VwGH 91/04/0128

VwGH91/04/012821.12.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Pallitsch und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissärin Mag. Paliege, über die Beschwerde der X-Ges.m.b.H. in P, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 15. März 1991, Zl. 312.945/2-III-3/90, betreffend gewerbliche Betriebsanlage (mitbeteiligte Parteien: 1. K in S, und 2. F in S), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §59 Abs1;
AVG §66 Abs2;
AVG §66 Abs4;
GewO 1973 §74 Abs2 idF 1988/399;
GewO 1973 §77 Abs1 idF 1988/399;
VwRallg;
AVG §59 Abs1;
AVG §66 Abs2;
AVG §66 Abs4;
GewO 1973 §74 Abs2 idF 1988/399;
GewO 1973 §77 Abs1 idF 1988/399;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird im Umfang seines Spruchpunktes II wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 13.100,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Bürgermeister der Stadt Salzburg erteilte mit Bescheid vom 16. Februar 1989 der Beschwerdeführerin die beantragte gewerbebehördliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb eines Hotels auf den Gp. 345 und 455 der KG N.

Mit Bescheid vom 6. Dezember 1989 hat der Landeshauptmann von Salzburg der u.a. von den mitbeteiligten Parteien erhobenen Berufung teilweise Folge gegeben, indem eine zusätzliche Auflage vorgeschrieben wurde, der Spruch teilweise anders gefaßt und die Berufung in einem Punkt als unzulässig zurückgewiesen wurde.

Mit Bescheid vom 15. März 1991 traf der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten folgenden Abspruch:

Spruch:

I. Die Berufungen des D und des E werden gemäß § 359 Abs. 4 iVm § 75 Abs. 2 GewO 1973 als unzulässig zurückgewiesen.

II. Der Berufung des K und des F wird insoferne Folge gegeben, als die Auflage unter Punkt 77) wie folgt geändert und eine zusätzliche Auflage unter Punkt 84) vorgeschrieben wird:

  1. "77) Die Fahrer der Autobusse von Hotelgästen sind nachweislich (z.B. durch mehrsprachige Flugblätter, Anbringung von mehrsprachigen Hinweisschildern im Bereich des Busabstellplatzes) davon in Kenntnis zu setzen, daß ein Laufenlassen der Busmotoren am Stand untersagt ist.
  2. 84) Die Benützung des an der B-Straße gelegenen Busparkplatzes ist in der Zeit von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr untersagt.

    In dieser Zeit ist der Busparkplatz durch eine Kette, einen Schranken oder etwas Ähnliches abzusperren."

    Die Auflage unter Punkt 81) wird behoben.

    In der Auflagen unter Punkt 83) werden die Worte "die Sperrstunde" durch die Worte "das Ende der Betriebszeit" ersetzt."

    Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, wenn auch auf den der Genehmigung zugrundeliegenden Plänen nur "zwei Busparkplätze" eingezeichnet seien, so habe auf Grund der Ergebnisse des Augenscheines (siehe Gutachten des gewerbetechnischen Sachverständigen) und den übereinstimmenden Zeugenaussagen der Nachbarn angenommen werden können, daß dieser Busparkplatz regelmäßig von mehr als zwei Bussen benützt werde. Hinsichtlich der Wirkung der Immissionen könne mit dem ärztlichen Gutachten zwischen Pkw-Verkehr und Gesprächslärm von zu- und abgehenden Gästen einerseits und dem Lärm durch Busse andererseits unterschieden werden. Während sowohl Pkw-Zu- und Abfahrten als auch Gesprächslärm grundsätzlich als ortsüblich (sowohl was die Höhe der Lärmimmissionen als auch die Häufigkeit ihres Auftretens betreffe) zu bezeichnen seien und diese betrieblichen Immissionen nach den Ergebnissen des Augenscheines vom 25. Juli 1990 (aber auch nach den auf Grund jahrelanger Erfahrungen angestellten Betrachtungen des gewerbetechnischen Sachverständigen) nicht geeignet seien, die Umgebungssituation nachhaltig zu beeinflussen, so seien die Buszufahrten sowohl von der Art als auch der Intensität des Geräusches aus dem Umgebungslärm herausstechend. Vor allem in der Nachtzeit (22.00 bis 6.00 Uhr) seien impulshaltige Lärmspitzen, wie etwa das Zischen der Druckluftbremsen, welches nicht zu verhindern sei, besonders störend, weil damit Weckwirkungen verbunden sein könnten. Es könne daher im Rechtsbereich die Schlußfolgerung gezogen werden, daß für die Tagzeit eine Gefährdung der Gesundheit von Personen (Kinder reagierten schon nach der allgemeinen Lebenserfahrung auf Lärmimmissionen nicht empfindlicher als Erwachsene) vermieden werde und die zu erwartenden Lärmimmissionen in Anbetracht der vorgefundenen Umgebungssituation als zumutbar bezeichnet werden könnten. Hinsichtlich der Nachtzeit könne diese Aussage nur dann wiederholt werden, wenn ein Busverkehr auf der den Nachbarn zugewandten Seite der Betriebsanlage verhindert werde, was mit Auflage unter Punkt 84) verfügt worden sei, zumal nach dem schlüssigen gewerbetechnischen Gutachten technische Möglichkeiten zur Verhinderung dieser Immissionen ausschieden. Eine Gefährdung der Gesundheit durch Abgas- und Geruchsimmisisonen könne in Anbetracht der vom gewerbetechnischen Sachverständigen errechneten maximalen Immissionskonzentrationen und der darauf fußenden gutächtlichen Beurteilung des ärztlichen Sachverständigen keineswegs angenommen werden. Allerdings sei bereits ein (offenbar schlecht eingestellter) Diesel-Pkw (älterer Bauart) imstande, deutlich wahrnehmbare, unangenehme Geruchsimmissionen auf dem Balkon des Nachbarn F herbeizuführen. Auch aus den übereinstimmenden Aussagen sämtlicher als Zeugen vernommener Nachbarn ergebe sich, daß das Warmlaufen der Dieselmotoren als besonders belästigend eingestuft werde und nach dem Gutachten des gewerbetechnischen Sachverständigen technisch nicht erforderlich sei (was auch vom am Augenschein vom 25. Juli 1990 mitwirkenden schweizer Buslenker bestätigt worden sei). Die von Busmotoren herrührenden Geruchsimmissionen seien auch vom ärztlichen Sachverständigen (bei entsprechender Einwirkungsdauer) als das Wohlbefinden beeinträchtigend eingestuft worden und es sei daher einer Anregung des gewerbetechnischen Sachverständigen folgend durch eine geänderte (verschärfte) Auflage unter Punkt 77) "das Laufenlassen der Motore am Stand zu untersagen" gewesen.

