VwGH 93/18/0583

VwGH93/18/058313.1.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag.Dr. Wurdinger, über die Beschwerde des M in S, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 15. September 1993, Zl. St 161-1/93, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Normen

AufG 1992 §4;
AufG 1992 §6;
AVG §56;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
AVG §66 Abs4;
FrG 1993 §15 Abs1;
FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §7 Abs1;
EMRK Art8 Abs1;
EMRK Art8 Abs2;
AufG 1992 §4;
AufG 1992 §6;
AVG §56;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
AVG §66 Abs4;
FrG 1993 §15 Abs1;
FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §7 Abs1;
EMRK Art8 Abs1;
EMRK Art8 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) vom 15. September 1993 wurde der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, gemäß § 17 Abs. 1 in Verbindung mit § 15 Abs. 3 Z. 1 FrG ausgewiesen.

Nach der Begründung sei der Beschwerdeführer am 15. September 1992 von Ungarn her kommend nach Österreich gelangt. Bei seiner Einreise habe er einen ihm vom Generalkonsulat der Bundesrepublik Deutschland in Istanbul am 7. September 1992 ausgestellten und bis 3. Dezember 1992 gültigen Sichtvermerk für die Bundesrepublik Deutschland besessen. Nach der Verordnung BGBl. Nr. 95 a/1990 sei er zur sichtvermerksfreien Einreise und einem Aufenthalt im Bundesgebiet bis zu drei Monaten berechtigt gewesen. Diese Frist sei am 15. Dezember 1992 abgelaufen; seither halte er sich nicht mehr rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Die Bezirkshauptmannschaft Perg habe mit Bescheid vom 17. Juni 1993 die Erteilung eines befristeten Sichtvermerks versagt. Im Hinblick auf § 19 FrG habe der Beschwerdeführer vorgebracht, am 17. Dezember 1992 eine österreichische Staatsangehörige geheiratet zu haben. Mit dieser würde eine intakte Lebensgemeinschaft bestehen. Die Gattin des Beschwerdeführers habe allerdings in einer vor der Bundespolizeidirektion Steyr am 23. Februar 1993 freiwillig abgegebenen und zu Protokoll genommenen Erklärung ausgeführt, sie sei von ihrem Verlobten wiederholt aufgefordert worden, einen Türken gegen Geld zu ehelichen. Unter diesem Druck sei dann die Ehe mit dem Beschwerdeführer geschlossen worden und sei ihrem Verlobten ein Geldbetrag von S 27.000,-- übergeben worden. Sie habe den Beschwerdeführer dann bis Jänner 1993 nicht mehr gesehen. Die nähere Adresse des Beschwerdeführers wisse sie nicht, lediglich seine Telefonnummer. Die Einwendungen des Beschwerdeführers, es sei lediglich ein Geldbetrag von schätzungsweise S 10.000,-- bis S 15.000,-- übergeben worden und dies für die Unkosten der Hochzeitsfeierlichkeiten, sowie daß ein gemeinsamer Haushalt für mehrere Monate bestanden habe, könnten die freiwillig abgelegten Aussagen nicht wesentlich entkräften. Wenn die Ehegatten voneinander im wesentlichen lediglich die Telefonnummern wüßten, scheine doch nicht eine Lebensgemeinschaft vorzuliegen, die besonders schutzwürdig erscheine. Darüberhinaus werde der Beschwerdeführer das Bundesgebiet ohnehin verlassen müssen, weil ihm anders die von ihm beantragte Aufenthaltsbewilligung gar nicht erteilt werden könne. Es stehe dem der zwingende Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG, der nach § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes auch für dieses Gesetz Anwendung finde, entgegen.

Da ohnehin erforderlich sei, daß der Beschwerdeführer das Bundesgebiet wieder verlasse, wenn auch allenfalls nur zum Zweck des Erhalts der Aufenthaltsbewilligung, er sich sogar trotz der ausdrücklichen Versagung eines Sichtvermerkes weiterhin im Bundesgebiet aufhalte und letztlich die eheliche Verbindung mit einer österreichischen Staatsangehörigen ihrem Inhalt nach nicht sonderlich schützenswert erscheine, sei die verfügte Ausweisung zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) dringend geboten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, allenfalls wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 17 Abs. 1 FrG sind Fremde mit Bescheid auszuweisen, wenn sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten; hiebei ist auf § 19 Bedacht zu nehmen.

