VwGH 91/10/0215

VwGH91/10/021523.1.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerden der XY-Ges.m.b.H. in K, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen 1.) den Bescheid des Bundesministers für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz vom 22. August 1991, Zl. 367.855/6-III/B/12a/91, 2.) gegen den Bescheid desselben Bundesministers vom 19. August 1991, Zl. 367.798/8-III/B/12a/91, jeweils betreffend Untersagung des Inverkehrbringens einer Ware als Verzehrprodukt nach dem Lebensmittelgesetz, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §1;
LMG 1975 §18 Abs2;
LMG 1975 §8 litf;
LMG 1975 §9 Abs1 lita;
LMG 1975 §9 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z2;
AVG §1;
LMG 1975 §18 Abs2;
LMG 1975 §8 litf;
LMG 1975 §9 Abs1 lita;
LMG 1975 §9 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z2;

 

Spruch:

1.) Die Beschwerde gegen den erstangefochtenen Bescheid wird abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund (Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz) Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

2.) Der zweitangefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz) hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 13.160,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit dem erstangefochtenen Bescheid (hg. Zl. 91/10/0215) untersagte der Bundesminister für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz gemäß § 18 Abs. 2 des Lebensmittelgesetzes 1975 - LMG 1975, BGBl. Nr. 86, das Inverkehrbringen des von der beschwerdeführenden Partei angemeldeten Produktes "Quickvital Cholestobran Haferkleie-Kautabletten mit Zwetschgenkonzentrat und Apfelpektin" als Verzehrprodukt.

Nach der Begründung dieses Bescheides handle es sich nach dem vorgelegten Etikettentext um Haferkleie-Kautabletten, bestehend aus Haferkleie, Rohrzucker, Zwetschgenkonzentrat, Zwetschgenpulver, Geliermittel Pektin, pflanzlichem Fett und Zitronensäure. Im Zusammenhang mit der Sachbezeichnung sei unter anderem die Angabe "Cholestobran" vorgesehen.

Bezüglich der Verwendung von "Pektin" bei der Herstellung des Produktes seien die fachlichen Einwände zufolge einer neuerlichen Befassung der Amtssachverständigen durch die Parteienäußerungen ausgeräumt worden.

Die Angabe "Cholestobran" sei jedoch jedenfalls dazu geeignet, beim Verbraucher den Eindruck zu erwecken, daß mit dem Genuß des Erzeugnisses ein erhöhter Cholesterinspiegel gesenkt werden könne, was jedoch darüber hinaus zufolge den eingeholten Amtssachverständigengutachten nicht angenommen werden könne. Ungeachtet der sich daraus ergebenden Täuschungseignung sei in Ansehung der angemeldeten Produktkategorie jedoch entscheidungswesentlich, daß es sich hiebei eindeutig um eine gemäß § 9 Abs. 1 LMG 1975 verbotene gesundheitsbezogene Angabe handle. Bei der Beantwortung der Frage, ob eine gesundheitsbezogene Angabe vorliege, komme es auf die Verkehrsauffassung, also den Eindruck, der sich beim flüchtigen Lesen für einen nicht unbeträchtlichen Teil der Interessenten ergebe, an, wobei auf den Gesamteindruck der Mitteilung Bedacht zu nehmen sei (Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. November 1984, Zl. 83/10/0306).

Die von der Partei durchgeführte Befragung "verschiedener Verbraucherkreise" könne mangels konkreter Angaben nicht als geeigneter Nachweis für die behauptete Verkehrsauffassung angesehen werden. Die Beurteilung, ob eine Angabe gesundheitsbezogen im Sinne des § 9 Abs. 1 LMG 1975 sei, stelle außerdem eine Rechtsfrage dar.

Die Amtssachverständigengutachten hätten die Angabe schlüssig nachvollziehbar als gesundheitsbezogen qualifiziert. Durch diese entstehe nach Ansicht der belangten Behörde beim Konsumenten zumindest beim flüchtigen Durchlesen der Eindruck einer physiologischen Wirkung, nämlich daß durch den Genuß des Produktes ein erhöhter Cholesterinspiegel gesenkt werde.

1.2. Mit dem zweitangefochtenen Bescheid (Beschwerde zur Zl. 91/10/0216) untersagte der Bundesminister gemäß § 18 Abs. 2 LMG 1975 das Inverkehrbringen des von der beschwerdeführenden Partei am 15. Mai 1991 angemeldeten Produktes "Cholestoform Haferkleie-Flocken, 125 g" als Verzehrprodukt.