    Gegen diesen Bescheid - und zwar erkennbar gegen dessen Abspruch II - richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin beantragt, der Verwaltungsgerichtshof möge der Beschwerde Folge geben und den angefochtenen Bescheid (offenbar gemeint: dessen Spruchpunkt II) aufheben, "wobei jedoch angeregt wird, die Aufhebung auf die Auflagen 77) und 84) zu beschränken".

    Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Beschwerde keine Folge zu geben.

    Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

    Die Beschwerdeführerin erachtet sich in dem Recht verletzt, "daß ihr bei Erteilung der Betriebsanlagengenehmigung keine anderen als die zur Vermeidung von Gefährdungen und zur Beschränkung von Belästigungen auf ein zumutbares Maß erforderlichen Auflagen vorgeschrieben werden, d.h. konkret, daß die Auflagen unter Pkt. 77) und Pkt. 84) mit dem bescheidmäßigen Inhalt nicht hätten vorgeschrieben werden dürfen". Sie bringt hiezu unter dem Gesichtpunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften u.a. vor, mit der neuen Auflage 84) sei der Beschwerdeführerin die Benützung des an der B-Straße gelegenen Busparkplatzes in der Zeit von 22.00 bis 6.00 Uhr untersagt worden. Diese weite Fassung der Auflage umfasse jegliche Art der Benützung, nicht nur das Befahren mit Großbussen. Demnach wäre es z.B. unzulässig, auf dem Busparkplatz vor 22.00 Uhr Großbusse abzustellen, auch wenn diese erst nach 6.00 Uhr des nächsten Tages vom Busparkplatz wieder wegführen. Ebenso wäre es unzulässig, daß auf dem Busparkplatz, wenn keine Busse da seien, andere Fahrzeuge, etwa Pkw abgestellt und dabei auch Fahrbewegungen durchgeführt würden. Die weite Fassung der Auflage stehe im Widerspruch zur Bescheidbegründung und zu den Ergebnissen der Beweisaufnahme am 25. und 26. Juli 1990. Gegenstand der Bedenken des Sachverständigen wären ausschließlich die Fahrbewegungen von Großbussen und die damit verbundenen Immissionen gewesen. Hingegen hätten die Sachverständigen festgestellt, daß etwa das Zu- und Abfahren und natürlich auch das Abstellen von Pkw keine Belästigungen mit sich brächten, die unzumutbar wären. Mit der Auflage 77) sei jedes Laufenlassen der Busmotoren am Stand untersagt. Der gewerbetechnische Sachverständige habe jedoch nicht nur ausgeführt, daß ein Warmlaufen der Motoren im eigentlichen Sinn bei den heutigen Dieselmotoren nicht mehr erforderlich sei, sondern auch, daß keine längere Motorlaufphase als eine Minute erforderlich sei. Nach den Messungen stehe fest, daß das Motorgeräusch des im Stand laufenden Motors eines Großbusses unterhalb der Geräusche des sonstigen Fahrzeugverkehrs auf der Straße liege. Nach dem Gutachten des ärztlichen Sachverständigen seien Geruchsbelästigungen von einem kurzzeitigen Laufenlassen des Motors auf dem Stand nicht zu befürchten. Die Auflage 77) hätte daher dahin lauten müssen, daß ein Laufenlassen der Busmotoren am Stand in der Dauer von mehr als einer Minute den Fahrern der Autobusse von Hotelgästen als unzulässig zur Kenntnis zu bringen sei.

