VwGH 91/10/0061

VwGH91/10/006121.11.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Novak, Dr. Mizner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fichtner, über die Beschwerde der A-GmbH in G, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 28. Jänner 1991, Zl. 6-55 Au 1/2-1991, betreffend Entfernungsauftrag nach dem Steiermärkischen Naturschutzgesetz, zu Recht erkannt:

Normen

NatSchG Stmk 1976 §4 Abs1;
NatSchG Stmk 1976 §4 Abs7;
VwRallg;
NatSchG Stmk 1976 §4 Abs1;
NatSchG Stmk 1976 §4 Abs7;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Hartberg vom 19. Dezember 1989 wurde der beschwerdeführenden Partei gemäß § 4 Abs. 7 des Steiermärkischen Naturschutzgesetzes 1976, LGBl. Nr. 65 (NSchG 1976), aufgetragen, die auf dem Grundstück Nr. 249/2, 248/2 und 247/5 der KG P, widerrechtlich aufgestellte Werbetafel bis längstens 5. Jänner 1990 zu entfernen, da diese außerhalb der geschlossenen Ortschaft errichtet worden sei.

Die beschwerdeführende Partei erhob Berufung, wobei sie im wesentlichen die Auffassung vertrat, die Werbetafel befinde sich innerhalb einer geschlossenen Ortschaft.

Die belangte Behörde holte eine Stellungnahme der Fachstelle Naturschutz ein, auf die die beschwerdeführende Partei im Rahmen des Parteiengehörs erwiderte, daß die Werbeeinrichtung als "in einer umbauten Grünfläche situiert" anzusehen sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung keine Folge gegeben. In der Begründung ging die belangte Behörde von folgendem festgestellten Sachverhalt aus: Die gegenständliche Werbeeinrichtung befinde sich östlich einer Gemeindestraße im Gemeindegebiet von P. Zwischen dieser Gemeindestraße und der Wechselbundesstraße befänden sich mehrere mehrgeschossige Wohnobjekte, die den Eindruck eines geschlossen bebauten Gebietes vermittelten. Diese Bebauung setze sich dann jenseits der Gemeindestraße in Richtung Nordosten in Form einer einzeiligen Verbauung entlang einer weiteren Aufschließungsstraße fort. Mehrere hundert Meter im Hangbereich oberhalb des Standplatzes der Werbeeinrichtung verdichte sich diese Bebauung in Richtung Südosten nochmals. Südwestlich des Standplatzes befinde sich ebenfalls entlang der Wechsel-Bundesstraße bzw. einer Aufschließungsstraße eine Reihe von Bauobjekten, die ebenfalls in zeilenartiger Bebauung den Hang aufwärts den Eindruck eines geschlossenen Siedlungsgebietes vermittelten. Der Standplatz der Werbeeinrichtung selbst sei eine Böschung oberhalb der Gemeindestraße und in weiterer Folge schlössen landwirtschaftliche Freiflächen in Richtung Nordosten an. Der Abstand zum letzten Gebäude der geschlossenen Ortschaft betrage 30 m. Somit trete die Werbeeinrichtung aus dem Schatten des letzten Gebäudes der geschlossenen Ortschaft eindeutig hervor. Sowohl aus dem beiliegenden Katasterplan wie auch aus der angefertigten Fotographie sei zu entnehmen, daß im Nordosten des Freiraumes die Bebauung mehr als 100 m voneinander entfernt sei, sodaß bei großräumiger Betrachtung von keiner Grünfläche innerhalb geschlossen bebauten Gebietes gesprochen werden könne. Das Siedlungsgebiet habe keinen Zusammenschluß, sondern es reiche ein Freiraum, der sich weiter in Richtung Norden, Osten und Südosten fortsetze, in Form einer Freilandzunge bis an die Bauobjekte westlich des Standplatzes der Werbeeinrichtung heran.

Aus diesem Sachverhalt ergebe sich, daß bei großräumiger Betrachtungsweise die gegenständliche Werbeeinrichtung nicht innerhalb eines geschlossen bebauten Gebietes errichtet worden sei, sondern innerhalb der freien unverbauten Landschaft liege.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 4 Abs. 1 NSchG 1976 dürfen Ankündigungen (Werbeeinrichtungen, Bezeichnungen, Hinweise und nichtamtliche Bekanntmachungen) außerhalb geschlossener Ortschaften nur mit Bewilligung der Bezirksverwaltungsbehörde vorgenommen werden.

