Normen
AVG §37;
AVG §38;
AVG §39 Abs2;
AVG §8;
BauO Tir 1989 §44 Abs2;
BauO Tir 1989 §44 Abs3 lita;
BauRallg;
VwRallg;
AVG §37;
AVG §38;
AVG §39 Abs2;
AVG §8;
BauO Tir 1989 §44 Abs2;
BauO Tir 1989 §44 Abs3 lita;
BauRallg;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Tirol hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 15. April 1992 erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde gemäß § 44 Abs. 3 Tiroler Bauordnung, LGBl. Nr. 33/1989 den Beschwerdeführern den baupolizeilichen Auftrag, den Anbau auf Grundparzelle 144/1 (Gemeindegrund), KG G, an die bestehende Holzhütte (BP 581) abzubrechen. Nachdem die Berufung der Beschwerdeführer mit Bescheid des Gemeindevorstands der mitbeteiligten Gemeinde vom 5. Oktober 1992 abgewiesen worden war, erging aufgrund der Vorstellung der Beschwerdeführer der nunmehr angefochtene Vorstellungsbescheid. Die belangte Behörde wies die Vorstellung ab und begründete dies im wesentlichen damit, daß unbestritten sei, daß auf der GP 144/1, KG G, ein Anbau an eine Holzhütte ohne rechtskräftige Baubewilligung errichtet worden sei. Es handle sich um eine bewilligungspflichtige Anlage, sodaß die Gemeindebehörden zu Recht vom Vorliegen der Voraussetzungen das Abbruchauftrages ausgegangen seien. Zu der Argumentation der Beschwerdeführer in ihrer Vorstellung, daß sich der Anbau auf eigenem und nicht auf Gemeindegrund befinde (die Beschwerdeführer berufen sich auf einen Vertrag aus dem Jahre 1975), wurde im angefochtenen Bescheid ausgeführt, daß daraus für die Vorstellung nichts gewonnen werden könne, "da sich zweifellos der Anbau im Eigentum der Vorstellungswerber" befinde. Im übrigen wird im angefochtenen Bescheid festgehalten, daß die aufgeworfenen Fragen bzw. Einwendungen "hinsichtlich des Grundeigentums und dessen grundbücherlicher Durchführung ... nicht Gegenstand des Abbruchverfahrens (seien), sodaß aus ihnen für das Vorstellungsverfahren nichts gewonnen werden" könne.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 44 Abs. 2 und 3 Tiroler Bauordnung, LGBl. Nr. 33/1989,
lauten:
"(2) Kommt der Eigentümer seinen Verpflichtungen nach Abs. 1 nicht nach, so hat ihm die Behörde die Instandsetzung innerhalb einer angemessenen Frist aufzutragen oder, soweit die Voraussetzungen des Abs. 3 vorliegen, den Abbruch der baulichen Anlage anzuordnen.
(3) Die Behörde hat den Abbruch einer baulichen Anlage innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist aufzutragen,
- a) wenn für die bauliche Anlage, die zum Zeitpunkt ihrer Errichtung und der Erlassung des Auftrages bewilligungspflichtig war bzw. ist, eine Baubewilligung nicht vorliegt,
- b) wenn die bauliche Anlage wegen eines Baugebrechens das Leben und die Gesundheit von Menschen, insbesondere wegen bestehender Feuer- oder Einsturzgefahr, gefährdet oder das Orts-, Straßen- oder Landschaftsbild erheblich beeinträchtigt und die Instandsetzung wirtschaftlich nicht vertretbar ist."
Aus diesen Bestimmungen ergibt sich, daß der Abbruchauftrag an den Eigentümer der baulichen Anlage zu richten ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Juni 1994, Zl. 94/06/0112). In Übereinstimmung mit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sind daher sowohl die Gemeindebehörden als auch die belangte Behörde an sich zutreffend davon ausgegangen, daß der Abbruchauftrag gemäß § 44 Abs. 3 Tiroler Bauordnung 1989 an den Eigentümer des Bauwerks zu richten ist.