    Nach dem ersten Satz des § 77 Abs. 1 GewO 1973 (in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl. Nr. 22/1993) ist die Betriebsanlage zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, daß überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 GewO 1973 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 bis 5 leg. cit. auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.

    Eine Auflage im Sinne der bezogenen Gesetzesstelle kann jede der Vermeidung von Immissionen dienende und zu ihrer Erfüllung geeignete (behördlich erzwingbare) Maßnahme des Inhabers der Betriebsanlage zum Gegenstand haben (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 23. Jänner 1980, Slg. N.F. Nr. 10.020/A, u. a.).

    Die Vorschreibung alternativer Konsensbedingungen ist zulässig, wenn jede Alternative zum gleichen, mit der vorgeschriebenen Maßnahme angestrebten Ergebnis führt (vgl. hiezu die entsprechenden Darlegungen im hg. Erkenntnis vom 19. September 1989, Zl. 86/04/0068).

    Im vorliegenden Fall ging die belangte Behörde nach den Begründungsdarlegungen des angefochtenen Bescheides (im Ergebnis) davon aus, daß ein BusVERKEHR zwischen 22.00 und 6.00 Uhr auf der den Nachbarn zugewandten Seite der Betriebsanlage eine "Gefährdung der Gesundheit" bzw. eine "unzumutbare Belästigung" von Nachbarn darstelle. Ausgehend davon verfügte die belangte Behörde ergänzend die Auflage unter Punkt 84).

    Im Gegensatz zu den Begründungsdarlegungen ergibt sich aus dem objektiv zu betrachtenden Wortlaut (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. Dezember 1991, Zl. 91/04/0141) dieser Auflagenvorschreibung nicht etwa in unzweifelhafter Weise, daß hiedurch - lediglich - ein BusVERKEHR (im Sinne der als Sachverhaltsgrundlage herangezogenen Fahrbewegungen) verhindert werden soll. Wie die Beschwerdeführerin im Ergebnis zutreffend rügt, beinhaltet die "Benützung" eines Busparkplatzes schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch - auch - das Stehenlassen eines Fahrzeuges.

    Da die belangte Behörde offensichtlich in Verkennung der Rechtslage die von ihr dargestellten Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens als geeignet ansah, in bezug auf die in Rede stehende Auflage unter Punkt 84) eine ausreichende rechtliche Beurteilung im Sinne des § 77 GewO 1973 zu ermöglichen, belastete sie den angefochtenen Bescheid schon aus diesem Grund mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

    In diesem Zusammenhang ist aber weiters darauf hinzuweisen, daß dem Konkretisierungserfordernis insoweit nicht Rechnung getragen wurde, als es sich bei Vorschreibung der Absperrmöglichkeiten nicht etwa (arg.: "oder etwas ähnliches") um die Vorschreibung einer allfälligen alternativen Konsensbedingung handelt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 2. Dezember 1983, Zl. 83/04/0072).

    Das Zuletztgesagte trifft aber auch hinsichtlich der Auflagenvorschreibung unter Punkt 77) zu ("... z.B. durch ...").

    Abgesehen davon vermag der Verwaltungsgerichtshof eine "Eignung" dieser Auflage im oben dargestellten Sinn nicht zu erkennen, weil mit der nötigen Klarheit nicht entnommen werden kann, inwiefern diese Maßnahmen (losgelöst von der Frage deren bloß beispielhaften Anführung) geeignet sind, "das Laufenlassen der Motore am Stand zu untersagen", wovon die belangte Behörde nach den Begründungsdarlegungen des angefochtenen Bescheides ausging. Es ist nicht in der erforderlichen Schlüssigkeit einsichtig, daß durch diese Auflagenvorschreibung eine dahingehende Sicherung überhaupt bzw. in einer Weise erfolgen könnte, die die Überprüfung dieser Auflagen durch die Behörde "jederzeit und aktuell" (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 28. März 1989, Zl. 88/04/0200) - in dem von der belangten Behörde angenommenen Sinn - ermöglichen würde.

    Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid im Rahmen der dargestellten Beschwerdepunkte schon im Hinblick darauf mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Dieser war daher im Umfang seines Spruchpunktes II gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß es einer Erörterung des weiteren Beschwerdevorbringens bedurfte.

    In diesem Zusammenhang ist noch darauf hinzuweisen, daß der "Anregung" in der Beschwerde, "die Aufhebung auf die Auflagen 77) und 84) zu beschränken", mangels Trennbarkeit dieses Abspruchteiles (vgl. hiezu etwa das hg. Erkenntnis vom 21. September 1993, Zl. 91/04/0159, und die dort zitierte Vorjudikatur) nicht nachzukommen war.

    Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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