VwGH 95/05/0080

VwGH95/05/008029.8.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde des A in W, gegen den Vorstand des Gemeindeverbandes für Umweltschutz Bezirk Krems, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in K, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Angelegenheit des Niederösterreichischen Abfallwirtschaftsgesetzes 1992, den Beschluß gefaßt:

Normen

AVG §18 Abs4;
AVG §18 Abs4;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Gemeindeverband für Umweltschutz Bezirk Krems Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom 6. Juli 1994 setzte der Gemeindeverband für Umweltschutz Bezirk Krems für die Liegenschaft W 41 des Beschwerdeführers anstelle der bisherigen Festsetzung die Art und Anzahl der auf dem Grundstück aufzustellenden Müllbehälter mit Wirksamkeit 1. August 1994 im Grunde der §§ 2, 3 und 4 der Abfallwirtschaftsverordnung dieses Gemeindeverbandes i.V.m. §§ 9 Abs. 1 und 2, 11 und 12 des Niederösterreichischen Abfallwirtschaftsgesetzes 1992 wie folgt neu fest: 1 Stück Restmüllbehälter 120 l, Entleerung 13 mal pro Jahr und 1 Stück Papiersammelbehälter 240 l, Entleerung 7 mal pro Jahr.

Über die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers entschied die belangte Behörde mit Bescheid vom 18. Oktober 1994 wie folgt:

"Der Vorstand des Gemeindeverbandes für Umweltschutz, Bezirk Krems, (WUV) hat in seiner Sitzung vom 13.9.1994 über die fristgerecht eingebrachte Berufung gegen den Verpflichtungsbescheid des Gemeindeverbandes vom 6.7.1994 wie folgt entschieden:

Die Berufung ist abzulehnen und der angefochtene Bescheid wird vollinhaltlich bestätigt.

Rechtsgrundlagen:

§§ 2, 3 und 4 der AWVO des Gemeindeverbandes für Umweltschutz, Bezirk Krems, in der derzeit geltenden Fassung i.V.m. §§ 9 Abs. 1 und 2, 11, 12 und 27 Abs. 2 des NÖ. AWG 1992 (Nö AWG), LGBl. Nr. 8240-0."

Das Original dieses schriftlichen Bescheides enthält u.a. in Maschinschrift die Fertigungsklausel:

"Für den Vorstand

Der Vorsitzende

Reiter"

sowie die eigenhändige Unterschrift mit dem Schriftzug "Reiter".

Die am 14. November 1994 dem Beschwerdeführer zugestellte Ausfertigung dieses Bescheides stellt eine Vervielfältigung des Originals dar und unterscheidet sich von diesem nur dadurch, daß der Schriftzug der obgenannten eigenhändigen Unterschrift sowie interne Kanzleivermerke der belangten Behörde fehlen.

Mit der am 15. März 1995 eingelangten Säumnisbeschwerde beantragt der Beschwerdeführer, der Verwaltungsgerichtshof möge über die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Gemeindeverbandes für Umweltschutz Bezirk Krems vom 6. Juli 1994 in der Sache selbst erkennen und diesen Bescheid ersatzlos beheben oder in eventu Art und Anzahl der darin festgesetzten Müllbehälter den tatsächlichen Verhältnissen entsprechend reduziert festsetzen. Die Untätigkeit der belangten Behörde begründete der Beschwerdeführer damit, das als "Bescheid" bezeichnete Schreiben der belangten Behörde vom 18. Oktober 1994, ihm zugestellt am 24. Oktober 1994, enthalte zwar die Stampiglie der belangten Behörde, könne aber nicht eindeutig einer bestimmten Behörde zugeordnet werden. Es sei auch nicht mit der Unterschrift dessen, der die Erledigung genehmigt habe (§ 58 Abs. 2 i.V.m. § 18 Abs. 4 AVG) oder mit einer Beglaubigung der Kanzlei versehen. Die belangte Behörde habe seine Berufung vom 1. August 1994 daher bisher nicht erledigt.

Nach Einleitung des Vorverfahrens durch den Verwaltungsgerichtshof legte die belangte Behörde die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Zurückweisung der Beschwerde.

Gemäß § 27 VwGG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 132 B-VG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten in der Sache entschieden hat. Die Frist läuft von dem Tag, an dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war.

