VwGH 90/19/0500

VwGH90/19/05008.10.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Zeizinger und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des H in G, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 28. August 1990, Zl. 5-212 Fe 16/4-90, betreffend Bestrafung wegen Übertretungen des ARG, zu Recht erkannt:

Normen

ARG 1984;
VStG §22 Abs1;
ARG 1984;
VStG §22 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark (der belangten Behörde) vom 28. August 1990 wurden über den Beschwerdeführer wegen 28 Übertretungen des § 3 Abs. 2 ARG Geldstrafen von je S 3.000,-- verhängt, weil er es als zur Vertretung nach außen Berufener der X-GmbH zu verantworten habe, daß am Samstag, dem 26. November 1988, um 15.00 Uhr in einer näher genannten Verkaufsstelle dieser Gesellschaft in Wien 28 namentlich angeführte Arbeitnehmer beschäftigt worden seien.

Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe den ihm zur Last gelegten Sachverhalt nicht bestritten. Von Funktionären einer Interessenvertretung oder von Politikern getätigte Äußerungen seien unter keinen Umständen geeignet, bestehende Normen außer Kraft zu setzen. Das Vorbringen des Beschwerdeführers sei nicht geeignet, den Mangel seines Verschuldens glaubhaft zu machen. Wenn der Beschwerdeführer von berechtigten Zweifeln und Hoffnungen auf eine politische Lösung gesprochen habe, werde dadurch deutlich, daß auch ihm klar gewesen sei, daß die von ihm erhoffte Ausnahmeregelung nicht geschaffen worden sei. Bei der eindeutigen Rechtslage hätte der Beschwerdeführer als zur Vertretung nach außen Berufener die Beschäftigung der Arbeitnehmer am Nachmittag des 26. November 1988 nicht anordnen dürfen. Er habe zumindest bewußt fahrlässig gehandelt.

Die Bestimmung des § 21 VStG sei nicht anwendbar, weil das Verschulden des Beschwerdeführers nicht geringfügig sei. Auch seien die Folgen der Übertretungen schon im Hinblick auf deren Ausmaß nicht unbedeutend geblieben.

Das im Berufungungsverfahren erstattete Vorbringen, er habe einen namentlich genannten Gebietsleiter zum verantwortlichen Beauftragten bestellt, könne den Beschwerdeführer nicht entlasten, weil ein Zustimmungsnachweis dieser Person aus der Zeit vor der Begehung der Übertretungen nicht vorgelegt worden sei. Durch die vom Beschwerdeführer beantragte Vernehmung der genannten Person als Zeuge könne der Zustimmungsnachweis nicht erbracht werden, weshalb die beantragte Vernehmung unterblieben sei.

Bei der Strafbemessung sei zu berücksichtigen gewesen, daß schon im Hinblick auf die Tatzeit nicht eine bloß geringfügige Verletzung der Wochenendruhe erfolgt sei. Ein vorbehaltloses, Schuldeinsicht zeigendes Geständnis habe der Beschwerdeführer nicht abgelegt. Die durch Erklärungen von Politikern und Kammerfunktionären verursachte "allgemeine Verunsicherung" sei, allerdings nur mit geringem Gewicht, als mildernd zu werten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

II

1. Gemäß § 3 Abs. 2 ARG hat die Wochenendruhe für alle Arbeitnehmer spätestens Samstag um 13.00 Uhr, für Arbeitnehmer, die mit unbedingt notwendigen Abschluß-, Reinigungs-, Instandhaltungs- oder Instandsetzungsarbeiten beschäftigt sind, spätestens Samstag um 15.00 Uhr zu beginnen.

Gemäß § 1 Abs. 1 ARG-VO, BGBl. Nr. 149/1984, dürfen Arbeitnehmer während der Wochenend- und Feiertagsruhe nur die in der Anlage angeführte Tätigkeiten während der jeweils angeführten Zeiträume ausüben. Zufolge der mit "Ausnahmen von der Wochenend- und Feiertagsruhe (Ausnahmekatalog)" überschriebenen Anlage zu § 1 ARG-VO, näherhin deren Abschnitt XVII.Handel, Z.1 Verkaufstätigkeiten an Samstagen, dürfen Arbeitnehmer an Samstagen alle Tätigkeiten in Verkaufsstellen im Sinne des § 1 Abs. 1 bis 3 des Ladenschlußgesetzes, BGBl. Nr. 156/1958, ausüben, soweit die jeweils geltenden Ladenschlußvorschriften ein Offenhalten dieser Verkaufsstellen vorsehen.

Nach Z. 1 der Verordnung des Landeshauptmannes von Wien vom 21. Oktober 1988, LGBl. Nr. 38, mit der eine Sonderregelung für den Ladenschluß an den letzten drei Samstagen vor dem 24. Dezember 1988 getroffen wird, durften im Jahre 1988 - abweichend von der Regelung des § 16 Abs. 1 der Wiener Ladenschlußverordnung - die Verkaufsstellen für den Kleinverkauf von anderen Waren als Lebensmitteln nur an den letzten drei Samstagen vor dem 24. Dezember bis 18.00 Uhr offengehalten werden.

2. Soweit der Beschwerdeführer meint, er habe sich in einem entschuldbaren Rechtsirrtum befunden, genügt es, gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das einen gleichgelagerten Fall (in dem es ebenfalls um die Beschäftigung von Arbeitnehmern in einer Wiener Verkaufsstelle am Nachmittag des 26. November 1988 ging) betreffende hg. Erkenntnis vom 8. Oktober 1990, Zl. 90/19/0332, zu verweisen. Aus den dort genannten Gründen kann von einer unübersichtlichen Rechtslage und einem entschuldbaren Rechtsirrtum keine Rede sein.

3. Der Beschwerdeführer meint, weder § 9 VStG noch eine andere Vorschrift stelle Regeln dafür auf, wie der Beweis für die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten zu erbringen sei. Die Abstandnahme von der Vernehmung des beantragten Zeugen stelle daher eine Gesetzesverletzung dar.

Der Beschwerdeführer läßt in diesem Zusammenhang die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes außer acht, wonach nur ein die Zustimmung zur Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten betreffendes Beweisergebnis aus der Zeit vor der Begehung der strafbaren Handlung zur Erbringung des Nachweises im Sinne des § 9 Abs. 4 VStG geeignet ist (siehe das hg. Erkenntnis vom 28. Oktober 1991, Zl. 91/19/0296, mit weiteren Judikaturhinweisen). Die vom Beschwerdeführer beantragte Vernehmung eines Zeugen durch die belangte Behörde war sohin nicht geeignet, den Zustimmungsnachweis zu erbringen, weshalb der vom Beschwerdeführer im Unterbleiben der beantragten Zeugenvernehmung erblickte Verfahrensmangel nicht vorliegt.

4. Der Beschwerdeführer vertritt die Auffassung, die belangte Behörde habe zu Unrecht das Vorliegen mehrerer Übertretungen angenommen und mehrere Strafen nebeneinander verhängt, die in Summe "den gesetzlichen Höchstrahmen der Strafbefugnis" weit überschreiten.

Auch in diesem Punkt genügt es, den Beschwerdeführer gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach dann, wenn mehrere Arbeitnehmer vom Verstoß gegen § 3 Abs. 2 ARG betroffen sind, mehrere Übertretungen vorliegen und die Strafen daher gemäß § 22 VStG kumulativ zu verhängen sind (siehe die hg. Erkenntnisse vom 13. Juli 1990, Zl. 90/19/0263, und vom 8. Oktober 1990, Zl. 90/19/0332).

5. Der Beschwerdeführer ist der Meinung, daß die belangte Behörde gemäß § 21 VStG von der Verhängung einer Strafe hätte absehen müssen.

Gemäß § 21 Abs. 1 erster Satz VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind.

Eine Anwendung dieser Bestimmung kommt demnach nur bei Geringfügigkeit des Verschuldens in Betracht. Der Beschwerdeführer hat nicht aufgezeigt, worin seiner Meinung nach eine solche Geringfügigkeit gelegen sein soll. Ein geringfügiges Verschulden im Sinne der zitierten Gesetzesstelle kann nur dann angenommen werden, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (siehe das hg. Erkenntnis vom 18. Juni 1990, Zl. 90/19/0120), wofür im Beschwerdefall aber keine ausreichenden Anhaltspunkte vorhanden sind. Die vom Beschwerdeführer angestrebte Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG scheitert sohin schon daran, daß nicht von einem geringfügigen Verschulden des Beschwerdeführers ausgegangen werden konnte.

6. Eine Überschreitung des Ermessensspielraumes bei der Strafbemessung liegt nicht vor. Die belangte Behörde hat jeweils bloß 10 vH der nach § 27 Abs. 1 ARG vorgesehenen Höchststrafe verhängt. Der Beschwerdeführer kann nicht aufzeigen, welche Milderungsgründe die belangte Behörde zu seinen Gunsten hätte berücksichtigen müssen. Daß das Verschulden des Beschwerdeführer nicht geringfügig ist, wurde bereits erwähnt. Welche Strafen andere Behörden in anderen Verfahren verhängt haben, ist für die Frage, ob die belangte Behörde im Beschwerdefall den Ermessensspielraum überschritten hat, ohne Bedeutung.

7. Da sich die Beschwerde insgesamt als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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