Normen
ForstG 1975 §174 Abs1 lita;
VStG §11;
VStG §12 Abs1;
VStG §12;
VStG §19;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
ForstG 1975 §174 Abs1 lita;
VStG §11;
VStG §12 Abs1;
VStG §12;
VStG §19;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exektion zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 3. Juli 1991 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 8. September 1990 gegen 11.30 Uhr der Vorschreibung 1 des Bannwaldbescheides der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 2. Mai 1985 bzw. des Landeshauptmannes von Tirol vom 15. Juli 1985, wonach auf Gp. 704 jedwede Beweidung verboten sei, zuwidergehandelt, weil auf Gp. 704 zum angegebenen Zeitpunkt 5 Stück Vieh eingeweidet worden seien. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 174 Abs. 1 lit. a Z. 13 i.V.m.
§ 28 des Forstgesetzes 1975 (ForstG) begangen. Es wurde eine Primärarreststrafe in der Dauer von 3 Wochen verhängt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer bringt vor, nach § 28 ForstG habe die Behörde ein allgemeines, gemäß § 34 Abs. 10 leg. cit. ersichtlich zu machendes Verbot des Betretens des Bannwaldes durch Unbefugte zu erlassen. Aus dem angefochtenen Bescheid gehe nicht hervor, inwiefern ein solches Verbot ersichtlich gemacht worden sei bzw. ob es dem Beschwerdeführer bekannt sein mußte.
Nach § 174 Abs. 1 lit. a Z. 13 ForstG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer den Vorschreibungen und Anordnungen der §§ 28 und 29 über Bannwald zuwiderhandelt. Nach § 28 Abs. 1 leg. cit. besteht die Bannlegung in der Vorschreibung der nach dem Bannzweck und den örtlichen Verhältnissen erforderlichen Maßnahmen und Unterlassungen sowie in der bestmöglichen Gewährleistung der Durchführung der Maßnahmen.
Die Absätze 2 und 3 des § 28 enthalten eine demonstrative Aufzählung von solchen Vorschreibungen. Dazu zählt nach § 28 Abs. 3 lit. d ForstG auch, daß die Behörde erforderlichenfalls ein allgemeines, gemäß § 34 Abs. 10 ersichtlich zu machendes Verbot des Betretens des Bannwaldes durch Unbefugte zu erlassen hat.
Dem Beschwerdeführer wird nicht vorgeworfen, er habe entgegen einem im Bannlegungsbescheid ausgesprochenen Verbot den Bannwald betreten; der Vorwurf lautet vielmehr, er habe jene Bestimmung des Bannlegungsbescheides übertreten, die die Beweidung des Bannwaldes untersagt. § 28 Abs. 3 lit. d enthält auch kein generelles Kundmachungsgebot für Bannlegungsbescheide. Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsstrafverfahren nie vorgebracht, daß ihm die Bannlegung und ihre Vorschreibungen unbekannt gewesen seien. Diese mußten ihm schon deswegen bekannt sein, weil ihm der Bannlegungsbescheid zugestellt wurde und er gegen diesen auch (allerdings erfolglos) - Rechtsmittel ergriffen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 1993, Zlen. 93/10/0030, 0031).
Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, er habe in seiner Berufung geltend gemacht, das Weidevieh sei deshalb auf die Bannflächen gelangt, weil der Zaun, der es davon abhalten hätte sollen, durch Baufahrzeuge beschädigt worden sei. Dem habe die belangte Behörde eine Stellungnahme der Wildbach- und Lawinenverbauung vom 21. Jänner 1991 entgegengehalten. Aus dieser Stellungnahme sei aber zur Widerlegung der Rechtfertigungsangaben des Beschwerdeführers nichts zu gewinnen.
Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer im Recht. Der Beschwerdeführer hat in seiner Rechtfertigung im Verwaltungsstrafverfahren vorgebracht, das Vieh sei vor Beginn von Bauarbeiten durch die Wildbachverbauung nicht in die Gp. 704 der KG Ramsberg eingedrungen. Erst als von der Wildbachverbauung Baumaßnahmen begonnen worden seien, hätten überdimensionale LKW bei der Fahrt über die Weideroste die Begrenzungssäulen umgefahren. Dies habe zur Folge gehabt, daß das Vieh ungestört auf die Gp. 704 gekommen sei.
