VwGH 94/18/0927

VwGH94/18/092715.12.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 4. Oktober 1994, Zl. SD 735/94, betreffend Erlassung eines Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1993 §20 Abs1;
FrG 1993 §20 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 4. Oktober 1994 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen ägyptischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 des Fremdengesetzes (FrG) ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei am 12. Juli 1991 wegen Hehlerei zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von drei Monaten, am 2. März 1993 wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels und wegen Suchtgiftbesitzes zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten und am 25. Februar 1994 neuerlich wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr (Zusatzstrafe) rechtskräftig verurteilt worden. Der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG sei damit erfüllt. Die den gerichtlichen Verurteilungen zugrundeliegenden Straftaten rechtfertigten die im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme.

Im Hinblick darauf, daß sich der Beschwerdeführer seit 1988 im Bundesgebiet aufhalte, mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet sei und mit dieser ein Kind habe, stelle das Aufenthaltsverbot einen bedeutenden Eingriff in sein Privat- und Familienleben dar.

Dessen ungeachtet sei im Hinblick auf die besondere Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen den Beschwerdeführer zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK ganannten Zielen, nämlich zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Rechte Dritter sowie zum Schutz der Gesundheit, dringend geboten und daher gemäß § 19 FrG zulässig.

Bei der gemäß § 20 Abs. 1 FrG vorzunehmenden Interessenabwägung seien die durch die Straftaten des Beschwerdeführers beeinträchtigten öffentlichen Interessen ungleich höher zu veranschlagen als die im Hinblick auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers zweifellos beträchtlichen privaten und familiären Interessen. Die vom Beschwerdeführer behauptete Bereitschaft, sich einer Drogentherapie zu unterziehen, falle bei der Interessenabwägung nicht ins Gewicht, weil er nicht nur wegen Suchtgiftkonsums, sondern vor allem wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels gemäß § 12 Abs. 1 und Abs. 3 Z. 3 Suchtgiftgesetz verurteilt worden sei.

Soweit der Beschwerdeführer die Verletzung des Parteiengehörs behaupte, erweise sich diese Rüge als unbegründet, zumal er die dem erstinstanzlichen Bescheid zugrundegelegten Tatsachenfeststellungen nicht bekämpfe und nicht dartue, was er vorgebracht hätte, wäre ihm Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

1.1. Soweit der Beschwerdeführer die Verletzung des Parteiengehörs im erstinstanzlichen Verfahren geltend macht, ist ihm zu erwidern, daß im vorliegenden Beschwerdeverfahren nur der belangten Behörde unterlaufene Verfahrensmängel zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften führen können.

1.2. Der Beschwerdeführer wirft der belangten Behörde vor, sie habe seine Verfahrensrüge zu Unrecht mit der Begründung abgetan, er habe die Tatsachenfeststellungen nicht bekämpft und nicht dargelegt, was er vorgebracht hätte, wenn ihm Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden wäre. Die belangte Behörde habe damit den Grundsatz der Amtswegigkeit mißachtet. Außerdem habe er erklärt, daß die Begründung der erstinstanzlichen Behörde nicht nachvollziehbar und von vornherein nichtig sei und daß es einer Bekämpfung einzelner Feststellungen nicht bedürfe.

Mit diesen Ausführungen vermag der Beschwerdeführer schon deshalb keinen der belangten Behörde unterlaufenen relevanten Verfahrensfehler aufzuzeigen, weil auch die Beschwerdeausführungen nicht erkennen lassen, an welchem konkreten Vorbringen er durch die von ihm behauptete Verletzung des Parteiengehörs gehindert worden sein soll und zu welchen Feststellungen die belangte Behörde im Falle der Durchführung der - vom Beschwerdeführer vermißten, jedoch nicht näher bezeichneten - amtswegigen Ermittlungen hätte gelangen müssen.

2. Gegen die - zutreffende - Auffassung der belangten Behörde, daß der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG erfüllt und die im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, wird in der Beschwerde nichts Konkretes vorgebracht.

3. Daß mit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes ein bedeutender Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers im Sinne des § 19 FrG verbunden ist, wurde von der belangten Behörde berücksichtigt. Ihre Beurteilung, daß die Erlassung des Aufenthaltsverbotes zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen, nämlich zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Rechte anderer und zum Schutz der Gesundheit, dringend geboten sei, entspricht - im Hinblick auf die besondere Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität - der ständigen hg. Rechtsprechung (siehe dazu das Erkenntnis vom 14. April 1994, Zl. 94/18/0027).

4.1. Der Beschwerdeführer bringt vor, er sei auf Grund seiner Abhängigkeit von Suchtgiften genötigt gewesen, zur Finanzierung seines eigenen Bedarfs mit dem Handel von Suchtgift zu beginnen. Deshalb sei seine Bereitschaft, sich einer Drogentherapie zu unterziehen, die einzige erfolgversprechende Maßnahme "diese Spirale der Abhängigkeit zu beenden und ein neues, geläutertes Leben zu beginnen". Der dadurch eingetretene Besserungseffekt sei beachtlich, weshalb es unzutreffend sei, wenn die belangte Behörde die öffentlichen Interessen ungleich höher als seine veranschlage. Sein Aufenthalt in Österreich seit etwa sechs Jahren, seine Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin und das aus dieser Ehe stammende Kind bewirkten ein höchstmögliches Maß an Integration im Inland. Ferner sei zu berücksichtigen, daß bei richtiger rechtlicher Beurteilung nicht drei, sondern nur zwei Verurteilungen gegeben seien, weil die von der belangten Behörde zuletzt genannte Verurteilung zur Verhängung einer Zusatzstrafe gemäß den §§ 31 und 40 StGB geführt habe.

4.2. Der Beschwerdeführer vermag damit keine der belangten Behörde bei der im Grunde des § 20 Abs. 1 FrG vorgenommenen Interessenabwägung unterlaufene Rechtswidrigkeit aufzuzeigen. Die Dauer seines Aufenthaltes im Inland, die Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin und das Vorhandensein eines Kindes aus dieser Ehe hat die belangte Behörde ohnedies berücksichtigt. Die vom Beschwerdeführer behauptete Bereitschaft, sich einer Drogentherapie zu unterziehen, ist nicht geeignet, die vom Beschwerdeführer ausgehende Gefahr für die von der belangten Behörde genannten öffentlichen Interessen auszuschließen oder als nur gering einzuschätzen. Auch mit dem Vorbringen, die beiden Verurteilungen wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels stünden zueinander im Verhältnis des § 31 StGB, vermag der Beschwerdeführer keine ins Gewicht fallende Verringerung der öffentlichen Interessen darzutun, ist doch auch nach seinem Vorbringen davon auszugehen, daß er bei gemeinsamer Aburteilung seiner diesbezüglichen Straftaten wegen wiederholten Suchtgifthandels zu einer Freiheitsstrafe von insgesamt 27 Monaten verurteilt worden wäre. Auf dem Boden der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach bei Suchtgiftdelikten selbst bei ansonsten völliger sozialer Integration des Fremden die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nicht rechtswidrig ist (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 29. September 1994, Zl. 94/18/0600, mwN), kann der belangten Behörde auch im Beschwerdefall nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie im Rahmen der Interessenabwägung nach § 20 Abs. 1 FrG den für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes sprechenden öffentlichen Interessen größeres Gewicht beigemessen hat als den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers.

5. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

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