VwGH 92/17/0134

VwGH92/17/013423.9.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer und Dr. Puck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schidlof, in der Beschwerdesache der prot. Fa. R-GmbH in T, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in V, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 21. Februar 1992, Zl. Senat-BN-92-020, betreffend Zurückweisung einer Berufung i.A. Beschlagnahme eines Glücksspielautomaten, den Beschluß gefaßt:

Normen

VwGG §33 Abs1;
VwGG §33 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Kosten werden nicht zugesprochen.

Begründung

Mit dem an R adressierten Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 10. Jänner 1992 wurde ein Pokerautomat, Marke Euromat Nr. 101071, gemäß "§ 39" (erg.: Abs. 1) VStG und § 53 des Glücksspielgesetzes, BGBl. Nr. 620/1989, zur Sicherung der Strafe des Verfalls in Beschlag genommen.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde die dagegen von der Beschwerdeführerin erhobene Berufung als unzulässig zurückgewiesen. Zwar sei die Beschwerdeführerin als Eigentümerin des verfahrensgegenständlichen Glücksspielautomaten zur Einbringung der vorliegenden Berufung legitimiert, jedoch ermangle es letzterer an einem begründeten Berufungsantrag.

Mit weiterem Bescheid (Straferkenntnis) der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 29. Jänner 1992 war R inzwischen der Übertretung des Glücksspielgesetzes für schuldig erkannt und es war gleichzeitig gemäß § 52 Abs. 2 Glücksspielgesetz der oben genannte Glücksspielautomat für verfallen erklärt worden.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 27. Jänner 1993 wurde über Berufung des R dieses erstinstanzliche Straferkenntnis aufgehoben und die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.

Mit Verfügung vom 18. Juli 1994 wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 33 Abs. 1 VwGG aufgefordert, sich binnen drei Wochen dazu zu äußern, ob und in welchen Rechten sie sich durch den angefochtenen Bescheid im Hinblick auf die Aufhebung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses vom 29. Jänner 1992 weiterhin verletzt erachte.

Die Beschwerdeführerin hat hiezu innerhalb der gesetzten Frist keine Äußerung erstattet.

Gemäß § 33 Abs. 1 VwGG ist, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, daß der Beschwerdeführer klaglos gestellt wurde, nach dessen Einvernahme die Beschwerde in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen. Eine derartige Klaglosstellung (im engeren Sinne) setzt allerdings eine Beseitigung des beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides durch wen und aus welchem Titel auch immer, insbesondere eine formelle Aufhebung durch die belangte Behörde oder die allenfalls in Betracht kommende Oberbehörde oder durch den Verfassungsgerichtshof voraus (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Seite 307, angeführte

hg. Rechtsprechung).

Eine zur Verfahrenseinstellung führende Gegenstandslosigkeit der Beschwerde kann jedoch auch dann eintreten, wenn durch Änderung maßgebender Umstände das rechtliche Interesse des Beschwerdeführers an der Entscheidung wegfällt (vgl. hiezu etwa die hg. Beschlüsse vom 9. April 1980, Slg. Nr. 10.092/A - verstärkter Senat -, vom 10. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.322/A, vom 29. Oktober 1984, Zl. 83/11/0011, vom 2. Oktober 1991, Zl. 88/07/0061, und vom 27. Februar 1992, Zl. 91/17/0149). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn durch einen behördlichen Akt dasselbe Ergebnis herbeigeführt wird, das der Beschwerdeführer mit der Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes anstrebt; in einem so gelagerten Fall wird auch von einer "materiellen" Klaglosstellung gesprochen (vgl. die hg. Beschlüsse vom 26. April 1985, Zl. 83/11/0296, vom 19. Jänner 1988, Zl. 87/11/0051, und vom 22. September 1989, Zl. 88/17/0231).

Ein solcher Fall ist hier gegeben.

Durch die mit Bescheid der belangten Behörde vom 27. Jänner 1993 erfolgte Aufhebung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses vom 29. Jänner 1992 gehört auch der mit dem letztgenannten Bescheid ausgesprochene Verfall des gegenständlichen Glücksspielautomaten nicht mehr dem Rechtsbestand an. Damit ist auch die lediglich zur SICHERUNG der Strafe des Verfalls ausgesprochene Beschlagnahme des Gerätes hinfällig.

Das Interesse der Beschwerdeführerin an einer meritorischen Entscheidung über ihre Berufung gegen die seinerzeitige Beschlagnahme des Glücksspielautomaten ist daher weggefallen; die vorliegende Beschwerde ist unter Bedachtnahme auf die prozessuale Überholung des Beschwerdegegenstandes gegenstandslos geworden.

Daher war die Beschwerde in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos zu erklären und das Beschwerdeverfahren einzustellen.

Nur der Vollständigkeit halber sei festgehalten, daß der dargelegte Wegfall der Beschwer nicht etwa schon mit dem erstinstanzlichen Straferkenntnis vom 29. Jänner 1992 eingetreten ist, was die Zurückweisung der (erst) am 10. April 1992 zur Post gegebenen Beschwerde hätte zur Folge haben müssen. Der im genannten Straferkenntnis enthaltene Ausspruch über den Verfall konnte nämlich die Beschlagnahme deshalb nicht schon in diesem Zeitpunkt gegenstandslos machen, weil gemäß § 64 Abs. 1 AVG in Verbindung mit § 24 VStG der Berufung gegen das Straferkenntnis aufschiebende Wirkung zukam; letztere konnte gemäß dem zweiten Satz der zuletzt genannten Gesetzesstelle auch nicht nach § 64 Abs. 2 AVG ausgeschlossen werden.

Da keine formelle Klaglosstellung eingetreten ist, war bei der Kostenentscheidung nicht § 56 erster Satz VwGG, sondern § 58 leg. cit. anzuwenden; das heißt, daß jede Partei den ihr im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erwachsenden Aufwand selbst zu tragen hat (vgl. auch hiezu den Beschluß eines verstärkten Senates vom 9. April 1980, Slg. Nr. 10.092/A).

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