VwGH 93/09/0139

VwGH93/09/01396.9.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Höß als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Stöckelle, über die Beschwerde des Club X in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landesarbeitsamtes Wien vom 10. März 1993, Zl. IIc/6702B, betreffend Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §4 Abs1;
AuslBG §4 Abs6 idF 1991/684;
AuslBG §4 Abs1;
AuslBG §4 Abs6 idF 1991/684;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nach Ausweis der Akten des Verwaltungsverfahrens ersuchte die beschwerdeführende Partei mit ihrem (undatierten) Antrag beim Arbeitsamt Angestellte um Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für den am 1. Oktober 1956 geborenen "mazedonischen" Staatsangehörigen D. für die berufliche Tätigkeit als "Bürogehilfe, Fahrer, Importabwicklung" mit einer monatlichen Bruttoentlohnung von S 14.000,--. In einem Begleitschreiben wies die beschwerdeführende Partei darauf hin, ein gemeinnütziger Verein zu sein und sich in verschiedenen Bereichen zu betätigen; sie führe ein Kaffeehaus, betreibe eine Sprachschule, führe eine Wohnrechtsberatung und -vertretung durch und vermiete Räumlichkeiten. Ein Betrieb dieser Größenordnung benötige entweder eine Reihe von Aushilfskräfte für besondere Anläße oder einen oder mehrere "Springer", die in verschiedenen Arbeitsbereichen einsetzbar seien. In D. glaube die beschwerdeführende Partei einen solchen universell einsetzbaren Springer gefunden zu haben. Die Verbindungen von D. zu Griechenland, wo er mehrere Jahre gearbeitet habe und aus dieser Zeit noch über Kontakte verfüge, würden es der beschwerdeführenden Partei ermöglichen, mit dem Import von Waren aus Griechenland (Weine) zu beginnen (als Ersatz für Produkte aus den Ländern des ehemaligen Jugoslawiens, die von der beschwerdeführenden Partei zur Zeit gemieden würden). D. würde nicht nur in allen Tätigkeitsbereichen der beschwerdeführenden Partei mitarbeiten können, sondern würde ihr auch ein neues Betätigungsfeld eröffnen (Import), was für einen sozial tätigen Verein, der für seine gemeinnützigen Leistungen keinerlei Subventionen erhalte, eine interessante Perspektive darstelle und möglicherweise auch für Österreicher neue Arbeitsplätze schaffe.

In einem Schreiben vom 11. Februar 1993 an das Arbeitsamt Angestellte nannte die beschwerdeführende Partei - über schriftliche Aufforderung - neuerlich die verschiedenen Tätigkeitsbereiche, in denen D. als Springer eingesetzt werden solle und ersuchte - in erster Linie - um Erteilung der Beschäftigungsbewilligung für D., in weiterer Folge um Vorschlag von Ersatzarbeitskräften.

Mit Bescheid vom 12. Jänner 1993 lehnte das Arbeitsamt Angestellte den Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für D. für die berufliche Tätigkeit als "Bürokraft" gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG ab. Begründend führte die Behörde erster Instanz nach Wiedergabe dieser Gesetzesstelle aus, der Vermittlungsausschuß habe im gegenständlichen Verfahren die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nicht befürwortet, und darüber hinaus habe das Ermittlungsverfahren ergeben, daß keine der im § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 AuslBG vorgesehenen Voraussetzungen vorliege.

