VwGH 94/07/0105

VwGH94/07/010514.3.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bachler, über die Beschwerde des F in H, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Kärntner Landesregierung vom 28. März 1994, Zl. Agrar 11-370/3/94, betreffend Minderheitenbeschwerde (mitbeteiligte Partei: Bringungsgemeinschaft "S", vertreten durch den Obmann F.J.), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §66 Abs2;
AVG §73 Abs2;
GSGG §11 Abs1;
GSGG §12;
GSLG Krnt 1969 §11 Abs2;
GSLG Krnt 1969 §14 Abs1;
GSLG Krnt 1969 §2 Abs5;
AVG §66 Abs2;
AVG §73 Abs2;
GSGG §11 Abs1;
GSGG §12;
GSLG Krnt 1969 §11 Abs2;
GSLG Krnt 1969 §14 Abs1;
GSLG Krnt 1969 §2 Abs5;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Mitglieder der mitbeteiligten Partei (mP) kamen bei der Vollversammlung am 7. April 1977 überein, die Anteile für die Erhaltung der Bringungsanlage in teilweiser Abänderung der Bescheide der Agrarbezirksbehörde Klagenfurt (AB) vom 2. Februar 1965 und vom 5. September 1967 neu festzulegen. Diese Übereinkunft wurde von der AB mit "Urkunde" vom 12. Dezember 1977 gemäß § 2 Abs. 5 des Kärntner Güter- und Seilwege-Landesgesetzes 1969, LGBl. Nr. 46 (GSLG 1969) genehmigt.

In der Folge beantragte der Beschwerdeführer eine Neuverteilung der Anteile. Dieser Antrag wurde in der Vollversammlung der mP vom 30. November 1991 abgelehnt.

Der Beschwerdeführer erhob Minderheitenbeschwerde.

Mit Bescheid vom 6. Dezember 1991 wies die AB die Minderheitenbeschwerde ab. Begründet wurde diese Entscheidung damit, das für die mP im Wege eines Übereinkommens festgelegte Anteilsverhältnis könne nur wieder im Übereinkommenswege geändert werden.

Der Beschwerdeführer berief und machte geltend, bei drei Mitgliedern der mP (F.J., R.H. und B.W.) hätten sich seit dem Übereinkommen vom 7. April 1977 die maßgeblichen Verhältnisse geändert.

Mit Bescheid vom 27. April 1992 behob die belangte Behörde den Bescheid der AB und verwies die Angelegenheit gemäß § 66 Abs. 2 AVG iVm § 1 AgrarVG zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz zurück.

In der Begründung wird ausgeführt, wollte man der von der AB geäußerten Rechtsansicht folgen, würde dies bedeuten, daß ein einmal festgelegtes Anteilsverhältnis auch dann nicht mehr abgeändert werden könne, wenn sich die tatsächlichen Verhältnisse, welche beim Abschluß des zu beurteilenden Übereinkommens Berücksichtigung gefunden hätten, in einem Maße änderten, daß die die Grundlage des Übereinkommens bildenden tatsächlichen Verhältnisse in Frage gestellt werden. Die AB habe es unterlassen, zu prüfen, ob sich die maßgeblichen Verhältnisse geändert hätten.

Da die AB in der Folge keine Entscheidung traf, begehrte der Beschwerdeführer den Übergang der Entscheidungspflicht auf die belangte Behörde.

Mit Bescheid vom 28. März 1994 gab die belangte Behörde dem Devolutionsantrag des Beschwerdeführers statt, wies aber seine Minderheitenbeschwerde gegen den Beschluß der Vollversammlung der mP vom 30. November 1991 als unbegründet ab.

