VwGH 94/09/0091

VwGH94/09/009115.12.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Höß als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Möslinger-Gehmayr, über die Beschwerde des W in Wien, vertreten durch Dr. L, Rechtsanwalt in N, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 10. Februar 1994, Zl. Senat-NK-92/065, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit und Soziales), zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der pakistanische Staatsbürger H.M. war am 28. September 1991 im Auftrag der W.K. Gesellschaft m.b.H. (in der Folge kurz: Ges.m.b.H.) mit dem Verteilen von Werbematerial tätig. Laut Mitteilung der Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt-Umgebung vom B. Oktober 1991 wurde H.M. dabei in S aufgegriffen, wo er auf ein Firmenauto wartete, um zurückgebracht zu werden. Unbestritten ist, daß die Ges.m.b.H. am 28. September 1991 ihren Sitz in T hatte und daß der Beschwerdeführer damals bereits handelsrechtlicher Geschäftsführer der Ges.m.b.H. war.

Der Beschwerdeführer wurde am 25. November 1991 von der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen (BH) zur Rechtfertigung aufgefordert, weil er mit der Beschäftigung des H.M. durch die Ges.m.b.H. gegen die Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) verstoßen habe. In seiner Stellungnahme vom 2. Dezember 1991 gab der Beschwerdeführer an, H.M. sei mit der Ges.m.b.H. weder in einem Arbeitsverhältnis noch in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis gestanden. Aus einem schriftlichen Werkvertrag gehe hervor, daß H.M. keine persönliche Arbeitspflicht getroffen habe, daß er nach eigenem Plan gearbeitet habe, daß ihm die Möglichkeit der Verwendung von Gehilfen und Substituten offengestanden sei und daß er nicht in die Unternehmensorganisation der Ges.m.b.H. eingeordnet gewesen sei.

In einer Stellungnahme vom 5. März 1992 führte das Landesarbeitsamt Niederösterreich (LAA) zu der Anzeige aus, daß nach den Umständen des Falles von einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis des H.M. zur Ges.m.b.H. auszugehen sei, welches der Bewilligungspflicht nach dem AuslBG unterliege:

Mit Bescheid vom 1. April 1992 stellte die BH das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG ein. In der Begründung dieses Bescheides ist ohne Namensnennung von den "beiden" Ausländern die Rede, für welche das Fehlen von Werkverträgen festgestellt wurde, weshalb das AuslBG nicht anwendbar sei.

Gegen diesen Bescheid erhob das LAA Berufung und führte im wesentlichen aus, es gehe um das Verfahren betreffend H.M., der als Werbezettelverteiler nicht selbständig gewerbeberechtigt, sondern von der Ges.m.b.H. wirtschaftlich abhängig gewesen sei.

Die belangte Behörde hielt am 29. September 1993 eine mündliche Berufungsverhandlung ab, in welcher der Beschwerdeführer als Beschuldigter vernommen wurde.

Im Anschluß an diese Verhandlung kam es zu einer weiteren schriftlichen Stellungnahme des LAA.

In einer weiteren mündlichen Verhandlung am 8. Februar 1994 zog der Beschwerdeführer seine Anträge auf Einvernahme des H.M. sowie eines informierten Vertreters des LAA als Zeugen zurück.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 10. Februar 1994 gab die belangte .Behörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG der Berufung des LAA Zl. 94/09/0091 Folge und sprach den Beschwerdeführer schuldig, er habe es als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Ges.m.b.H. zu verantworten, daß diese Gesellschaft mit dem Sitz in T als Arbeitgeber den ausländischen Staatsbürger H.M. am 28. September 1991 in S mit der Verteilung von Prospekten beschäftigt habe, obwohl für diesen Ausländer weder eine Beschäftigungsbewilligung noch eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein vorgelegen seien. Der Beschwerdeführer habe dadurch gegen § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 AuslBG verstoßen, weshalb gegen ihn eine Geldstrafe a S 5.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe zwei Tage) verhängt wurde.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides gab die belangte Behörde den Gang des Verwaltungsverfahrens wieder und führte dann zur Legitimation des LAA zur Erhebung einer Berufung im Strafverfahren nach dem AuslBG aus, die in § 28a dieses Gesetzes normierte Parteistellung umfasse auch das Berufungsrecht. Das LAA habe auch die Zeichnungsberechtigung des Mag. K nachgewiesen; die Berufung sei demnach als zulässig zu behandeln.

