VwGH 92/08/0136

VwGH92/08/013617.11.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Händschke als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schwächter, über die Beschwerde des S in L, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 13. April 1992, Zl. VII/1-F-36.002-92, betreffend Rückerstattung von Kostenersatzbeträgen nach dem Niederösterreichischen Sozialhilfegesetz, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §68 Abs2;
AVG §68 Abs4 Z4;
AVG §68 Abs4;
AVG §68;
SHG NÖ 1974 §56;
AVG §68 Abs2;
AVG §68 Abs4 Z4;
AVG §68 Abs4;
AVG §68;
SHG NÖ 1974 §56;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 10. Februar 1989 verpflichtete die Bezirkshauptmannschaft Zwettl den Beschwerdeführer, aufgrund seiner "vertraglichen Unterhaltspflicht" zu den Kosten der Sozialhilfe für Th. L. ab 18. Oktober 1988 einen Kostenersatz von S 2.170,-- monatlich zu leisten. In der Begründung dieses Bescheides heißt es, daß die Bezirkshauptmannschaft der Th.L. die Übernahme der Verpflegungskosten im Niederösterreichischen Landespflegeheim von täglich S 429,-- gewährt habe. Aufgrund des Kauf- und Übergabsvertrages vom 15. Februar 1962 sei der Beschwerdeführer verpflichtet, für Th.L. Ausgedinge zu leisten. Dieser Anspruch gehe für die Dauer der Anstaltspflege auf das Land Niederösterreich über. Die Bewertung der Naturalien ergebe einen monatlichen Betrag von S 379,--, für Pflege und Wartung werde das Pflegegeld der Stufe A von monatlich S 1.791,-- verrechnet. Dieser Bescheid erwuchs nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens in Rechtskraft.

Am 5. September 1989 wurde Th.L. vom Landespflegeheim in ein Landes-Pensionistenheim im Bezirk Melk überstellt. Mit Bescheid vom 21. Dezember 1989 verpflichtete die Bezirkshauptmannschaft Melk den Beschwerdeführer, aufgrund seiner vertraglichen Unterhaltspflicht zu den Kosten der Sozialhilfe für Th.L. ab 5. September 1989 einen Kostenersatz von S 883,-- und mit Bescheid vom 21. September 1991 ab 1. Oktober 1990 einen Kostenersatz von S 515,-- bzw. ab 1. Jänner 1991 von S 535,-- zu leisten. Auch diese Bescheide erwuchsen nach der Aktenlage in Rechtskraft.

Am 20. März 1992 beantragte der Beschwerdeführer bei der Bezirkshauptmannschaft Zwettl die "Rückerstattung zu Unrecht eingeforderter Kostenersatzbeträge", und begründete diesen Antrag - unter Hinweis auf den Bescheid dieser Behörde vom 10. Februar 1989 - damit, daß er lediglich verpflichtet sei, verschiedene, im Antrag näher bezeichnete Naturalleistungen zu erbringen, welche, "nach den materiell-rechtlichen Vorschriften auf das Bundesland Niederösterreich" übergegangen seien. Alle weitergehenden Vorschreibungen "mögen sie auch bescheidmäßig erfolgen, entfalten gemäß § 56" des Niederösterreichischen Sozialhilfegesetzes keine Rechtswirkung. Nach dieser Bestimmung seien solche Bescheide nichtig, die den materiell-rechtlichen Vorschriften des Gesetzes widersprechen. Derartige Bescheide seien rechtlich unwirksam und so zu behandeln, als ob sie nicht vorhanden wären. Unter Berücksichtigung der vom Beschwerdeführer vom 20. Februar 1989 bis 22. August 1989 erbrachten Leistungen von insgesamt S 22.680,-- fordere er einen Betrag von S 17.180,-- zurück.

