VwGH 94/10/0170

VwGH94/10/017019.12.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Novak, Dr. Mizner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fichtner, über die Beschwerde der Stadtgemeinde Klosterneuburg, vertreten durch den Bürgermeister, dieser vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 27. September 1994, Zl. II/3-1356/1, betreffend naturschutzbehördliche Bewilligung (mitbeteiligte Partei: XY-GesmbH in W), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §45 Abs3;
AVG §8;
NatSchG NÖ 1977 §14a idF 5500-3;
AVG §45 Abs3;
AVG §8;
NatSchG NÖ 1977 §14a idF 5500-3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt:

Am 4. Jänner 1993 beantragte die mitbeteiligte Partei (MP) bei der Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung (BH) die Erteilung der naturschutzbehördlichen Bewilligung für ein Bauvorhaben auf den Parzellen n1 und n2 der KG Klosterneuburg, in eventu die Feststellung, daß eine naturschutzbehördliche Bewilligung für dieses Bauvorhaben nicht erforderlich sei.

Der beschwerdeführenden Partei wurde Gelegenheit gegeben, vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen.

Mit Bescheid der BH vom 2. August 1993 wurde die naturschutzbehördliche Bewilligung versagt (Spruchabschnitt I) und der Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchabschnitt II).

Die MP berief.

Mit Bescheid vom 27. September 1994 gab die belangte Behörde der Berufung, soweit sie sich auf Spruchabschnitt I des erstinstanzlichen Bescheides (Verweigerung der naturschutzbehördlichen Bewilligung) bezog, Folge und behob den erstinstanzlichen Bescheid diesbezüglich ersatzlos. Der Berufung gegen die Zurückweisung des Feststellungsantrages wurde keine Folge gegeben.

In der Begründung wird ausgeführt, die MP habe mit der Errichtung ihrer Baulichkeiten am 7. April 1987, vor der Kundmachung des Entwurfes der Änderung des Flächenwidmungsplanes am 4. Mai 1987, begonnen. Die naturschutzbehördliche Bewilligung nach § 6 Abs. 2 des Niederösterreichischen Naturschutzgesetzes (NSchG) sei vor Inangriffnahme des Vorhabens einzuholen. Im konkreten Fall hätte die Bewilligung vor dem 7. April 1987 eingeholt werden müssen. Zu diesem Zeitpunkt sei aber die Fläche, auf der die Bautätigkeit stattgefunden habe, als Bauland gewidmet gewesen und es sei daher keine naturschutzbehördliche Bewilligung erforderlich gewesen. § 22 Abs. 2 des Niederösterreichischen Raumordnungsgesetzes 1976 spreche allgemein von anhängigen Verfahren, die durch die Änderung nicht berührt würden. Diese Bestimmung gelte daher auch für naturschutzbehördliche Bewilligungsverfahren. Ein solches Verfahren habe aber mangels einer wesentlichen Voraussetzung ("in Grünland") zum Zeitpunkt der Kundmachung des Entwurfes der Änderung des örtlichen Raumordnungsplanes gar nicht anhängig sein können. Daraus schließe die belangte Behörde, daß die Bewilligungspflicht durch die Änderung des Flächenwidmungsplanes auch nicht entstehen könne. Der die naturschutzbehördliche Bewilligung versagende Teil des erstinstanzlichen Bescheides sei daher aufzuheben gewesen. Der Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides sei bereits mit Bescheid der BH vom 5. Oktober 1992 als unzulässig zurückgewiesen worden. Einer dagegen erhobenen Berufung sei keine Folge gegeben worden; dieser Bescheid sei in Rechtskraft erwachsen. Da sich weder der maßgebende Sachverhalt noch die maßgebliche Rechtslage seither geändert hätten, sei die Berufung gegen diesen Teil des erstinstanzlichen Bescheides wegen entschiedener Sache zurückzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Die beschwerdeführende Stadtgemeinde erachtet sich in ihrem Recht auf Geltendmachung ihrer Rechte als Partei im naturschutzbehördlichen Verfahren gemäß § 14a NSchG mangels Gewährung von Parteiengehör im Verfahren zweiter Instanz, in ihrem Recht darauf, daß zur Erhaltung der Schönheit und Eigenart der Landschaft bewilligungspflichtige Bauvorhaben nicht als bewilligungsfrei betrachtet werden sowie in ihrem Recht, daß Bauvorhaben in ihrem Gemeindegebiet, durch die die Landschaft in ihrer Schönheit und Eigenart oder der Erholungswert der Landschaft für die Bevölkerung und den Fremdenverkehr dauernd und maßgeblich beeinträchtigt werden, versagt werden, verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 14a NSchG haben in den auf Grund dieses Gesetzes durchzuführenden Verwaltungsverfahren mit Ausnahme des Verwaltungsstrafverfahrens die betroffenen Gemeinden Parteistellung im Sinne des § 8 AVG.