Unbestritten stehe fest, daß der im Spruch genannte Ausländer am 28. September 1991 im Auftrag der Ges.m.b.H. mit der Verteilung von Werbematerial in S angetroffen worden sei und weder Beschäftigungsbewilligung, Arbeitserlaubnis noch Befreiungsschein vorlagen. Der Beschwerdeführer habe die Tätigkeit unter Hinweis auf den vorgelegten Werkvertrag näher erläutert. Demnach werde der einmal abgeschlossene Werkvertrag immer wieder mündlich verlängert. Die Tätigkeit gestalte sich derart, daß das für ein bestimmtes Gebiet vorgesehene Werbematerial dem Verteiler übergeben werde und von diesem innerhalb bestimmter Zeit zu bearbeiten sei. Dabei stehe ihm frei, die Verteilung alleine oder unter Zuhilfenahme von Gehilfen durchzuführen. Die Verteilung werde stichprobenartig überprüft, für den Fall der mangelhaften Verteilung erwachse dem Verteiler kein Entgeltanspruch. Über das verteilte Material würden vom Verteiler Aufzeichnungen geführt, die als Verrechnungsgrundlage dienten; die Entlohnung erfolge nach verteilter Stückzahl, und zwar jeweils nach Auflaufen eines Anspruchs in der Höhe von S 2.000,-- bis S 3.000,--. Eine Zahlungspflicht treffe den Auftraggeber nur gegenüber dem Verteiler und nicht gegenüber allfälligen Gehilfen. Hinsichtlich der Vorgangsweise und der Ausgestaltung der Tätigkeit des Ausländers folge die belangte Behörde der Aussage des Beschwerdeführers. In rechtlicher Hinsicht ging die belangte Behörde von den einschlägigen Bestimmungen des AuslBG und der Rechtsprechung (vor allem vom Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 2. September 1993, Zl. 92/09/0322) aus, wonach auch ein Werkvertragsnehmer bei wirtschaftlicher Abhängigkeit vom Auftraggeber als in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis tätig anzusehen sei. Die Rechtsnatur der Vertragsbeziehung zwischen der arbeitnehmerähnlichen Person und dem Arbeitsempfänger sei nicht entscheidend. Entscheidend sei vielmehr die wirtschaftliche Unselbständigkeit, derentwegen eine Person, die im Auftrag und für Rechnung einer anderen Person Arbeit leiste, ohne in einem Arbeitsverhältnis zu stehen, sich in einer einem Arbeitnehmer ähnlichen wirtschaftlichen Situation befinde (organisatorischer Aspekt der wirtschaftlichen Abhängigkeit). Zu prüfen sei daher das Gesamtbild der konkreten Tätigkeit und ob durch diese die Arbeit leistende Person trotz fehlender persönlicher Abhängigkeit nicht mehr in der Zage sei, ihre Arbeitskraft, insoweit sie durch das konkrete Rechtsverhältnis in der Verfügung über ihre Arbeitskraft gehindert sei, anderweitig für Erwerbszwecke einzusetzen und ob sie daher als unter ähnlichen wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen wie der persönlich abhängige Arbeitnehmer anzusehen sei.

In der weiteren Begründung des angefochtenen Bescheides stellte die belangte Behörde die typischen Merkmale des Arbeits- und des Werkvertrages einander gegenüber und folgerte daraus, daß das zwischen der Ges.m.b.H. und den Verteilern vereinbarte Rechtsverhältnis sowohl Elemente des Dienst- als auch eines Werkvertrages enthalte, wobei es nicht auf die Bezeichnung des Vertrages, sondern auf seinen Inhalt ankomme.

Das zwischen der Ges.m.b.H. und H.M. einmal schriftlich eingegangene Rechtsverhältnis sei mündlich immer wieder verlängert worden. Diese Vorgangsweise sei nicht als eine jeweils zu individualisierende Verpflichtung im Sinne einer Werkbestellung anzusehen, die jeweils mit der Erfüllung des Auftrags erlösche, sondern es sei darin ein Dauerschuldverhältnis zu erblicken, in dessen Rahmen die Ges.m.b.H. vereinbarungsgemäß die Arbeitskraft des Ausländers einsetzen könne. Daraus, daß der Ausländer seine Arbeitskraft über einen immer wieder verlängerten Zeitraum für nur gattungsmäßig bestimmten Einsatz zur Verfügung stellte, ergebe sich, daß er in seiner wirtschaftlichen Stellung einem abhängigen Arbeitnehmer ähnlicher gewesen seien als einem selbständigen Unternehmer. Die Annahme eines Dauerschuldverhältnisses ergebe sich auch daraus, daß für die Beendigung des Rechtsverhältnisses vertragsmäßig sogar eine Aufkündigung in Betracht gekommen sei. Vereinbarungsgemäß habe die Ges.m.b.H. das Entgelt nur abschnittsweise geschuldet, woraus sich eine in regelmäßigen Abschnitten vorgenommene leistungsbezogene Entlohnung ergebe. Es habe dem Ausländer auch an einer eigenen Betriebsstätte gefehlt, und er habe bei der Verteilung Betriebsmittel der Ges.m.b.H. (etwa das Firmenauto) in Anspruch genommen.

Es handle sich daher um ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis, weshalb die Ges.m.b.H. gemäß § 2 Abs. 3 lit. a AuslBG als Arbeitgeber anzusehen sei.

Die belangte Behörde sei von Fahrlässigkeit auf Seiten des Beschwerdeführers ausgegangen. Er sei auch nicht durch eine Weisung des Bundesministers für Arbeit und Soziales, wonach derartige Tätigkeiten als Werkverträgen unterliegend anzusehen wären, entschuldigt, und er habe eine solche Weisung auch nicht nachweisen können.

Zur Strafhöhe sei auszuführen, daß die Mindeststrafe verhängt worden sei; für die Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechtes im Sinne des § 20 VStG habe sich kein Hinweis ergeben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht, nicht auf Grund der Bestimmungen des AuslBG schuldig erkannt und bestraft zu werden, verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt zunächst vor, die Berufungslegitimation des LAA sei zu Unrecht bejaht worden.

§ 28a AuslBG sei so zu verstehen, daß ein LAA nur Bescheide letzter Instanz bekämpfen könne; eine andere Auslegung würde den zweiten Satzteil des § 28a AuslBG als überflüssig erscheinen lassen.

§ 28a AuslBG (eingefügt durch Art. I Z. 45 der Novelle BGBl. Nr. 450/1990, in Kraft getreten am 1. Oktober 1990) lautet:

"Das Landesarbeitsamt hat im Verwaltungsstrafverfahren Parteistellung und ist berechtigt, gegen Bescheide, die in letzter Instanz ergangen sind, wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben."

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seinem Erkenntnis vom 19. Mai 1993, Zl. 92/09/0031, auf dessen nähere Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ausdrücklich ausgesprochen und hält daran fest, daß die dem LAA eingeräumte Parteistellung im Verwaltungsstrafverfahren auch das Recht der Berufung mitumfaßt, gehört dieses doch zu den Parteirechten. Die im zweiten Satzteil des § 28a AuslBG vorgesehene Amtsbeschwerdebefugnis der Landesarbeitsämter nach Art. 131 Abs. 2 B-VG begründet eine Kontrollmöglichkeit gegenüber als rechtswidrig erachteten letztinstanzlichen Entscheidungen, die nur das fortsetzt, was auf der Ebene der Verwaltung durch die Berufungsmöglichkeit sichergestellt ist.

