Normen
AVG §71 Abs1 impl;
VwGG §28 Abs1 Z7;
VwGG §45 Abs1 Z2;
VwGG §46 Abs1;
AVG §71 Abs1 impl;
VwGG §28 Abs1 Z7;
VwGG §45 Abs1 Z2;
VwGG §46 Abs1;
Spruch:
Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens wird abgewiesen.
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird zurückgewiesen.
Die Beschwerde gegen den Bescheid wird zurückgewiesen.
Begründung
Mit Beschluß vom 21. September 1993, 93/14/0114-6, zugestellt am 4. Oktober 1993, wies der Gerichtshof die Beschwerde gegen den im Spruch dieses Beschlusses genannten Bescheid (in der Folge: Bescheid) gemäß § 34 Abs 1 und 3 VwGG mit der Begründung zurück, wie sich sowohl aus der Gegenschrift der belangten Behörde als auch aus den Verwaltungsakten ergebe, sei der Bescheid am 21. Mai 1993 durch Hinterlegung zugestellt worden, weswegen die erst am 7. Juli 1993 zur Post gegebene Beschwerde wegen Versäumung der Einbringungsfrist verspätet sei.
In dem am 15. Oktober 1993 zur Post gegebenen Schriftsatz wird beantragt, sowohl die Wiederaufnahme des Verfahrens als auch die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Unter einem wird Beschwerde gegen den Bescheid erhoben.
Zur Wiederaufnahme des Verfahrens führt die Antragstellerin unter Hinweis auf § 45 Abs 1 lit b (richtig: Z 2) VwGG aus, die Annahme des Gerichtshofes, der Bescheid sei am 21. Mai 1993 durch Hinterlegung zugestellt worden, sei unrichtig. Vielmehr sei der Bescheid ihrem Geschäftsführer erst am 27. Mai 1993 zugekommen. Erst zu diesem Zeitpunkt seien die unterlaufenen Zustellmängel geheilt worden. Aus den von der Antragstellerin vorgelegten Beweismitteln ergibt sich hinsichtlich des Zustellvorganges folgendes:
Auf dem Briefkuvert, in dem der Bescheid dem Geschäftsführer der Antragstellerin zugekommen ist, befinden sich zwei Vermerke, wonach der erste Zustellversuch am 19. Mai 1993 stattgefunden hat und eine Ankündigung erfolgt ist. Der zweite Zustellversuch hat am 21. Mai 1993 (der 20. Mai 1993 war ein Feiertag) stattgefunden. An diesem Tag ist das Schriftstück hinterlegt worden. Auf der Verständigung über die Hinterlegung des Schriftstückes, die das Ausstellungsdatum 21. Mai 1993 sowie die Unterschrift des Zustellers enthält, befindet sich ein Eingangsstempel der Antragstellerin mit Datum 24. Mai 1993. Auf dieser Verständigung ist von AP am 27. Mai 1993 die Übernahme der Sendung bestätigt worden.
Die Antragstellerin behauptet, weder am 19. noch am 21. Mai 1993 seien Zustellversuche vorgenommen worden. Die Verständigung über die Hinterlegung des Schriftstückes sei auch nicht in den für die Abgabestelle bestimmten Briefkasten, sondern vielmehr in ihr Postfach beim Postamt eingelegt worden. Die Antragstellerin stellt unter Beweis, daß alle ihre Angestellten vom 20. bis 23. Mai 1993 an einem Betriebsausflug teilgenommen hätten. Sie behauptet weiters, am ersten Tag nach dem Betriebsausflug, somit am 24. Mai 1993, sei ihre gesamte Post von einer nicht mit Postvollmacht für ihren Geschäftsführer ausgestatteten Angestellten aus dem bereits erwähnten Postfach entnommen worden. Im Zug der Aufarbeitung des Postrückstandes sei der Bescheid am 27. Mai 1993 durch ihre, ebenfalls nicht mit Postvollmacht für ihren Geschäftsführer ausgestattete Angestellte AP behoben und sogleich dem Geschäftsführer übergeben worden. Der Bescheid sei somit erst am 27. Mai 1993 zugestellt worden.
Gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VwGG ist die Wiederaufnahme eines
durch .... Beschluß abgeschlossenen Verfahrens auf Antrag einer
Partei zu bewilligen, wenn .... der Beschluß auf einer nicht
von der Partei verschuldeten irrigen Annahme der Versäumnis einer in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Frist beruht.
Der Wiederaufnahmetatbestand ist vom Wiederaufnahmewerber im Antrag sachverhaltsbezogen schlüssig darzutun. Dies gilt auch für das Tatbestandsmerkmal "nicht von der Partei verschuldeten" in der in Rede stehenden Bestimmung (vgl den hg Beschluß vom 14. Jänner 1992, 90/14/0273).
Ein derartiges Vorbringen, aus dem sich entnehmen ließe, die Antragstellerin treffe an der von ihr behaupteten irrigen Annahme der Versäumnis einer Frist durch den Gerichtshof kein Verschulden, enthält der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens nicht.
Gemäß § 28 Abs 1 Z 7 VwGG hat die Beschwerde die Angaben zu enthalten, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist.