In ihrer dagegen erhobenen Berufung brachte die beschwerdeführende Partei im wesentlichen vor, die Beschäftigung von D. sei aus besonders wichtigen Gründen geboten, und zwar als Schlüsselkraft zur Erhaltung von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitskräfte (§ 4 Abs. 6 Z. 2 lit. a AuslG). D. verfüge - wie schon im Begleitschreiben zum gegenständlichen Antrag erwähnt worden sei - über Kontakte zu griechischen Lieferanten von Wein. Die beschwerdeführende Partei würde versuchen nicht nur für den eigenen Bedarf, sondern auch für den Weiterverkauf griechischen Wein zu importieren, was in der Folge die Schaffung weiterer Arbeitsplätze - auch für inländische Arbeitnehmer, für Importadministration und Verkauf - nach sich ziehen würde. Die beantragte Arbeitskraft werde als dringender Ersatz für einen ausgeschiedenen ausländischen Arbeitnehmer benötigt. Mit Jahresende sei B aus dem Betrieb ausgeschieden; dieser habe bisher neben seiner zuletzt hauptsächlich im Cafe der beschwerdeführenden Partei ausgeübten Tätigkeit auch Tätigkeiten für Administration und Werbung durchgeführt. Schließlich solle die Beschäftigung von D. im Bereich der Gesundheits- und Wohlfahrtspflege (§ 4 Abs. 6 Z. 2 lit. d AuslBG) erfolgen. Die beschwerdeführende Partei sei ein gemeinnütziger Verein, der sich neben der Führung eines Kaffeehausbetriebes als finanzieller Basis mit der Durchführung kultureller Veranstaltungen, der Durchführung einer unentgeltlich angebotenen Rechtsberatung und -vertretung in Wohnungsangelegenheiten und der Durchführung von Sprachkursen (Deutsch für Ausländer, Spanisch, Französisch ...) beschäftigt. Die beschwerdeführende Partei sei nicht nur steuerlich als gemeinnütziger Verein anerkannt, sondern auch durch das Land Wien nach dem Mietrechtsgesetz als gemeinnützig und mildtätig anerkannt. Die Tätigkeit der beschwerdeführenden Partei sei also durchaus der öffentlichen Wohlfahrtspflege zuzuordnen.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 10. März 1993 gab die belangte Behörde ohne weitere Verfahrensschritte der Berufung der beschwerdeführenden Partei gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 4 Abs. 6 sowie § 4 Abs. 1 und § 13a AuslBG idF der Novelle BGBl. Nr. 684/1991, keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid.

Nach Wiedergabe der einschlägigen Gesetzesstellen stellte die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides fest, daß die mit Verordnung für das Kalenderjahr 1992 (BGBl. Nr. 598/1991) bzw. 1993 (BGBl. nr. 254/1992) festgesetzten Landeshöchstzahlen (§ 13a Z. 3 AuslBG) für das Bundesland Wien laut der offiziellen Statistik des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales seit Beginn des Kalenderjahres 1992 weit überschritten seien, weshalb sowohl die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 als auch jene nach § 4 Abs. 6 AuslBG für eine allfällige Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung zu prüfen seien. Die beschwerdeführende Partei habe D. für die Beschäftigung als "Bürohilfe, Fahrer, Importabwickler" beantragt. Eine Überprüfung der Lage auf dem Arbeitsmarkt habe ergeben, daß derzeit für die konkret beantragte Beschäftigung geeignete Ersatzarbeitskräfte, die zur Vermittlung vorgemerkt seien und gleichzeitig dem eingangs zitierten begünstigten Personenkreis angehörten, zur Deckung des Arbeitskräftebedarfes der beschwerdeführenden Partei zur Verfügung stünden. Die beantragte ausländische Arbeitskraft erfülle hingegen nicht die Voraussetzungen, durch die sie dem vorrangig zu vermittelnden Personenkreis des § 4b AuslBG zugeordnet werden könne. Der im Berufungsverfahren anzuhörende Verwaltungsausschuß habe einhellig die Auffassung vertreten, daß es sich bei den im Schreiben der beschwerdeführenden Partei vom 11. Februar 1993 angeführten Tätigkeiten, die der beantragte Ausländer ausüben solle, um ein überzogenes Anforderungsprofil handle. Die Berufungsausführungen der beschwerdeführenden Partei seien daher gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG nicht geeignet, die Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung zu begründen. Außerdem seien weder im Ermittlungsverfahren Gründe festgestellt noch in der Berufung vorgebracht worden, durch die ein Tatbestand des § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. a bis d und Z. 3 AuslBG zur Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung erfüllt werde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Die beschwerdeführende Partei erachtet sich in ihrem Recht, bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen eine Beschäftigungsbewilligung für D. zu erhalten, verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid auf § 4 Abs. 1 und Abs. 6 AuslBG idF gemäß der Novelle BGBl. Nr. 684/1991 gestützt. Schon die Berechtigung auch nur eines dieser Versagungsgründe würde die Abweisung der Beschwerde rechtfertigen.

Zu § 4 Abs. 1 AuslBG:

Nach § 3 Abs. 1 AuslBG darf ein Arbeitgeber in der Regel einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde oder wenn der Ausländer einen Befreiungsschein oder eine Arbeitserlaubnis besitzt. Die Beschäftigungsbewilligung ist nach § 4 Abs. 1 AuslBG im allgemeinen zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zuläßt und wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen.