Mit Bescheid vom 26. März 1992 hat die Bezirkshauptmannschaft Zwettl diesen Antrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und in der Begründung auf die Rechtskraft des Bescheides vom 10. Februar 1989 hingewiesen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er im wesentlichen sein Vorbringen wiederholte. Gleichzeitig stellte der Beschwerdeführer den "Eventualantrag", den Bescheid gemäß § 68 AVG von Amts wegen im Sinne seines Rückerstattungsbegehrens abzuändern.

Mit Bescheid vom 13. April 1992 hat die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers abgewiesen und den erstinstanzlichen (Zurückweisungs-)Bescheid vollinhaltlich bestätigt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Antrag des Beschwerdeführers auf Rückerstattung der ihm mit rechtskräftigem Bescheid vom 10. Februar 1989 vorgeschriebenen Beiträge für die Kosten der Unterbringung der Th.L. im Pflegeheim bedeutet - der Sache nach -, daß der Beschwerdeführer eine Abänderung des Bescheides vom 10. Februar 1989 in diesem Sinne anstrebt. Nur im Falle einer solchen Abänderung würden die von ihm erbrachten Geldleistungen im Gesamtausmaß von S 22.680,-- zumindest teilweise (nachträglich) ihrer Rechtsgrundlage (im Sinne des Rückforderungsbegehrens des Beschwerdeführers) verlustig gehen.

Wenn der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde ausführt, daß auf das Land Niederösterreich kein höherer Anspruch übergegangen sein könne, als die Th.L. ihm gegenüber gehabt habe, so vermag dies daran nichts zu ändern, daß der Bescheid vom 10. Februar 1989 in Rechtskraft erwachsen ist und sich die Verpflichtung des Beschwerdeführers nur mehr aus der normativen Wirkung dieses Bescheides, nicht aber aus dem - eine Grundlage dieses Bescheides bildenden - Anspruchsübergang ableitet.

Der Beschwerdeführer verkennt aber auch die Reichweite der Bestimmung des § 56 des NÖ Sozialhilfegesetzes, wonach Bescheide, die den materiell-rechtlichen Vorschriften dieses Gesetzes widersprechen, an einem mit Nichtigkeit bedrohten Fehler leiden. Es kann auf sich beruhen, ob eine dem Ausmaß nach zu hohe Vorschreibung von Kostenersatzbeiträgen den "materiell-rechtlichen Vorschriften dieses Gesetzes" widersprechen würde, weil selbst dann, wenn man die Anwendbarkeit des § 56 leg. cit. im Beschwerdefall bejahen würde, daraus keineswegs folgt, daß der Bescheid vom 10. Februar 1989 "absolut nichtig" ist. § 56 leg. cit. eröffnet lediglich der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde die Möglichkeit, den Bescheid gemäß § 68 Abs. 4 Z. 4 AVG für nichtig zu erklären. Auf ein solches Vorgehen steht aber niemandem (daher auch nicht dem Beschwerdeführer) ein Rechtsanspruch zu (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. September 1986, Zl. 86/07/0138, vom 23. Oktober 1986, Zl. 85/06/0031, uva.). Das auf Abänderung des rechtskräftigen Bescheides vom 10. Februar 1989 gerichtete Begehren des Beschwerdeführers vom 20. März 1992 wurde somit zu Recht gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer wurde daher dadurch, daß die belangte Behörde seine Berufung gegen den erstinstanzlichen Zurückweisungsbescheid abgewiesen hat, in seinen Rechten nicht verletzt. Dadurch, daß die belangte Behörde in der Begründung ihres Bescheides (auch) die Behebungsmöglichkeiten gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG erörtert, jedoch keinen Grund gefunden hat, von einer solchen Behebung Gebrauch zu machen, konnte der Beschwerdeführer - mangels Bestehen eines subjektiv-öffentlichen Rechts in diesem Belang - in seinen Rechten nicht verletzt werden. Auf jenen Teil der Beschwerdeausführungen, mit denen der Beschwerdeführer darzulegen sucht, daß Dritten aus dem Bescheid vom 10. Februar 1989 Rechte nicht erwachsen seien, ist somit nicht näher einzugehen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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