Der Beschwerdeführer hält auch an seiner bereits vor der belangten Behörde vorgebrachten Rechtsansicht fest, die Berufung des LAA sei von einem Mag. K unterfertigt worden, wobei kein Hinweis auf dessen Bevollmächtigung durch das LAA vorliege. Das LAA habe es unterlassen, entsprechende urkundliche Nachweise für die Vertretungsbefugnis des Mag. K zu erbringen. Das LAA als monokratisch organisierte Behörde werde nur durch seinen Leiter vertreten. Die von Mag. K unterfertigte Berufung könne somit nicht dem LAA zugerechnet werden.

Nach der zur dieser Frage ergangenen Rechtsprechung (Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Jänner 1988, Zlen. 87/17/0245, 0246, und vom 27. Mai 1988, Zl. 88/18/0015, jeweils mit weiteren Nachweisen) wäre ein von einem nicht approbationsbefugten Bediensteten unterschriebener Bescheid der Behörde, welcher der Bedienstete angehört, nicht zuzurechnen. Besitzt hingegen der Organwalter Approbationsbefugnis für einen bestimmten Bereich, so ist bei einer Überschreitung ein entsprechend gefertigtes Schriftstück jedenfalls der Behörde zuzurechnen, der der approbationsbefugte Organwalter zuzuzählen ist, gleichgültig, für welchen Kompetenzbereich die Approbationsbefugnis ursprünglich erteilt worden ist. Diese Judikatur hinsichtlich eines einen Bescheid genehmigenden Beamten kann im Beschwerdefall sinngemäß angewendet werden.

Im Beschwerdefall weist die Berufung des LAA die eigenhändige Unterschrift des Mag. K mit dem Zusatz: "Für den Leiter ... Mag. K, Abteilungsleiter" auf. Im Zuge des Berufungsverfahrens teilte das LAA zu der vom Beschwerdeführer aufgeworfenen Frage der Approbationsbefugnis dieses Beamten mit,

"... daß gemäß Punkt 8.1 der Geschäfts- und Kanzleidordnung der Landesarbeitsämter und Arbeitsämter mit Ausnahme von Entscheidung von grundsätzlicher Bedeutung und von bestimmten Angelegenheiten, deren Genehmigung sich der Leiter der Dienststelle generell oder im Einzelfall vorbehalten hat, die Genehmigungsbefugnis hinsichtlich jener Aufgaben, die gemäß der Geschäftseinteilung der Dienststelle Mitarbeitern von Organisationseinheiten übertragen wurden, grundsätzlich deren Leitern zustehe. Ein Gruppenleiter kann sich jedoch gegenüber einem Abteilungsleiter, ein Abteilungsleiter gegenüber einem Referatsleiter die Genehmigung bestimmter Arten von Geschäftsfällen generell oder im Einzelfall vorbehalten. Hofrat Mag. K ist Leiter der Abteilung IIf, die u.a. mit der Wahrnehmung diverser Rechtsangelegenheiten, im konkreten Fall auch mit der Wahrnehmung von Strafangelegenheiten nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz betraut ist. Hofrat Mag. K hat hinsichtlich der Mitwirkung des Landesarbeitsamtes Niederösterreich an Verwaltungsstrafverfahren nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz eine uneingeschränkte Genehmigungsbefugnis. Diese uneingeschränkte Genehmigungsbefugnis lag auch für die in Rede stehende Berufung vom 16.4.1992 vor."

Dazu hat sich der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren trotz gebotener Gelegenheit nicht geäußert; er hat vielmehr in der Verhandlung vom 8. Februar 1994 auf Grund der schriftlichen Stellungnahme des LAA seinen Antrag auf Einvernahme eines informierten Vertreters des LAA zurückgezogen.

Es handelte sich somit um eine ordnungsgemäße und zulässige Berufung des LAA gegen den erstinstanzlichen Einstellungsbescheid vom 1. April 1992, wobei trotz des Schreibfehlers in diesem Bescheid (die "beiden" Ausländer) seitens aller eingeschrittener Behörden und beteiligter Parteien unbestritten ist, daß diese Einstellung nur das Verfahren wegen der unberechtigten Beschäftigung des H.M. betroffen hat.

Unbestritten festgestellt wurde, daß die Ges.m.b.H. für H.M. keine Beschäftigungsbewilligung hatte und daß der Ausländer auch nicht über eine Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein verfügte.

Der Beschwerdeführer führt dazu aus, der Ausländer hätte solcher arbeitsmarktrechtlicher Papiere deshalb nicht bedurft, weil er als Partner eines mit der Ges.m.b.H. abgeschlossenen Werkvertrages selbständig und nicht als Dienstnehmer aufgetreten sei. Dem steht die von der belangten Behörde vertretene Auffassung entgegen, der Ausländer sei durch die tatsächliche Ausgestaltung seiner Tätigkeit für die Ges.m.b.H. als arbeitnehmerähnlich anzusehen.

Der Verwaltungsgerichtshof stimmt der belangten Behörde darin zu, daß es bei der Beurteilung des zwischen der Ges.m.b.H. und dem Ausländer bestehenden Verhältnisses nicht auf den nominell abgeschlossenen "Werkvertrag", sondern entscheidend auf die tatsächlichen Umstände ankommt. Auszugehen ist davon, daß H.M. eine als "Werkvertrag" betitelte schriftliche Vereinbarung folgenden Wortlautes mit der Ges.m.b.H. abgeschlossen hat: "Die Auftragsvergabe erfolgt an selbständige Werbemittelverteiler (Handelsvertreter, sogenannte Erfüllungsgehilfen) mit Weiterbeschäftigungsrecht und ohne Konkurrenzverbot, für deren Verschulden dieser wie für sein eigenes haftet. Unter Berücksichtigung sämtlicher Rechte und Pflichten selbständiger Erwerbsträger und unter Voraussetzung, daß alle Bestimmungen des Ausländers für den Aufenthalt in Österreich erfüllt sind. Das Entgelt kann erst nach Vollendung des dritten Werkes (ein Werk kann mehrere Ortschaften beinhalten) beansprucht werden. Das heißt: ist eine Leistung in der Zeit vom 26.01. bis 25.02. erfolgt, so wird diese Leistung Anfang bis Mitte März zur Auszahlung gebracht, gleichgültig ob der Verteiler noch weiterarbeitet oder nach dem dritten Werk seine Zusammenarbeit mit uns aufkündigt. Sollte eine Zusammenarbeit vor dem dritten Werk aufgekündigt werden wegen mangelhafter Verteilung, Nichtfertigstellung eines erteilten Auftrages oder aus Gründen des Verteilers, so entfällt der Entgeltsanspruch zur Gänze. Wir machen Sie darauf aufmerksam, daß Sie als selbständiger Handelsvertreter den Bestimmungen des Einkommens-, Gewerbe- und Umsatzsteuergesetzes unterliegen und seitens der Firma bezüglich Sozialversicherung nicht meldepflichtig sind, da keine Bindung laut dem Arbeitsrecht (keine geregelte Arbeitszeit bzw. Arbeitsort) besteht. Die Beträge werden inkl. MWST ausbezahlt und sind von Ihnen jeden 10. des übernächsten Monats bei Ihrem zuständigen Finanzamt abzugeben. Weiters müssen Sie Ihr Einkommen am Jahresende ordnungsgemäß versteuern. Ich erkläre mich hiermit mit allen Punkten des Werkvertrages einverstanden und habe sie sorgfältig durchgelesen, bzw. wurden sie mir von meinem Freund oder einem Dolmetscher zur Verständnis gebracht." Zur Abgrenzung zwischen Werkvertrag einerseits und einem dem AuslBG unterliegenden arbeitnehmerähnlichen Verhältnis hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 2. September 1993, Zl. 92/09/0322, im wesentlichen folgendes ausgeführt:

Nach § 1 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl. Nr. 218/1975, (AuslBG) regelt dieses Bundesgesetz die Beschäftigung von Ausländern (§ 2) im Bundesgebiet.

Nach § 2 Abs. 1 AuslBG gilt als Ausländer im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt.

