VwGH 94/09/0389

VwGH94/09/038919.1.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers

Mag. Simetzberger, über die Beschwerde der K-GmbH in W, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice, Landesgeschäftsstelle Wien, vom 11. November 1994, Zl. IIc/6702 B/16131/PE, betreffend Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Normen

AMFG §44;
AMFG §44a;
AuslBG §20 Abs3 idF 1994/314;
AuslBG §23 idF 1994/314;
AuslBG §4 Abs6 Z1 idF 1994/314;
AuslBG §4 Abs6 Z2 lita idF 1990/450;
AMFG §44;
AMFG §44a;
AuslBG §20 Abs3 idF 1994/314;
AuslBG §23 idF 1994/314;
AuslBG §4 Abs6 Z1 idF 1994/314;
AuslBG §4 Abs6 Z2 lita idF 1990/450;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Verwaltungsgerichtshof geht auf Grund der Beschwerde und des vorgelegten Bescheides von folgendem Sachverhalt aus:

Die Beschwerdeführerin stellte am 25. Mai 1994 beim Arbeitsamt für Persönliche Dienste - Gastgewerbe den Antrag, ihr für die "jugoslawische" Staatsbürgerin Z.P. für die Tätigkeit als Küchenhilfe eine Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) zu erteilen.

Mit Bescheid vom 27. Mai 1994 lehnte das genannte Arbeitsamt die Erteilung der beantragten Bewilligung gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG ab. Die Behörde begründete ihre Entscheidung damit, der Vermittlungsausschuß habe der Erteilung der Beschäftigungsbewilligung nicht zugestimmt und darüber hinaus habe "das Ermittlungsverfahren" ergeben, daß keine der im § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 leg. cit. vorgesehenen Voraussetzungen gegeben seien.

In ihrer Berufung brachte die beschwerdeführende Partei vor, der Teilarbeitsmarkt der Küchengehilfen nach § 4 Abs. 1 AuslBG sei nicht geprüft worden und es seien keine Verfahrensschritte im Sinne dieser Bestimmung vorgenommen worden. Ferner sei nicht festgestellt worden, daß Z.P. integrierte Ausländerin im Sinne des § 4b Z. 3 AuslBG sei und die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 und Abs. 3 leg. cit. vorlägen. Trotz eines seit Monaten laufenden Vermittlungsauftrages seien keine "adäquaten Zuweisungen" erfolgt. Die mangelnde Zustimmung des Vermittlungsausschusses könne durch eine Zustimmung des Verwaltungsausschusses ersetzt werden. Infolge Gewährung einer Überziehungsreserve durch den Bundesminister für Arbeit und Soziales könnten Beschäftigungsbewilligungen erstmalig erteilt werden. Z.P. sei als Schlüsselkraft für das Unternehmen von Bedeutung, da ihre Arbeit in der Küche unentbehrlich sei und die Existenz des Geschäftes auf ihrer Arbeitskraft aufbaue, weshalb die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. a AuslBG erfüllt seien. Auch würden wirtschaftliche Interessen für die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung sprechen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 11. November 1994 wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 4 Abs. 1 und Abs. 6 und § 13a AuslBG ab. Nach Wiedergabe der einschlägigen Gesetzesstellen stellte die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides unter anderem fest, daß die mit der Verordnung vom 26. November 1993, BGBl. Nr. 794, für das Bundesland Wien zahlenmäßig mit 91.000 festgesetzte Landeshöchstzahl (§ 13a AuslBG) überschritten sei. Somit seien bei Anträgen auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung in jedem Fall sowohl die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 als auch des Abs. 6 AuslBG zu prüfen. Eine Überprüfung der Lage auf dem "verfahrensgegenständlichen" Arbeitsmarkt habe ergeben, daß derzeit für die konkret beantragte Beschäftigung geeignete Ersatzarbeitskräfte, die zur Vermittlung vorgemerkt seien und gleichzeitig dem eingangs zitierten begünstigten Personenkreis angehörten, zur Deckung des Arbeitskräftebedarfes zur Verfügung stünden. Z.P. gehöre nicht zum vorrangig zu vermittelnden Personenkreis nach § 4b AuslBG. Angesichts dieser Situation am relevanten Teilarbeitsmarkt sei der beschwerdeführenden Partei mit Schreiben vom 4. Juli 1994 die Möglichkeit einer Ersatzkraftstellung angeboten worden. Eine zugewiesene Arbeitskraft sei auf Grund ihres Alters nicht eingestellt worden. Eine andere Person sei mit 28. Juli 1994 eingestellt worden. Nachdem jedoch kein Gesundheitszeugnis vorgelegt werden konnte, sei dieser Arbeitnehmer wieder nach Hause geschickt worden. Da die Erlangung eines solchen Zeugnisses relativ kurzfristig (im Durchschnitt ca. innerhalb von zwei Wochen) möglich sei, hätte - wenn wirklich ein Interesse an dieser Person bestanden hätte - diese Zeitspanne abgewartet werden können. Offensichtlich scheine jedoch nur ein Interesse an Z.P. zu bestehen. Zum Vorbringen der beschwerdeführenden Partei, gerade in der Hochsaison von April bis Oktober sei eine zusätzliche Küchenhilfe unerläßlich, wies die belangte Behörde darauf hin, die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung sei in diesem Fall nicht zum Vorteil der beantragten Ausländerin:

Wahrscheinlich werde das Beschäftigungsverhältnis nach der Hochsaison mangels Bedarf aufgelöst werden. Dadurch könnte die Ausländerin nicht eine "entsprechende Integrationsstufe" erreichen.

Nach Darstellung der Anspruchsvoraussetzungen nach § 4 Abs. 6 AuslBG stellte die belangte Behörde fest, es hätte einer Präzisierung bedurft, um bei der beantragten Arbeitskraft von einer Schlüsselkraft zu sprechen, da bei "unqualifizierten" Tätigkeiten (wie z.B. Küchenhilfe oder Hilfsköchin) eine solche Rolle nur in Ausnahmsfällen zuzugestehen sei. Auch seien im Antrag auf Beschäftigungsbewilligung zum Beschäftigungsstand keine Angaben gemacht worden. Schließlich stellte die belangte Behörde auch fest, es seien weder im Ermittlungsverfahren Gründe festgestellt noch in der Berufung vorgebracht worden, die unter einen berücksichtigungswürdigen Tatbestand des § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. a bis d und Z. 3 AuslBG zu subsumieren wären.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid auf § 4 Abs. 1 und 6 AuslBG gestützt. Schon die Berechtigung auch nur eines dieser Versagungsgründe rechtfertigt die Abweisung der Beschwerde als unbegründet.

§ 4 Abs. 6 AuslBG (Z. 1 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 314/1994, die übrigen Bestimmungen in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 450/1990) lautet:

"Über bestehende Kontingente (§ 12) hinaus sowie nach Überschreitung der Landeshöchstzahlen (§§ 13 und 13a) dürfen Beschäftigungsbewilligungen nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen der Abs. 1 und 3 vorliegen und

1. bei Kontingentüberziehung und bei Überschreitung der Landeshöchstzahl der Regionalbeirat einhellig die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung befürwortet, oder

2. die Beschäftigung des Ausländers aus besonders wichtigen Gründen, insbesondere

a) als Schlüsselkraft zur Erhaltung von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer,

b) in Betrieben, die in strukturell gefährdeten Gebieten neu gegründet wurden, oder

c) als dringender Ersatz für die Besetzung eines durch Ausscheiden eines Ausländers frei gewordenen Arbeitsplatzes, oder

d) im Bereich der Gesundheits- oder Wohlfahrtspflege erfolgen soll, oder

3. öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen die Beschäftigung des Ausländers erfordern, oder

4. die Voraussetzungen des § 18 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 4 gegeben sind."

Dazu hat die belangte Behörde die Feststellung getroffen, daß die Landeshöchstzahl seit Beginn des Kalenderjahres 1994 überschritten sei.

Die belangte Behörde hat ferner ihrer Entscheidung zugrunde gelegt, daß die beschwerdeführende Partei keine tauglichen wichtigen Gründe für die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung im erschwerten Verfahren nach § 4 Abs. 6 AuslBG vorgebracht habe.

In ihrer Beschwerde bringt die beschwerdeführende Partei zu § 4 Abs. 6 AuslBG ausschließlich vor, die belangte Behörde vertrete die Ansicht, daß Hilfsköchen oder Küchengehilfen nur in Ausnahmefällen die Eigenschaft der Schlüsselkraft zuzugestehen sei. Sie habe im Berufungsverfahren nie darauf hingewiesen, daß dies glaubhaft zu machen sei und habe auch zu diesem für die Entscheidung relevanten Sachverhalt für das Parteiengehör keinen Raum gelassen. Auch sei die Behörde in keiner Weise auf das Berufungsvorbringen näher eingegangen.