Würde durch eine Ausweisung gemäß § 17 Abs. 1 oder ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist ein solcher Entzug der Aufenthaltsberechtigung nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten genannten Ziele dringend geboten ist.

Der Beschwerdeführer erblickt eine inhaltliche Rechtswidrigkeit darin, daß der Spruch des angefochtenen Bescheides nicht festhalte, welcher konkrete Bescheid mit dem vorliegenden Bescheid bestätigt werde.

Nach § 67 AVG gelten die Vorschriften des III. Teiles des AVG ("Bescheide", §§ 56 - 62) auch für die Bescheide der Berufungsbehörde. Der Spruch hat gemäß § 59 Abs. 1 die in Verhandlung stehende Angelegenheit zu erledigen. Es ist nicht vorgeschrieben, daß die Berufungsbehörde im Spruch ihres (Berufungs-)Bescheides den angefochtenen Bescheid durch Angabe von Datum und Geschäftszahl bezeichnet. Wenn daher diese Angaben - wie im gegenständlichen Fall - nicht im Spruch, sondern in der Einleitung des Bescheides angeführt sind, kann daraus eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht abgeleitet werden.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, daß ihm nach der Zeit seines sichtvermerksfreien rechtmäßigen Aufenthaltes die Erteilung eines österreichischen Sichtvermerkes versagt wurde. Er tritt der Auffassung der belangten Behörde, daß er sich mit Ablauf des Zeitraumes des sichtvermerksfreien rechtmäßigen Aufenthaltes nicht mehr rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, mit der Behauptung entgegen, daß er bei der zuständigen österreichischen Vertretungsbehörde einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung gestellt habe und große Wahrscheinlichkeit bestehe, daß dieser Antrag positiv erledigt werde, sodaß er in unmittelbarer Zukunft mit der Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung rechne.

Damit kann sich der Beschwerdeführer auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Z. 2 FrG nicht berufen. Weder der Antrag auf Erteilung eines Sichtvermerkes noch auf Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung nach dem Aufenthaltsgesetz vermag die Erteilung eines Sichtvermerkes bzw. einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz zu ersetzen (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 30. September 1993, Zl. 93/18/0386, und vom 15. Dezember 1993, Zl. 93/18/0547).

Die belangte Behörde konnte somit zu Recht davon ausgehen, daß sich der Beschwerdeführer nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte.

Der Beschwerdeführer bestreitet die Zulässigkeit der Ausweisung im Grunde des § 19 FrG. Er sei in den österreichischen Arbeitsprozeß integriert, besitze einen Befreiungsschein und sei mit einer österreichischen Staatsbürgerin verehelicht. Er gehe nicht davon aus, daß auch nur eines der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele bei ihm zutreffe.

Selbst wenn man einen relevanten Eingriff in das Privat- oder Familienleben des Beschwerdeführers i.S. des § 19 FrG annehme, ist die Ausweisung im öffentlichen Interesse zulässig. Die belangte Behörde hat mit Recht darauf hingewiesen, daß das weitere Verbleiben des Beschwerdeführers im Bundesgebiet auch nach und trotz der rechtskräftigen Abweisung seines Sichtvermerksantrages die öffentliche Ordnung in hohen Maß gefährde, weshalb zur Wahrung dieses im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Rechtsgutes die Ausweisung dringend geboten sei (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 30. September 1993, Zl. 93/18/0390, und Zl. 93/18/0419). Gleichermaßen läuft es dem Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens grob zuwider, wenn ein Fremder bloß aufgrund von Tatsachen, die von ihm während seines rechtswidrigen Aufenthaltes geschaffen wurden (hier: seine Eheschließung ganz kurze Zeit nach seinem sichtvermerksfreien rechtmäßigen Aufenthalt und die daraufhin erteilte Berechtigung, ein Arbeitsverhältnis einzugehen), den tatsächlichen Aufenthalt in Österreich auf Dauer erzwingen könnte. Die Erlassung eines Ausweisungsbescheides ist demnach in solchen Fällen dringend geboten.

Bei diesem Ergebnis ist der Verfahrensrüge dahingehend, daß die belangte Behörde dem Antrag des Beschwerdeführers auf neuerliche Einvernahme seiner Ehegattin nicht entsprochen habe, der Boden entzogen.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren (damit auch ohne Erteilung eines Mängelbehebungsauftrages zur Vorlage zweier weiterer Beschwerdeausfertigungen) in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein gesonderter Abspruch über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

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