VwGH 94/01/0230

VwGH94/01/023027.4.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde des P in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesminsters für Inneres vom 15. November 1993, Zl. 4.343.377/1-III/13/93, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §1;
AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §1;
AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aufgrund der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Der Beschwerdeführer, ein bosnischer Staatsangehöriger, ist am 25. Jänner 1993 in das Bundesgebiet eingereist und beantragte am 25. August 1993, ihm Asyl zu gewähren. Das Bundesasylamt hat den Antrag mit Bescheid vom 17. September 1993 abgewiesen. Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs.4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 15. November 1993 wurde die Berufung des Beschwerdeführers abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Der Beschwerdeführer erachtet sich im Recht auf Gewährung von Asyl verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat über die Beschwerde erwogen:

Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer deshalb kein Asyl gewährt, weil der Ausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. gegeben sei. Nach dieser Gesetzesstelle wird einem Flüchtling kein Asyl gewährt, wenn er bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher war.

Die belangte Behörde hat aufgrund der Angaben des Beschwerdeführers anläßlich seiner Vernehmung am 14. September 1993, er habe sich in Ungarn aufgehalten, angenommen, daß er bereits in diesem Staat vor Verfolgung sicher gewesen sei. Er wäre in Ungarn keinerlei Verfolgung ausgesetzt gewesen und hätte auch nicht zu befürchten gehabt, ohne Prüfung seiner Fluchtgründe in sein Heimatland abgeschoben zu werden. Ungarn sei seit 14. März 1989 Mitgliedstaat der Genfer Flüchtlingskonvention und es spreche nichts dafür, daß es die aus dieser Mitgliedschaft ergebenden Verpflichtungen, insbesondere das in deren Art. 33 verankerte Refoulement-Verbot, etwa vernachlässige.Daran könne der Umstand des sehr kurzen Aufenthaltes des Beschwerdeführers in Ungarn nichts ändern. Biete der Zufluchtsstaat von seiner effektiv geltenden Rechtsordnung her einen dem Standard der Genfer Flüchtlingskonvention entsprechenden Schutz, wie dies bei Ungarn der Fall sei, so sei "Sicherheit IM AUGENBLICK DES BETRETENS dieses Staates" als gegeben anzunehmen. Der Beschwerdeführer habe nicht darzutun vermocht, daß er keinen Rückschiebungsschutz genossen habe.

Wenn der Beschwerdeführer dazu zunächst ins Treffen führt, daß er sich in Ungarn nicht aufgehalten habe, sondern nur durchgereist sei, und die ungarischen Behörden, da er ein Visum für Österreich gehabt habe, davon ausgegangen seien, daß er nur durchreise, ist auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum Begriff der "Verfolgungssicherheit" zu verweisen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 27. Mai 1993, Zl. 93/01/0256, vom 7. Oktober 1993, Zl. 92/01/1118, vom 24. November 1993, Zl. 93/01/0357 und vom 24. November 1993, Zl. 93/01/1139), nach der nicht bedeutend ist, wielange sich der Asylwerber in einem sicheren Drittstaat aufgehalten und welche Absichten er dabei verfolgt hat. Auch der Umstand, daß die Brüder des Beschwerdeführers in Wien leben, ist bei der Auslegung von § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 nicht von Bedeutung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. November 1993, Zl. 93/01/1045). Es wird weiters auch nicht als unzumutbar erachtet, daß der Asylwerber den Bus oder PKW, den er zu seiner Reise benützt, anhalten läßt bzw. anhält (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 1994, Zl. 93/01/1083). Auch die Unklarheit des Beschwerdeführers darüber, wie die ungarischen Behörden auf ihn als Asylwerber, der ein Visum nach Österreich hatte, reagieren würden, kann zu keiner anderen Auslegung des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 führen.

Es kommt weiters nicht darauf an, ob dem Asylwerber bereits Asyl in dem anderen Drittstaat gewährt wurde, um Verfolgungssicherheit annehmen zu können. Der Asylwerber muß nur die Möglichkeit gehabt haben, ein der Genfer Flüchtlingskonvention entsprechendes Asylverfahren in Gang zu setzen. Dem Beschwerdeführer ist zwar recht zu geben, daß keine Verpflichtung besteht, in einem sicheren Drittstaat Asyl zu beantragen, für die Annahme des Vorliegens der Verfolgungssicherheit genügt aber - wie bereits dargelegt - die Möglichkeit, ein Asylverfahren in einem sicheren Drittstaat einzuleiten (vgl. insbesonders das bereits zitierte hg. Erkenntnis Zl. 93/01/0357). Daß die Bestimmung des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 nicht gegen die Genfer Flüchtlingskonvention verstößt, wurde im Erkenntnis vom 15. November 1993, Zl. 93/01/1177, ausgeführt, auf das des näheren gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird.

Da der Beschwerdeführer konkret nicht behauptet, daß er in Ungarn vor Verfolgung und einer Abschiebung in seinen Heimatstaat - entgegen der Auffassung der belangten Behörde - nicht sicher gewesen wäre, konnte der Verwaltungsgerichtshof im Lichte der bereits zitierten Judikatur zur "Verfolgungssichrheit" und dem Umstand, daß Ungarn mit Wirkung vom 12. Juni 1989 im Hinblick auf Ereignisse in Europa Mitglied der Genfer Flüchtlingskonvention wurde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Oktober 1993, Zl. 93/01/0985), der Annahme der belangten Behörde, § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz liege vor, nicht entgegentreten.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

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