Dem ist folgendes entgegenzuhalten:

Die belangte Behörde ist vom Vorliegen der Anwendungsvoraussetzungen für das nach § 4 Abs. 6 AuslBG erschwerte Verfahren ausgegangen. Die beschwerdeführende Partei hat weder das Vorliegen einer einhelligen Befürwortung ihres Antrages auf Erteilung der Beschäftigungsbewilligung durch den Vermittlungsausschuß behauptet noch hat sie die dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegende Annahme der Überschreitung der für 1994 festgesetzten Landeshöchstzahl bestritten. Entgegen der in der Berufung von der beschwerdeführenden Partei vertretenen Auffassung kann die fehlende Zustimmung des Vermittlungsausschusses (nunmehr Regionalbeirat) nicht durch die Zustimmung des Landesdirektoriums (früher: Verwaltungsausschuß) ersetzt werden. Dem Landesdirektorium kommt gemäß § 20 Abs. 3 und § 23 AuslBG (in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 314/1994) - auch im erschwerten Landeshöchstzahlüberschreitungsverfahren gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG - nur (mehr) ein Anhörungsrecht zu (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. September 1993, Zl. 93/09/0052, und vom 15. September 1994, Zl. 94/09/0081).

Die belangte Behörde ist daher im Beschwerdefall zu Recht vom Vorliegen der Anwendungsvoraussetzungen für das erschwerte Verfahren gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG ausgegangen. Hat somit die beschwerdeführende Partei die Anwendbarkeit dieser Bestimmung nicht bekämpft, dann wäre es an ihr gelegen gewesen, Gründe vorzubringen, die für die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung in diesem erschwerten Verfahren maßgebend hätten sein können (ständige Rechtsprechung; vgl. dazu z.B. das Erkenntnis vom 15. September 1994, Zl. 94/09/0081, und die dort angeführte Vorjudikatur).

Soweit die beschwerdeführende Partei in diesem Zusammenhang im Ergebnis die Verletzung der Manuduktionspflicht durch die Behörde und die Verletzung des Parteiengehörs geltend macht, ist darauf hinzuweisen, daß die von ihr geltend gemachten Verfahrensmängel nur dann zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen könnten, wenn die belangte Behörde bei Vermeidung der behaupteten Mängel zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Oktober 1994, Zl. 94/09/0199 und die dort angeführte Vorjudikatur). Dies hätte jedenfalls konkrete Behauptungen der beschwerdeführenden Partei vorausgesetzt, zu welchen Ergebnissen das Verfahren bei Einhaltung der außer acht gelassenen Vorschriften geführt hätte. Insbesondere hat sie weder im Verwaltungsverfahren noch in ihrer Beschwerde auch nur behauptet, die Beschäftigung der beantragten Ausländerin diene der Erhaltung von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitskräfte. Im übrigen ist darauf hinzuweisen, daß nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (beginnend mit dem Erkenntnis vom 18. März 1994, Zl. 93/09/0185; vgl. auch die Erkenntnisse vom 21. April 1994, Zl. 93/09/0231, und Zl. 94/09/0001, sowie vom 27. Juli 1994, Zl. 93/09/0436) ein Arbeitnehmer nur dann als Schlüsselkraft anzusehen ist, wenn ihm auf Grund seiner besonderen Qualifikation und/oder der vorgesehenen Stellung im Betriebsgeschehen (z.B. Entscheidungsverantwortung) eine - besondere - arbeitsplatzerhaltende Position zukommt. Der Umstand allein, daß jeder Arbeitnehmer notwendigerweise in Erfüllung der ihm zugewiesenen Aufgaben zur Erreichung der Unternehmensziele und damit - unabhängig von der Betriebsgröße - zur Sicherung des Bestandes des Unternehmens seinen Beitrag leistet, macht ihn noch nicht zur "Schlüsselkraft" im Sinne des § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. a AuslBG.

Auch der Hinweis der beschwerdeführenden Partei, wirtschaftliche Interessen würden für die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung sprechen, stellt schon wegen seiner Unbestimmtheit kein taugliches Vorbringen im Sinne des § 4 Abs. 6 Z. 2 (besonders wichtiger Grund) und Z. 3 AuslBG dar, zumal diese Voraussetzungen nur dann erfüllt sind, wenn an der Beschäftigung des beantragten Ausländers ein qualifiziertes Interesse besteht, das über das betriebsbezogene wirtschaftliche Interesse des Arbeitgebers an der Befriedigung eines dringenden Arbeitskräftebedarfes hinausgeht (ständige Rechtsprechung - beginnend mit dem Erkenntnis vom 20. Oktober 1988, Slg. 12798/A; vgl. auch die Erkenntnisse vom 15. September 1994, Zl. 93/09/0330 und Zl. 93/09/0318 sowie die dort zitierte Vorjudikatur). Damit sind aber die Voraussetzungen für die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht gegeben.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behaupteten Rechtswidrigkeiten nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 in Verbindung mit § 42 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte