VwGH 93/01/0572

VwGH93/01/05729.9.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde der M, in S, vertreten durch Dr. V, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 4. Mai 1993, Zl. 4.282.287/5-III/13/91, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1991 §1;
AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
AsylG 1991 §1;
AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Nach der durch eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides belegten Beschwerdevorbringens ist davon auszugehen, daß mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 17. November 1991 festgestellt wurde, daß die Beschwerdeführerin - eine rumänische Staatsangehörige, die am 14. September 1989 in das Bundesgebiet eingereist ist - nicht Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention ist.

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 4. Mai 1993 wurde die dagegen erhobene Berufung, gestützt auf § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991, abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Die belangte Behörde begründete ihre Entscheidung damit, daß sich die Beschwerdeführerin vor ihrer Einreise nach Österreich bereits in einem anderen Staat im Sinne des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 aufgehalten habe, in dem sie vor Verfolgung sicher war. Die Beschwerdeführerin hatte in ihrer niederschriftlichen Befragung vom 23. Dezember 1989 angegeben, daß sie sich vom 12. August 1989 bis zum 14. Dezember 1989 in Ungarn aufgehalten habe. Der Aufenthalt der Beschwerdeführerin sei den ungarischen Behörden bekannt gewesen und von diesen geduldet worden. Sie hätte daher nicht befürchten müssen ohne Prüfung ihrer Fluchtgründe in ihre Heimat abgeschoben zu werden. Im Hinblick auf dieses Ergebnis überprüfte die belangte Behörde nicht das Vorliegen der Flüchtlingseigenschaft der Beschwerdeführerin im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991.

Gegen diese Argumentation der belangten Behörde wendet sich die Beschwerdeführerin in der vorliegenden Beschwerde damit, daß auch der in § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 geschaffene Tatbestand - wie § 5 Abs. 3 und § 7 Abs. 2

Asylgesetz (1968) - darauf abstelle, daß der Aufenthalt des Asylwerbers den Behörden des betreffenden Staates bekannt war und von ihnen tatsächlich geduldet und gebilligt wurde. Es wäre nun Aufgabe der belangten Behörde gewesen, zu prüfen, ob diese Umstände tatsächlich vorgelegen seien. Die belangte Behörde hätte Erhebungen pflegen müssen, daß der angenommene Ausschlußgrund tatsächlich nicht vorliege, weil die Beschwerdeführerin als Fremde überhaupt nicht Schutz gesucht habe und ihr Aufenthalt in dem anderen Staat bloß vorübergehender Natur gewesen sei. Schließlich komme es auch darauf an, ob der andere Staat der Beschwerdeführerin als Fremden gewisse Rechte - insbesondere das Recht zur Rückkehr dorthin - eingeräumt habe. Da die Beschwerdeführerin von vorneherein nach Österreich habe einreisen wollen, ihr diese Einreise aber zunächst tatsächlich nicht ermöglicht worden sei, sei ihr Aufenthalt in Ungarn ein bloß vorübergehender gewesen. Abschließend wendet sich die Beschwerdeführerin dagegen, sie hätte nicht befürchten müssen, ohne Prüfung ihrer Fluchtgründe in ihre Heimat abgeschoben zu werden.

Da das Berufungsverfahren im vorliegenden Fall am 1. Juni 1992 beim Bundesminister für Inneres anhängig war, hatte die belangte Behörde gemäß § 25 Abs. 2 Asylgesetz 1991 dieses Gesetz anzuwenden. Gemäß § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 ist auch einem Flüchtling dann nicht Asyl zu gewähren, wenn er bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher war.

Im Lichte der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 27. Mai 1993, Zl. 93/01/0256, und vom 25. November 1992, Zlen. 92/01/0906, 0907) kann der Auffassung der belangten Behörde im vorliegenden Fall nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, daß die Beschwerdeführerin gemäß § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 sich bereits in einem anderen Staat aufgehalten hat, in dem sie vor Verfolgung sicher war. Nach der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes liegt Verfolgungssicherheit vor, wenn der Asylwerber im Drittstaat keiner Gefahr einer Verfolgung ausgesetzt war und auch wirksamen Schutz vor Abschiebung in den Verfolgerstaat hatte (vgl. RV 270 BlgNR 18. GP zu § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991). Danach kann - entgegen den Ausführungen der Beschwerdeführerin - von einer Verfolgungssicherheit auch nicht erst dann gesprochen werden, wenn der Aufenthalt des Asylwerbers den Behörden des betreffenden Staates bekannt war und von ihnen geduldet oder gebilligt wurde. Zur näheren Begründung wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom 27. Mai 1993, Zl. 93/01/0256, verwiesen. Schon im Hinblick darauf kommt dem Vorbringen, die belangte Behörde hätte diesbezüglich Ermittlungen anstellen müssen, keine Berechtigung zu. Weiters ist nicht maßgebend, wielange sich die Beschwerdeführerin in Ungarn aufgehalten hat oder welche Absichten sie bei ihrer Einreise in Ungarn hatte, war doch die anzunehmende Verfolgungssicherheit bereits ab dem Zeitpunkt gegeben, in dem die Beschwerdeführerin ihr Heimatland verlassen hatte. Der Umstand, daß die Beschwerdeführerin nach Österreich einreisen wollte, stellt keinen im Lichte des Asylgesetzes 1991 beachtlichen Grund dar, der sie gehindert hätte, in Ungarn länger zu bleiben und dort um Asyl anzusuchen.

Der in keiner Weise näher ausgeführten Behauptung der Beschwerdeführerin, es sei unrichtig und ohne Deckung im Ermittlungsverfahren, daß die Beschwerdeführerin nicht hätte befürchten müssen, ohne Prüfung ihrer Fluchtgründe in ihre Heimat abgeschoben zu werden, genügt es, entgegenzuhalten, daß die Beschwerdeführerin in der Beschwerde keine Umstände anführt, die darauf hinweisen könnten, daß sie vor ihrer Einreise nach Österreich bereits in Ungarn - das die Beitrittsurkunde zur Genfer Flüchtlingskonvention mit der Bekanntgabe, daß es hinsichtlich seiner Verpflichtungen aus dieser Konvention die Alternative a des Abschnittes B des Art. 1 (betreffend Ereignisse, die in Europa eingetreten sind) anwenden wird, am 14. März 1989 hinterlegt hat (vgl. BGBl. Nr. 260/1992) - nicht vor Verfolgung sicher gewesen wäre (insbesondere vor einer Abschiebung nach Rumänien; vgl. das oben zitierte Erkenntnis vom 25. November 1992,

Zlen. 92/01/0906, 0907).

Da somit der Inhalt der Beschwerde bereits erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

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