VwGH 93/01/0673

VwGH93/01/06737.10.1993

Der Verwaltungsgrichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Händschke als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Mayer, über die Beschwerde des I in P, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 7. Juni 1993, Zl. 4.337.522/4-III/13/93, betreffend Abweisung eines Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in einer Angelegenheit des Asylwesens, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §13a;
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1 impl;
AVG §13a;
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1 impl;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 25. September 1992, zugestellt am 29. September 1992, wurde der vom Beschwerdeführer am 7. Mai 1992 gestellte Asylantrag abgewiesen. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 19. Oktober 1992, und damit verspätet, Berufung. Am 27. November 1992 beantragte der Beschwerdeführer die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist und begründete diesen Antrag damit, Dr. W - ein Arzt - habe für ihn am 10. Oktober 1992 ein Berufungsschreiben an die Bezirkshauptmannschaft Freistadt verfaßt, welches aus ungeklärter Ursache erst am 21. Oktober 1992 dort eingetroffen sei. Dieses Schreiben sei durch die Ordination Dris. W an die Bezirkshauptmannschaft Freistadt weitergeleitet worden, sodaß den Beschwerdeführer selbst an der Verzögerung keine Schuld treffe.

Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 14. Jänner 1993 wurde der Wiedereinsetzungsantrag des Beschwerdeführers abgewiesen. In der dagegen gerichteten Berufung erklärte der Beschwerdeführer, er habe Dr. W rechtzeitig ersucht, ein Rechtsmittel gegen die Ablehnung seines Asylantrages zu erheben. Die Verzögerung sei in der Ordination Dris. W erfolgt, läge daher nicht in der Macht des Beschwerdeführers. Er habe weder erkennen können, daß sein Antrag nicht rechtzeitig eingebracht worden sei, noch sei er der deutschen Sprache soweit mächtig, ein amtliches Dokument lesen zu können.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG im wesentlichen mit der Begründung ab, ein Verschulden, das den Bevollmächtigten einer Partei treffe, sei so zu behandeln, als wenn es der Partei selbst unterlaufen sei. Gleiches müsse auch dann gelten, wenn nicht eine nach außen in Erscheinung tretende Vollmacht erteilt worden sei, sondern lediglich eine Ermächtigung im Innenverhältnis vorliege. Irgendwelche für den Vertreter selbst ein unabwendbares oder unvorhergesehenes Ereignis darstellende Umstände habe der Beschwerdeführer aber nicht glaubhaft machen können, da er hiezu, abgesehen von der Behauptung, die Verzögerung sei auf ein Versehen des Vertreters bzw. dessen Ordination zurückzuführen, keinerlei nähere Angaben gemacht habe. Ein bloßes Versehen könne jedoch nicht als ein einen Wiedereinsetzungsgrund bildendes Ereignis angesehen werden, zumal das Versehen in keiner Weise konkretisiert worden sei. Daß den Beschwerdeführer persönlich an der Verspätung keine Schuld treffe, sei in diesem Zusammenhang nicht entscheidend, da das Verschulden des Vertreters auch die vertretene Partei treffe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Gemäß § 71 Abs. 1 AVG ist einer Partei, die durch die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung einen Rechtsnachteil erleidet, auf ihren Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn

1. Partei glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft oder

2. die Partei die Berufungsfrist versäumt hat, weil der Bescheid fälschlich die Angabe enthält, daß keine Berufung zulässig sei.

