VwGH 92/09/0132

VwGH92/09/013225.9.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Mag. Meinl und Dr. Fürnsinn als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Mag. Fritz, über die Beschwerde der Anna W in R, vertreten durch Dr. N, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid der Schiedskommission beim Landesinvalidenamt für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 19. Februar 1992, Zl. OB. 115-291425-006, betreffend Beschädigtenrente nach dem Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
HVG §2 Abs1;
KOVG 1957 §4 Abs1;
KOVG 1957 §48a Abs2;
VwGG §34 Abs1;
AVG §8;
HVG §2 Abs1;
KOVG 1957 §4 Abs1;
KOVG 1957 §48a Abs2;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist die Witwe nach dem am 9. Juni 1991 verstorbenen Franz W. Mit Bescheid des Landesinvalidenamtes für Wien, Niederösterreich und Burgenland (LIA) vom 28. Juni 1951 war dem Antrag des Franz W vom 19. Jänner 1951 auf Gewährung einer Beschädigtenrente gemäß § 4 des Kriegsopferversorgungsgesetzes nicht stattgegeben worden. Zur Begründung dieses unangefochten in Rechtskraft erwachsenen Bescheides war auf ein ärztliches Sachverständigengutachten verwiesen worden, wonach die von Franz W angegebenen Erfrierungsfolgen an den Füßen und Unterschenkeln nicht nachweisbar gewesen seien.

Am 3. April 1952 hat Franz W neuerlich einen Antrag auf Gewährung einer Beschädigtenrente gestellt. Dieser Antrag ist mit Bescheid des LIA vom 1. April 1954 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen worden. Mit Bescheid vom 13. Juli 1954 hat die Schiedskommission beim Landesinvalidenamt für Wien, Niederösterreich und Burgenland als Versorgungsbehörde zweiter Rechtsstufe der von Franz W gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung keine Folge gegeben und den Bescheid des LIA bestätigt.

Mit Schreiben vom 10. Mai 1989 stellte Franz W erneut einen Antrag auf Gewährung einer Beschädigtenrente nach dem Kriegsopferversorgungsgesetz 1957 (KOVG 1957), wobei er (im nachgereichten Antragsformular) als Gesundheitsschädigung Erfrierungsfolgen an beiden Füßen geltend machte.

Über Ersuchen des LIA richtete daraufhin das Zentralarchiv des Landesinvalidenamtes für Wien, Niederösterreich und Burgenland Anfragen an das Österreichische Staatsarchiv, an die deutsche Dienststelle in Berlin und an das Krankenbuchlager Berlin. Laut Mitteilung der deutschen Dienststelle in Berlin vom 12. Oktober 1989 wurde Franz W im Jänner 1943 wegen Erfrierungen ersten Grades an den Zehen beidseits und Erfrierungen zweiten Grades an der linken Ferse im Lazarett behandelt.

Das LIA holte weiters ein ärztliches Sachverständigengutachten des Facharztes für Innere Medizin Dr. H vom 23. Februar 1990 ein, der bei Franz W ein "Postthrombotisches Syndrom an beiden Beinen, mit Z.n. Beckenvenenthrombose re. und chronisch venöser Insuffizienz bds Stadium III - IV nach Widmer" feststellte, wobei sich hiefür nach der Richtsatzposition IX/b/701 unter Berücksichtigung eines Kausalanteiles von 1/2 eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in der Höhe von 35 Prozent ergebe. Diesem Gutachten stimmte die leitende Ärztin zu, sie erhöhte jedoch die von Dr. H mit 35 Prozent festgesetzte Gesamt-MdE auf 40 Prozent.

Schließlich führte das LIA noch eine berufskundliche Beurteilung nach § 8 KOVG 1957 durch.

Mit Bescheid des LIA vom 29. August 1990 wurde ausgesprochen:

"Auf den Antrag vom 10.5.1989, eingelangt am 16.5.1989, wird als Dienstbeschädigung gemäß § 4 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 (KOVG 1957), BGBl. Nr. 152/1957, in der derzeit geltenden Fassung, anerkannt:

Postthrombotisches Syndrom an beiden Beiden, mit Zustand nach Beckenvenenthrombose rechts und chronische venöser Insuffizienz beidseits, Stadium III - IV nach Widmer. Kausaler Anteil: 1/2.