Nach der Begründung dieses Bescheides sei dem Firmenvertreter der beschwerdeführenden Partei im Rahmen der am 7. Juni 1991 erfolgten neuerlichen Vorsprache eine Kopie des bereits vorliegenden Gutachtens des Sachverständigen für Lebensmittelchemie ausgehändigt und gleichzeitig darauf hingewiesen worden, daß ein weiteres Gutachten des pharmazeutischen bzw. medizinischen Amtssachverständigen noch ausständig sei. In der Folge habe sich der Vertreter der beschwerdeführenden Partei zu der mit Niederschrift vom 7. Juni 1991 festgehaltenen Modifizierung des Verpackungstextes im Sinne der Ausführungen des Amtssachverständigen für Lebensmittelchemie bereiterklärt.

Das die Änderungen des Textes durch die Partei berücksichtigende Gutachten des medizinischen Amtssachverständigen habe ergeben, daß es sich bei dem Produkt zwar um kein Arzneimittel handle, die Bezeichnung "Cholestoform" jedoch als gesundheitsbezogen und überdies als irreführend für den Konsumenten zu qualifizieren sei.

Laut Verpackungstextierung setze sich das angemeldete Produkt aus Haferkleie, Topinamburkonzentrat, frischem Apfelmark und Apfelpektin zusammen. Bezeichnet werde es als "Cholestoform Haferkleie-Flocken mit Topinambur, Apfelmark und Pektin".

Die Bezeichnung "Cholestoform" sei dazu geeignet, beim Konsumenten den Eindruck zu erwecken, daß mit dem Genuß des Erzeugnisses ein erhöhter Cholesterinspiegel gesenkt ("in Form gebracht") werden könne. Daß sich durch die Produktbezeichnung "Cholestoform" für einen nicht unbeträchtlichen Teil der Interessenten beim flüchtigen Lesen der Eindruck einer den Cholesterinspiegel beeinflussenden Wirkung ergebe und daher eine gesundheitsbezogene Angabe vorliege, sei durch die Parteienstellungnahme nicht ausgeräumt worden. Das Inverkehrbringen sei schon allein deshalb gemäß § 18 Abs. 2 LMG 1975 zu untersagen gewesen, ohne daß näher darauf eingegangen hätte werden müssen, ob es sich hiebei überdies um eine zur Täuschung des Konsumenten geeignete Angabe handle.

Der in den Verwaltungsakten befindliche Aktenvermerk vom 7. Juni 1991, betreffend die Weglassung einiger Angaben auf der Verpackung des Produktes, lautet auszugsweise, der Vertreter der beschwerdeführenden Partei habe sich bereit erklärt, auf die Angaben "... nachhaltig sättigend" und "... tragen ... zur sättigenden Wirkung bei ..." im Verpackungstext des gemäß § 18 LMG 1975 angemeldeten Erzeugnisses "Cholestoform" zu verzichten. Der Satz "Apfelmark und Pektin tragen wg. ihres starken Quellvermögens zur sättigenden Wirkung bei" werde ersatzlos gestrichen.

1.3. Gegen diese Bescheide wenden sich die vorliegenden Beschwerden vor dem Verwaltungsgerichtshof, in denen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und im Fall zu Zl. 91/10/0216 außerdem Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde geltend gemacht werden. Die beschwerdeführende Partei erachtet sich in ihrem aus § 18 LMG 1975 ergebenden Recht, verletzt, das angemeldete Verzehrprodukt ohne Untersagung in Verkehr zu haben.

1.4. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, auf die die Beschwerdeführerin im Fall zu 91/10/0216 replizierte.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, die Beschwerden wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung zu verbinden, und hat über sie erwogen:

2.1. In der Beschwerde zu Zl. 91/10/0215 wird ausgeführt, unstrittig sei, daß es sich bei dem angemeldeten Produkt um Haferkleie-Kautabletten mit Zwetschgenkonzentrat und Apfelpektin handle. Zusätzlich zu dieser inhaltlichen Bezeichnung des Produktes trage es die Phantasiebezeichnung "Cholestobran". Bei dieser Bezeichnung handle es sich um eine vom deutschen Lieferanten der beschwerdeführenden Partei in Deutschland registrierte Marke. Von einer in Deutschland registrierten Handelsmarke für den Import nach Österreich abzugehen und das Produkt hier anders zu bezeichnen, sei unzumutbar und mit dem Markenschutz ebenso wie mit dem Namenschutz nicht vereinbar.

