauten nach der Vorschrift des § 29 Abs. 1 WRG 1959 an sich zu beseitigen wären, weil nur in diesem Falle der Untergang jener Vermögensobjekte zum Gegenstand der wasserrechtsbehördlichen Entscheidung gemacht werden müßte, deren Übernahme zum Zwecke ihrer Erhaltung mit der Vorschrift des § 29 Abs. 3 WRG 1959 ermöglicht werden soll, sodaß die vermögensrechtliche Situation des bisher Berechtigten in Ansehung solcher Wasserbauten keine Verschlechterung erfahren würde. Im erstinstanzlichen Bescheid des LH vom 10. Juni 1994, der noch keine ungeltliche Überlassung der vom Verzicht betroffenen Anlagenteile an die mP vorsah, waren als letztmalige Vorkehrungen lediglich Maßnahmen zur Verhinderung des Eindringens von Schmutzwasser in jene Teile der Kanalisation, hinsichtlich derer auf das Wasserbenutzungsrecht verzichtet wurde, vorgesehen, nicht hingegen die Beseitigung der nicht mehr benötigten Kanalstränge und des Pumpwerkes. Auch der angefochtene Bescheid sieht eine solche Beseitigung nicht vor. Die Beseitigung dieser Anlageteile war demnach unter dem Aspekt des § 29 Abs. 1 WRG 1959 nicht erforderlich. Der von der belangten Behörde ins Treffen geführte Umstand, daß die von der Wasserrechtsbehörde erster Instanz dem Erstbeschwerdeführer vorgeschriebenen letztmaligen Vorkehrungen größere Aufwendungen finanzieller Art nach sich zögen, ist daher - selbst wenn diese nicht näher untermauerte Behauptung zutreffen sollte - ebenso ohne rechtliche Relevanz wie die von der belangten Behörde aufgestellte Behauptung, die nicht mehr benötigten Anlageteile hätten für den Erstbeschwerdeführer so gut wie keinen finanziellen Wert. Ebensowenig ist entscheident, ob der Beschwerdeführer die in fremdem Grund liegenden Kanalstränge auf Grund zivilrechtlicher Schritte der Grundeigentümer entfernen müßte, da nach dem zitierten hg. Erkenntnis vom 6. Oktober 1972, Slg. 8292/A, allein entscheidend ist, ob die zu einer Anlage gehörenden Wasserbauten nach der Vorschrift des § 29 Abs. 1 WRG 1959 - also im Wege letztmaliger Vorkehrungen - zu beseitigen wären. Dies ist aber, wie bereits dargetan, nicht der Fall.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid in bezug auf den Erstbeschwerdeführer als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war. Die Aufhebung hatte den gesamten Spruchabschnitt I - und nicht nur dessen Z. 4 - zu umfassen, da nicht auszuschließen ist, daß der Wegfall der Z. 4 Auswirkungen auf den übrigen Inhalt des Spruchabschnittes I, insbesondere auf die letztmaligen Vorkehrungen, hat.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

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