Nach § 4 Abs. 7 leg. cit. sind nichtbewilligte Ankündigungen binnen zwei Wochen nach Aufforderung durch die Bezirksverwaltungsbehörde von demjenigen zu entfernen, der sie veranlaßt hat.

Die beschwerdeführende Partei vertritt im wesentlichen die Auffassung, daß die gegenständliche Werbeeinrichtung innerhalb eines geschlossen bebauten Gebietes errichtet worden sei.

Eine geschlossene Ortschaft liegt insoweit vor, als das äußere Erscheinungsbild des Ortes oder Ortsteiles überwiegend von einer größeren Ansammlung von Bauwerken einschließlich der sie etwa umgebenden Grünanlagen geprägt wird, oder von einem räumlichen Zusammenschluß einer Vielheit von Bauwerken gesprochen werden kann, der sich durch den Zusammenschluß von einzelnen verstreut liegenden Baulichkeiten sichtbar abhebt. Da nur jene Störungen des Landschaftsbildes erfaßt sind, die von Ankündigungen außerhalb geschlossener Ortschaften ausgehen, kommt es dabei nicht etwa auf den Ausblick auf die Landschaft, sondern nur auf die Umgebung des Standortes an, so zwar, daß selbst ausgedehntere Grünflächen inmitten stark verbauten Gebietes allenfalls noch innerhalb der geschlossenen Ortschaft liegen können (vgl. etwa aus jüngster Zeit das Erkenntnis vom 20. Juni 1994, Zl. 92/10/0391). Für die Beurteilung der Frage, ob eine geschlossene Ortschaft, die sich von der verbliebenen natürlichen Landschaft abhebt, vorliegt oder nicht, ist daher eine großflächige Betrachtungsweise geboten (vgl. das Erkenntnis vom 29. Juni 1981, Zl. 81/10/0040, und die dort zitierte Vorjudikatur). Ob sich der fragliche Bereich in oder außerhalb des Bereiches von Ortstafeln befindet, ist ohne Belang (vgl. das Erkenntnis vom 1. Juni 1981, Zlen. 81/10/0006, 0015 u.a.). Werbeeinrichtungen, die außerhalb des letzten Gebäudes, das zu einer geschlossenen Ortschaft zählt, aufgestellt sind, liegen außerhalb der geschlossenen Ortschaft im Sinne des § 4 Abs. 1 NSchG 1976. Von diesem Grundsatz ist jedoch insofern eine Ausnahme denkbar, als eine Werbeeinrichtung an einem Gebäude selbst angebracht ist oder sich an einem derartigen räumlichen Naheverhältnis zu einem Gebäude befindet, daß die Werbeeinrichtung sozusagen nicht aus dem Schatten des Gebäudes hervortritt (vgl. das Erkenntnis vom 13. August 1991, Zl. 91/10/0073).

Auf dem Boden der dargestellten Rechtslage kann der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie aufgrund des festgestellten Sachverhaltes die Auffassung vertreten hat, daß sich die gegenständliche Werbeanlage außerhalb einer geschlossenen Ortschaft befindet. Den Feststellungen im Verwaltungsverfahren, daß die Verbauungen im Bereich des von Nordosten hereinreichenden Freiraumes mehr als 100 m voneinander entfernt sind, sodaß das Siedlungsgebiet keinen Zusammenschluß aufweist, sondern ein Freiraum in Form einer Freilandzunge bis an die Bauobjekte westlich des Standplatzes der Werbeeinrichtung heranreicht, ist die beschwerdeführende Partei nicht mit konkreten Behauptungen entgegengetreten. Auch die Beschwerde spricht nur vage davon, daß die Wiese, vor der sich die Werbeanlage befindet, "zum Großteil" von Baulichkeiten umschlossen ist. Der erstmals im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgelegte Lageplan, nach dem sich östlich der Werbeeinrichtung zwei Siedlungshäuser befinden sollen, wodurch der Eindruck einer Grünfläche inmitten stark verbauten Gebietes entstehen könnte, vermag ein konkretes, zur Erschütterung der in Rede stehenden Feststellung geeignetes Vorbringen nicht zu ersetzen.

Da der Abstand zum letzten Gebäude der geschlossenen Ortschaft etwa 30 m beträgt, kann auch nicht davon gesprochen werden, daß sich die Werbeanlage in einem solchen Naheverhältnis zu diesem Gebäude befindet, daß es sozusagen nicht aus dessen Schatten hervortritt.

Aufgrund dieser Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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