Mit dem Begriff "... bran" könne der Verbraucher überhaupt nichts anfangen. Aufgrund der Ausführungen des angefochtenen Bescheides, der Verbraucher könnte die dort angeführten Assoziationen entwickeln, habe die beschwerdeführende Partei eine in Kopie beigeschlossene Stellungnahme der Lebensmittelversuchsanstalt eingeholt, welche ausführe, daß beim Verbraucher zum Beispiel die stopfende Wirkung von Bananen bekannt sei, dennoch aber bei einer entsprechenden Wortverbindung zu einer Phantasiebezeichnung noch keine verbotenen gesundheitsbezogenen Angaben vorlägen. In der Stellungnahme der Lebensmittelversuchsanstalt werde auch ausgeführt, daß Angaben wie "natriumfrei" oder "cholesterinarm" keinesfalls als gesundheitsbezogene Angaben begutachtet würden und daher "selbst bei einer Assoziierung des Verbrauchers im von der Behörde gemutmaßten Sinn noch nicht von gesundheitsbezogener Werbung ausgegangen werden könnte".

Gleichlautende Ausführungen enthält die Beschwerde zur Zl. 91/10/0216 hinsichtlich des als Verzehrprodukt angemeldeten Produktes "Cholestoform Haferkleie-Flocken, 125 g".

2.2. Gemäß § 18 Abs. 1 LMG 1975 ist es verboten, Verzehrprodukte vor ihrer Anmeldung beim Bundesministerium für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz in Verkehr zu bringen. Nach § 18 Abs. 2 leg. cit. hat der Bundesminister das Inverkehrbringen einer als Verzehrprodukt angemeldeten Ware mit Bescheid unverzüglich, längstens binnen drei Monaten zu untersagen, wenn sie den Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder seiner Verordnungen nicht entspricht.

Der mit "Begriffsbestimmungen" überschriebene § 8 LMG 1975 enthält in lit. f) folgende Regelung:

"§ 8. Lebensmittel-Verzehrprodukte und Zusatzstoffe sind

...

f) falsch bezeichnet, wenn sie mit zur Irreführung geeigneten Angaben über Umstände, die nach der Verkehrsauffassung, insbesondere nach der Verbrauchererwartung, wesentlich sind, wie über Art, Herkunft, Verwendbarkeit, Haltbarkeit, Zeitpunkt der Herstellung, Beschaffenheit, Gehalt an wertbestimmenden Bestandteilen, Menge, Maß, Zahl oder Gewicht, oder in solcher Form oder Aufmachung oder mit verbotenen gesundheitsbezogenen Angaben (§ 9) in Verkehr gebracht werden;"

§ 9 LMG 1975, der die Überschrift "Verbote gesundheitsbezogener Angaben" trägt, bestimmt auszugsweise:

"(1) Es ist verboten, beim Inverkehrbringen von Lebensmitteln, Verzehrprodukten oder Zusatzstoffen

a) sich auf die Verhütung, Linderung oder Heilung von Krankheiten oder Krankheitssymptomen oder auf physiologische oder pharmakologische, insbesondere jungerhaltende, Alterserscheinungen hemmende, schlankmachende oder gesunderhaltende Wirkungen zu beziehen oder den Eindruck einer derartigen Wirkung zu erwecken;

b) ..."

2.3. Mit der Frage, ob eine gesundheitsbezogene Angabe im Sinne des § 9 Abs. 1 LMG 1975 vorliegt, hat sich bereits das hg. Erkenntnis vom 29. Juni 1981, Slg. N.F. Nr. 10.502/A = ZfVB 1982/5/1723, auseinandergesetzt. Danach kommt es entscheidend auf die Verkehrsauffassung an, also auf den Eindruck, der sich beim flüchtigen Lesen für einen nicht unbeträchtlichen Teil der Interessenten ergibt, wobei auch auf den Gesamteindruck der Mitteilung Bedacht zu nehmen ist. Nach dem hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 1986, Zl. 83/10/0161 = ZfVB 1987/3/1242, sind zum Schutz der Konsumenten vor Täuschung jegliche, wenn auch an sich wahrheitsgemäße Angaben verboten, die irgendwie den Eindruck physiologischer Wirkungen erwecken. Darunter fallen zweifellos auch Generalisierungen, die zwar von kritischen Menschen nicht ernst genommen werden mögen, von denen aber nicht auszuschließen ist, daß sie bei der Masse der Konsumenten den beabsichtigten Eindruck erzielen (vgl. hiezu auch die hg. Erkenntnisse vom 31. Jänner 1992, Zl. 90/10/0216, und vom 17. Februar 1992, Zl. 91/10/0012 = beide ZfVB 1993/5/1361).

