VwGH 92/04/0051

VwGH92/04/005128.4.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Griesmacher und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Paliege, über die Beschwerde des G in I, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 15. Jänner 1992, Zl. IIa-90.076/8-91, betreffend die Berichtigung eines Straferkenntnisses, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §62 Abs4;
SperrV Tir 1975 §3 Abs2 idF 1991/010;
SperrV Tir 1975 §3 Abs2 idF 1991/027;
VwGG §43 Abs7 impl;
AVG §62 Abs4;
SperrV Tir 1975 §3 Abs2 idF 1991/010;
SperrV Tir 1975 §3 Abs2 idF 1991/027;
VwGG §43 Abs7 impl;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.630,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Innsbruck vom 11. März 1991 wurde der Beschwerdeführer als gewerberechtlicher Geschäftsführer der X-Restaurantbetriebs OHG mit dem Sitz in I schuldig erkannt, acht Verwaltungsübertretungen - nach der Anführung im Straferkenntnis gelegen im Zeitraum vom 9. bis 31. März 1990 - nach "§ 368 Zif. 11 i.V.m. § 198 Abs. 2 Gewerbeordnung 1973 sowie § 370 Abs. 2 Gewerbeordnung 1973 und des weiteren i.V.m.

§ 3 Abs. 2 der Tiroler Sperrzeitenverordnung, LGBl. Nr. 23/1975 i. d.g.F." begangen zu haben.

Über eine seitens des Beschwerdeführers dagegen erhobenen Berufung erkannte der Landeshauptmann von Tirol mit Bescheid vom 26. September 1991 dahin, daß diese "im wesentlichen" als unbegründet abgewiesen, der Spruch des erstbehördlichen Straferkenntnisses jedoch unter Annahme eines fortgesetzten Deliktes abgeändert werde, daß er - wie in der Folge angeführt - zu lauten habe. Der Beschwerdeführer habe hiedurch eine Verwaltungsübertretung nach "§ 368 Z. 11 in Verbindung mit § 198 Abs. 2 Gewerbeordnung 1973, sowie § 370 Abs. 2 Gewerbeordnung 1973 und § 3 Abs. 2 der Tiroler Sperrzeitenverordnung, LGBl. Nr. 50/1974, in der Fassung LGBl. Nr. 10/1991" begangen.

Gegen den letztangeführten Bescheid wurde seitens des Beschwerdeführers zur hg. Zl. 91/04/0311 Beschwerde eingebracht, über die mit Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. Dezember 1991 das Vorverfahren eingeleitet wurde.

Mit Bescheid vom 15. Jänner 1992 sprach der Landeshauptmann von Tirol unter Bezugnahme auf § 62 Abs. 4 AVG aus, daß der - im vorbezeichneten Verfahren des Verwaltungsgerichtshofes zu Zl. 91/04/0311 angefochtene Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 26. September 1991, Zl. IIa-90.076/6-91, dahingehend berichtigt werde, daß die "Fundquelle" der Tiroler Sperrzeitenverordnung wie folgt zu lauten habe:

"Tiroler Sperrzeitenverordnung, LGBl. Nr. 23/1975, in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 27/1991."

Zur Begründung wurde ausgeführt, in der vorliegenden Angelegenheit sei im Rahmen der Zitierung der "Fundquelle" der Tiroler Sperrzeitenverordnung insofern ein Schreibfehler "passiert", als als "Fundquelle" die "BGBl. Nr. der Gewerbeordnung" versehentlich angeführt worden sei. Da eine Berichtigung von Schreibfehlern im Rahmen des § 62 Abs. 4 AVG zulässig sei, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Beschwerde keine Folge zu geben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Seinem Vorbringen zufolge erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht verletzt, daß entgegen der Bestimmung des § 62 Abs. 4 AVG ein nicht berichtigungsfähiger Fehler in einem Vorbescheid berichtigt worden sei. Er führt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes u.a. aus, die von der belangten Behörde vorgenommene Berichtigung stehe nicht im Einklang mit der Bestimmung des § 62 Abs. 4 AVG. Weder könne vom Vorliegen eines Schreibfehlers noch von einer sonstigen, dieser gleichzuhaltenden offenbaren Unrichtigkeit gesprochen werden. Soweit die belangte Behörde den Rechtsstandpunkt vertrete, es läge insofern ein Schreibfehler vor, als versehentlich als "Fundquelle" der Tiroler Sperrzeitenverordnung die BGBl. Nr. der Gewerbeordnung angeführt worden sei, übersehe sie, daß auch Schreibfehler nur unter der Voraussetzung, daß es sich um klar erkennbare Fehler handle, einer Berichtigung zugänglich seien. Dies bedeute, daß diejenigen Personen, für welche der Bescheid bestimmt sei, die Unrichtigkeit hätte erkennen müssen und daß diese von der Behörde hätte vermieden werden können. Zwar hätte im vorliegenden Fall die geltend gemachte Unrichtigkeit von der belangten Behörde bei entsprechender Aufmerksamkeit bei Erlassung des Bescheides vom 26. September 1991 unbestritten erkannt und auch vermieden werden können, es handle sich dabei jedoch um keine für den Beschwerdeführer offenkundige Unrichtigkeit. Auf Grund des im Spruch des angeführten Straferkenntnisses enthaltenen Zitates sei für den Beschwerdeführer nicht erkennbar, auf Grund welchen Gesetzes ihm eine Verwaltungsübertretung vorgeworfen worden sei. Dies deshalb, da sich die zitierten Gesetze gar nicht auf die Tiroler Sperrzeitenverordnung bezogen hätten: Das angeführte LGBl. Nr. 10/1991 betreffe eine Verordnung des Landeshauptmannes vom 16. Jänner 1991, mit der die Einzugsgebiete der Wildbäche im Bezirk Kitzbühel festgelegt worden seien, das LGBl. Nr. 15/1974 regle in Form einer Verordnung die Gebiets- und Namensänderung des Fremdenverkehrsverbandes Tanzendorf. Die Tiroler Sperrzeitenverordnung hingegen gehe auf das LGBl. Nr. 23/1975 zurück, zuletzt novelliert durch das LGBl. Nr. 27/1991. Es zeige sich somit, daß von der belangten Behörde weder die jeweilige Nummer des Gesetzblattes noch das Jahr richtig angeführt worden sei, sodaß vom Vorliegen eines Schreibfehlers nicht mehr gesprochen werden könne. Nicht erkennbar sei die dem Bescheid vom 26. September 1991 zugrunde liegende Gesetzeslage für den Beschwerdeführer aber insbesondere auch deshalb, weil die belangte Behörde zur Tiroler Sperrzeitenverordnung ausdrücklich ein aus dem Jahr 1991 datierendes Gesetz zitiere, wenngleich die Verwaltungsübertretung im Jahre 1990 begangen worden sei. Es sei für den Beschwerdeführer daher nicht ersichtlich, nach welcher Fassung der Tiroler Sperrzeitenverordnung ihm eine Verwaltungsübertretung zur Last gelegt werde. Insbesondere sei dies auch der Begründung des Bescheides nicht zu entnehmen, sodaß von einem bloßen Schreibfehler oder einer diesem gleichzuhaltenden offenbaren Unrichtigkeit nicht mehr gesprochen werden könne. Unabhängig davon werde aber in Ansehung des angefochtenen Bescheides auch inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend gemacht. Im Hinblick darauf, daß sich der Zeitraum, für den die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer den Vorwurf der Überschreitung der Sperrstunde erhebe, vom 9. bis 31. März 1990 erstrecke, sei eine Bestrafung nach der Tiroler Sperrzeitenverordnung in der Fassung des Jahres 1991 unzulässig und somit rechtswidrig.