Die in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 46 Abs. 1 VwGG entwickelten Grundsätze können auch bei der Beurteilung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG herangezogen werden, da die Voraussetzungen im wesentlichen ident sind (vgl. hg. Erkenntnis vom 11. Mai 1984, Zl. 83/02/0501, Slg. 11431/A).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der behauptete Wiedereinsetzungsgrund im Wiedereinsetzungsantrag selbst glaubhaft zu machen. Das Vorbringen des Beschwerdeführers im Wiedereinsetzungsantrag umfaßte lediglich die Behauptung, er habe den Arzt Dr. W mit der Verfassung des Berufungsschreibens beauftragt, welches zwar am 10. Oktober 1992 postfertig gemacht worden, aus ungeklärter Ursache jedoch erst am 21. Oktober 1992 bei der Bezirkshauptmannschaft Freistadt eingegangen sei. Dieses Schreiben sei durch die Ordination Dris. W weitergeleitet worden, sodaß ihn persönlich keine Schuld an der Verzögerung treffe.

Die belangte Behörde hat bereits zutreffend darauf hingewiesen, daß in der Person eines Bevollmächtigten der Partei eingetretene Tatumstände für die vertretene Partei nur dann einen Wiedereinsetzungsgrund zu bilden vermögen, wenn sich diese Umstände für den Vertreter selbst als ein unverschuldetes und entweder unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis darstellen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 23. Februar 1993, Zl. 91/08/0170).

Wenn der Wiedereinsetzungswerber als Wiedereinsetzungsgrund ein möglicherweise vorliegendes Versehen der Ordinationshilfe seines Bevollmächtigten geltend macht, so hat er durch konkrete Behauptungen im Wiedereinsetzungsantrag nicht nur darzutun, worin das Versehen bestanden hat, sondern auch, daß es zur Fehlleistung gekommen ist, obwohl der bevollmächtigte Vertreter seine ihm obliegenden Sorgfaltspflichten eingehalten hat. Erlaubt das Vorbringen im Wiedereinsetzungsantrag eine Beurteilung der Frage über die konkreten Umstände, auf die die Versäumung der Beschwerdefrist zurückzuführen ist, nicht, so schließt dies die Annahme eines tauglichen Wiedereinsetzungsgrundes aus (vgl. dazu auch den hg. Beschluß vom 21. Februar 1990, Zl. 90/03/0021 und 0022 sowie das bereits zitierte Erkenntnis vom 23. Februar 1993, Zl. 91/08/0170). Mangels einer ausreichenden Konkretisierung jener Vorgänge, die zur Fristversäumnis geführt haben, war die belangte Behörde daher nicht in der Lage zu beurteilen, ob dem Vertreter des Beschwerdeführers allenfalls auch unter Berücksichtigung des Umstandes, daß dieser einem der rechtsvertretenden Berufe nicht angehört, nur ein minderer Grad des Versehens im Sinne des § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG zur Last gefallen wäre, da grundsätzlich auch für einen Arzt ohne weiteres erkennbar ist, daß im Umgang mit Behörden und zur Wahrung der vom Gesetz normierten Fristen besondere Sorgfalt geboten ist. Wird von einer Person, die einem der rechtsvertretenden Berufe nicht angehört und selbst rechtsunkundig ist, eine derartige Vertretung (-handlung) übernommen, so trifft ihn - wie auch die Partei selbst - die Verpflichtung, sich über die Rechtslage zu informieren.

Insoweit der Beschwerdeführer unter dem Beschwerdegrund der Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht, die Behörde habe ihre Anleitungs-(Manuduktions-)pflicht verletzt, so besteht eine solche im Verfahren über den Wiedereinsetzungsantrag nur insoweit, als das Vorliegen von Wiedereinsetzungsgründen an jenen Rahmen gebunden ist, der durch die Behauptungen des Wiedereinsetzungswerbers gesteckt worden ist (vgl. auch hg. Erkenntnis vom 7. April 1983, Zl. 83/06/0058 und vom 31. Jänner 1984,

Verw. Slg. Nr. 11312/A).

Aus den genannten Gründen hat aber die belangte Behörde zutreffend das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzung des § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG verneint.

Damit erübrigte sich auch eine Entscheidung über den vom Beschwerdeführer unter einem gestellten zur hg. Zahl AW 93/01/0408 protokollierten Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

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