Normen
ABGB §684;
BewG 1955 §13;
BewG 1955 §14 Abs1;
BewG 1955 §14;
ErbStG §2 Abs1 Z1;
HGB §335 Abs1;
HGB §337 Abs1;
HGB §337;
VwRallg;
ABGB §684;
BewG 1955 §13;
BewG 1955 §14 Abs1;
BewG 1955 §14;
ErbStG §2 Abs1 Z1;
HGB §335 Abs1;
HGB §337 Abs1;
HGB §337;
VwRallg;
Spruch:
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von JE S 11.900,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Aus den vorgelegten Verwaltungsakten ergibt sich im wesentlichen folgendes:
Auf Grund des Gesellschaftsvertrages vom 23. Juli 1973 war
u. a. HJ... (in der Folge: Erblasserin) als (echte) stille
Gesellschafterin an dem von ihrem Ehegatten betriebenen Handelsgewerbe mit einer bar geleisteten Einlage von S 5,000.000,-- beteiligt gewesen.
Mit Punkt IV. dieses Gesellschaftsvertrages war vereinbart worden, der Vertrag gehe beiderseits auf die Erben über und könne von jedem der Vertragsteile nach vorausgegangener halbjähriger Kündigung zum 30. 6. oder 31. 12. eines jeden Jahres aufgelöst werden. Diese Kündigungsmöglichkeit werde jedoch ausdrücklich dahin beschränkt, daß dieser Vertrag auf Lebzeiten des Ehegatten der Erblasserin seitens der Erblasserin und der anderen stillen Gesellschafter nicht kündbar sei.
Gemäß Punkt VI. dieses Gesellschaftsvertrages sei nach dem Ergebnis der Bilanz jedem stillen Gesellschafter - der Erblasserin und den beiden anderen stillen Gesellschaftern - ein Anteil von 20 % des steuerpflichtigen Reingewinnes des Unternehmens gutzubuchen oder ihm über sein Verlangen binnen vier Wochen bar auszuzahlen. Ein allfälliger Verlust sei ebenfalls mit einem Anteil von je 20 % von den Kapitalkontis abzuschreiben. Die stillen Gesellschafter nähmen am Verlust nur bis zum Betrag ihrer Einlage teil. Solange die Einlage durch Verlust vermindert sei, werde der jährliche Gewinn zur Deckung verwendet und es sei eine Gewinnauszahlung nur möglich, wenn die Einlage in voller Höhe zu Buche stehe.
Im Punkt VII. dieses Gesellschaftsvertrages war die Vereinbarung einer Wertsicherung der angefallenen und vertragsmäßig auszahlbaren, aber nicht behobenen Gewinnanteile der stillen Gesellschafter festgehalten worden.
Nach Punkt VIII. dieses Gesellschaftsvertrages habe der Geschäftsinhaber bei Auflösung dieses Vertragsverhältnisses die Liquidation der noch schwebenden Geschäfte zu besorgen. Die Auseinandersetzung zwischen den Gesellschaftern habe längstens innerhalb von drei Monaten nach Auflösung des Vertragsverhältnisses zu erfolgen. Die sich zugunsten der stillen Gesellschafter etwa ergebenden Forderungen seien innerhalb der Frist eines weiteren Jahres an diese bar zu entrichten.
Noch zu Lebzeiten ihres (am 23. Juni 1977 verstorbenen) Ehegatten hatte die Erblasserin am 30. Jänner 1976 ihrer ehelichen Tochter und ihrem ehelichen Sohn je eine Liegenschaft vermacht. Diesen Vermächtnissen hatte die Erblasserin am 11. Mai 1985 einen Nachtrag angefügt, mit dem sie drei ehelichen Kindern ihres Sohnes - den nunmehrigen Beschwerdeführern - je ein Drittel ihrer (oben angeführten) Beteiligung zugedacht hatte.
Diese Beteiligung hatte der Erblasserin in den Jahren 1984 und 1986 Gewinne, in den Jahren 1985 und 1987 Verluste gebracht.