Gemäß §§ 1, 4, 7 und 8 KOVG 1957 wird Ihnen eine Beschädigtengrundrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von vierzig vom Hundert (40 v.H.) zuerkannt. Sie beträgt gemäß § 11 Abs. 1 KOVG 1957 monatlich S 1.284,--, ab 1. Jänner 1990 monatlich S 1.322,-- und ab 1. Juli 1990 monatlich S 1.335,--.

Die Zuerkennung wird gemäß § 51 Abs. 1 KOVG 1957 mit 1.5.1989 wirksam."

Zur Begründung ihres Bescheides führte die Versorgungsbehörde erster Instanz im wesentlichen aus, nach dem Befund des eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachtens vom 23. Februar 1990, das als schlüssig erkannt und in freier Beweiswürdigung diesem Bescheid zugrunde gelegt worden sei, ergebe sich nachstehende Richtsatzeinschätzung:

"Lfd. Anerkannte Position Der Gesamt- Kau- MdE

Nr. Dienstbe- in den leidenszu- saler gemäß

schädigung Richtsätzen stand (kau- Anteil § 7

(§ 4 KOVG 1957) zu § 7 saler und KOVG

KOVG 1957 nichtkau-

saler Anteil

zusammen)

bedingt eine

MdE von

1. Postthrom- IX/b/701 70 Prozent 1/2 35

botisches Prozent

Syndrom an bei-

den Beinen mit

Zustand nach

Beckenvenen-

thrombose rechts

und chronisch

venöser

Insuffizienz

beidseits

Stadium III -

IV nach Widmer

Für die Beurteilung innerhalb der Rahmensätze war maßgebend:

Da beidseits schwere chronische venöse Insuffizienz mit Geschwürsleiden und Dauerantikogaulation besteht wurde diese Position herangezogen."

Die Kausalität der Erfrierungen sei erwiesen. Ebenso sei erwiesen, daß zum Zeitpunkt der Blinddarmoperation, die kurz nach der Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft durchgeführt worden sei, eine Furunkulose bestanden habe. Nach Art der geschilderten Behandlungsmethode sei das Bestehen der Furunkulose bereits während der Kriegsgefangenschaft glaubhaft. Durch die Gefangenschaft und die dortigen unsauberen Verhältnisse sei die Entstehung der Furunkulose und des anlagebedingten Venenleidens begünstigt worden. Es sei daher ein halbkausaler Anteil am Gesamtleidenszustand anzunehmen, wobei die Erfrierungen mitinkludiert seien.

Nach Wiedergabe der berufskundlichen Beurteilung gemäß § 8 KOVG 1957, in der die Feststellung enthalten ist, daß das unter Anwendung von Einschätzungsmaßstäben und unter Berücksichtigung des kausalen Leidensanteiles vorgenommene berufskundliche Einschätzungsverfahren eine MdE von 40 v.H. nach § 8 KOVG 1957 ergeben habe, welche die MdE gemäß § 7 KOVG 1957 jedoch nicht übersteige, wird abschließend ausgeführt, daß die rentenberechtigende MdE (§§ 4, 7, 8 und 9 KOVG 1957) daher 40 Prozent betrage.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte der von Franz W bevollmächtigte Vertreter des Kriegsopfer- und Behindertenverbandes vor, daß die Festsetzung eines kausalen Anteiles von 1/2 nicht den gesetzlichen Bestimmungen entspreche. Gemäß dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. März 1977, Zl. 2155/76, liege eine mittelbare Dienstbeschädigung auch dann vor, wenn ein Dienstbeschädigungsleiden ein später aufgetretenes akausales Leiden verschlechtere. Da hier ein Leiden vorliege, welches mit einer MdE von 70 Prozent einzuschätzen sei und da die Festsetzung eines kausalen Anteiles von 1/2 deshalb erfolgt sei, weil das später dazugekommene Leiden akausal sei, wäre unbedingt gemäß dem obgenannten Erkenntnis das später dazugekommene akausale Leiden als mittelbare Dienstbeschädigung anzuerkennen gewesen. Das postthrombotische Syndrom wäre vollkausal als Dienstbeschädigung anzuerkennen und dem Franz W eine Beschädigtenrente auf Grund einer MdE von 70 Prozent zuzuerkennen.

