VwGH 91/01/0133

VwGH91/01/013313.11.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Hoffmann, Dr. Dorner, Dr. Kremla und Dr. Steiner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Vesely, über die Beschwerde des G in L, vertreten durch Dr. B, Dr. H und Dr. N, Rechtsanwälte in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 27. Mai 1991, Zl. 4 324.145/2-III/13/91, betreffend Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1968 §1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
AsylG 1968 §1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein rumänischer Staatsbürger, reiste am 18. April 1991 in das Bundesgebiet ein und stellte am folgenden Tag einen Asylantrag. Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme am 23. April 1991 gab er unter anderem an, seit März 1990 Mitglied der "NLP" zu sein. Am 10. Mai 1990 sei er von der Polizei wegen Teilnahme an einer Demonstration festgenommen und in einen Polizeibus gesetzt worden. Danach sei er einige Stunden herumgefahren und mißhandelt worden. Seit der Revolution sei er von den Behörden seines Heimatstaates weder vorgeladen noch gesucht worden. Für seine Partei habe er Propaganda gemacht und an Versammlungen teilgenommen. Im Oktober 1990 sei er aus der Firma entlassen worden. Offiziell sei als Begründung die Personalreduzierung angegeben worden. Der Grund dürfte aber in seiner politischen Tätigkeit gelegen sein. Er habe keine Arbeitsstelle mehr bekommen und für sich keine Zukunft mehr in seinem Heimatland gesehen. Der unmittelbare Grund für die Flucht sei die Angst vor weiteren Repressalien durch die Polizei oder durch die Behörden gewesen, weil er gegen das Regime sei.

Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 24. April 1991 wurde festgestellt, daß beim Beschwerdeführer die Voraussetzungen des Art. 1 Abschnitt A der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. Nr. 55/1955 in der Fassung BGBl. Nr. 78/1974 nicht zutreffen.

Dagegen berief der Beschwerdeführer im wesentlichen mit der Begründung, er habe seine Heimat aus politischen und religiösen Gründen verlassen und könne und wolle nicht mehr zurück. Aus diesem Grunde ersuche er um nochmalige Überprüfung seines Antrages.

Mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 27. Mai 1991 wurde die Berufung abgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dem Beschwerdeführer sei es im durchgeführten Ermittlungsverfahren nicht möglich gewesen, glaubhaft darzutun, daß er sich aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung, die sich auf Umstände beziehen müsse, die im zeitlichen Naheverhältnis zur Ausreise aus dem Heimatland lägen, außerhalb seines Heimatlandes befinde. Das Recht auf Arbeit und Wohnung, ohne daß durch deren Verweigerung die Lebensgrundlage entzogen werde, sei kein geschütztes Rechtsgut im Sinne der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge. Dies gelte umso mehr dann, wenn der Verlust des Arbeitsplatzes oder der Wohnung vom Heimatstaat nicht adäquat verursacht und daher diesem nicht zurechenbar sei. Die behauptete Teilnahme an Demonstrationen stelle für sich allein keinen Grund für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft dar. Die Abhaltung freier Wahlen am 20. Mai 1990 im Heimatland des Beschwerdeführers sei wesentliches Indiz für den Demokratisierungsprozeß, somit seien die für die Ära Ceausescu typischen Verfolgungshandlungen weggefallen. Wenn der Beschwerdeführer jedoch derartige Rechtseingriffe behaupte, seien diese Angaben gemessen an den Verhältnissen in seinem Heimatland unglaubwürdig.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht, als Flüchtling anerkannt zu werden, verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 1 des Bundesgesetzes vom 7. März 1968, BGBl. Nr. 126, über die Aufenthaltsberechtigung von Flüchtlingen im Sinne der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Asylgesetz), in der Fassung BGBl. Nr. 796/1974, ist ein Fremder Flüchtling im Sinne dieses Bundesgesetzes, wenn nach dessen Bestimmungen festgestellt wird, daß er die Voraussetzungen des Art. 1 Abschnitt A der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, unter Bedachtnahme auf das Protokoll, BGBl. Nr. 78/1974, erfüllt und daß bei ihm kein Ausschließungsgrund nach Art. 1 Abschnitt C oder F dieser Konvention vorliegt. Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Konvention bestimmt, daß als Flüchtling im Sinne dieses Abkommens anzusehen ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

Soweit der Beschwerdeführer eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens der Behörde erster Instanz geltend macht, ist ihm entgegenzuhalten, daß Gegenstand des Beschwerdeverfahrens nur der angefochtene letztinstanzliche Bescheid ist.

Zur Rüge des Beschwerdeführers, die belangte Behörde habe keine Erhebungen über die gegen ihn gerichteten Verfolgungshandlungen getroffen, ist ihm entgegenzuhalten, daß im Asylverfahren das Vorbringen des Flüchtlings als zentrales Entscheidungskriterium herangezogen werden muß und es dem Asylwerber obliegt, alles Zweckdienliche für die Erlangung der Begünstigung seiner Rechtsstellung vorzubringen. Anfragen etwa an jene staatlichen Stellen des Heimatlandes, dessen Schutz der Asylwerber gerade nicht in Anspruch nehmen will, sind aus naheliegenden Gründen des Schutzes der Person des Asylwerbers nicht zweckmäßig und zielführend (vgl. hg. Erkenntnis vom 18. September 1991, Zl. 91/01/0024 und die dort angeführte Judikatur).

Weder das Vorbringen des Beschwerdeführers bei seiner niederschriftlichen Einvernahme noch das in seiner Berufung läßt eine konkrete gegen ihn gerichtete, von staatlichen Stellen ausgehende Verfolgung aus den in der Flüchtlingskonvention angeführten Gründen erkennen. Die belangte Behörde hat zutreffend erkannt, daß die bloße Teilnahme an Demonstrationen und die Ablehnung des politischen Systems im Heimatland kein Grund für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft darstellt. Was die behauptete kurzfristige Festnahme, verbunden mit einer behaupteten Mißhandlung betrifft, so steht diese in keinem zeitlichen Zusammenhang mit der Ausreise des Beschwerdeführers aus dem Heimatland.

Da die Beschwerde sich sohin als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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