VwGH 94/01/0205

VwGH94/01/020527.4.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerden 1. der K, geb. 1982, 2. des I, 3. des A, geb. 1984, und 4. der D, sämtliche in L, die Erst- und Drittbeschwerdeführer vertreten durch den Zweitbeschwerdeführer, alle Beschwerdeführer vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in L, gegen die Bescheide des Bundesministers für Inneres vom 8. Oktober 1993, Zl. 4.340.700/2-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1991 §4;
AsylG 1991 §4;

 

Spruch:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aufgrund der Beschwerden und den diesen angeschlossenen Ausfertigungen der angefochtenen Bescheide ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Der Zweitbeschwerdeführer, ein mazedonischer Staatsangehöriger, ist mit seiner Ehefrau (der Viertbeschwerdeführerin) und seinen beiden Kindern K und A, der Erstbeschwerdeführerin und dem Drittbeschwerdeführer, am 6. August 1992 in das Bundesgebiet eingereist. Der Zweitbeschwerdeführer beantragte am 10. August 1992, ihm Asyl zu gewähren. Die Berufung des Zweitbeschwerdeführers gegen den den Asylantrag abweisenden Bescheid des Bundesasylamtes vom 30. September 1992 wurde von der belangten Behörde mit Bescheid vom 8. Oktober 1993 gemäß § 66 Abs. 4 abgewiesen.

Die Erst-, Dritt- und Viertbeschwerdeführer stellten Anträge gemäß § 4 Asylgesetz 1991 auf Ausdehnung der Gewährung von Asyl. Die belangte Behörde wies die Berufungen dieser Beschwerdeführer gegen die abweisenden Bescheide des Bundesasylamtes vom 10. August 1992 gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab.

Die belangte Behörde begründete ihre abweisende Entscheidung gegenüber dem Zweitbeschwerdeführer unter anderem damit, daß er in Bulgarien, Rumänien, Ungarn, Slowenien und Kroatien, wo er sich vor seiner Einreise aufgehalten habe, gemäß § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 vor Verfolgung sicher gewesen sei. Verfolgungssicherheit sei insbesondere dann anzunehmen, wenn der Asylwerber vor seiner Einreise nach Österreich in einem Drittland keiner Verfolgung ausgesetzt gewesen sei und nicht befürchten habe müssen, ohne Prüfung der Fluchtgründe in sein Heimatland bzw. "in einen Verfolgerstaat" abgeschoben zu werden. Ein bewußtes Zusammenwirken zwischen dem Asylwerber und den Behörden des Drittstaates sei nicht notwendig. Es müßten lediglich die rechtlichen Voraussetzungen für den geforderten Schutz bestehen und tatsächlich die Möglichkeit gegeben sein, diesen "durch oder bei Kontaktaufnahme mit der Behörde zu aktualisieren". § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 stelle ausschließlich darauf ab, wie die Situation des Asylwerbers im Drittland gestaltet gewesen sei. Sei die Rechtsordnung dieses Staates dergestalt, daß sie einen entsprechenden Schutz gewähre, sei die Staatspraxis dieses Landes so, daß sie dieser Rechtsordnung entspreche und sei letztlich die Möglichkeit vorhanden, sich dieses Schutzes entweder durch entsprechende Anträge oder durch Kontaktnahme mit einem Vertreter des Flüchtlingshochkommissariates bedienen zu können, so sei die Voraussetzung des § 2 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. in vollem Umfang erfüllt.

Die belangte Behörde führte in den abweisenden Bescheiden gegenüber den Erst-, Dritt- und Viertbeschwerdeführern aus, daß die zwingende Voraussetzung für die Gewährung von Asyl gemäß § 4 Asylgesetz 1991, nämlich daß dem Ehegatten oder Vater der Antragsteller Asyl gewährt worden wäre, nicht vorliege, weil die Berufung des Ehegatten bzw. Vaters der Erst-, Dritt- und Viertbeschwerdeführer mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 8. Oktober 1993 abgewiesen worden sei.