Nach der Anordnung des § 4b AuslBG läßt die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes im Sinne des § 4 Abs. 1 die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nur zu, wenn für den zu besetzenden Arbeitpslatz keine der dort taxativ aufgezählten und vorrangig zu behandelnden Arbeitskräfte (Inländer, Flüchtlinge, Ausländer mit Anspruch auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung etc.) vermittelt werden können. Diese Bestimmung bezweckt einen Vorrang von Inländern und ihnen gleichgestellten ausländischen Arbeitnehmern bei der Arbeitsvermittlung. Diesem Zweck würde es widersprechen, wenn entgegen der allgemeinen Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes eine Beschäftigungsbewilligung zu erteilen wäre, weil z.B. der einzelne ausländische Arbeitnehmer einen zu seiner Einstellung bereiten Arbeitgeber gefunden hat. Mit Hilfe dieser Bestimmung soll in rechtsstaatlichen Grenzen aus arbeitsmarktpolitischen Gründen die Möglichkeit für einen lenkenden Einfluß auf die Beschäftigung von Ausländern im Bundesgebiet gewährleistet sein (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. September 1992, Zl. 92/09/0179, u.v.a.).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 23. April 1993, Zl. 93/09/0039) darf bei der Auslegung des § 4 Abs. 1 AuslBG nicht außer acht gelassen werden, daß die vom Gesetzgeber angesprochenen wichtigen öffentlichen und gesamtwirtschaftlichen Interessen erst dann zum Tragen kommen, wenn feststeht, für welche Beschäftigung konkret die Bewilligung beantragt wurde und ob die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes diese konkrete Beschäftigung zuläßt. Das wird aber immer dann der Fall sein, wenn nicht feststeht, daß für die Beschäftigung wenigstens ein bestimmter Inländer oder im gegebenen Zusammenhang ein einem Inländer gleichgestellter oder begünstigt zu behandelnder Ausländer zur Verfügung steht, der bereit und fähig ist, diese Beschäftigung zu den gestellten (gesetzlich zulässigen) Bedingungen auszuüben. Diese Beweisführung erübrigt sich dann, wenn seitens des Arbeitgebers die Stellung jeder Ersatzkraft von vornherein und unbegründet abgelehnt wird (vgl. in diesem Sinne etwa die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. April 1987, Zl. 87/09/0012, und vom 25. November 1987, Zl. 87/09/0164).

Es ist das Recht jedes Arbeitgebers, sofern er damit nicht gegen zwingendes Recht verstößt, die Anforderungen festzusetzen, die er an eine von ihm zu beschäftigende Person stellt. Finden diese Anforderungen in objektiven Notwendigkeiten eine Grundlage, dann gehören sie zu den gesetzlich zulässigen Bedingungen der Beschäftigung (vgl. in diesem Zusammenhang das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. April 1990, Zl. 89/09/0161).

Gemäß § 58 Abs. 2 des nach Art. II Abs. 2 lit. D Z. 41 EGVG anwendbaren AVG sind Bescheide zu begründen, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen wird. In der Begründung sind gemäß § 60 AVG die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen.

Den dargelegten Anforderungen entspricht weder das von der belangten Behörde abgeführte Verfahren noch die Begründung des angefochtenen Bescheides.

So ist dem angefochtenen Bescheid und den vorgelegten Verwaltungsakten nicht zu entnehmen, daß die belangte Behörde auch nur den Versuch unternommen hätte, der beschwerdeführenden Partei geeignete Ersatzkräfte für den beantragten Ausländer zu vermitteln. Da selbst die belangte Behörde (zutreffenderweise) nicht davon ausgegangen ist, die beschwerdeführende Partei habe die Stellung jeder Ersatzkraft von vornherein unbegründet abgelehnt, sind somit die rechtserheblichen Fragen ungeklärt geblieben, ob es nun überhaupt taugliche Ersatzkräfte zur Deckung des von der beschwerdeführenden Partei geltend gemachten Arbeitskräftebedarfes gibt, und ob deren Einstellung allfenfalls aus von der beschwerdeführenden Partei zu vertretenen Gründen unterblieben ist. Der bloße Hinweis auf das Vorhandensein von derzeit zur Vermittlung vorgemerkten (für die konkret beantragte Beschäftigung) geeigneten Ersatzarbeitskräften vermag die Vornahme konkreter Vermittlungsversuche nicht zu ersetzen (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 2. September 1993, Zl. 93/09/0098). Auch entbehrt die Frage der berechtigten Anforderungen an den zu besetzenden Arbeitsplatz hinreichender Feststellungen, begnügt sich die belangte Behörde doch mit dem Hinweis darauf, daß es sich bei den von der beschwerdeführenden Partei (in ihrem Schreiben vom 11. Februar 1993) angeführten Tätigkeiten, die der beantragte Ausländer ausüben solle, nach Auffassung des - im Berufungsverfahren anzuhörenden - Verwaltungsausschusses um ein "überzogenes Anforderungsprofil" handle.