In der Begründung wird ausgeführt, das Ermittlungsverfahren habe ergeben, daß F.J. im Jahr 1972 sein Wohnhaus mit Fremdenzimmern (insgesamt 15 Fremdenbetten) neu errichtet habe. B.W. habe im Jahr 1969 zu seinem Gasthaus einen Speisesaal dazugebaut. Der Beschwerdeführer habe auf die Frage, warum er der Aufteilung des Anteilsverhältnisses im Jahre 1977 trotz Kenntnis dieser Umstände zugestimmt habe, erklärt, er habe erst im Laufe der Zeit in Erfahrung gebracht, daß F.J. sein Wohnhaus mit Fremdenzimmern errichtet habe; über den Bau des Speisesaales durch B.W. habe er Bescheid gewußt. Das Verfahren vor der belangten Behörde habe demnach keine rechtserheblichen Änderungen in den tatsächlichen Verhältnissen gegenüber dem Jahr 1977 zutage gebracht.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Beschwerdeführer bringt vor, seit der Festsetzung der Anteile an der mP durch einvernehmlichen Beschluß der Vollversammlung am 7. April 1977 hätte sich eine Reihe maßgeblicher Änderungen ergeben. Der Obmann der mP, F.J., habe 1972 eine gewerbliche Fremdenpension mit 15 Betten errichtet, deren Betrieb unabdingbar zu einer wesentlich gesteigerten Inanspruchnahme der Bringungsanlage geführt habe, die aber anläßlich der Beschlußfassung am 7. April 1977 noch nicht im tatsächlichen Umfang habe einkalkuliert werden können. Darüber hinaus hätten auch die Mitglieder R.H. und B.W. umfangreiche Änderungen im Gebäudebestand bzw. Änderungen der Nutzungen der ursprünglich gegebenen Objekte vorgenommen, Maßnahmen, die ebenfalls zu einer gesteigerten Frequenz der Bringungsanlage geführt hätten. Wenn die belangte Behörde in diesem Zusammenhang dem Beschwerdeführer den Vorwurf mache, er hätte trotz Kenntnis dieser Umstände an der Beschlußfassung am 7. April 1977 mitgewirkt, so sei dieser Einwand unbegründet und gehe am Kern der Sache vorbei. Im Zeitpunkt der Beschlußfassung seien dem Beschwerdeführer sämtliche Einzelheiten der Bauführungen bzw. Nutzungsänderungen bestehender Objekte der angeführten Mitglieder der mP einerseits im Detail noch nicht bekannt gewesen und andererseits sei damals das tatsächliche Ausmaß der nunmehr festzustellenden gesteigerten Frequenz auch nicht in einem Maße vorhersehbar gewesen, daß die Vollversammlung bereits am 7. April 1977 Anlaß zu einer Änderung der Anteilsverhältnisse gehabt habe. Die belangte Behörde habe in ihrem Bescheid vom 27. April 1992 zwar der Erstinstanz den Weg für die zu erlassende neuerliche Entscheidung vorgezeichnet, diese Grundsätze im nunmehr durchgeführten Verfahren aber nicht berücksichtigt, da insbesondere keine Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben worden seien.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde war bei ihrer Entscheidung an jene Rechtsauffassung gebunden, die sie in ihrem auf § 66 Abs. 2 AVG gestützten rechtskräftigen Bescheid vom 27. April 1992 vertreten hat (vgl. Azizi, Zur Bindung an die Rechtsanschauung der zurückverweisenden Berufungsbehörde nach § 66 Abs. 2 AVG, ZfV 1976, 141 ff und die dort angeführte Rechtsprechung).

Die belangte Behörde hat in der Begründung dieses Bescheides die Auffassung vertreten, daß ein durch ein Übereinkommen festgelegtes Aufteilungsverhältnis dann abzuändern ist, "wenn sich die tatsächlichen Verhältnisse, welche beim Abschluß des zu beurteilenden Übereinkommens Berücksichtigung gefunden haben, in einem Maß ändern, daß die die Grundlage des Übereinkommens bildenden tatsächlichen Verhältnisse in Frage gestellt wären." Daraus ergibt sich, daß nach der Meinung der belangten Behörde eine Abänderung von durch Übereinkommen festgelegten Anteilen dann stattzufinden hat, wenn in den tatsächlichen Verhältnissen seit dem Abschluß des Übereinkommens eines wesentliche Änderung eingetreten ist.