Nach der am 25. Jänner 1988 ergänzten Todfallsaufnahme habe der "ungef. Wert" dieser Beteiligung "zum 1. 1. 1986 S 5,400.838,--" betragen.
Der diese Beteiligung betreffende - auf Grund der Bilanz zum 30. Juni 1987 festgestellte - Verlustanteil für das Wirtschaftsjahr 1986/87 in der Höhe von S 426.818,-- war am 30. November 1987 "zugewiesen" worden. In diesem Zusammenhang wird in den vorliegenden Beschwerden übereinstimmend jeweils folgendes vorgebracht:
"Es trifft zwar zu, daß die Stille Beteiligung in der Bilanz zum 30. 6. 1987 mit dem Nennwert von S 5,000.000,-- ausgewiesen wird, da der Verlustanteil gemäß Belastungsanzeige vom 30. 11. 1987 in Höhe von S 426.818,-- nicht direkt vom Kapitalkonto abgebucht, sondern indirekt auf einem Verrechnungskonto ausgewiesen wurde."
Nachdem die Erblasserin am 3. Dezember 1987 gestorben war, hatten ihre beiden ehelichen Kinder am 6. Mai 1988 auf Grund des Gesetzes je zur Hälfte des Nachlasses der Erblasserin die unbedingte Erbserklärung abgegeben und die erwähnte Beteiligung der Erblasserin den Beschwerdeführern je zu einem Drittel "übergeben".
In den nunmehrigen verwaltungsgerichtlichen Verfahren, die der Verwaltungsgerichtshof wegen ihres engen persönlichen, sachlichen und rechtlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden hat, ist die Beantwortung der Frage streitentscheidend, ob - abgesehen von dem unbestrittenen Steuerfreibetrag gemäß § 14 Abs. 1 Z. 1 ErbStG in Höhe von je S 30.000,-- und der gleichfalls unbestrittenen Abrundung nach § 28 ErbStG - bei jedem Beschwerdeführer der Erbschaftssteuer ein Erwerb von S 1,666.666,66 unterliegt (diese Auffassung wird in den angefochtenen Berufungsentscheidungen vertreten) oder (wie die Beschwerdeführer in ihren Beschwerden jeweils vermeinen) nur ein Erwerb von S 1,666.666,66 ABZÜGLICH eines Drittels von S 426.818,--.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Auf Grund des § 2 Abs. 1 Z. 1 ErbStG gilt u.a. der Erwerb durch Vermächtnis als Erwerb von Todes wegen.
Gemäß § 684 ABGB erwirbt der Legatar, mit Ausnahme von hier nicht in Betracht kommenden Fällen, gleich nach dem Tode des Erblassers für sich und seine Nachfolger ein Recht auf das Vermächtnis. Dieses wird somit durch den Anfall ohne Rechtshandlung des Vermächtnisnehmers erworben (siehe z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Jänner 1988, Zl. 86/16/0016, ÖStZB 18/1988, S. 390, mit weiterem Hinweis).
Nach § 12 Abs. 1 Z. 1 ErbStG - die Ausnahmen der lit. a) bis h) kommen in den vorliegenden Beschwerdefällen nicht in Betracht - entsteht die Steuerschuld bei Erwerben von Todes wegen mit dem Tode des Erblassers.
Auf Grund des § 18 ErbStG ist für die Wertermittlung, soweit in diesem Gesetze nichts anderes bestimmt ist, der Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld maßgebend.
Gemäß § 19 Abs. 1 ErbStG richtet sich die Bewertung, soweit nicht im Abs. 2 etwas Besonderes vorgeschrieben ist, nach den Vorschriften des Ersten Teiles des BewG (Allgemeine Bewertungsvorschriften).
Zur Vermeidung von Mißverständnissen ist an dieser Stelle einzufügen, daß das Rechnungslegungsgesetz, BGBl. Nr. 475/1990, die bisher in den §§ 335 ff HGB und in Art. 7 Nr. 22 bis 25 der Vierten Verordnung zur Einführung handelsrechtlicher Vorschriften im Lande Österreich, RGBl. 1938 I 1999, enthaltenen Vorschriften über die Stille Gesellschaft in die §§ 178 ff HGB (anschließend an die KG-Bestimmungen) vorzog. Inhaltlich ergeben sich aber keine Änderungen (siehe z.B. Kastner-Doralt-Nowotny, Grundriß des österreichischen Gesellschaftsrechts5, Wien 1990, S. 163 Anm 1). Zeitbezogen werden daher für die vorliegenden Beschwerdefälle noch die alten Paragraphen zitiert.
Wer sich als stiller Gesellschafter an dem Handelsgewerbe, das ein anderer betreibt, mit einer Vermögenseinlage beteiligt, hat die Einlage nach § 335 Abs. 1 HGB so zu leisten, daß sie in das Vermögen des Inhabers des Handelsgeschäfts übergeht.
Auf Grund des § 335 Abs. 2 HGB wird der Inhaber aus den in dem Betriebe geschlossenen Geschäften allein berechtigt und verpflichtet.
Gemäß § 337 Abs. 1 HGB wird am Schlusse jedes Geschäftsjahres der Gewinn und Verlust berechnet und der auf den stillen Gesellschafter fallende Gewinn ihm ausbezahlt.
Nach § 337 Abs. 2 HGB nimmt der stille Gesellschafter an dem Verluste nur bis zum Betrage seiner eingezahlten oder rückständigen Einlage teil. Er ist nicht verpflichtet, den bezogenen Gewinn wegen späterer Verluste zurückzuzahlen; jedoch wird, solange seine Einlage durch Verlust vermindert ist, der jährliche Gewinn zur Deckung des Verlustes verwendet.
Der Gewinn, welcher von dem stillen Gesellschafter nicht erhoben wird, vermehrt dessen Einlage auf Grund des § 337 Abs. 3 HGB nicht, sofern nicht ein anderes vereinbart ist.
Gemäß § 340 Abs. 1 HGB hat sich der Inhaber des Handelsgeschäfts nach der Auflösung der Gesellschaft mit dem stillen Gesellschafter auseinanderzusetzen und dessen Guthaben in Geld zu berichtigen.
Nach § 340 Abs. 2 HGB werden die zur Zeit der Auflösung schwebenden Geschäfte von dem Inhaber des Handelsgeschäfts abgewickelt. Der stille Gesellschafter nimmt teil an dem Gewinn und Verluste, der sich aus diesen Geschäften ergibt.
Die Einlage eines (echten) stillen Gesellschafters gehört nicht zu den Kapitalforderungen, die im § 13 BewG erwähnt sind. Sie ist daher eine Kapitalforderung im Sinne des § 14 Abs. 1 BewG (siehe z.B. das - offensichtlich auf dem Erkenntnis vom 22. Mai 1959, Zl. 1010/56, Slg. Nr. 2019/F, aufbauende - Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. November 1959, Zl. 1118/59, Slg. Nr. 2075/F; Tanzer, Die Bewertung der Einlage des (echten) stillen Gesellschafters - Ein Beitrag zu § 14 BewG, ÖStZ 7/1985, S. 103 ff, insbesondere S. 103 links; Neuner, Stille Gesellschaft im Abgabenrecht3, Wien 1987, insbesondere S. 266 O 3 und S. 269 O 9; Doralt-Ruppe, Grundriß des österreichischen Steuerrechts, Band II2, Wien 1988,
S. 12 B. Abs. 1; Twaroch-Frühwald-Wittmann-Ruppe-Fiala-Binder, Kommentar zum Bewertungsgesetz, Wien - Stand nach der
9. Ergänzungslieferung Juni 1990, S. 93 f; Dorazil, Kommentar zum Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz3, Wien 1990,
S. 450 f/7.1.1 und 2; Fellner, Stempel- und Rechtsgebühren, Grunderwerbsteuer, Erbschafts- und Schenkungssteuer, Band III
4. Teil8, Enns 1991, Rz 61 zu § 19; Kotschnigg, Kapitalforderungen und Schulden - Rechtsanwendungsprobleme im Bereich des § 14 BewG, ÖStZ 12/1991, S. 162 ff, insbesondere
S. 163 rechts III. 1. Abs. 2).
Auf Grund des § 14 Abs. 1 BewG sind Kapitalforderungen, die nicht im § 13 bezeichnet sind, und Schulden mit dem Nennwert anzusetzen, wenn nicht besondere Umstände einen höheren oder geringeren Wert begründen.
Gemäß § 14 Abs. 2 BewG bleiben Forderungen, die uneinbringlich sind, außer Ansatz.
Nach § 14 Abs. 3 BewG ist der Wert unverzinslicher befristeter Forderungen oder Schulden der Betrag, der nach Abzug von Jahreszinsen in Höhe von 5,5 v.H. des Nennwertes bis zur Fälligkeit verbleibt.
Der belangten Behörde ist zwar insofern beizupflichten, daß in den vorliegenden Beschwerdefällen besondere Umstände im Sinne des § 14 Abs. 1 BewG überhaupt nicht in Betracht kommen und unter Nennwert im Sinne dieser Gesetzesstelle der Betrag zu verstehen ist, der nach dem Inhalt des Schuldverhältnisses vom Schuldner bei Fälligkeit der Forderung zu entrichten ist (siehe z. B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Februar 1955, Zl. 2080/53, Slg. Nr. 1105/F, vom 30. November 1955, Zl. 820/54, Slg. Nr. 1312/F, vom 3. Oktober 1961, Zl. 1295/60, Slg. Nr. 2502/F, und vom 22. März 1982, Zl. 2806/79, ÖStZB 2/1983, S. 28; Twaroch ..., a. a.O. S. 96/9.; Dorazil, a.a.O., S. 452/7.2.1; Fellner, a. a.O., Rz 67 zu § 19; Kotschnigg, a.a.O., S. 165 rechts
V. 1.1.). Tanzer nennt a.a.O., S. 107 rechts Abs. 2, als einzig aktuellen Wert "den Substanz-(Nenn-)wert des Beteiligungsrechtes".
Die belangte Behörde scheint die u.a. in Übereinstimmung mit den Bestimmungen der §§ 337 und 340 HGB getroffene Gestaltung des Gesellschaftsvertrages vom 23. Juli 1973 zu übersehen. Ganz abgesehen davon, daß die Wahl der Bezeichnung Privatkonto, Verrechnungskonto usw. ohne rechtliche Bedeutung ist (siehe z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. September 1986, Zlen 84/15/0179, 0180, ÖStZB 8/1987, S. 247, mit weiterem Hinweis), unterließ es die belangte Behörde (offensichtlich durch Verkennung der Rechtslage) für den hier maßgebenden Zeitpunkt des Todes der Erblasserin festzustellen, wie hoch unter Berücksichtigung des Punktes VI. des Gesellschaftsvertrages deren Kapitalforderung war. Der Verwaltungsgerichtshof folgt in diesem Zusammenhang Tanzer, a. a.O., insbesondere S. 108 rechts Abs. 1, wonach grundsätzlich nur vom Stillen zu Lasten seiner Einlage getragene Verluste deren Nennwert nach unten verschieben.
Zur Vermeidung von Mißverständnissen wird bemerkt, daß nicht erhobener Gewinn des Stillen im Zweifel nicht seine Einlage erhöht und daher gesondert zu buchen ist und die vom Betrag der Einlage abhängigen Rechte und Pflichten des Stillen (z.B. betreffend Gewinn- und Verlustanteil) nicht berührt (siehe z.B. Baumbach-Duden-Hopt, Handelsgesetzbuch24, München 1980, S. 629 Abs. 2).
Die angefochtenen Berufungsentscheidungen sind daher wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Zuerkennung der Aufwandersätze gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
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