Als Beschäftigung gilt nach Abs. 2 der genannten Bestimmung u. a. die Verwendung

  1. a) in einem Arbeitsverhältnis und
  2. b) in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, sofern die Tätigkeit nicht auf Grund gewerberechtlicher oder sonstiger Vorschriften ausgeübt wird.

    Den Arbeitgebern sind nach Abs. 3 lit. a der genannten Bestimmung in den Fällen des Abs. 2 lit. b die inländischen Vertragspartner jener Personen, für deren Verwendung eine Beschäftigungsbewilligung erforderlich ist, gleichzuhalten..

    Gemäß § 3 Abs. 1 AuslBG i.d.F. BGBl. Nr. 450/1990 darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt.

    Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen dem § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§ 4) erteilt noch eine Arbeitserlaubnis (S. 14a) oder ein Befreiungsschein (§ 15) ausgestellt wurde.

    Aus § 2 Abs. 2 und Abs. 3 AuslBG folgt, daß der Begriff "Beschäftigung" im AuslBG nicht nur Arbeitsvertragsverhältnisse umfaßt, und daß unter Arbeitgeber nicht nur der Vertragspartner eines Arbeitsvertrages zu verstehen ist. Die Verpflichtung zur Einholung einer Beschäftigungsbewilligung vor der Beschäftigung eines Ausländers trifft daher nach § 3 Abs. 1 AuslBG auch einen "Werkvertragsgeber", wenn die Grundlage für den Vertrag nicht in gewerberechtlichen oder sonstigen Normen liegt und der Werkvertrag so beschaffen ist, daß der "Werkvertragsnehmer" zwar nicht in der Frage seiner persönlichen, aber in der Frage der wirtschaftlichen Abhängigkeit einem Arbeitnehmer nahezu gleichkommt.

    Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem zum Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz ergangenen Erkenntnis vom 12. Februar 1986, Zl. 84/11/0234, Slg. N.F. Nr. 12.015/A, eingehend und unter Angabe von Schrifttum und Judikatur insbesondere zu § 2 Abs. 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes mit dem Begriff des arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses auseinandergesetzt. Die erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zu § 2 AuslBG weisen hinsichtlich der arbeitnehmerähnlichen Verhältnisse ausdrücklich auf die einschlägigen arbeitsrechtlichen Vorschriften, insbesondere auf 2 Abs. 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes und die dazu ergangene Judikatur hin. Es besteht somit kein Zweifel, daß der Gesetzgeber im AuslBG - abgesehen von der Ausnahme durch den Verweis auf gewerberechtliche und sonstige Vorschriften - den Begriff "arbeitnehmerähnliche Verhältnisse" nicht anders als in anderen arbeitsrechtlichen Vorschriften verstanden wissen wollte. Die Heranziehung des vorher genannten Erkenntnisses auch für das AuslBG ist daher berechtigt.

    In diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, daß das Rechtsverhältnis der arbeitnehmerähnlichen Person zu ihrem Auftraggeber auch ein Werkvertragsverhältnis, aber auch ein sogenannter "freier Dienstvertrag" sein kann. Gegenstand der Verpflichtung im Rahmen eines arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses kann demgemäß jede Art von Arbeitsleistung sein; die Rechtsnatur der Vertragsbeziehungen zwischen der arbeitnehmerähnlichen Person und dem Arbeitsempfänger ist nicht entscheidend. Entscheidend für die Frage der Arbeitnehmerähnlichkeit ist vielmehr die wirtschaftliche Unselbständigkeit, derentwegen eine Person, die im Auftrag und für Rechnung einer anderen Person Arbeit leistet, ohne in einem Arbeitsverhältnis zu stehen, sich in einer einem Arbeitnehmer ähnlichen wirtschaftlichen Abhängigkeit befindet. Der "Arbeitnehmerähnliche" ist jedenfalls nicht persönlich vom Empfänger der Arbeitsleistung abhängig; seine wirtschaftliche Unselbständigkeit, derentwegen er als arbeitnehmerähnlich zu qualifizieren ist, muß daher darin erblickt werden, daß er unter ähnlichen wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen wie ein Arbeitnehmer tätig und daher insofern vom Empfänger der Arbeitsleistung wirtschaftlich abhängig ist. Ebenso wie beim Arbeitnehmer ist aus ähnlichen Gründen der Praktikabilität auch bei der Beurteilung der Arbeitnehmerähnlichkeit unter dem "finanziellen" Gesichtspunkt nicht konkret zu prüfen, ob der "Arbeitnehmerähnliche" auf die Gegenleistungen aus dem Rechtsverhältnis mit dem Empfänger der Arbeitsleistung zur Bestreitung seines Lebensunterhalts angewiesen ist, ob er sie auch nur dafür verwendet oder aber seinen Lebensunterhalt aus anderen Einkünften oder aus eigenem Vermögen bestreitet.