Zu § 4 Abs. 6 AuslBG:

§ 4 Abs. 6 AuslBG (Z. 1 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 684/1991, die übrigen Bestimmungen in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 450/1990) lautet:

"Über bestehende Kontingente (§ 12) hinaus sowie nach Überschreitung der Landeshöchstzahlen (§§ 13 und 13a) dürfen Beschäftigungsbewilligungen nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen der Abs. 1 und 3 vorliegen und

  1. 1. bei Kontingentüberziehung und bei Überschreitung der Landeshöchstzahl der Vermittlungsausschuß gemäß § 44a des Arbeitsmarktförderungsgesetzes, BGBl. Nr. 31/1969, in der jeweils geltenden Fassung, einhellig die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung befürwortet, oder
  2. 2. die Beschäftigung des Ausländers aus besonders wichtigen Gründen, insbesondere
    1. a) als Schlüsselkraft zur Erhaltung von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer, oder
    2. b) in Betrieben, die in strukturell gefährdeten Gebieten neu gegründet wurden, oder
    3. c) als dringender Ersatz für die Besetzung eines durch Ausscheiden eines Ausländers frei gewordenen Arbeitsplatzes, oder
    4. d) im Bereich der Gesundheits- oder Wohlfahrtspflege erfolgen soll, oder
  1. 3. öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen die Beschäftigung des Ausländers erfordern, oder
  2. 4. die Voraussetzungen des § 18 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 4 gegeben sind."

    Die belangte Behörde ist - wie bereits das erstinstanzliche Arbeitsamt - vom Vorliegen einer Überschreitung der Landeshöchstzahl ausgegangen, wobei für den angefochtenen Bescheid mit Rücksicht auf seine Erlassung im Jahre 1993 die Überschreitung der Landeshöchstzahl für dieses Kalenderjahr maßgebend war. Die beschwerdeführende Partei hat gegen diese Annahme des Vorliegens der Anwendungsvoraussetzung für das erschwerte Verfahren nach § 4 Abs. 6 AuslBG weder in ihrer Berufung noch in der Beschwerde etwas vorgebracht; sie hat aber bereits in ihrer Berufung das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen nach § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. a (Schlüsselkraft), lit. c (Ersatzkraft) und lit. d (Gesundheits- oder Wohlfahrtspflege) - jeweils mit näherer Begründung - behauptet. Sie ist daher ihrer Pflicht, Gründe vorzubringen, die für die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung im erschwerten Verfahren im Sinne des § 4 Abs. 6 AuslBG maßgebend sein könnten, nachgekommen. Damit bestand jedoch die Verpflichtung der belangten Behörde, sich mit allen vorgebrachten Gründen auseinanderzusetzen (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Juni 1993, Zl. 92/09/0362 und die dort zitierte Vorjudikatur). Die belangte Behörde hat sich jedoch mit keinem der in der Berufung vorgebrachten Gründe näher auseinandergesetzt, sondern sich mit der formelhaften Feststellung begnügt, wonach weder im Ermittlungsverfahren Gründe festgestellt noch in der Berufung vorgebracht worden seien, durch die ein Tatbestand des § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. a bis d und Z. 3 AuslBG zur Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung erfüllt werde. Bereits das Vorliegen einer der im § 4 Abs. 6 Z. 1 bis 4 AuslBG alternativ geregelten Voraussetzungen genügt, um die erschwerten Bedingungen im Landeshöchstzahlüberschreitungsverfahren zu erfüllen. Da aber jedenfalls das zu § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. c (Ersatzkraft) erstattete Vorbringen geeignet ist, im Falle seines Zutreffens (was bisher ungeprüft blieb) diese Voraussetzung zu erfüllen (vgl. zu diesem Tatbestand die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Oktober 1991, Zl. 91/09/0085, und vom 22. April 1993, Zl. 92/09/0387), kann im Beschwerdefall nicht davon ausgegangen werden, die Versagung der Beschäftigungsbewilligung hätte sich auf § 4 Abs. 6 AuslBG stützen können.

    Der Sachverhalt bedarf daher sowohl hinsichtlich des Ablehnungsgrundes nach § 4 Abs. 1 als auch hinsichtlich jenes nach § 4 Abs. 6 AuslBG noch in wesentlichen Punkten der Ergänzung, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben war.

    Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG iVm Art. I A Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte