VwGH 93/01/0339

VwGH93/01/033924.11.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Kremla als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Mayer, über die Beschwerde des K in T, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 21. Jänner 1993, Zl. 4.314.670/2-III/13/91, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1991 §1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
AsylG 1991 §1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 21. Jänner 1993 wurde ausgesprochen, daß Österreich dem Beschwerdeführer - einem Staatsangehörigen "der ehem. SFRJ", der am 30. April 1991 in das Bundesgebiet eingereist ist und am 2. Mai 1991 den Asylantrag gestellt hat - kein Asyl gewähre.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Der Beschwerdeführer hat bei seiner niederschriftlichen Befragung am 3. Mai 1991 hinsichtlich seiner Fluchtgründe angegeben, daß er in seiner Heimat nicht Mitglied einer Partei "oder einer militärischen Gruppierung" gewesen sei, sich jedoch vor Beginn seines Militärdienstes 1990 an Demonstrationen beteiligt habe, bei denen für die albanische Bevölkerung, der er in seinem Heimatland angehöre, mehr Rechte gefordert worden seien. Nach Beendigung seines Militärdienstes sei von der Miliz nach ihm im April 1991 wegen seiner Teilnahme an den Demonstrationen zweimal zu Hause gesucht worden, wobei er aber nicht angetroffen worden sei. Aus dem Grunde, weil die Gefahr bestanden habe, daß er wegen seiner Demonstrationsteilnahme inhaftiert werden würde, habe er sich entschlossen, zu flüchten.

Die belangte Behörde hat diese Angaben deshalb nicht für glaubwürdig erachtet, weil es geradezu unwahrscheinlich sei, daß der Beschwerdeführer während der gesamten Militärdienstzeit wegen seiner politischen Aktivität unbehelligt geblieben sei, obwohl die Miliz jederzeit auf ihn hätte "greifen" können, und es auch nicht einsichtig sei, wie der Beschwerdeführer überhaupt zur Annahme komme, daß ihn die Militärpolizei "wegen der früheren Kundgebungsteilnahme" gesucht habe und ihn habe festnehmen wollen, "obwohl von der sachlichen Kompetenz, wie vom zeitlichen Handlungsablauf andere Gründe, wie z.B. die Einberufung zum Wehrdienst, viel näherliegender erscheinen". Der Beschwerdeführer wendet sich gegen diese Beweiswürdigung, worauf aber nicht näher einzugehen ist, weil für seinen Standpunkt auch auf dem Boden des von ihm bei seiner Befragung behaupteten Sachverhaltes nichts zu gewinnen wäre. Aus der Teilnahme an verbotenen Demonstrationen läßt sich nämlich - wie die belangte Behörde zusätzlich in rechtlicher Hinsicht richtig erkannt hat - eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung aus einem der im § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 (übereinstimmend mit Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) angeführten Gründe nicht ableiten, sofern nicht weitere, ins Gewicht fallende Umstände hinzutreten, wobei jedoch selbst die Festnahme und Anhaltung von Teilnehmern an solchen Demonstrationen noch keine derartigen Verfolgungshandlungen darstellen würden (vgl. unter anderem die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. November 1990, Zl. 90/01/0136, und vom 25. November 1992, Zlen. 92/01/0585, 0586).

Der Beschwerdeführer hat in seiner Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 5. August 1991 vorgebracht, daß er Angst habe, in seine Heimat zurückzukehren, weil er "in Jugoslawien zum Bundesheer müßte", er "in Kroatien auf Menschen schießen müßte, die für die Gerechtigkeit sind", und er "nicht zu denjenigen gehöre, die das können". Es kann nun dahingestellt bleiben, ob es sich hiebei - im Sinne der Beschwerdeausführungen - lediglich um einen weiteren vom Beschwerdeführer geltend gemachten Fluchtgrund gehandelt hat oder vielmehr seine Angaben im erstinstanzlichen Verfahren dadurch ersetzt werden sollten. Denn das Berufungsvorbringen hätte keinesfalls eine sachverhaltsmäßige Grundlage für die Entscheidung der belangten Behörde abgeben dürfen, hatte sie doch gemäß § 20 Abs. 1 Asylgesetz 1991 ihrer Entscheidung das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens erster Instanz zugrunde zu legen. Der Beschwerdeführer vertritt zwar die Auffassung, daß das Ermittlungsverfahren offenkundig mangelhaft war und daher die belangte Behörde gemäß § 20 Abs. 2 leg. cit. dessen Ergänzung oder Wiederholung hätte anordnen müssen. Das Bestehen eines solchen Mangels ist aber der Aktenlage, auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens, nicht zu entnehmen und wird im übrigen auch in der Beschwerde nicht hinreichend aufgezeigt. Aus der betreffenden Niederschrift geht nicht hervor, daß der Beschwerdeführer nicht Gelegenheit gehabt hätte, (unter Beiziehung eines Dolmetsch) seine Fluchtgründe erschöpfend darzulegen und auch allfällige Bescheinigungsmittel anzubieten, wobei es hiefür - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - einer Anleitung oder näheren Fragestellung bzw. deren Protokollierung durch die Behörde nicht bedurfte.

Der Beschwerdeführer war auch nicht - offenbar gemeint: von der Erstbehörde, welchen Mangel die belangte Behörde hätte wahrnehmen müssen - "in irgendeiner Form darüber aufzuklären" oder ihm gemäß § 13a AVG eine "entsprechende Rechtsbelehrung" zu erteilen, daß er in der Berufung auch "die Möglichkeit gehabt hätte, Bescheinigungsmittel anzuführen bzw. weitere Begründungen für seinen Antrag vorzutragen". Die belangte Behörde hat allerdings ihrer Entscheidung das Berufungsvorbringen zugrunde gelegt und dieses im Rahmen ihrer rechtlichen Beurteilung nicht als geeignet angesehen, die Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers zu bejahen. Durch diese rechtswidrige Vorgangsweise wurde aber der Beschwerdeführer nicht in seinen Rechten verletzt, weil die belangte Behörde, hätte sie dem Gesetz entsprechend das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens erster Instanz zugrunde gelegt, zu keinem anderen, für den Beschwerdeführer günstigeren Bescheid hätte kommen können. Der Beschwerdeführer irrt, wenn er meint, die belangte Behörde sei davon ausgegangen, daß die dem Beschwerdeführer drohende Verfolgungsgefahr im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides "nicht mehr vorhanden" sei, hat sie doch zum Ausdruck gebracht, daß eine relevante Verfolgung im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 für den Beschwerdeführer nie, auch nicht vor Verlassen seines Heimatlandes, gegeben gewesen sei. Diesbezüglich kann ihr aber - wie bereits gesagt - aus rechtlichen Gründen nicht mit Erfolg entgegengetreten werden.

Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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