Aus dieser Vorschrift folgt, daß sich ein Beschwerdeführer schon anläßlich der Erhebung der Beschwerde über alle für die Frage der Rechtzeitigkeit seiner Beschwerde maßgeblichen Tatsachen ausreichend informieren und diese in der Beschwerde vortragen muß. Daß die Antragstellerin bei derart entsprechender Vorbereitung der Beschwerde nicht hätte erkennen und in der Beschwerde vortragen können, die Hinterlegung, die nach dem Zustellschein mit 21. Mai 1993 nachgewiesen sei, sei nicht gesetzmäßig erfolgt, habe somit keine Zustellung des Bescheides bewirkt, weshalb erst mit dem tatsächlichen Zukommen des Bescheides an den Geschäftsführer am 27. Mai 1993 der Zustellmangel behoben worden sei, läßt sich sachverhaltsbezogen dem Vorbringen im Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens nicht entnehmen. Schon deshalb kann der Gerichtshof nicht davon ausgehen, seine angeblich irrige Annahme der Versäumnis der Beschwerdefrist sei nicht von der Antragstellerin verschuldet worden.
Selbst wenn man aber davon ausgehen wollte, die Antragstellerin hätte im Zeitpunkt der Erhebung der Beschwerde von der Tatsache keine Kenntnis gehabt, daß ein vom Zusteller ordnungsgemäß ausgefüllter Zustellschein als öffentliche Urkunde die Zustellung durch Hinterlegung mit 21. Mai 1993 nachweist, wäre damit die erwähnte negative Voraussetzung für die Wiederaufnahme des Verfahrens nicht dargetan. Spätestens mit Zustellung der Gegenschrift am 14. September 1993 hat die Antragstellerin nämlich davon Kenntnis erlangt, daß durch den Zustellschein nachgewiesen ist, die Zustellung des Bescheides sei am 21. Mai 1993 durch Hinterlegung erfolgt. Es bestanden für die Antragstellerin keine Anhaltspunkte, der Gerichtshof hätte auf Grund der Aktenlage davon ausgehen können, die durch die öffentliche Urkunde widerlegbar erwiesene Zustellung könnte mangelhaft gewesen sein. Da die Umstände, die für den Zustellmangel sprechen, nicht dem Gerichtshof, sondern nur der Antragstellerin bekannt sein konnten, wäre es daher an ihr gelegen, wenigstens nun den Gerichtshof unverzüglich auf alle jene Umstände hinzuweisen, die gegen eine gesetzmäßige Zustellung durch Hinterlegung sprechen. Hiezu hatte sie rund drei Wochen Zeit gehabt. Von dieser Möglichkeit hat sie keinen Gebrauch gemacht. Sie hat auch im Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens keine Tatsachen vorgebracht, die dafür sprächen, sie wäre aus bestimmten Gründen gehindert gewesen, den Gerichtshof innerhalb der genannten Zeitspanne noch rechtzeitig vor dessen Entscheidung auf die nun vorgetragenen, gegen die Gesetzmäßigkeit der Zustellung durch Hinterlegung sprechenden Tatsachen aufmerksam zu machen. In der Unterlassung eines rechtzeitigen Hinweises an den Gerichtshof über angebliche Zustellmängel liegt eine Sorglosigkeit der Antragstellerin, die als Verschulden im Sinne des § 45 Abs 1 Z 2 VwGG anzusehen ist. Diese Gesetzesstelle verlangt als Voraussetzung für das negative Tatbestandsmerkmal "nicht von der Partei verschuldeten irrigen Annahme" keine Verletzung bestimmter Rechtspflichten, sondern lediglich ein verschuldetes, also zumindestens sorgloses Verhalten.
Selbst wenn unterlaufene Zustellmängel erst saniert wurden, als die Sendung dem Geschäftsführer der Antragstellerin tatsächlich am 27. Mai 1993 zukam und der Gerichtshof daher im Beschluß vom 21. September 1993 irrig vom Vorliegen einer Fristversäumnis ausgegangen wäre, fehlt es an der Voraussetzung, daß dieser Irrtum nicht von der Antragstellerin verschuldet worden ist.
Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens war daher abzuweisen.
Zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist verweist die Antragstellerin auf ihre Ausführungen zur Wiederaufnahme des Verfahrens und meint, die nicht unmittelbar nach Kenntnis der Verständigung über die Hinterlegung des Schriftstückes am 24. Mai 1993 erfolgte Abholung des Bescheides durch ihren Geschäftsführer stelle einen minderen Grad des Versehens dar. Es sei wegen des Betriebsausfluges ein Rückstand an Post aufzuarbeiten gewesen, weswegen der Bescheid erst am 27. Mai 1993 behoben worden sei. Die von ihr vertretene Ansicht, der Bescheid sei erst am 27. Mai 1993 zugestellt worden, sei (in eventu) zwar objektiv unrichtig, subjektiv aber verständlich.
Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kommt nach § 46 Abs 1 VwGG nur in Betracht, wenn eine Frist versäumt worden ist. Es kommt dabei auf eine tatsächliche Fristversäumnis an (vgl den hg Beschluß vom 10. Dezember 1991, 91/14/0235, 0236; AW 91/14/0037, mwA). Geht man mit der Antragstellerin davon aus, daß die am 7. Juli 1993 zur Post gegebene Beschwerde nicht verspätet war, liegt mangels Versäumung der Beschwerdefrist - schon ausgehend vom Vorbringen im Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - kein Wiedereinsetzungsgrund vor.
Der (unschlüssige) Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war daher zurückzuweisen.
Die unter einem erhobene Beschwerde gegen den Bescheid war mangels Bewilligung der Wiederaufnahme des Verfahrens bzw der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen entschiedener Sache gemäß § 34 Abs 1 VwGG zurückzuweisen, weil der Gerichtshof die denselben Verwaltungsakt bekämpfende Beschwerde bereits mit Beschluß vom 21. September 1993 zurückgewiesen hat.
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