Durch § 14a NSchG wird der Gemeinde "bloß" die Stellung einer Legal- oder Formalpartei eingeräumt. Der beschwerdeführenden Partei fehlt daher, was die Gesetzmäßigkeit der Entscheidung in Ansehung der für den Naturschutz relevanten materiell-rechtlichen Bestimmungen anlangt, ein subjektives Recht, dessen Verletzung sie vor dem Verwaltungsgerichtshof geltend machen könnte. Daraus folgt, daß die beschwerdeführende Partei durch eine allfällige unrichtige Anwendung der materiellen Bestimmungen des NSchG nicht in ihren Rechten verletzt sein kann. Damit erübrigt sich insoweit eine Auseinandersetzung mit dem Beschwerdevorbringen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 1989, Zl. 87/10/0177).

Da die beschwerdeführende Partei auch behauptet, in ihrem Recht auf Parteiengehör im zweitinstanzlichen Verfahren verletzt zu sein, ihr dieses Recht zufolge ihrer Parteistellung im Verwaltungsverfahren zusteht und die Möglichkeit der Verletzung dieses Rechtes nicht von vornherein ausgeschlossen erscheint, ist die Beschwerde zulässig (vgl. neuerlich das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 1989, Zl. 87/10/0177 und die dort angeführte Vorjudikatur).

Die belangte Behörde hat ihre Entscheidung in sachverhaltsmäßiger Hinsicht nicht auf neue, in einem von ihr durchgeführten Ermittlungsverfahren erhobene Umstände gestützt, sondern auf Fakten, die der beschwerdeführenden Partei bereits bekannt waren, nämlich darauf, daß die MP mit der Errichtung der Baulichkeiten auf den Parzellen 1360 und 1368 am 7. April 1987 begonnen hat, daß zu diesem Zeitpunkt die Fläche, auf der die Bautätigkeit stattfand, als Bauland gewidmet war und daß die Kundmachung des Entwurfes der Änderung des Flächenwidmungsplanes am 4. Mai 1987 erfolgte. Daß diese Feststellungen den Tatsachen entsprechen und daß diese Umstände der beschwerdeführenden Partei bekannt waren, wird in der Beschwerde auch gar nicht bestritten.

Die beschwerdeführende Partei meint aber, es hätte ihr Gelegenheit gegeben werden müssen, ihre Rechtsansicht in das Berufungsverfahren einzubringen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist Parteiengehör grundsätzlich nur zu dem als erwiesen angenommenen Sachverhalt, nicht jedoch auch zu dessen rechtlicher Beurteilung zu gewähren (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Februar 1988, Slg. N.F. 12.662/A u.a.). Ausnahmen von diesem Grundsatz, wie sie die Rechtsprechung etwa bei Änderung der Rechtslage annimmt (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens4, 334, angeführte Rechtsprechung), liegen im Beschwerdefall nicht vor. Die beschwerdeführende Partei hat im übrigen in der Beschwerde auch in keiner Weise dargelegt, was sie vorgebracht hätte, wenn ihr Gelegenheit geboten worden wäre, "ihre Rechtsansicht in das Berufungsverfahren einzubringen".

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die von der beschwerdeführenden Partei behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

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