VwGH 91/07/0148

VwGH91/07/014820.4.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Kratschmer, Dr. Hargassner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Regierungskommissär Mag. Aumayr, in den Beschwerdesachen des H in S, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in W, gegen den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Wasserrechtssache, den Beschluß gefaßt:

gefaßt:

Normen

AVG §73 Abs2;
B-VG Art132;
EMRK Art6 Abs1;
VwGG §27;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §36 Abs2;
WRG 1959 §100 Abs2 idF 1990/252;
WRG 1959 §100 Abs2;
WRG 1959 §114;
WRG 1959 §117;
WRG 1959 §63;
AVG §73 Abs2;
B-VG Art132;
EMRK Art6 Abs1;
VwGG §27;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §36 Abs2;
WRG 1959 §100 Abs2 idF 1990/252;
WRG 1959 §100 Abs2;
WRG 1959 §114;
WRG 1959 §117;
WRG 1959 §63;

 

Spruch:

Beide Beschwerden werden zurückgewiesen.

Begründung

Aus den Beschwerdeschriften und der vom Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft vorgelegten Ausfertigung seines Bescheides vom 4. Mai 1992, Zl. 14.550/20-I4/90, ergibt sich folgender Sachverhalt:

Die Ö. AG stellte am 5. September 1983 beim Landeshauptmann von Niederösterreich einen Antrag auf Durchführung eines wasserrechtlichen Enteignungs- und Entschädigungsverfahrens hinsichtlich einer Laderampe, welche zu einem im Eigentum des Beschwerdeführers stehenden Lagerhaus gehört. Mit Bescheid vom 2. November 1983 gestattete die belangte Behörde die sofortige Inangriffnahme der im Rahmen des zum bevorzugten Wasserbau erklärten Bauvorhabens D. notwendigen Arbeiten an der Laderampe des Lagerhauses, sowie die dabei notwendigen Eingriffe in fremde Rechte schon vor Abschluß des wasserrechtlichen Enteignungs- und Entschädigungsverfahrens.

Da eine Entscheidung in diesem Verfahren nicht erging, stellte der Beschwerdeführer am 25. März 1991 einen Devolutionsantrag an die belangte Behörde. Mit der am 12. November 1991 zur Post gegebenen, zur hg. Zl. 91/07/0148 protokollierten Beschwerde machte der Beschwerdeführer die Verletzung der Entscheidungspflicht mit dem Vorbringen geltend, daß eine Entscheidung in der Sache ungeachtet des bereits vor rund neun Jahren anhängigen Verfahrens noch immer nicht vorliege, er aber gemäß Art. 6 MRK einen Anspruch auf Entscheidung innerhalb angemessener Frist habe. Im Zuge dieses verwaltungsgerichtlichen Verfahrens wies die belangte Behörde den Devolutionsantrag vom 25. März 1991 mit Bescheid vom 4. Mai 1992 zurück und begründete diese Entscheidung damit, daß mit dem Inkrafttreten der Wasserrechtsgesetz-Novelle 1990 die Zuständigkeit der belangten Behörde zur Entscheidung der anhängigen Sache ex lege gegeben sei; der Devolutionsantrag des Beschwerdeführers sei der belangten Behörde zudem erst mit Schreiben vom 15. April 1992 übermittelt worden.

Mit der am 30. Dezember 1992 zur Post gegebenen, zur hg. Zl. 92/07/0218 protokollierten Beschwerde wiederholte der Beschwerdeführer sein Begehren mit der Behauptung, eine Entscheidung der belangten Behörde stünde unverändert aus.

Beiden Beschwerden stehen Umstände entgegen, die gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ihre Zurückweisung zur Folge haben:

Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht kann gemäß Art. 132 B-VG erheben, wer im Verwaltungsverfahren als Partei zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht berechtigt war. Diese Berechtigung kommt aber einer Partei, die im Verwaltungsverfahren weder Antragsteller noch Rechtsmittelwerber ist, nicht zu; die Rechtsstellung jener Partei, gegen welche sich ein Antrag richtet, bleibt nämlich so lange unberührt, als ein dem Begehren des Antragstellers stattgebender und die Einwendungen des Antragsgegners verwerfender behördlicher Abspruch noch nicht ergangen ist (vgl. den hg. Beschluß vom 19. Jänner 1970, 1846, 1887/69, Slg. N.F. Nr. 7712/A, die hg. Erkenntnisse vom 20. Dezember 1968, 1717/68, Slg. N.F. Nr. 7479/A, und vom 22. September 1992, 92/07/0152, ferner ebenso schon den hg. Beschluß vom 16. April 1958, 574/58, Slg. N.F. Nr. 4640/A).

Zu einer davon abweichenden Beurteilung bietet auch das auf ein Enteignungs- und Entschädigungsverfahren Bezug habende Beschwerdevorbringen keinen Anlaß. Auch in einem solchen Fall wird die Rechtsstellung des Eigentümers der vom Enteignungsbegehren betroffenen Sache vor einem die Enteignung verfügenden behördlichen Abspruch - und somit insofern die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Bestimmung des Art. 6 MRK - nicht berührt.

Der Beschwerdeführer ist im anhängigen Verwaltungsverfahren somit zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht nicht berechtigt. Wie die belangte Behörde in ihrem Bescheid vom 4. Mai 1992 rechtlich zutreffend erkannt hat, bewirkte das Inkrafttreten der Wasserrechtsgesetz-Novelle 1990, BGBl. Nr. 252, am 1. Juli 1990 mit der Aufhebung der Bestimmungen der §§ 114 ff WRG und der Änderung des § 100 Abs. 2 WRG 1959 den gesetzlichen Übergang der Zuständigkeit für das zur Verwirklichung bevorzugter Wasserbauten erforderliche Enteignungs- und Entschädigungsverfahren vom Landeshauptmann an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft. Der vom Beschwerdeführer am 25. März 1991 gestellte Devolutionsantrag ging damit ins Leere; die mit diesem Antrag angestrebte Kompetenzverlagerungswirkung war schon zuvor kraft Gesetzes eingetreten, weshalb auch die Frage bedeutungslos geworden war, ob dem Devolutionsantrag seiner gegebenenfalls verfehlten Einbringung bei der Unterbehörde wegen (vgl. die bei Ringhofer, Verwaltungsverfahrensgesetze I, 1987, ENr. 55f. zu § 73 AVG wiedergegebene hg. Judikatur) Wirksamkeit nicht zukommen hätte können.

Bei dieser Verfahrenslage konnte sich die zu 91/07/0148 protokollierte Säumnisbeschwerde nur mehr auf die Entscheidung in der Sache selbst erstrecken, weil der verfahrensrechtliche Anspruch des Beschwerdeführers auf einen seinen Devolutionsantrag zurückweisenden Bescheid durch die vorangegangene Gesetzesänderung konsumiert war. Der Zurückweisungsbescheid der belangten Behörde vom 4. Mai 1992 hätte dem Beschwerdeführer gegenüber, wäre er zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht im Verwaltungsverfahren berufen gewesen, demgemäß Wirksamkeit im Sinne des § 36 Abs. 2 VwGG auch nicht entfalten können, weil zur Zurückweisung des durch Erfüllung ex lege obsolet gewordenen Devolutionsbegehrens des Beschwerdeführers kein Anlaß mehr bestand.

Da der Beschwerdeführer aber, wie oben dargestellt, zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht im Verwaltungsverfahren tatsächlich nicht berechtigt ist, war seine zu 91/07/0148 protokollierte Säumnisbeschwerde gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG unter Bedachtnahme auf § 12 Abs. 3 VwGG zurückzuweisen.

Die zu 92/07/0218 protokollierte Säumnisbeschwerde richtet sich, wie aus dem Vorgesagten deutlich wird, gegen die Untätigkeit der belangten Behörde in derselben Sache. Sie wäre demnach im Falle der Zulässigkeit der ersten Beschwerde aus dem Grunde der Gerichtshängigkeit der Sache zurückzuweisen gewesen; da sich aber schon die erste Beschwerde aus dem Grunde fehlender Berechtigung des Beschwerdeführers zu ihrer Erhebung als unzulässig erwies, war auch die zu 92/07/0218 protokollierte Beschwerde aus demselben Grunde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG unter Bedachtnahme auf § 12 Abs. 3 VwGG zurückzuweisen (vgl. Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit, 84).

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