Die belangte Behörde ergänzte daraufhin das Ermittlungsverfahren durch Einholung eines ärztlichen Sachverständigengutachtens des Facharztes für Chirurgie Dr. K (vom 18. Jänner 1991), der jedoch zu keinem für den Ehegatten der Beschwerdeführerin günstigeren Ergebnis kam.

Mit Antrag vom 13. Juni 1991 schloß sich sodann die Beschwerdeführerin als Witwe nach (dem am 9. Juni 1991 verstorbenen) Franz W gemäß § 48a KOVG 1957 dem noch anhängigen Berufungsverfahren an.

Das Gutachten Dris. K wurde daraufhin der Beschwerdeführerin im Rahmen des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht. Der von der Beschwerdeführerin bevollmächtigte Vertreter des Kriegsopfer- und Behindertenverbandes brachte hiezu in seiner Stellungnahme vom 7. Oktober 1991 vor, die Tatsache, daß die Thrombophlebitis und das postthrombotische Syndrom anlagebedingt seien, werde nicht bestritten, jedoch verschlechtere dieses akausale Leiden die kriegsbedingte Schädigung wesentlich. Daß eine ungünstige Anlage bestanden habe, widerspreche einer vollkausalen Anerkennung insoferne nicht, als das Leiden tatsächlich erst nach der Dienstbeschädigung aufgetreten sei und deshalb "dieses kausale Leiden durch ein akausales Leiden eindeutig verschlechtert" worden sei. Die durch das Gutachten festgestellten Tatsachen stünden keinesfalls im Widerspruch zu den Ausführungen in der Berufung, weshalb weiterhin unbedingt eine vollkausale Anerkennung des Leidenszustandes gefordert werden müsse.

Die belangte Behörde holte schließlich (zur Klärung der Frage, ob im vorliegenden Fall nicht doch eine Vollkausalität vorliege) noch eine Stellungnahme des Sachverständigen Dr. H ein, der ausführte, daß die wehrdienstbedingten Umstände in Verbindung mit der Operation zweifelsfrei zum derzeitigen Leidensbild "wesentlich" beigetragen haben, also mindestens zur Hälfte.

Dazu nahm der bevollmächtigte Vertreter in der Folge mit Schreiben vom 18. Dezember 1991 Stellung.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 19. Februar 1992 gab die belangte Behörde dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Fortsetzung des Verfahrens gemäß § 48a Abs. 2 KOVG 1957 statt, gab jedoch der Berufung keine Folge und bestätigte gemäß § 66 Abs. 4 AVG den Bescheid des LIA.

Zur Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, sie habe zur Prüfung der Berufungsgründe ärztliche Sachverständigenbeweise durch den Chirurgen Dr. K und den Facharzt für Innere Medizin Dr. H erstellen lassen, woraus sich folgende medizinische Beurteilung ergebe:

"Bei der Untersuchung sind beide Beine mit vom Spital angelegten Kompressionsverbänden bedeckt. Eine Verbandsabnahme im Rahmen der Untersuchung ist nicht möglich, weil die Wiederanlage Spezialambulanzen vorbehalten ist. Ein status localis ist daher nicht erhebbar.

Im Jänner 1943 wurde der KB wegen Erfrierungen I. Grades an den Zehen und Erfrierungen II. Grades an der linken Ferse im Lazarett behandelt.

Die in der Berufung vertretene Ansicht, daß ein DB-Leiden ein später aufgetretenes akausales Leiden verschlechtert habe, kann nicht geteilt werden. Die Entwicklung einer Thrombophlebitis anläßlich der Blinddarmoperation im Jahre 1948 und in der weiteren Folge das Entstehen eines postthrombotischen Syndroms setzen in jedem Falle einen anlagebedingten Dispositionsfaktor voraus. Die damals bestehende Furunkulose, die sicher durch die entsprechenden Umstände während der Gefangenschaft bedingt war, kann daher nicht als alleinige Ursache gewertet werden, sondern hat eine anlagebedingte, vorbestehende venöse Insuffizienz in der Folge ungünstig beeinflußt. Es ist daher weiterhin nur eine halbkausale Anerkennung möglich.