Der Beschwerdeführer meint, die Erledigung der belangten Behörde vom 18. Oktober 1994, ihm zugstellt am 24. Oktober 1994, mit welcher über seine Berufung vom 1. August 1994 gegen den Bescheid des Gemeindeverbandes für Umweltschutz Bezirk Krems entschieden worden ist, sei kein Bescheid im Sinne des AVG, weil diese weder einer bestimmten Behörde zugeordnet werden könne noch den Bestimmungen des § 18 Abs. 4 AVG entspreche.

Entgegen dem Beschwerdevorbringen kann die Erledigung vom 18. Oktober 1994 eindeutig der belangten Behörde zugerechnet werden, weil aus dem Spruch derselben unzweifelhaft ersichtlich ist, daß der "Vorstand des Gemeindeverbandes für Umweltschutz Bezirk Krems" über die Berufung des Beschwerdeführers entschieden und der Vorsitzende für den Verbandsvorstand das Original mit eigenhändiger Unterschrift gefertigt hat.

Die belangte Behörde hat auch die Vorschriften des § 18 Abs. 4 AVG beachtet.

Gemäß § 18 Abs. 4 AVG müssen alle schriftlichen Ausfertigungen die Bezeichnung der Behörde enthalten sowie mit Datum und mit der unter leserlicher Beifügung des Namens abgegebenen Unterschrift dessen versehen sein, der die Erledigung genehmigt hat. An die Stelle der Unterschrift des Genehmigenden kann die Beglaubigung der Kanzlei treten, daß die Ausfertigung mit der Erledigung des betreffenden Geschäftsstückes übereinstimmt und das Geschäftsstück die eigenhändig beigesetzte Genehmigung aufweist. Das nähere wird durch Verordnung geregelt. Bei Mitteilungen gemäß Abs. 3 zweiter und dritter Satz und bei Ausfertigungen, die mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt werden, genügt die Beisetzung des Namens des Genehmigenden; eine Beglaubigung durch die Kanzlei ist nicht erforderlich. Bei vervielfältigten Ausfertigungen oder in Fällen, in denen der Inhalt einer Erledigung in einer solchen technischen Weise mitgeteilt wird, die eine genaue Wiedergabe des Originals ermöglicht, ist die Unterschrift oder deren Beglaubigung auf der zu vervielfältigenden Ausfertigung oder auf dem Original anzubringen.

Bei vervielfältigten Ausfertigungen reicht sohin die Beisetzung des Namens des Genehmigenden; eine Beglaubigung durch die Kanzlei ist nicht erforderlich. Schon im

hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 20. Dezember 1985, Slg. Nr. 11983/A (vgl. auch die hg. Erkenntnisse vom 17. März 1994, Zl. 91/06/0016, und vom 13. Dezember 1990, Zl. 90/06/0128), hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, daß für die Frage der Zulässigkeit des Unterbleibens einer Beglaubigung einer Bescheidausfertigung im Fall einer Vervielfältigung ausschließlich das Faktum der Vervielfältigung maßgebend ist. Im Beschwerdefall läßt schon die vom Beschwerdeführer vorgelegte Ausfertigung des ihm zugestellten Bescheides unzweifelhaft erkennen, daß es sich um eine Vervielfältigung handelt, wobei auch die Vervielfältigung einer Abschrift des Urbescheides diesem Erfordernis gerecht wird. Dies wird auch vom Beschwerdeführer im gegenständlichen Fall nicht in Zweifel gezogen. Dem Erfordernis der Unterschrift des Genehmigenden ist Genüge getan, wenn diese - wie im vorliegenden Fall - auf der im Akt einliegenden Urschrift erfolgt ist. Da der Name des genehmigenden Organes gleichlautend wie im Original der vom Beschwerdeführer vorgelegten Ausfertigung aufscheint, kann der Erledigung der belangten Behörde vom 18. Oktober 1994 Bescheidqualität nicht abgesprochen werden.

Da somit die belangte Behörde innerhalb der Frist des § 27 VwGG über die Berufung des Beschwerdeführers entschieden hat, fehlt es an einer Zulässigkeitsvoraussetzung für die Erhebung einer Säumnisbeschwerde, weshalb diese gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen war.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand.

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