Es trifft nun in den vorliegenden Beschwerdefällen zwar zu, daß die Wörter "Cholestobran" und "Cholestoform" in den gewählten schriftlichen Angaben der angemeldeten Produkte "Quickvital Cholestobran Haferkleie-Kautabletten mit Zwetschgenkonzentrat und Apfelpektin" und "Cholestoform Haferkleie-Flocken, 125 g" Phantasiebezeichnungen sind. Es mag auch zutreffen, daß der Konsument mit dem Wortteil "bran" "nicht viel anfangen" wird können. Was aber für den Konsumenten augenfällig verbleibt, ist in beiden Fällen der Worttorso "Cholesto". Wenn die belangte Behörde davon ausgegangen ist, daß die Betonung dieses Worttorsos beim Durchschnittskonsumenten die Assoziation mit Cholesterin hervorrufen und - durch den Zusammenhang mit den weiteren gewählten Begriffsteilen "QUICKVITAL Cholestobran" bzw. "CholestoFORM" - die Hoffnung auf eine günstige Beeinflussung des Cholesterinhaushaltes des Körpers erwecken wird, so kann diese Beurteilung vom Gerichtshof nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Auf die von der Beschwerde angeschnittene Frage, welche Grenzen der "physiologischen" Wirkungen bei Lebensmitteln oder Verzehrprodukten gezogen sind, die beim Durchschnittskonsumenten ganz allgemein bekannt sind (z.B. stopfende Wirkung von Bananen), brauchte in den Beschwerdefällen nicht eingangen zu werden, weil eine vergleichbare allgemeine Kenntnis des Durchschnittskonsumenten über die Wirkung von Haferkleie auf den Cholesterinspiegel keineswegs vorausgesetzt werden kann und sich die Bedeutung und Wirkungsweise der enthaltenen Wirkstoffe für die Gesundheit einer laienhaften Kenntnis entziehen. Bei dieser Situation wird beim Konsumenten durch die hier in Rede stehenden Angaben sehr wohl der Eindruck eines physiologisch wirksamen, gesundheitsförderlichen Produktes vermittelt.

Der Hinweis der beschwerdeführenden Partei, daß es sich bei "Cholestobran" und "Cholestoform" um Phantasiebezeichnungen des deutschen Lieferanten handle und es unzumutbar wäre, von einer in Deutschland registrierten Handelsmarke für den Import nach Österreich abgehen zu müssen, ist für das vorliegende Verfahren nach dem österreichischen Lebensmittelrecht unbeachtlich. Es handelt sich dabei um keine nach der österreichischen Gesetzeslage in die Beurteilung einzubeziehenden Tatbestandsmomente (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 1993, Zl. 93/10/0143 bis 0151).

Aus diesen Erwägungen folgt, daß die belangte Behörde in beiden Fällen die gewählten Produktbezeichnungen und Angaben zu Recht als unzulässige gesundheitsbezogene Angaben im Sinne des § 9 Abs. 1 LMG 1975 beurteilt hat.

Dies bedeutet im Beschwerdefall zur Zl. 91/10/0215, daß der angefochtene Bescheid mit der von der beschwerdeführenden Partei geltend gemachten Rechtswidrigkeit nicht belastet ist. Da auch keine vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifende Rechtswidrigkeit vorliegt, war diese Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2.4.1. In der Beschwerdesache zur Zl. 91/10/0216 wird weiters geltend gemacht, die beschwerdeführende Partei erachte sich auch in ihrem Recht verletzt, "wonach die belangte Behörde außerhalb der Drei-Monats-Frist einen Untersagungsbescheid zu erlassen nicht mehr kompetent ist." Die Anmeldung sei am 15. Mai 1991 erfolgt. Der angefochtene Bescheid vom 19. August 1991, zugestellt am 29. August 1991, sei nach Verstreichen der dreimonatigen Untersagungsfrist erlassen worden.

In ihrer Replik auf die Gegenschrift machte die Beschwerdeführerin geltend, aus dem Aktenvermerk der belangten Behörde vom 7. Juni 1991 ergebe sich, daß lediglich ein Teil des bisherigen Textes an diesem Tag durch die Beschwerdeführerin gestrichen, jedoch eine Änderung des Textes durch Hinzufügung neuer Passagen nicht erfolgt sei. Bei einer bloßen "Reduzierung" des Verpackungstextes sei nicht von einer Neuanmeldung auszugehen; auch sei von einer solchen im genannten Aktenvermerk nicht die Rede. Wenn ein Anmelder im Zuge des Ermittlungsverfahrens den Beanstandungen der Behörde folgend deren Änderungswünschen nachkomme, dann könne dies von der Behörde nicht zu Lasten des Anmelders als jeweilige Neuanmeldung ausgelegt werden.