Gegenüber dem Vergleichsgutachten vom 22. Mai 1951 hat sich der medizinische Befund insofern geändert, als nunmehr ein postthrombotisches Syndrom an beiden Beinen besteht, welches im Sinne der Verschlimmerung eines anlagebedingten Leidens halbkausal anerkannt wird.

Vom internen Standpunkt ist festzustellen, daß bereits im Jahre 1948, also kurz nach der Entlassung und Blinddarmoperation, ein ausgeprägtes postthrombotisches Syndrom mit Beinschwellung und Ulcera bestand.

Der Zeitraum für die Entwicklung eines so schweren postthrombotischen Syndroms ist relativ kurz, wenn man nicht davon ausgeht, daß schon eine Vorschädigung stattgefunden haben muß, um zum gegenständlichen Zeitpunkt schon ein so gravierendes Leidensbild zu entwickeln. Es entspricht nicht dem gewöhnlichen Verlauf einer chronisch venösen Insuffizienz, schon nach drei Jahren ein so schweres Bild zu bieten."

Unter Berücksichtigung dieses Befundes ergebe sich nachfolgende Richtsatzeinschätzung:

"Als DB (§ 4 Position Der Ge- Durch MdE

KOVG 1957) wird in den samtlei- die Dienst- gemäß

festgestellt: Richt- denszu- leistung § 7

sätzen zu stand verursach- KOVG

(kausaler ter Anteil 1957

und nicht- (kausaler

kausaler Anteil)

Anteil zu-

sammen) be-

dingt eine

MdE von

1. Postthrombo-

tisches Syndrom

an beiden Beinen

mit Zustand nach

Beckenvenen-

thrombose rechts

und chronisch

venöser

Insuffizienz

beiderseits

Stadium III - IV

nach Widmer IX/b/701 70 v.H. 1/2 35 v.H."

Die Einreihung der angeführten Dienstbeschädigung innerhalb des Rahmensatzes der Position erfolge entsprechend der Ausprägung und Schwere des Leidenszustandes. Für die Bemessung des durch die Dienstleistung verursachten Anteils bei der unter Punkt 1. bezeichneten Gesundheitsschädigung (Verschlimmerungskomponente) sei der Umstand maßgebend gewesen, daß es sich um ein anlagebedingtes Leiden handle, welches in der Folge ungünstig beeinflußt worden sei. Die Gutachten der Sachverständigen seien als schlüssig erkannt und daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zugrundegelegt worden. Gegen die berufskundliche Beurteilung der ersten Instanz seien keine Einwendungen erhoben worden. Sie sei höher als die richtsatzmäßig (§ 7 KOVG 1957) ermittelte MdE. Somit sei unter Bedachtnahme auf die Bestimmung des § 8 KOVG 1957 der Bemessung der Grundrente eine MdE von 40 v.H. zugrundezulegen. Die belangte Behörde sei im Hinblick auf das vorliegende medizinische Beweismaterial und nach fachkundiger ärztlicher Beratung in freier Beweiswürdigung zur Überzeugung gelangt, daß die anerkannte Dienstbeschädigung halbkausal einzuschätzen sei. Dem bevollmächtigten Vertreter der Beschwerdeführerin sei das Ergebnis der Beweisaufnahme gemäß § 45 Abs. 3 AVG zur Kenntnis gebracht worden. Die vorgebrachten Einwendungen seien nicht geeignet gewesen, die Beweiskraft der ärztlichen Sachverständigengutachten zu mindern. Insbesondere sei jedoch zu entgegnen, daß die in beiden Instanzen eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachten im Ergebnis übereinstimmten, sodaß keine Veranlassung bestehe, ein weiteres Gutachten einzuholen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der "Rechtswidrigkeit im Inhalt infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften" geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf richtige Anwendung der Bestimmungen des Kriegsopferversorgungsgesetzes, insbesondere der §§ 1, 4, 7, 8 KOVG 1957, verletzt.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Ist beim Tode des Anspruchswerbers oder Anspruchsberechtigten das Versorgungsverfahren noch nicht abgeschlossen, so sind zur Fortsetzung des Verfahrens gemäß § 48a Abs. 2 KOVG 1957 nacheinander der Ehegatte, die leiblichen Kinder, die Wahlkinder, die Stiefkinder, der Vater, die Mutter, die Geschwister berechtigt, alle diesen Personen jedoch nur, wenn sie gegenüber dem Anspruchsberechtigten zur Zeit seines Todes unterhaltspflichtig oder unterhaltsberechtigt waren oder mit ihm zur Zeit seines Todes in häuslicher Gemeinschaft gelebt haben. Sind solche Personen nicht vorhanden, so sind die Rechtsnachfolger des Verstorbenen zur Fortsetzung des Verfahrens berechtigt.

