VwGH 93/18/0003

VwGH93/18/00034.2.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde des C, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 23. November 1992, Zl. 11/162-6/1992, betreffend Schubhaft, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1991 §6;
AsylG 1991 §7 Abs1;
AsylG 1991 §9 Abs1;
FrPolG 1954 §13;
FrPolG 1954 §13a;
FrPolG 1954 §5 Abs1;
FrPolG 1954 §5a;
AsylG 1991 §6;
AsylG 1991 §7 Abs1;
AsylG 1991 §9 Abs1;
FrPolG 1954 §13;
FrPolG 1954 §13a;
FrPolG 1954 §5 Abs1;
FrPolG 1954 §5a;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Der Beschwerdeführer, seinen Angaben zufolge nigerianischer Staatsangehöriger, war Anfang September 1992 ohne Reisedokument und ohne Sichtvermerk unter Umgehung der Grenzkontrolle auf dem Landweg in Österreich eingereist. Am 14. September 1992 wurde der Beschwerdeführer aufgrund eines entsprechenden Bescheides der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom selben Tag in Schubhaft genommen. Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol vom 13. November 1992 wurde auf Antrag der Bundespolizeidirektion Innsbruck die Ausdehnung der Schubhaft bis zur Höchstdauer von insgesamt drei Monaten (bis 14. Dezember 1992) bewilligt.

2. Mit Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Innsbruck, vom 25. September 1992 wurde der Asylantrag des Beschwerdeführers vom 4. September 1992 abgewiesen, mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 23. Oktober 1992 die vom Beschwerdeführer dagegen erhobene Berufung.

3. Mit Bescheid vom 1. Oktober 1992 erließ die Bundespolizeidirektion Innsbruck gegen den Beschwerdeführer ein auf § 3 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 7 des Fremdenpolizeigesetzes gestütztes unbefristetes Aufenthaltsverbot für das ganze Bundesgebiet. Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen.

4. Mit der an den unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol (die belangte Behörde) gerichteten Beschwerde vom 17. November 1992 begehrte der Beschwerdeführer die Feststellung, daß seine Anhaltung in Schubhaft seit 1. Oktober 1992 rechtswidrig sei. Dies mit der Begründung, daß ein Fremder, der nicht abgeschoben werden könne und dürfe, nicht in Schubhaft gehalten werden dürfe, weil der einzige Zweck der Schubhaft die Außerlandesschaffung sei.

5. Diese Beschwerde wies die belangte Behörde mit Bescheid vom 23. November 1992 gemäß § 67c Abs. 3 AVG und § 5a Abs. 6 des Fremdenpolizeigesetzes als unbegründet ab.

6. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Es werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 5 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz kann ein Fremder von der Behörde zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung sowie zur Sicherung der Abschiebung vorläufig in Verwahrung genommen werden (Schubhaft), wenn dies im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung oder Sicherheit oder aus dem Grund notwendig erscheint, um ein unmittelbar zu befürchtendes strafbares Verhalten des Fremden zu verhindern.

Wer in Schubhaft genommen oder angehalten wird, hat gemäß § 5a Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit der Festnahme oder Anhaltung anzurufen.

2.1. Der Beschwerdeführer bringt vor, daß im Hinblick auf das am 1. Oktober 1992 gegen ihn erlassene Aufenthaltsverbot ab diesem Zeitpunkt als einziger Grund für die Schubhaft die "Sicherung der Abschiebung" in Betracht gekommen sei. Da aber eine Abschiebung wegen des anhängigen Asylverfahrens nicht habe "betrieben" werden können, habe eine Abschiebung auch nicht gesichert werden können, sodaß die Schubhaft über den Beschwerdeführer nicht hätte verhängt werden dürfen.

