VwGH 93/01/1045

VwGH93/01/104524.11.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Mayer, über die Beschwerde des Z in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 23. Juli 1993, Zl. 4.281.069/5-III/13/91, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund der Beschwerde und der der Beschwerde angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem auszugehen:

Der Beschwerdeführer - ein rumänischer Staatsangehöriger - ist am 16. August 1989 in das Bundesgebiet eingereist und hat am 19. August 1989 beantragt, ihm Asyl zu gewähren. Bei seiner Einvernahme am 13. September 1989 hat der Beschwerdeführer u.a. angegeben, daß er am 15. August 1989 rechtmäßig in die Niederlande eingereist sei. Mit dem Zug sei er dann über die Bundesrepublik Deutschland nach Österreich gefahren. Die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien hat mit Bescheid vom 13. November 1991 festgestellt, daß bei dem Beschwerdeführer die Voraussetzungen für die Anerkennung als Flüchtling gemäß dem Asylgesetz, BGBl. Nr. 126/1968, in Verbindung mit der Genfer Flüchtlingskonvention nicht vorliegen.

Die dagegen erhobene Berufung hat die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen. Sie stützte ihre Entscheidung auf § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991, da der Beschwerdeführer sich bereits in den Niederlanden in einem Land befunden habe, in dem er im Sinne der angeführten Bestimmung vor Verfolgung sicher gewesen sei.

In seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer inhaltliche Rechtswidrigkeit des Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Er erachtet sich in seinem Recht auf Zuerkennung der Rechtsstellung eines Flüchtlings verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Da das Berufungsverfahren im vorliegenden Fall am 1. Juni 1992 bei der belangten Behörde anhängig war, war gemäß § 25 Abs. 2 Asylgesetz 1991 dieses anzuwenden. Gemäß § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 ist der Antrag eines Flüchtlings auf Gewährung von Asyl abzuweisen, wenn der Beschwerdeführer schon vor seiner Einreise in einem anderen Land vor Verfolgung sicher war.

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die auf der zuletzt genannten Bestimmung beruhende Begründung des angefochtenen Bescheides zunächst damit, daß er durch die Anführung dieses Abweisungsgrundes überrascht worden sei. Dem ist entgegenzuhalten, daß der Gesetzgeber auf Grund der im Asylgesetz 1991 getroffenen Übergangsbestimmungen die Anwendung des Asylgesetzes 1991 für die am 1. Juni 1992 beim Bundesminister für Inneres anhängigen Berufungsverfahren ausdrücklich vorgesehen hat (siehe § 25 Abs. 2 Asylgesetz 1991). Daß gegen diese Übergangsbestimmung keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen, hat der Verfassungsgerichtshof in seinen Erkenntnissen vom 16. Dezember 1992, B 1035/92, und vom selben Tag, B 1387/92 u. a., zum Ausdruck gebracht.

Der Beschwerdeführer hatte weiters im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof die Möglichkeit, sich gegen diesen Abweisungsgrund der belangten Behörde zu wenden. Ein solches Vorbringen unterliegt in diesem Fall nicht dem sonst vor dem Verwaltungsgerichtshof geltenden Neuerungsverbot.

Der Beschwerdeführer trägt nun gegen die Auffassung der belangten Behörde, daß in den Niederlanden für ihn bereits Verfolgungssicherheit im Sinne des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 bestanden habe, vor, er habe nicht gewußt, daß er auch in den Niederlanden einen Asylantrag habe stellen können und auch nicht daran gedacht, da er sein Patenkind in Österreich habe, wie er dies auch bei der Ersteinvernahme zum Ausdruck gebracht habe.

Nach der bereits zu § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 ergangenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (siehe die hg. Erkenntnisse vom 25. November 1992, Zl. 92/01/0906, 0907, vom 27. Mai 1993, Zl. 93/01/0256, vom 9. September 1993, Zl. 93/01/0340, vom selben Tag, Zl. 93/01/0572, und vom 7. Oktober 1993, Zl. 92/01/1118) ist Verfolgungssicherheit im Sinne der angeführten Gesetzesbestimmung dann anzunehmen, wenn der Asylwerber im Drittstaat keiner Gefahr einer Verfolgung ausgesetzt war und auch wirksamen Schutz vor Abschiebung in den Verfolgerstaat hatte (vgl. RV 270 BlgNR. 18. GP zu § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991). Dabei kommt es nicht darauf an, daß die Behörden des anderen Staates von dem Aufenthalt des Asylwerbers wußten und ihn geduldet haben. Es kommt auch nicht darauf an, welche Absichten der Asylwerber dabei verfolgt und wie lange er sich in diesem anderen Staat aufgehalten hat. In diesem Sinne kann es bei Auslegung des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 auch nicht von Bedeutung sein, wenn der Asylwerber verwandte oder bekannte Personen in Österreich hat. Die Verfolgungssicherheit war im vorliegenden Fall bereits ab dem Zeitpunkt gegeben, in dem der Beschwerdeführer sein Heimatland verlassen hat und in den Niederlanden - das der Genfer Flüchtlingskonvention mit Hinterlegung der Ratifikationsurkunde vom 3. Mai 1956 mit der Maßgabe beigetreten ist, daß es hinsichtlich seiner Verpflichtungen aus dieser Konvention die Alternative b des Abschnittes B des Art. 1 (Ereignisse, die in Europa oder anderswo eingetreten sind, anwenden wird (BGBl. Nr. 100/1958) - eingereist ist.

Sofern der Beschwerdeführer die Verletzung des Parteiengehörs geltend macht, ist festzustellen, daß einem solchen Verfahrensmangel im Rahmen der Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes nur dann Bedeutung zukommt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 3. April 1985, Zl. 85/03/0006, und vom 31. Jänner 1986, Zl. 85/18/0394 u.a.), wenn der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde jene Überlegungen vorträgt, die er bei Gewährung des Parteiengehörs vor der belangten Behörde vorgetragen hätte, um beurteilen zu können, ob der Verfahrensmangel ein wesentlicher im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG ist, bei dessen Vermeidung also die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

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