Im Beschwerdefall besteht nach der Aktenlage kein Zweifel daran, daß die Beschwerdeführerin zur Fortsetzung des im Zeitpunkt des Todes des Franz W noch anhängigen Berufungsverfahrens berechtigt war. Sie ist daher als Partei in dieses Verfahren eingetreten und gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG auch zur Erhebung der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Verletzung subjektiver Rechte legitimiert.

Die Beschwerdeführerin bringt wie bereits in ihrer Stellungnahme vom 18. Dezember 1991 im wesentlichen vor, Tatsache sei, daß sich ihr verstorbener Ehegatte die Erfrierungen im Jänner 1943 zugezogen habe. Wenn also 1948 ein sehr gravierendes Leidensbild bestanden habe, so habe der Entwicklungszeitraum bis dorthin mehr als fünf Jahre betragen. Weshalb im Gutachten Dris. H von einem Zeitraum von drei Jahren gesprochen werde, sei nicht nachvollziehbar. Allein die Tatsache, daß der Zeitraum, der tatsächlich zwischen dem schädigenden Ereignis und dem gravierenden Leidensbild liege, doppelt so lange sei, als Dr. H scheinbar irrtümlich anführe, spreche für die Vollkausalität des Leidenszustandes. Es gehe aus dem Versorgungsakt eindeutig hervor, daß beim verstorbenen Ehegatten der Beschwerdeführerin keine Erkrankungen und Unfälle vor dem Wehrdienst bestanden hätten; für eine Vorschädigung liege somit kein Indiz vor, weshalb unbedingt eine vollkausale Anerkennung der Dienstbeschädigungsleiden verlangt worden sei. Jede andere Entscheidung würde vollkommen im Gegensatz zu den gesetzlichen Bestimmungen und den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens stehen. Ferner müsse angemerkt werden, daß die Frage der Kausalität eine Rechtsfrage sei und - wie Dr. H anführe - kein Zweifel bestehe, daß die wehrdienstbedingten Umstände in Verbindung mit der Operation zweifelsfrei zum derzeitigen Leidensbild wesentlich beigetragen haben, wobei das Wort "mindestens zur Hälfte" nicht akzeptiert werden könne, weil dies definitiv festgestellt werden könne.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen.

Gemäß § 4 Abs. 1 KOVG 1957 ist eine Gesundheitsschädigung im Sinne des § 1 Abs. 1 KOVG 1957 anzuerkennen, wenn und insoweit die festgestellte Gesundheitsschädigung zumindest mit Wahrscheinlichkeit auf das schädigende Ereignis oder die der Dienstleistung eigentümlichen Verhältnisse ursächlich zurückzuführen ist. Für die Auslegung des Begriffes "wahrscheinlich" ist der allgemeine Sprachgebrauch maßgebend. Wahrscheinlichkeit ist gegeben, wenn nach der geltenden ärztlich-wissenschaftlichen Lehrmeinung erheblich mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht (vgl. dazu z.B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Jänner 1990, Zl. 89/09/0060, und vom 11. Juli 1990, Zl. 89/09/0132).