Nach den vom Beschwerdeführer unbestrittenen Feststellungen der belangten Behörde wurden die vom Beschwerdeführer als Grund für sein Begehren auf Änderung der Anteile angegebenen Maßnahmen bereits vor der Aufteilung der Anteile an der mP im Jahr 1977 gesetzt. Die Errichtung des Speisesaales durch B.W. erfolgte 1969; der Beschwerdeführer bestreitet selbst nicht, daß er davon Kenntnis hatte. Der Ausbau des Wohnhauses durch F.J. mit Fremdenzimmern erfolgte 1972. Auch das Ferienhaus des R.H. wurde vor der Aufteilung der Anteile durch das Übereinkommen vom 7. April 1977 errichtet. Daß Maßnahmen dieser Art dem Beschwerdeführer bei gehöriger Aufmerksamkeit bekannt sein mußten, steht außer Zweifel. Wenn er es unterlassen hat, sich vor Abschluß des Übereinkommens vom 7. April 1977 über die maßgeblichen Verhältnisse zu informieren, dann kann er daraus nicht nachträglich einen Anspruch auf Änderung dieses Übereinkommens ableiten. Wenn in der Begründung des Bescheides der belangten Behörde vom 27. April 1992 von den tatsächlichen Verhältnissen die Rede ist, welche beim Abschluß des Übereinkommens aus dem Jahr 1977 Berücksichtigung gefunden haben, so können damit nicht jene Verhältnisse gemeint sein, die bei der Vollversammlung vom 27. April 1977 ausdrücklich erwähnt wurden, sondern nur jene bereits damals bestehenden Verhältnisse, welche den das Übereinkommen abschließenden Mitgliedern der mP bei gehöriger Aufmerksamkeit bekannt sein mußten. Dies ergibt sich schon daraus, daß nach dem Protokoll über die Vollversammlung vom 7. April 1977 über die dieser Vereinbarung zugrundegelegten Verhältnisse nicht gesprochen wurde, es sich bei diesen Verhältnissen also nur um stillschweigend zugrundegelegte handeln konnte.

Eine aus den Baumaßnahmen der drei Mitglieder der mP resultierende gesteigerte Benützung der Bringungsanlage würde nur dann eine Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen gegenüber dem Zeitpunkt des Abschlusses des Übereinkommens aus dem Jahr 1977 darstellen, wenn diese Steigerung ein Ausmaß erreichte, das als völlig unüblich und unvorhersehbar anzusehen ist (vgl. in diesem Zusammenhang auch das hg. Erkenntnis vom 18. Februar 1994, Zl. 93/07/0104). Davon kann aber im Beschwerdefall keine Rede sein; vielmehr mußte bei Baumaßnahmen der in Rede stehenden Art (Errichtung von Fremdenzimmern, Anbau eines Speisesaales etc.) mit einer entsprechenden Intensivierung der Benützung der Bringungsanlage (Güterweg) gerechnet werden. Der Beschwerdeführer hat im Zuge des Verwaltungsverfahrens auch nichts vorgebracht, was auch nur andeutungsweise auf eine völlig unübliche und unvorhersehbare Intensivierung in der Benützung der Bringungsanlage schließen ließe. Er hat in einem Schriftsatz vom 12. Juni 1990 selbst ausgeführt, mit Baumaßnahmen der Art, wie sie von den drei Mitgliedern der mP, F.J., R.H. und B.W. vorgenommen wurden, sei "selbstverständlich" eine entsprechend gesteigerte Wegbenützung verbunden. Mangels jeglicher Anhaltspunkte für eine unübliche und unvorhersehbare Steigerung der Benutzungsintensität bedurfte es auch nicht der Einholung eines Sachverständigengutachtens.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

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