    Entscheidend - so der Verwaltungsgerichtshof weiter in der Begründung des Erkenntnisses VwSlg. Nr. 12.015/A - ist vielmehr der "organisatorische" Aspekt der wirtschaftlichen Abhängigkeit, und nicht, ob die arbeitnehmerähnliche Person konkret auf die Gegenleistungen aus diesem Rechtsverhältnis zur Bestreitung ihres Lebensunterhaltes angewiesen ist. Darauf, woraus sie konkret ihren Lebensunterhalt bestreitet, kommt es daher auch unter dem "finanziellen" Aspekt ihrer Arbeitnehmerähnlichkeit nicht an. Was den "organisatorischen" Aspekt der wirtschaftlichen Abhängigkeit betrifft, bedarf es bei der Arbeitnehmerähnlichkeit einer Person im Verhältnis zu einer anderen der Prüfung, ob das konkrete und genau zu erhebende Gesamtbild der Tätigkeit, die diese Person im Auftrag und für Rechnung eines anderen leistet, so beschaffen ist, daß sie auf Grund der Art und Weise, in der sie für ihn tätig ist, trotz fehlender persönlicher Abhängigkeit nicht mehr in der Lage ist, ihre Arbeitskraft, insoweit sie durch das konkrete Rechtsverhältnis in der Verfügung über ihre Arbeitskraft gehindert ist, anderweitig für Erwerbszwecke einzusetzen, und daher als unter ähnlichen wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen wie der persönlich abhängige Arbeitnehmer tätig anzusehen ist.

    Bei dieser Beurteilung ist - in methodischer Hinsicht - zu beachten, daß nicht alle Kriterien, die an sich zur Bestimmung der Arbeitnehmerähnlichkeit wegen wirtschaftlicher Unselbständigkeit in konkreten Einzelfällen möglicherweise relevant sein könnten, als solche aber gar nicht erschöpfend faßbar sind, verwirklicht sein müssen; arbeitnehmerähnlich kann daher eine Person auch dann sein, wenn hinsichtlich deren Tätigkeiten das eine oder andere an sich relevante Merkmal fehlt, das eine oder andere an sich relevante Merkmal nur geringfügig ausgeprägt ist, während andere wieder in besonders prägnanter Weise zum Ausdruck kommen. Hiebei dürfen einzelne Umstände, die für und wider ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis sprechen, nicht isoliert voneinander gesehen werden, sondern müssen in einer Gesamtbetrachtung nach Zahl, Stärke und Gewicht bewertet werden. Übt eine Person im selben Zeitraum Tätigkeiten für eine unbegrenzte, ständig wechselnde Zahl von Auftraggebern aus, so spricht dies grundsätzlich gegen ihre Arbeitnehmerähnlichkeit wegen wirtschaftlicher Unselbständigkeit im Verhältnis zu ihrem Auftrag, weil derjenige, der gleichzeitig mit einer unbestimmten häufig wechselnden Zahl von Auftraggebern zu tun hat, im Regelfall von keinem einzelnen von ihnen wirtschaftlich abhängig ist.

    Die Notwendigkeit einer Gesamtbetrachtung aller für ein abhängiges Arbeits- oder arbeitnehmerähnliches Verhältnis einerseits oder für einen Vertrag mit einem selbständigem Partner andererseits sprechenden tatsächlichen Umstände, wie sie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 2. September 1993, Zl. 92/09/0322, herausgearbeitet hat, ist auch das Ergebnis der Analyse von Strasser, "Abhängiger Arbeitsvertrag oder freier Dienstvertrag", in: Das Recht der Arbeit Nr. 2/1992, S. 93 ff.