Danach ist für die Begründung eines Versorgungsanspruches nur die Wahrscheinlichkeit, nicht aber die bloße Möglichkeit einer Verursachung der Gewißheit gleichgestellt (vgl. dazu zur inhaltsgleichen Regelung des § 2 Abs. 1 erster Satz HVG z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. Juni 1991, Zl. 90/09/0046). Im Verfahren nach dem Kriegsopferversorgungsgesetz 1957 geht es demnach nicht um eine Objektivierung der Verneinung der Kausalität, sondern um die Feststellung, ob die Wahrscheinlichkeit für die Kausalität spricht. In diesem Zusammenhang entschädigt das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957 als Dienstbeschädigung auch den Anteil einer Gesundheitsschädigung, der zumindest mit Wahrscheinlichkeit auf das schädigende Ereignis oder die der Dienstleistung eigentümlichen Verhältnisse ursächlich zurückzuführen ist (sogenannte "Verschlimmerungskomponente"; vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. September 1991, Zl. 89/09/0030, und die dort zitierte Vorjudikatur). Diese Anerkenntnisform ist jedoch nur dann gerechtfertigt, wenn eine schon vor der Kriegseinwirkung vorhanden gewesene Gesundheitsschädigung durch die Kriegseinwirkung ungünstig beeinflußt - verschlimmert - worden ist. Diesem Regelfall der Verschlimmerung ist es gleichzuhalten, wenn eine Gesundheitsschädigung vor der Kriegseinwirkung zwar nicht klinisch manifest, aber pathologisch-anatomisch vorhanden war und dieser Zustand durch die Kriegseinwirkung nachteilig verändert worden ist. Der Begriff der Verschlimmerung setzt demnach zwar nicht die Manifestation, jedenfalls aber die Existenz einer Gesundheitsschädigung voraus. Wo eine Gesundheitsschädigung nicht vorhanden war, konnten die Kriegseinwirkungen nicht verschlimmernd, wohl aber - falls eine Krankheitsanlage bestanden hatte - auslösend am Werke gewesen sein. Die Feststellung, ob die Kriegseinwirkung eine schon existente Gesundheitsschädigung verschlimmert oder aber eine Anlage ausgelöst und damit erst die Gesundheitsschädigung zum Entstehen gebracht hat, ist für die Kriegsopferversorgung von rechtserheblicher Bedeutung. Im Falle der Verschlimmerung ist nämlich NUR DERJENIGE ANTEIL DES LEIDENSZUSTANDES zu entschädigen, der der Kriegseinwirkung zur Last fällt. Im Falle der Auslösung der Anlagebereitschaft dagegen kommt es darauf an, ob die Krankheit ohne Kriegseinwirkung existent geworden oder ob sie ohne Kriegseinwirkung nicht aufgetreten wäre (vgl. hiezu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 1. Juli 1981, Zl. 3026/80, und die dort zitierte Vorjudikatur). Im Beschwerdefall liegt nach den eingeholten Gutachten eine Verschlimmerung einer anlagebedingten venösen Insuffizienz durch die Kriegseinwirkung vor, weshalb nur der auf letztere entfallende Kausalanteil zu einer Entschädigung nach dem KOVG 1957 führen konnte.

Die rechtliche Beurteilung des ursächlichen Zusammenhanges zwischen einem schädigenden Ereignis oder der der Dienstleistung eigentümlichen Verhältnissen und einer Gesundheitsschädigung im Sinne des § 4 Abs. 1 erster Satz KOVG 1957 setzt voraus, daß der Kausalzusammenhang im medizinisch-naturwissenschaftlichen Sinn in dem durch § 90 KOVG 1957 geregelten Verfahren geklärt wird und allenfalls strittige Tatsachen im Zusammenhang mit der Wehrdienstleistung bzw. dem schädigenden Ereignis und der Krankheitsvorgeschichte von der Behörde ermittelt und festgestellt werden (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. März 1991, Zl. 89/09/0040).

Im vorliegenden Beschwerdefall hat der vom LIA herangezogene Sachverständige Dr. H in seinem Gutachten vom 23. Februar 1990 - nach persönlicher Untersuchung des Franz W - den Leidenszustand "postthrombotisches Syndrom an beiden Beinen mit Zustand nach Beckenvenenthrombose rechts und chronisch venöser Insuffizienz beiderseits Stadium III - IV nach Widmer" bei Franz W festgestellt, der als nur zur Hälfte kausal (kausale MdE 35 Prozent) nach dem KOVG 1957 der Richtsatzposition IX/b/701 zu unterstellen sei, wobei er dies auch näher begründet hat. Nachdem Franz W in seiner Berufung (unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. März 1977, Zl. 2155/76) die vollkausale Anerkennung des postthrombotischen Syndroms als Dienstbeschädigung geltend gemacht hatte, hat die belangte Behörde den Sachverständigen Dr. K mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Dieser Sachverständige hat - ebenfalls nach persönlicher Untersuchung des Franz W - in seinem Gutachten vom 18. Jänner 1991 die Auffassung vertreten, daß die Entwicklung einer Thrombophlebitis anläßlich der Blinddarmoperation 1948 und in der weiteren Folge das Entstehen eines postthrombotischen Syndroms IN JEDEM FALL einen anlagebedingten Dispositionsfaktor voraussetze. Die damals bestehende Furunkulose, die sicher durch die entsprechenden Umstände während der Gefangenschaft bedingt gewesen sei, könne daher nicht als alleinige Ursache gewertet werden, sondern habe eine ANLAGEBEDINGTE,