In ihrer Gegenschrift brachte die belangte Behörde u.a. vor, die Unrichtigkeit des Berufungsbescheides vom 26. September 1991 sei für den Beschwerdeführer deshalb erkennbar gewesen, da schon die Erstbehörde in ihrem Straferkenntnis die Tiroler Sperrzeitenverordnung mit "LGBl. Nr. 23/1975 idgF" bezeichnet habe. In einer Zusammenschau damit sei aber für den Beschwerdeführer klar erkennbar gewesen, daß es sich bei der Zitierung der Tiroler Sperrzeitenverordnung um einen Schreibfehler gehandelt habe. Des weiteren könne er durch die Anführung der Tiroler Sperrzeitenverordnung "in der Fassung des Jahres 1991" nicht in Rechten verletzt werden, da die maßgebliche Bestimmung des § 3 Abs. 2 leg. cit. durch diese Novelle keine Veränderung erfahren habe. Der Beschwerdeführer sei somit inhaltlich sehr wohl nach einer Bestimmung bestraft worden, welche zum Tatzeitpunkt in Geltung gestanden sei.

Der Beschwerde kommt Berechtigung zu.

Gemäß § 62 Abs. 4 AVG kann die Behörde Schreib- und Rechenfehler oder diesen gleichzuhaltende, offenbar auf einem Versehen oder offenbar ausschließlich auf technisch mangelhaftem Betrieb einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage beruhende Unrichtigkeiten im Bescheid jederzeit von Amts wegen berichtigen.

Die Anwendung des § 62 Abs. 4 AVG setzt somit einen fehlerhaften Verwaltungsakt mit der Maßgabe voraus, daß eine auf einem Versehen beruhende Unrichtigkeit sowie deren Offenkundigkeit gegeben ist. Die Berichtigung ist auf jene Fälle der Fehlerhaftigkeit von Bescheiden eingeschränkt, in denen die Unrichtigkeit eine offenkundige ist. Die Berichtigungsbefugnis eröffnet hingegen nicht die Möglichkeit einer nachträglichen Änderung des Spruchinhaltes (vgl. hiezu auch das hg. Erkenntnis vom 6. Februar 1990, Zlen. 89/04/0010, 89/04/0237, und die dort zitierte weitere hg. Rechtsprechung).

Daß es sich bei der Zitierung der Fundstellen der Tiroler Sperrzeitenverordnung im Berufungserkenntnis vom 26. September 1991 entsprechend der Begründung des angefochtenen Bescheides um einen "Schreibfehler" gehandelt habe, kann im Rahmen der nachprüfenden Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof nicht als schlüssig erkannt werden, da einer derartigen Annahme im Sinne der diesbezüglichen Beschwerdedarlegungen Inhalt und Umfang der Zitierung der bezeichneten Fundstellen entgegenstehen.

Sofern aber die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift auf die Benennung der Fundstelle der Tiroler Sperrzeitenverordnung im erstbehördlichen Straferkenntnis mit "LGBl.

Nr. 23/1975 idgF" Bezug nimmt, so erweist sich auch unter Bedachtnahme darauf die im Berufungsbescheid vom 26. September 1991 vorgenommene Benennung der in Rede stehenden Fundstelle nicht als "offenbare" Unrichtigkeit, da auch in diesem Zusammenhang nicht klar erkennbar war, welche Fassung der Tiroler Sperrzeitenverordnung die Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz bezogen auf den Inhalt ihres Strafausspruches als "geltende Fassung" zur Anwendung gebracht hatte.

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Dieser war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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