In den gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden werden von den Beschwerdeführern inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Die Beschwerdeführer erachten sich im Recht auf Asylgewährung verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die aufgrund des persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Beschwerden in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Zum Zweitbeschwerdeführer:

Die belangte Behörde hat dem Zweitbeschwerdeführer nicht nur deshalb kein Asyl gewährt, weil sie seine Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 verneint hat, sondern auch deshalb, weil sie der Ansicht war, daß der Ausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. gegeben sei. Nach dieser Gesetzesstelle wird einem Flüchtling kein Asyl gewährt, wenn er bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher war. Selbst wenn daher der Erstbeschwerdeführer - wie er in der Beschwerde geltend macht - als Flüchtling anzusehen wäre, ist für seinen Standpunkt nichts zu gewinnen, wenn dieser Ausschließungsgrund vorliegt.

Wenn der Zweitbeschwerdeführer zu der Annahme der belangten Behörde, er sei in Ungarn gemäß § 2 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. vor Verfolgung sicher gewesen, ins Treffen führt, daß er dort nicht um politisches Asyl angesucht habe, da nach seiner Meinung dort noch immer das kommunistische politische System herrsche und er dort mit seiner Familie nicht in Freiheit leben könne, stellt er diese Schlußfolgerung der belangten Behörde nicht in Frage. Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher der belangten Behörde im Hinblick auf seine ständige Rechtsprechung zum Begriff der "Verfolgungssicherheit" gemäß § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 (vgl. u.a. die hg. Erkenntnisse vom 27. Mai 1993, Zl. 93/01/0256, und vom 24. November 1993, Zl. 93/01/0357), auf die des näheren gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, und im Hinblick auf den Umstand, daß Ungarn mit Wirksamkeit vom 12. Juni 1989 Mitglied der Genfer Flüchtlingskonvention in bezug auf Ereignisse in Europa wurde (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 29. Oktober 1993, Zl. 93/01/0952), diesbezüglich nicht entgegenzutreten. Im Hinblick auf dieses Ergebnis muß zu der Annahme der belangten Behörde, daß der Erstbeschwerdeführer auch in Bulgarien, Rumänien, Kroatien und Slowenien vor Verfolgung sicher gewesen sei, nicht näher eingegangen werden.

2. Zu den Erst-, Dritt- und Viertbeschwerdeführern:

Diese Beschwerdeführer machen geltend, daß kein "ausreichendes gesetzmäßiges Ermittlungsverfahren" vorgenommen worden sei. Die belangte Behörde habe daher die Rechtslage unrichtig und nicht mit dem Gesetz in Einklang stehend beurteilt. Die von der Behörde vorgenommenen Beweisaufnahmen seien völlig unzureichend gewesen. Es seien keine Ermittlungen vorgenommen worden. Der von der Behörde aufgenommene Sachverhalt bedürfe in wesentlichen Punkten der Ergänzung. Die tatsächlichen politischen Verhältnisse in Mazedonien seien von der Behörde in keiner Weise berücksichtigt worden. Die Viertbeschwerdeführerin führt weiters ins Treffen, daß sie selbst nicht vernommen worden und trotzdem der Erstreckungsantrag ihres Ehegatten sofort abgewiesen worden sei. Es sei ihr keine ausreichende Möglichkeit gegeben worden, ihren Asylantrag zu begründen.

Unbestritten ist von diesen Beschwerdeführern, daß sie Anträge auf Ausdehnung der Gewährung von Asyl gemäß § 4 Asylgesetz 1991 gestellt haben.

Gemäß § 4 Asylgesetz 1991 ist die Gewährung von Asyl auf Antrag auf die ehelichen und außerehelichen minderjährigen Kinder und den Ehegatten auszudehnen, sofern sich diese Personen in Österreich aufhalten und die Ehe schon vor der Einreise nach Österreich bestanden hat.

Maßgebliche Voraussetzung für die Asylgewährung gemäß § 4 leg. cit. an die genannten Personen ist, daß dem Vater, der Mutter oder dem Ehegatten Asyl gewährt wurde. Diese Voraussetzung ist in den Fällen der Erst-, Dritt- und Viertbeschwerdeführer nicht erfüllt und wird dies von diesen Beschwerdeführern auch nicht bestritten (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 1994, Zl. 93/01/1122).

3. Da somit der Inhalt der Beschwerden bereits erkennen läßt, daß die von den Beschwerdeführern behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, waren die Beschwerden gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

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