2.4.2. Die dreimonatige Frist des § 18 Abs. 2 LMG 1975 beginnt mit dem Einlangen der Anmeldung beim Bundesministerium für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. März 1982, Slg. N.F. Nr. 10.676/A, und andere). Nach der Rechtsprechung endet die Berechtigung der Behörde zur Untersagung des angemeldeten Produktes aber, wenn der Anmelder die Anmeldung zurückzieht oder durch eine Abänderung zum Ausdruck bringt, daß nicht mehr die ursprüngliche, sondern nur mehr die abgeänderte Fassung der Anmeldung Gegenstand des Verfahrens sein soll. Im letzteren Fall fehlt dem Bundesminister die Zuständigkeit zur Untersagung des Inverkehrbringens des ursprünglich angemeldeten Produktes; es ist nur mehr eine Untersagung des durch die Abänderung angemeldeten "neuen" Produktes innerhalb der aufgrund der Abänderung neu in Gang gesetzten Untersagungsfrist zulässig (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 16. September 1985, Slg. N.F. Nr. 11.855/A, und vom 20. Dezember 1993, Zl. 93/10/0202).

2.4.3. Weder eine Zurückziehung der Anmeldung mit nachfolgender Neuanmeldung noch eine Anmeldungsänderung im Sinne der Vorjudikatur (vgl. aus letzter Zeit etwa die hg. Erkenntnisse vom 21. Februar 1994, Zl. 92/10/0124, und vom 18. April 1994, Zl. 92/10/0381) liegt aber im vorliegenden Fall vor. Die am 7. Juni 1991 vorgenommene Veränderung der Verpackungsangaben erstreckte sich vielmehr ausschließlich auf die Weglassung eines (beanstandeten) bisherigen Textteiles, ohne ihn durch einen anderen Text zu ersetzen. Dabei ist der Fall so gestaltet, daß der ursprüngliche Text zwei gesonderte gesundheitsbezogene Angaben, nämlich eine über die cholesterinbeeinflussende Wirkung und eine andere über die sättigende Wirkung, enthalten hatte. Der verbleibende Textteil

hat nun durch die Streichung der Angaben "... nachhaltig

sättigend" und "... tragen .. zur sättigenden Wirkung bei ..."

sowie durch die ersatzlose Streichung des Satzes "Apfelmark und Pektin tragen wegen ihres starken Quellvermögens zur sättigenden Wirkung bei" keine inhaltliche Änderung erfahren. Eine solche, den verbleibenden Text verändernde Wirkung, die durch Streichungen von Textpassagen unter Umständen ausgelöst werden kann, liegt im vorliegenden Fall nicht vor. Ein Änderungswille, der über die bloße, ersatzlose Streichung einer der beiden gesundheitsbezogenen Textpassagen (nachdem sie beanstandet worden war) hinausginge, wurde somit von der beschwerdeführenden Partei nicht zum Ausdruck gebracht. Bei diesem Sachverhalt ist aber die vorliegende Anmeldung als derselbe Verfahrensgegenstand zu betrachten und es besteht vor dem Hintergrund des Zweckes einer Untersagungsfrist kein Anlaß dafür, der Behörde neuerdings den Lauf der Untersagungsfrist zu eröffnen. Wenn ein angemeldetes Produkt die Untersagungsgründe A und B aufweist, der Untersagungstatbestand B jedoch wegfällt, ist die Behörde nicht gehindert, innerhalb der Frist wegen Vorliegens des Untersagungstatbestandes A das Inverkehrbringen zu untersagen.

Aus diesen Erwägungen folgt, daß die belangte Behörde den

mit Beschwerde zur Zl. 91/10/0216 angefochtenen Bescheid zu

Unrecht außerhalb der am 15. Mai 1991 in Gang gesetzten

Untersagungsfrist erlassen hat. Sie belastete diesen Bescheid

nach der Rechtsprechung mit Rechtswidrigkeit infolge

Unzuständigkeit der belangten Behörde (vgl. die

hg. Erkenntnisse vom 6. Februar 1979, Zl. 965/77

= ZfVB 1979/4/1333, und vom 6. Februar 1979, Zl. 2315/78

= ZfVB 1979/4/1348; vgl. auch VfSlg. 7424/1974 zum

Preisbestimmungsgesetz 1972).

Der zweitangefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben.

2.5. Die Kostenentscheidungen gründen sich auf die §§ 47, 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 sowie 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I Z. 1, 4 und 5 sowie Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

2.6. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

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