Die belangte Behörde hat dieses Vorbringen mit einem Hinweis auf ein Schreiben der Wildbach- und Lawinenverbauung vom 21. Jänner 1991 abgetan. In diesem Schreiben wird ausgeführt, die Baumaßnahmen zur Fertigstellung der im Ergänzungsprojekt 1971 vorgesehenen Maßnahmen seien in der Zeit vom 9. Juli bis 30. September 1990 durch eine Arbeiterpartie der Wildbach- und Lawinenverbauung durchgeführt worden. Bereits am 11. Juni und am 26. Juni habe die Gebietsbauleitung westliches Unterinntal Einweidungen vom 7. Juni und vom 21. Juni der Bezirkshauptmannschaft Schwaz zur Anzeige gebracht. Bereits bei der ersten Anzeige sei ausdrücklich festgestellt worden, daß der Zaun, der am 5. Juni 1990 aufgelegt worden sei, im Bereich der Wegquerung beschädigt gewesen sei. Die Anzeige der Bezirksforstinspektion Zillertal über die Einweidung vom 12. Juni liege ebenfalls noch lange vor Baubeginn. Während der Baumaßnahmen habe mehrere Male festgestellt werden können, daß die Zaunsäulen ausgezogen worden seien. Sie seien jeweils von der Arbeiterpartie wieder repariert worden. Die Rechtfertigung des Beschwerdeführers sei daher in diesem Punkt unrichtig.
Zwar könnte auch die vom Beschwerdeführer behauptete Beschädigung des Zaunes, wenn sie tatsächlich im Zuge von Bauarbeiten durch die Wildbach- und Lawinenverbauung erfolgt wäre, den Beschwerdeführer nur dann entlasten, wenn sie in einem solchen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit der ihm angelasteten Beweidung der Parzelle 704 stünde, daß sie es dem Beschwerdeführer unmöglich gemacht hätte, das Weidevieh von dieser Parzelle abzuhalten. Ob dies der Fall war, kann aber an Hand des vorliegenden Sachverhaltes nicht beurteilt werden. Das Schreiben der Wildbach- und Lawienenverbauung reicht nicht aus, die Behauptungen des Beschwerdeführers, der Zaun sei durch Schwerfahrzeuge beschädigt worden, zu widerlegen, da darin einerseits auf das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht direkt eingegangen wird und andererseits aus den Angaben über bereits früher vorgefundene Zaunschäden bzw. Manipulationen am Zaun und deren Beseitigung nicht hervorgeht, in welchem Zustand sich der Zaun zum Zeitpunkt der dem Beschwerdeführer angelasteten Verwaltungsübertretungen befand (vgl. auch das einen gleichgelagerten Fall betreffende hg. Erkenntnis vom 18. April 1994, Zl. 93/10/0041).
Aus den dargelegten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
BGBl. Nr. 104/1991.
Aus verfahrensökonomischen Gründen wird darauf hingewiesen, daß sich die belangte Behörde in fortgesetzten Verfahren auch eingehender mit der Strafbemessung auseinanderzusetzen haben wird. Über den Beschwerdeführer wurde eine dreiwöchige Primärfreiheitsstrafe verhängt.
Nach § 174 Abs. 1 letzter Absatz Z. 1 ForstG sind die im § 174 Abs. 1 lit. a enthaltenen Verwaltungsübertretungen mit einer Geldstrafe bis zu 100.000,-- Schilling oder mit Arrest bis zu 4 Wochen zu ahnden.
Nach § 11 VStG darf eine Freiheitsstrafe nur verhängt werden, wenn dies notwendig ist, um den Täter von weiteren Verwaltungsübertretungen gleicher Art abzuhalten.
Nach § 12 Abs.1 VStG darf eine Freiheitsstrafe von mehr als 2 Wochen nur verhängt werden, wenn dies wegen besonderer Erschwerungsgründe geboten ist. Eine längere als eine sechswöchige Freiheitsstrafe darf nicht verhängt werden.
Die §§ 11 und 12 VStG verlangen von der Behörde im Falle der Verhängung einer Freiheitsstrafe eine zweifache Prüfung:
Zunächst ist zu untersuchen, ob eine Freiheitsstrafe im Sinne des § 11 VStG notwendig ist. Wird dies bejaht - und sieht die Verwaltungsvorschrift eine Strafdrohung von über zwei Wochen vor -, dann ist weiter zu prüfen, ob BESONDERE Erschwerungsgründe bestehen, die die Verhängung einer Freiheitsstrafe von mehr als 2 Wochen gebieten.
Ausreichende Ausführungen zur Strafbemessung fehlen im vorliegenden Fall. Was die "einschlägigen Vorstrafen" des Beschwerdeführers betrifft, ist im angefochtenen Bescheid lediglich von einer großen Anzahl solcher Vorstrafen die Rede, ohne daß aus der Begründung oder aus dem Akt nähere Einzelheiten dazu entnommen werden könnten, ob und inwiefern diese Vorstrafen zur Begründung einer Primärfreiheitsstrafe herangezogen werden können, insbesondere ob es sich um solche handelt, die nach § 55 VStG bei der Strafbemessung noch Berücksichtigung finden dürfen. Die Verhängung einer Primärfreiheitsstrafe bedarf einer eingehenden und sorgfältigen Begründung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. November 1993, Zlen. 93/10/0086, 0089, 0090). Diesem Erfordernis wird die von der belangten Behörde gegebene Begründung nicht gerecht.
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