In diesem Zusammenhang ist jedoch festzuhalten, daß es im Hinblick darauf NICHT - wie dies die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zum Ausdruck bringt - UNERHEBLICH ist, WER EIGENTÜMER DES GRUNDSTÜCKES 144/1 ist, da davon mangels Vorliegens eines sachenrechtlichen Sonderfalles auch das Eigentum am streitgegenständlichen Zubau abhängt (soferne das Grundstück tatsächlich nicht im Eigentum der Beschwerdeführer steht, wäre vor der Erteilung des Auftrages die Feststellung zu treffen, ob die Beschwerdeführer Eigentümer des BAUWERKS sind; das bisherige Verwaltungsgeschehen bietet insbesondere keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, ob etwa Eigentumserwerb im Hinblick auf § 418 ABGB eingetreten sei; vgl. weiters § 435 ABGB und das Baurechtsgesetz in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 258/1990). Wenn die belangte Behörde in diesem Zusammenhang darauf hinweist, daß die Beschwerdeführer das Eigentum an dem Zubau im Verwaltungsverfahren nie bestritten hätten, so ist dazu einerseits darauf hinzuweisen, daß Fragen von Eigentumsverhältnissen im allgemeinen unter die amtswegige Ermittlungspflicht der Behörden gemäß §§ 37 folgende AVG fallen und eine diesbezügliche Mitwirkungspflicht der Parteien nur in Einzelfällen gegeben sein wird. Darüber hinaus ist auf das im Akt erliegende Schreiben der Gemeinde G vom 23. Oktober 1992 hinzuweisen, demzufolge die mitbeteiligte Gemeinde das Eigentum und auch die Benützungsbefugnis der Beschwerdeführer an der Grundparzelle 144/1 (Gemeindegrund), KG G, bestreitet. Es kann somit nicht davon die Rede sein, daß die Eigentumsverhältnisse an der fraglichen Grundparzelle und am Bauwerk nach den bisherigen Verfahrensergebnissen unbestritten festgestanden seien. Da von den Gemeindebehörden auch Feststellungen darüber, ob unbeschadet der Eigentumsverhältnisse am Grundstück aufgrund besonderer Rechtsverhältnisse zwischen den Beschwerdeführern und der mitbeteiligten Gemeinde die Beschwerdeführer als Adressaten des baupolizeilichen Auftrages in Betracht gekommen wären, nicht getroffen worden waren, konnten die von den Gemeindebehörden getroffenen Sachverhaltsfeststellungen den Schluß, daß die Beschwerdeführer Adressaten des Abbruchauftrages im Sinne des § 44 Abs. 3 Tiroler Bauordnung 1989 seien, nicht decken. Wenn die belangte Behörde in diesem Zusammenhang in ihrer Gegenschrift auf das Neuerungsverbot im verwaltungsgerichtlichen Verfahren hinweist, ist dazu auszuführen, daß die Bindung des Verwaltungsgerichtshofes an den von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt (§ 41 Abs. 1 VwGG) nur insoweit besteht, als die Behörde diesen Sachverhalt in einem von wesentlichen Mängeln freien Verfahren festgestellt hat (vgl. z. B. das hg. Erkenntnis vom 19. Oktober 1993, Zl. 92/08/0175). Die entsprechende Verfahrensrüge in der Beschwerde verstößt auch schon deshalb nicht gegen das Neuerungsverbot, weil die Frage des Grundeigentums im Bescheid des Bürgermeisters vom 15. April 1992 und der Berufung der Beschwerdeführer erörtert wurde (vgl. auch die Erkenntnisse VwSlg 8619 A/1974 und VwSlg 9723 A/1978 - verstärkter Senat).
Da die belangte Behörde diesen auf Gemeindeebene gegebenen Verfahrensmangel nicht wahrgenommen hat, hat sie ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet. Der angefochtene Bescheid war daher aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
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