    An diesen Maßstäben gemessen ergibt sich für den vorliegenden Beschwerdefall in erster Linie, daß es einerseits an einem fest umgrenzten, vereinbarungsgemäß umschriebenen "Werk" fehlt, daß aber andererseits wiederum für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit des Ausländers spricht, daß es ihm freigestellt war, die der Ges.m.b.H. gegenüber anfallenden Leistungen auch durch Dritte ausführen zu lassen. Es handelt sich aber jedenfalls um regelmäßig wiederkehrende Leistungen, durch deren Erbringung der Ausländer in seiner Entscheidungspflicht auf ein Minimum eingeschränkt ist (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Jänner 1991, Zl. 90/09/0159). Im übrigen überwiegen nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes die für ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis sprechenden Argumente eindeutig:

    So das zeitlich unbegrenzte Kontrollrecht der Ges.m.b.H., deren im Wege von Kürzungen des Entgelts vorgesehene "Disziplinar"- Maßnahmen gegenüber dem Verteiler und das Fehlen eigener Betriebsstätten und Betriebsmittel des Verteilers, der vielmehr zumindest fallweise Betriebsmittel (z.B. Busse) der Ges.m.b.H. in Anspruch nahm, um seine Verpflichtungen gegenüber dieser erfüllen zu können.

    Die belangte Behörde hat daher zutreffend erkannt, daß trotz der Bezeichnung der zwischen der Ges.m.b.H. und dem Ausländer getroffenen Vereinbarung als "Werkvertrag" die für eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit desselben für die Ges.m.b.H. sprechenden Elemente überwiegen. Davon ausgehend trifft die Annahme zu, daß dieses Verhältnis gemäß 2 Abs. 2 lit. b AuslBG als Beschäftigung im Sinne dieses Gesetzes anzusehen ist, wobei die Ges.m.b.H. gemäß § 2 Abs. 3 lit. a AuslBG dem Arbeitgeber gleichzuhalten ist.

    Der Beschwerdeführer bekämpft schließlich die Annahme der belangten Behörde, es sei ihm bei der Beschäftigung des Ausländers Fahrlässigkeit anzurechnen. Dazu verweist er in der Beschwerde erneut auf eine im gesamten Verfahren nicht produzierte Weisung des Bundesminsters für Arbeit und Soziales, wonach Kolporteure und Zeitungsverteiler keiner Beschäftigungsbewilligung bedürften. Einen Nachweis dafür, daß er durch unrichtige Rechtsauskünfte zu einer im Ergebnis unzutreffenden Rechtsmeinung gedrängt worden wäre, hat der Beschwerdeführer nicht erbracht. Der bloße Umstand, daß in einer bestimmten Rechtsfrage Rechtsunsicherheit herrscht, berechtigt nicht dazu, sich ohne weitere Nachforschungen für die günstigste Variante zu entscheiden und damit gegebenenfalls ungerechtfertigte Rechtsvorteile in Anspruch zu nehmen. Um dem Vorwurf schuldhafter Verstöße gegen das AuslBG zu entgehen, wäre der Beschwerdeführer verpflichtet gewesen, sich einschlägig zu informieren und allenfalls den Nachweis zu erbringen, unrichtige amtliche Rechtsauskünfte hätten zu seinem objektiv rechtswidrigem Handeln geführt.

    Im übrigen hat die belangte Behörde nicht zuletzt durch Verhängung der gesetzlichen Mindeststrafe nach dem ersten Strafsatz des § 28 Abs. 1 AuslBG den Umständen des Einzelfalles ausreichend Rechnung getragen. Der Beschwerdeführer hat auch gegen die Strafbemessung in seiner Beschwerde nichts vorgebracht.

    Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, wobei von der Abhaltung der vom Beschwerdeführer beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden konnte.

    Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

    Wien, am 15. Dezember 1994

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