2.2.1. In der Beschwerde blieb die im bekämpften Bescheid getroffene Feststellung unbestritten, daß über den Beschwerdeführer mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 1. Oktober 1992 gemäß § 3 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 7 Fremdenpolizeigesetz ein unbefristetes Aufenthaltsverbot verhängt worden und dieses in Rechtskraft erwachsen ist. Daraus ergibt sich in rechtlicher Hinsicht folgendes: Zum einen durfte damit der Beschwerdeführer im Grunde des § 13 leg. cit. abgeschoben werden, wenn (u.a.) eine Überwachung seiner Ausreise aus Gründen der öffentlichen Ruhe, Ordnung oder Sicherheit notwendig erschien. Zum anderen stand für die belangte Behörde bindend fest, daß der Beschwerdeführer den Tatbestand des § 3 Abs. 2 Z. 7 leg. cit. ("den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag") verwirklicht habe. Im Hinblick auf die Mittellosigkeit des Beschwerdeführers aber war die Annahme der belangten Behörde gerechtfertigt, daß sich der Beschwerdeführer dem behördlichen Zugriff entziehen werde, um die Vollstreckung des Aufenthaltsverbotes gegen ihn zu verhindern oder zumindest zu erschweren. Solcherart war die Festnahme und Anhaltung des Beschwerdeführers ab Erlassung des Aufenthaltsverbotes gegen ihn zur Sicherung der Abschiebung (nach § 13 Fremdenpolizeigesetz) im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung notwendig (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. September 1992, Zl. 92/18/0116).

2.2.2. Die Tatsache, daß der Beschwerdeführer am 4. September 1992 einen Asylantrag gestellt hatte und das damit initiierte Verfahren bis zur abschlägigen Entscheidung des Bundesministers für Inneres vom 23. Oktober 1992 anhängig war, stand der Zulässigkeit der Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft ab 14. September 1992 bis zum Abschluß dieses Verfahrens zur Sicherung seiner Abschiebung nicht entgegen, da auf ihn im Grunde des § 9 Abs. 1 des Asylgesetzes 1991, BGBl. Nr. 8/1992, das Fremdenpolizeigesetz zur Gänze Anwendung fand, gehörte er doch während der Zeit der Anhängigkeit des Asylverfahrens keinem der in der zitierten Gesetzesstelle umschriebenen Personenkreise an: Daß der Beschwerdeführer während des Asylverfahrens kein "Flüchtling, der Asyl hat", ist, bedarf keiner weiteren Darlegungen. Der Beschwerdeführer hatte auch keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 7 Abs. 1 Asylgesetz 1991, da er nicht ein Asylwerber war, "der gemäß § 6 eingereist ist". Die belangte Behörde hat nämlich im angefochtenen Bescheid - von der Beschwerde nicht in Abrede gestellt - als erwiesen angenommen, daß der Beschwerdeführer aus Nigeria über Sofia und Deutschland nach Österreich gelangt sei. Damit ist er nicht "direkt" aus dem Staat gekommen, in dem er behauptete, Verfolgung befürchten zu müssen (Nigeria); Gleiches gilt bei Bedachtnahme auf die in § 6 Abs. 1 Asylgesetz 1991 verwiesene Norm des Art. 31 der Genfer Flüchtlingskonvention. Darüber hinaus besteht kein Anlaß zur Annahme, daß er gemäß § 13a Fremdenpolizeigesetz wegen Vorliegens der dort genannten Gründe nicht in den Staat, aus dem er "direkt" nach Österreich eingereist ist (also Deutschland), habe zurückgewiesen werden dürfen (vgl. zum Vorstehenden das hg. Erkenntnis vom 14. Jänner 1993, Zl. 92/18/0511, und die dort zitierte Entscheidung). Schließlich hat die belangte Behörde im bekämpften Bescheid festgestellt, daß eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Asylgesetz 1991 nicht vorlag; diese Tatsachenfeststellung wurde in der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof nicht bestritten.

3.1. Soweit der Beschwerdeführer die Meinung vertritt, daß für ihn kein "Heimreisezertifikat" habe beschafft werden können, mit der Folge, daß "eine Abschiebung tatsächlich nicht möglich" gewesen sei - die dafür angebotenen Beweismittel habe die belangte Behörde rechtswidrigerweise nicht aufgenommen -, verkennt er, daß in einem Verfahren nach § 5a Fremdenpolizeigesetz von der Behörde nicht zu prüfen ist, in welchen Staat der Fremde abgeschoben werden wird. Das unter dem Gesichtspunkt des Verfahrensmangels erstattete Vorbringen, daß die Abschiebung "aus rechtlichen Gründen, eben mangels Erreichung eines Heimreisezertifikates, nicht möglich gewesen wäre", geht demnach ins Leere (vgl. auch dazu das hg. Erkenntnis Zl. 92/18/0116).

4. Auf dem Boden der dargestellten Rechtslage entbehren die weiteren, Begründungsmängel behauptenden Verfahrensrügen der Relevanz.

5. Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

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