VwGH 91/09/0208

VwGH91/09/020827.2.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Germ als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des Landesarbeitsamtes Wien gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 20. September 1991, Zl. MA 62-III/264/91/Str, betreffend Einstellung eines Strafverfahrens nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (mitbeteiligte Partei: S in W, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W), zu Recht erkannt:

Normen

VwGG §48 Abs1 Z2;
VwGG §48 Abs3 Z2;
VwGG §49 Abs1;
VwGG §48 Abs1 Z2;
VwGG §48 Abs3 Z2;
VwGG §49 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.480,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom 18. März 1991 erkannte der Magistrat der Stadt Wien die mitbeteiligte Partei schuldig, sie hätte es als gemäß 3 9 VStG zur Vertretung nach außen Berufene der XY Baugesellschaft m. b.H. in Wien zu verantworten, daß sechs namentlich genannte ausländische Staatsangehörige in einem bestimmten Zeitraum auf einer bestimmten Bausteile beabsichtigt worden seien, ohne daß entsprechende Beschäftigungsbewilligungen oder Befreiungsscheine vorgelegen seien. Die mitbeteiligte Partei habe hiedurch § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a in Verbindung mit S 3 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (BGBl. Nr. 218/1975 idF gemäß der Novelle BGBl. Nr. 231/1988 - AuslBG verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretung war über die mitbeteiligte Partei eine Geldstrafe in der Höhe von insgesamt S 60.000,-- verhängt worden. Auf Grund der von der mitbeteiligten Partei dagegen erhobenen Berufung hob der Landeshauptmann von Wien als belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 20. September 1991 das Straferkenntnis der Behörde erster Instanz auf und stellte das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 lit. c VStG ein. Die belangte Behörde begründete den angefochtenen Bescheid im wesentlichen damit, daß die angelastete Tat im Spruch nicht hinlänglich konkretisiert worden sei, weil eine genaue Bezeichnung der von den Ausländern ausgeübten Tätigkeiten fehle. Damit sei dem § 44a lit. a VStG nicht ;Rechnung getragen worden. Innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist sei solcherart keine rechtsgültige Verfolgungshandlung iSd §§ 31 Abs. 1 und 32 Abs. 2 VStG gesetzt !,worden, sodaß der belangten Behörde eine Ergänzung des Spruches versagt gewesen sei. Das Verwaltungsstrafverfahren sei daher gemäß § 45 Abs. 1 lit. c VStG einzustellen gewesen.

Gegen diesen Bescheid erhob das Landesarbeitsamt Wien die vorliegende, auf § 28a AuslBG (idF der Novelle BGBl. Nr. 450/1990) gestützte Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.

Die mitbeteiligte Partei hat eine Gegenschrift eingebracht und die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 13. Dezember 1991, G 294/91, in einem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren zu Recht erkannt, daß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG idF der Novelle BGBl. Nr. 231/1988 verfassungswidrig war. Gleichzeitig hat er nach Art. 140 Abs. 7 B-VG ausgesprochen, daß diese Vorschrift auch auf die derzeit - d.h. gemäß der Begründung des Verfassungsgerichtshofes: im Zeitpunkt seiner Beratung und Entscheidung (13. Dezember 1991) -beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Fälle nicht mehr anzuwenden sei. In diesem Sinne spricht auch Abs. 2 der Kundmachung des Bundeskanzlers über den Ausspruch des Verfassungsgerichtshofes, daß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a des Ausländerbeschäftigungsgesetzes verfassungswidrig war, BGBl. Nr. 105/1992, aus, daß die genannte Vorschrift (idF der Novelle BGBl. Nr. 231/1988) "auch auf die am 13. Dezember 1991 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Fälle nicht mehr anzuwenden" ist. Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde unter anderem § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG idF gemäß der Novelle BGBl. Nr. 231/1988 angewendet. Die Beschwerde, die auf eine Verurteilung der mitbeteiligten Partei gemäß dieser Gesetzesstelle abzielt, war beim Verwaltungsgerichtshof bereits vor dem 13. Dezember 1991 anhängig. Auf Grund der Feststellung des Verfassungsgerichtshofes in seinem Erkenntnis vom 13. Dezember 1991 und seines oben wiedergegebenen, auf Art. 140 Abs. 7 B-VG gestützten Ausspruches (Erweiterung der Anlaßfallwirkung) ist § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG auch im Beschwerdefall nicht mehr anzuwenden. Dies hat zur Folge, daß die mitbeteiligte Partei nicht auf Grund dieser Bestimmung bestraft werden kann, weshalb sich die von der beschwerdeführenden Partei bekämpfte Einsteilung des gegen die mitbeteiligte Partei geführten Verwaltungsstrafverfahrens im Ergebnis als zutreffend erweist. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, ohne daß auf das Beschwerdevorbringen näher einzugehen war und ohne daß die Erstattung der Gegenschrift und der Aktenvorlage durch die belangte Behörde abgewartet werden mußte. Die Entscheidung über den Aufwandersatz an die mitbeteiligte Partei gründet sich auf § 47 Abs. 3 und § 48 Abs. 3 Z. 1 und 3 VwGG in Verbindung mit Art. I C Z. 7 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991. Das Mehrbegehren (10 Prozent Streitgenossenzuschlag) war abzuweisen, weil der Schriftsatzaufwand im Sinne der vorgenannten Kostenbestimmungen pauschaliert und ein derartiger Zuschlag nicht vorgesehen ist.

Wien, 27. Februar 1992

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