Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.570,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 10. Juni 1991 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen Berufener im Sinne des § 9 Abs. 1 VStG 1950 der D-Gesellschaft m.b.H. zu verantworten, daß diese am 4. August 1989 um 21.00 Uhr in Wien, X-Passage, vor dem Eingang der Diskothek "XY", Nr. 61, ohne die gemäß § 201 GewO 1973 erforderliche Genehmigung das Gastgewerbe in der Betriebsart "Bar" in "hinzugenommener Betriebsfläche (Schanigarten) im Ausmaß, daß zwei Tische aufgestellt" worden seien, ausgeübt habe. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 368 Z. 13 GewO 1973 in Verbindung mit § 201 leg. cit. begangen, weshalb über ihn nach § 368 Einleitungssatz leg. cit. eine Geldstrafe von S 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Tage) verhängt wurde. Zur Begründung führte der Landeshauptmann nach Darstellung des Verfahrensganges aus, der Beschwerdeführer sei in den Betriebsräumlichkeiten in Wien, X-Straße 61
- Y-Straße 2-4, zur Ausübung des Gastgewerbes berechtigt. Daß der Eingangsbereich, also die Nischen seitlich zum Eingang, der als Straße im Sinne des § 2 StVO 1960 zu qualifizieren sei, nicht unter die genehmigten Betriebsräume und Flächen falle, erhelle daraus, daß zufolge § 15 Z. 1 GewO 1973 eine gewerbliche Tätigkeit nicht an einem Standort ausgeübt werden könne, an dem die Ausübung eines Gewerbes durch Rechtsvorschriften verboten sei. Zufolge § 82 leg. cit. bedürfe die Benützung von Straßen zu verkehrsfremden Zwecken einer Bewilligung. Das Vorliegen einer solchen Bewilligung habe dem Akteninhalt nicht entnommen werden können. Es folgen sodann die für die Strafbemessung maßgebenden Erwägungen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer nach seinem gesamten Vorbringen in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung schuldig erkannt und hiefür bestraft zu werden. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes trägt der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, die belangte Behörde habe zu Unrecht die Feststellung getroffen, der in Rede stehende Bereich zähle nicht zum Bestandobjekt, das von der D-Gesellschaft m.b.H. zur Ausübung des Gastgewerbes gemietet worden sei. Auch sei im Spruch der Tatort unrichtig angegeben. Der Umstand allein, daß auf dem fraglichen Ort zwei Tische aufgestellt gewesen seien, lasse in keiner Weise den Schluß zu, daß dort Speisen jeder Art verabreicht worden seien und der Ausschank von alkoholischen Getränken in unverschlossenen Gefäßen bzw. der Ausschank von nichtalkoholischen Getränken und der Verkauf dieser Getränke in unverschlossenen Gefäßen stattgefunden habe. Schließlich sei für den Beschwerdeführer auch nicht nachvollziehbar, wie die belangte Behörde zur Ansicht gelangt sei, er habe für allfällige Verstöße der D-Gesellschaft m.b.H. gegen Bestimmungen der Gewerbeordnung zu haften, zumal diese Gesellschaft auch noch durch andere Geschäftsführer sowie durch einen Einzelprokuristen nach außen vertreten werde.
Mit dem letzteren Vorbringen ist der Beschwerdeführer im Ergebnis im Recht.
Gemäß § 368 Z. 13 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, die nach dem Einleitungssatz dieser Gesetzesstelle mit Geldstrafe bis zu S 15.000,-- zu bestrafen ist, wer ohne die gemäß § 201 erforderliche Genehmigung das Gastgewerbe in hinzugenommenen Betriebsräumen und allfälligen sonstigen Betriebsflächen ausübt.
Zufolge § 9 Abs. 1 leg. cit. können juristische Personen im Rahmen ihres Wirkungsbereiches und Personengesellschaften des Handelsrechtes (Offene Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften) Gewerbe ausüben, müssen jedoch einen Geschäftsführer oder Pächter (§§ 39 und 40) bestellt haben.
Nach § 70 Abs. 2 GewO 1973 sind Geld- und Arreststrafen gegen den Geschäftsführer zu verhängen, wenn die Bestellung eines Geschäftsführers angezeigt oder genehmigt wurde (§ 39).
Gemäß § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.
Wie sich aus diesem Gesetzestext ergibt, ist die Bestimmung des § 9 VStG nur subsidiär dann anzuwenden, wenn über die strafrechtliche Verantwortlichkeit für Handlungen juristischer Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit in den im Einzelfall anzuwendenden besonderen Verwaltungsvorschriften nichts bestimmt wird. Im Hinblick auf die Bestimmung des § 370 Abs. 2 GewO 1973 sind daher für den Bereich des Gewerberechtes Geld- und Arreststrafen primär gegen den gewerberechtlichen Geschäftsführer zu verhängen. Nur dann wenn ein solcher im Einzelfall nicht bestellt ist, ist das zur Vertretung nach außen berufene Organ einer juristischen Person nach § 9 VStG für die Einhaltung gewerberechtlicher Vorschriften verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Mai 1988, Zl. 87/04/0131).
Entsprechend dieser Rechtslage wäre im vorliegenden Fall daher wegen der in Rede stehenden Tat die Geldstrafe gegen den gewerberechtlichen Geschäftsführer der D-Gesellschaft zu verhängen gewesen, sofern ein solcher zum Tatzeitpunkt bestellt war.
Dadurch, daß die belangte Behörde in Verkennung dieser Rechtslage den Beschwerdeführer "als handelsrechtlichen Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen Berufener im Sinne des § 9 Abs. 1 VStG 1950" zur Verantwortung zog, ohne festzustellen, ob zum Tatzeitpunkt für die fragliche Gesellschaft ein gewerberechtlicher Geschäftsführer bestellt bzw. genehmigt war, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
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