Normen
AsylG 1968 §1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
AsylG 1968 §1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 460,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger kurdischer Nationalität, reiste am 29. Oktober 1988 in das Bundesgebiet ein und beantragte Asyl. Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme am 23. November 1988 brachte er zur Begründung seiner Flucht vor, seit dem Jahre 1977 mit seinen Eltern in Istanbul gelebt und dort die Ausbildung zum Koch absolviert zu haben. Wegen seiner Herkunft und wegen seines Glaubens sei er nicht verfolgt worden. Für Politik habe er sich erst seit zwei Jahren interessiert; er habe jedoch nie einer politischen Gruppierung als Mitglied angehört. Er habe an Diskussionen über die Polizeieinsätze bei Demonstrationen und gegen die Kurden teilgenommen. Ebenso habe er an dem Verteilen von Flugblättern, an Hungerstreiks und an unangemeldeten Demonstrationen teilgenommen. Diese Aktionen hätten sich gegen die von der türkischen Regierung anerkannte Studentenverbindung "YÖK" gerichtet. Auch hätte der Beschwerdeführer sich mit dem Verein "TAYAD" solidarisiert, welcher sich für die politischen Gefangenen und deren Familien einsetzte. Als der Beschwerdeführer anläßlich eines Hungerstreiks in Gefängnissen sich an einer verbotenen Demonstration beteiligen habe wollen, sei er gemeinsam mit anderen festgenommen und 17 Tage angehalten worden. Da er als einziger Nichtstudent verhaftet worden sei, habe die Polizei vermutet, daß er einer verbotenen, kommunistischen Organisation angehöre. Man habe ihn verhört, jedoch ohne Gerichtsverhandlung wieder freigelassen. Auf Grund dieser Aktion habe sich die Lage der politischen Gefangenen kurzfristig verbessert. Da man die Vergünstigungen wieder aufgehoben habe, sei es im Oktober 1988 zu einer großen Studentendemonstration und zu einer Auseinandersetzung zwischen den Gruppen "YÖK" und den "Freien Studenten" gekommen. Der Beschwerdeführer selbst sei einer Festnahme durch Flucht entkommen. Am nächsten Tag habe er von seinen Eltern erfahren, daß die Polizei ihn suche. Aus berechtigter Furcht vor einer Verhaftung habe er sich bei seinen Freunden in Istanbul versteckt und getrachtet, die Türkei ehestmöglich zu verlassen. Im Falle einer Rückkehr befürchtet er verhaftet zu werden.
Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 1. Februar 1989 wurde festgestellt, daß der Beschwerdeführer nicht Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes ist.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er im wesentlichen vorbrachte, die Darstellung der Verfolgungsgründe klänge insgesamt sehr plausibel und keineswegs übertrieben. Von der "äußeren Erscheinung" her gebe es in der Türkei "Probleme" mit der Anerkennung des freien Versammlungs- und Veranstaltungsrechtes. Die Wurzel der Konflikte des Beschwerdeführers, an deren Ende der Asylantrag stehe, sei der Umstand, daß die Behörden "offenbar" in das Vereinswesen massiv eingriffen. Verglichen mit dem Rechtsverständnis eines mitteleuropäischen - an der Menschenrechtskonvention orientierten - Rechtsstaates könne kein Zweifel daran bestehen, daß die vom Beschwerdeführer geschilderten Vorgänge eine politisch-ethnische Verfolgung darstellten.
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. Zur Begründung führte sie aus, der Beschwerdeführer habe im Verwaltungsverfahren geltend gemacht, daß er mit einer politischen Gruppierung sympathisiert und sein Engagement unter anderem durch die Teilnahme an verbotenen Demonstrationen geäußert habe. Bezüglich seiner Teilnahme an einer solchen Kundgebung im Oktober 1988 sei festzustellen, daß sein Vorbringen keinen Hinweis darauf enthalte, seine Teilnahme an den Demonstrationen sei den Behörden seines Heimatstaates überhaupt bekannt geworden. Damit könnten seinem Vorbringen aber keine Umstände für eine objektiv begründete Furcht vor Verfolgung entnommen werden. Die von ihm dargelegte 17-tägige Anhaltung weise keinen unmittelbaren Bezug zu seiner Ausreise auf. Auch seien ihm daraus keine weiteren Konsequenzen erwachsen. Der Beschwerdeführer habe ausdrücklich angegeben, daß er aus religiösen Gründen und aus Gründen seiner Abstammung in Istanbul keine Schwierigkeiten gehabt habe. Voraussetzung für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft sei, daß den vom Asylwerber im Laufe des Verwaltungsverfahrens vorgebrachten Argumenten zu entnehmen sei, er befürchte konkrete Verfolgung. Dies treffe im vorliegenden Fall nicht zu. Die vom Beschwerdeführer dargestellten Festnahmen von Demonstrationsteilnehmern seien nicht als Verfolgung im Sinne der Konvention anzusehen und seien auch nicht durch in seiner Person gelegene Gründe motiviert. Die Zugehörigkeit zu einer Minderheit könne nicht als Grund für die Anerkennung als Konventionsflüchtling angesehen werden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht, als Flüchtling anerkannt zu werden, verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 1 des Bundesgesetzes vom 7. März 1968 über die Aufenthaltsberechtigung von Flüchtlingen im Sinne der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 126, in der Fassung der Novelle vom 27. November 1974, BGBl. Nr. 796 (Asylgesetz), ist ein Fremder Flüchtling im Sinne dieses Bundesgesetzes, wenn nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes festgestellt wird, daß er die Voraussetzungen des Art. 1 Abschnitt A der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. Nr. 55/1955 unter Bedachtnahme auf das Protokoll über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. Nr. 78/1974 erfüllt und daß bei ihm kein Ausschließungsgrund nach Art. 1 Abschnitt C oder F der Konvention vorliegt. Art. 1 A Punkt 2 der Konvention bestimmt, daß als Flüchtling im Sinne dieses Abkommens anzusehen ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.
Der Beschwerdeführer bringt in der Beschwerde im wesentlichen vor, er habe sich nicht bloß darauf berufen, alewitischer Kurde zu sein und deshalb verfolgt zu werden, sondern Aktivitäten geschildert, die in einem Lande wie Österreich erlaubt seien, in seinem Heimatland aber nicht. Normalerweise seien Demonstrationen in einem Rechtsstaat erlaubt. Wenn Teilnehmer verhaftet werden, bestehe dringender Verdacht, daß demokratische Grundrechte verletzt werden.
Dem ist entgegenzuhalten, daß Beschränkungen des Versammlungsrechtes oder der Abhaltung von Demonstrationen in einem Lande keinen in der Konvention genannten Grund darstellen, den Bewohnern jenes Landes deshalb die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. Solche Beschränkungen treffen alle Bewohner des Heimatstaates des Beschwerdeführers. Damit in Zusammenhang stehende polizeiliche Maßnahmen, wie die Festnahme und Anhaltung von Teilnehmern an verbotenen Demonstrationen erweisen sich nicht als Verfolgungshandlung im Sinne der Konvention.
Da die Beschwerde sich sohin als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.
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