VORBESTEHENDE VENÖSE INSUFFIZIENZ IN DER FOLGE UNGÜNSTIG

BEEINFLUßT. In seiner Stellungnahme vom 15. November 1991 führte der Sachverständige Dr. H noch näher aus, daß bei Franz W bereits 1948, wie aus den Aktenunterlagen zu ersehen sei, also kurz nach seiner Entlassung und Blinddarmoperation ein ausgeprägtes postthrombotisches Syndrom bestanden habe mit Beinschwellungen und Ulcera. Der Zeitraum zur Entwicklung eines so schweren postthrombotischen Syndroms sei relativ kurz, wenn man nicht unterstelle, daß schon eine Vorschädigung stattgefunden habe müsse, um zu diesem Zeitpunkt schon ein so gravierendes Leidensbild zu entwickeln. Dies sei auch seine Annahme in dem von ihm im Zuge des erstinstanzlichen Verfahrens erstatteten Gutachten gewesen. Es entspreche nicht dem gewöhnlichen Verlauf einer chronisch-venösen Insuffizienz, schon nach drei Jahren ein so schweres Bild zu bieten. Aus dieser Stellungnahme geht nun zwar nicht klar hervor, ob Dr. H mit den "drei Jahren" den Zeitraum vom Jänner 1943 (damals wurde Franz W im Lazarett wegen Erfrierungen an den Zehen und an der linken Ferse behandelt) bis zum Jahre 1948 (in diesem Fall müßte es richtig "fünf Jahre" heißen) oder aber die Zeit vom Entstehen der Furunkulose (während der Gefangenschaft vom 8. Mai 1945 bis 1. Dezember 1947; vgl. dazu die oben wiedergegebene Begründung des erstinstanzlichen Bescheides) bis zum Jahre 1948 gemeint hat. Doch selbst wenn der Sachverständige Dr. H den ersteren Fall gemeint haben sollte (auf diesen Fall bezieht sich auch das diesbezügliche Beschwerdevorbringen), dann läge höchstens ein Schreibfehler vor, dem die von der Beschwerde angenommene entscheidungswesentliche Bedeutung nicht zukommen könnte. Dr. H ist nämlich schon in seinem im Zuge des erstinstanzlichen Verfahren erstatteten Gutachten davon ausgegangen, daß sich Franz W die Erfrierungen an den Zehen und an der linken Ferse IM JÄNNER 1943 zugezogen hat.

Sowohl das Gutachten Dris. K als auch die Stellungnahme Dris. H sind Gegenstand des Parteiengehörs gewesen, wobei die Beschwerdeführerin den auf ärztliches Fachwissen gestützten Ausführungen keine medizinisch fundierten Gegenbehauptungen entgegengestellt hat.

Wenn daher die belangte Behörde ihrer Entscheidung (insbesondere auch in der im Beschwerdefall strittigen Frage des Kausalanteiles der als Dienstbeschädigung anerkannten Gesundheitsschädigung) in freier Beweiswürdigung das Sachverständigengutachten Dris. K und die Stellungnahme Dris. H zugrundegelegt hat, so ist die im Rahmen der dem Verwaltungsgerichtshof zustehenden nachprüfenden Kontrolle, die darauf beschränkt ist, ob ein wesentlicher Verfahrensmangel vorliegt bzw. ob die Erwägungen den Denkgesetzen, somit auch dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen können, nicht als unschlüssig zu erkennen (vgl. z.B. das Erkenntis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. März 1991, Zl. 90/09/0059).

Der Verwaltungsgerichtshof kann daher nicht finden, daß "das Ermittlungsverfahren nicht als schlüssig anerkannt werden kann" und "die Entscheidung der Behörde nicht den gesetzlichen Bestimmungen entspricht". Da sich der angefochtene Bescheid somit als frei von der von der Beschwerdeführerin behaupteten Rechtswidrigkeit erweist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.

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